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Schlagwortarchiv für: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten ArbeitsvertragRechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Allgemeines, Arbeitsrecht, Befristung, LAG Berlin-Brandenburg

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag

eingescannte Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag – Formfehler mit Folgen!

Befristete Arbeitsverhältnisse werden oft geschlossen, sofern ein Arbeitnehmer neu im Betrieb eingestellt werden soll. Die Befristung hat für den Arbeitgeber mehrere Vorteile, insbesondere kann damit das Kündigungsschutzgesetz “ausgehebelt” werden. Der Arbeitnehmer kann zwar gegen eine Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mittels Kündigungsschutzklage vorgehen, allerdings kann er das “befristete” Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mit einer Kündigungsschutzklage angreifen. Das Arbeitsverhältnis endet ohne dass es einer Kündigung bedarf zum Befristungstermin.


Befristungskontrollklage als Mittel um gegen eine rechtswidrige Befristung vorzugehen

Gegen eine unwirksame Befristung kann sich der Arbeitnehmer aber mittels einer Befristungskontrollklage (Entfristungsklage) wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Ende des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitsgericht erhoben werden. In Berlin ist dafür das Arbeitsgericht Berlin örtlich zuständig. Die Befristungskontrollklage oder Entfristungsklage bewirkt, wenn diese positiv entschieden wird, dass durch das Arbeitsgericht festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.


Sonderkündigungsschutz wirkt nicht im befristeten Arbeitsverhältnis

Auch der Sonderkündigungsschutz – z.B. für Schwangere oder schwerbehinderte Arbeitnehmer – kommt nur bei einer Kündigung bis zum Ende der Befristung zum tragen. Der Grund ist der, dass das Arbeitsverhältnis eben nicht durch eine Kündigung beendet wird, sondern durch die Vereinbarung der Befristung. Die schwangere Arbeitnehmerin, z.B. ist nur gegen die Kündigung, nicht aber gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geschützt.


Befristungen von Arbeitsverträgen sind oft unwirksam

Allerdings kommt es in der Praxis oft vor, dass Befristungen unwirksam sind und damit die Befristungskontrollklagen oft Erfolg haben. Hier gibt es viele Fallstricke, die von Arbeitgeberseite oft nicht gesehen werden.


Schriftform der Befristungsvereinbarung im Arbeitsrecht

Eine “neue Möglichkeit”, wie eine Befristung, die einfach per Schriftform vereinbart werden kann, unwirksam “machen kann”, hat das Arbeitsgericht Berlin bzw. das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hier aufgezeigt.


Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag – Formvorschriften beachten!

Ein Arbeitgeber wollte besonders fortschrittlich sein und schloss mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag (nebst mehrerer Verlängerungen) per elektronischer Form mit eingescannte Unterschrift. Dies heißt faktisch, dass es keinen schriftlichen (unterschriebenen) Arbeitsvertrag gibt und auch nicht mit einer qualifizierte elektronische Signatur der Arbeitsvertrag unterzeichnet wurde (kommt sehr selten vor).


elektronische Form ist nicht Schriftform

Das Problem dabei ist nur, dass das Gesetz in § 14 des Teilzeit -Befristungsgesetzes vorsieht, dass eine Befristung grundsätzlich schriftlich geschlossen werden muss. Die elektronische Form ersetzt die Schriftform nicht, allerdings neuerdings die qualifizierte elektronische Signatur (so wie z.B. von Anwälten beim elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten verwenden). Zumindest gilt dies dann, wenn einfach nur die Unterschrift eingescannt ist bzw. der Vertrag nicht im Original unterschrieben wurde.

§ 14 Abs. 4 des Teilzeit -Befristungsgesetzes lautet:

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.


Schriftformgebot und befristete Arbeitsverträge

Das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG erfasst grundsätzlich jede Befristung eines Arbeitsvertrags unabhängig von der Rechtsgrundlage, nach der sie vereinbart wird. erfasst grundsätzlich jede Befristung eines Arbeitsvertrags unabhängig von der Rechtsgrundlage, nach der sie vereinbart wird.

Die Befristungsabrede eines befristeten Arbeitsverhältnisses von daher zwingend schriftlich abzuschließen. Es gibt nur eine einzige “elektronische Ausnahme”, nämlich das Unterzeichnen mit einer qualifizierte elektronische Signatur. Diese Ausnahme kommt sehr selten in der Praxis vor.


Entscheidungen zur Schriftform von befristeten Arbeitsverhältnissen

Dabei gilt das Schriftformerfordernis nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 23.06.2004 – 7 AZR 636/03) ausschließlich auf die Befristungsabrede, aber nicht für den Sachgrund.

Zur Wahrung der Schriftform ist es nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 26.07.2006 – 7 AZR 514/05) ausreichend, wenn die eine Vertragspartei in einem von ihr unterzeichneten, an die andere Vertragspartei gerichteten Schreiben den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses anbietet und die andere Vertragspartei das Vertragsangebot annimmt, indem sie das Schriftstück ebenfalls unterzeichnet und an die andere Partei zurücksendet. Hier liegen zwei Originalunterschriften (auf Papier) vor.

Nach der Entscheidung des BAG (Urteil vom 16.04.2008 – 7 AZR 1048/06) ist die Schriftform ebenfalls gewahrt, wenn der Arbeitgeber den von ihm unterschriebenen befristeten Arbeitsvertrag vor dem Arbeitsbeginn an den Arbeitnehmer zur Unterzeichnung mit der Bitte um Rücksendung übersendet und dieser den Vertrag jedoch erst nach dem Arbeitsbeginn zurückgibt. Hier geht es auch noch zusätzlich um das Problem, dass die Befristung vor der Arbeitsaufnahme schriftlich vereinbart werden muss, wenn es sich um eine sachgrundlose (erstmalige) Befristung handelt.


Rechtsfolge einer rechtswidrigen Befristung

Die Rechtsfolge einer formell unwirksamen Befristung ist folgende:

Ist der befristete Arbeitsvertrag nur aufgrund der fehlenden Schriftform rechtsunwirksam, so gilt gemäß § 16 S. 2 TzBfG der befristete Arbeitsvertrag als geschlossen, allerdings als auf unbestimmte Zeit, Dies hat zur Folge, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.


Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zum befristeten Arbeitsvertrag mit eingescannter Unterschrift

Zurück zum Fall des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.03.2022, Aktenzeichen 23 Sa 1133/21) mit den eingescannten Unterschriften:

Der Arbeitnehmer, der sich hier gegen Befristung mittels Befristungsklage gewehrt hat, gewann vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg und konnte sich über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis freuen. Der Grund war der, dass durch die eingescannte Unterschrift die Schriftform nicht eingehalten wurde. Damit ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen.


Begründung des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.03.2022, Aktenzeichen 23 Sa 1133/21) führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 07/22 vom 13.04.2022 folgendes aus:

Für eine wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages reicht eine eingescannte Unterschrift nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag nur für einige wenige Tage geschlossen worden ist, wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt hat.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage wie bereits das Arbeitsgericht stattgegeben. Die vereinbarte Befristung sei mangels Einhaltung der gemäß § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz zwingend vorgeschriebenen Schriftform unwirksam. Schriftform im Sinne des § 126 Bürgerliches Gesetzbuch erfordere eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Der vorliegende Scan einer Unterschrift genüge diesen Anforderungen nicht. Bei einer mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift, auch durch datenmäßige Vervielfältigung durch Computereinblendung in Form eines Scan liege keine Eigenhändigkeit vor. Den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur genüge ein Scan ebenfalls nicht. Eine etwaige spätere eigenhändige Unterzeichnung des befristeten Vertrages auch durch den Personalverleiher führe nicht zur Wirksamkeit der Befristung. Vielmehr müsse die eigenhändig unterzeichnete Befristungsabrede bei der Klägerin als Erklärungsempfängerin vor Vertragsbeginn vorliegen. Dass die Klägerin diese Praxis in der Vergangenheit hingenommen habe, stehe der jetzt innerhalb der dreiwöchigen Frist nach vorgesehenem Befristungsablauf gemäß § 17 Teilzeit- und Befristungsgesetz erhobenen Klage nicht entgegen. Die Klägerin verhalte sich mit ihrer Klage nicht treuwidrig, vielmehr sei ein etwaiges arbeitgeberseitiges Vertrauen in eine solche nicht rechtskonforme Praxis nicht schützenswert. Aufgrund der Unwirksamkeit der Befristungsabrede bestehe das Arbeitsverhältnis bis zur Beendigung durch die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung fort.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.


Anmerkung zum Urteil:

Zu modern sollte man auch als Arbeitgeber nicht sein. Ich rate als Anwalt (Berlin Marzahn-Hellersdorf)  immer davon ab, dass man in Arbeitsrecht  als Laie “Neuland” betritt. Das Einscannen der Unterschriften mag bequem sein und den allgemeinen Zeitgeist entsprechen; juristisch ist dies aber klar falsch und damit nachteilig für den Arbeitgeber, der sich dies ausgedacht hatte. An anderer Stelle hatte ich auch die Unsitte bei einigen Arbeitgebern beklagt, die nun anfangen ihre Arbeitsverträge auf Englisch zu schreiben, obwohl oft die Grundkenntnisse des deutschen Arbeitsrechts nicht vorhanden sind. All dies geht zu Lasten desjenigen der den Arbeitsvertrag stellt und dies ist der Arbeitgeber.

Rechtsanwalt Andreas Martin

23. April 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Kündigung während Krankheit zulässig?Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Kündigung

Kündigung während Krankheit zulässig?

Darf der Arbeitgeber bei Krankheit kündigen?

Ist eine Kündigung während Krankheit zulässig? Eine Kündigung während Krankheit des Arbeitnehmers ist normalerweise zulässig. Dies wird oft von Arbeitnehmern falsch eingeschätzt. Der Arbeitgeber darf in der Erkrankung des Arbeitnehmers grundsätzlich ordentlich kündigen und es besteht auch kein diesbezügliches Kündigungsverbot. Dies ist zu beachten. Eine Kündigung während einer Erkrankung/ Arbeitsunfähigkeit ist also grundsätzlich zulässig.


Trotzdem kann eine Kündigung-auch aus anderen Gründen-unzulässig sein. Bei jeder ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber, für welche das Kündigungsschutzgesetz gilt, braucht der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber kann also auch betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen kündigen, falls diese Gründe vorliegen. Eine krankheitsbedingte Kündigung, als Sonderfall einer personenbedingten Kündigung, kommt nicht selten als Kündigung in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vor. Hier ist aber zu beachten, dass gerade bei einer solchen krankheitsbedingten Kündigung strenge Anforderungen der Arbeitsgericht gelten. Es muss zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Arbeitgeber eine negative Prognose, genauer eine negative Gesundheitsprognose vorliegen. Diese personenbedingte Kündigung setzt weiter auch voraus, dass der Arbeitgeber ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführt.


BEM – betriebliches Eingliederungsmanagement

Durch das BEM soll die Arbeitsunfähigkeit überwunden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugt werden. Oft wird dieses aber vom Arbeitgeber vergessen oder nicht beachtet.

Dies ist rechtlich zwar nicht eine Kündigungsvoraussetzung, aber erschwert dem Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess, wenn er das BEM nicht durchgeführt hat.

Zu beachten ist auch, dass nur eine ordentliche Kündigung während einer Erkrankung des Arbeitnehmers möglich ist, allerdings für eine außerordentliche, fristlose Kündigung der Arbeitgeber auf jeden Fall einen Grund nach § 626 I BGB braucht. Die Erkrankung selbst wird in der Regel als Grund nicht ausreichend sein. Nur selten wird ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegen. Oft überschätzen Arbeitgeber hier ihre Rechtsposition.

Diskriminierung wegen Krankheit bzw. Maßregelung durch eine Arbeitsgeberkündigung?

Nicht selten kommen sog. Anlasskündigungen vor. Eine Anlasskündigung wird dann vermutet, wenn der Arbeitgeber unmittelbar (sofort) nach der Krankmeldung dem Mitarbeiter kündigt. Hier kann man vermuten, dass nur wegen der Krankschreibung der Kündigung erfolgt; aber auch dies hilft nur selten dem Arbeitnehmer weiter. Man könnte hier eine sog. diskriminierende Kündigung vermuten, aber die Rechtsprechung stellt hier hohe Anforderungen an eine solche Diskriminierung wegen der Erkrankung.

In Ausnahmefällen kann es aber sein, dass eine Kündigung gegen den sogenannten Mindestkündigungsschutz verstößt. Diese kann treuwidrig oder sittenwidrig sein. Dies muss allerdings der Arbeitnehmer beweisen. Es stellt sich dann die Frage, wenn der Arbeitgeber sofort nach Mitteilung der Krankschreibung  dem Arbeitnehmer eine Kündigung aushändigt, ob dies gegebenenfalls eine Diskriminierung wegen diese Erkrankung ist. Man könnte auch überlegen, ob man eine unzulässige Maßregelung (§ 612 BGB) in dieser Handlung, also der Kündigung, sehen könnte. Auch eine solche Kündigung wäre ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot und von daher unwirksam. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat allerdings bereits diesbezüglich durch Urteil entschieden, dass eine solche Maßregelung oder Diskriminierung nicht in einer Kündigung, die sofort nach Erkrankung des Arbeitnehmers ausgesprochen wird, zu sehen ist.

Das LAG Berlin-Brandenburg führt dazu aus:

Die Kündigung des Beklagten verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, das mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB darstellt (dazu: BAG, Urteil vom 02. April 1987 – 2 AZR 227/86 – BAGE 55, 190 = AP Nr. 1 zu § 612 a BGB = NZA 1988, 18; Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, § 612 a BGB Rn. 23 m. w. N.; Schaub-Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Aufl. 2009, § 108 Rn. 30). Nach § 612 a BGB, der einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit betrifft, darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt (BAG, Urteil vom 22. Mai 2003 – 2 AZR 426/02 – AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit). Als „Maßnahme“ i. S. d. § 612 a BGB kommt insbesondere der Ausspruch einer Kündigung in Betracht. Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, d h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil vom 12. Februar 2002 – 10 AZR 340/01 – BAGE 101, 312 = AP Nr. 8 zu § 612 a BGB = NZA 2002, 1389; BAG, Urteil vom 20. April 1989 – 2 AZR 498/88 – juris, LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28. Juni 2005 – 5 Sa 64/05 – AiB 2006, 61 f.; Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, a. a. O., § 612 a BGB Rn. 11 m. w. N.; Schaub-Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, a. a. O., § 108 Rn. 14 m. w. N).

Die Kündigung des Beklagten verstößt auch nicht deshalb gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB und ist nach § 134 BGB nichtig, weil sie während der Erkrankung des Klägers erklärt worden ist. Es verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, wenn einem Arbeitnehmer, für den das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, während einer Erkrankung (oder sogar wegen Erkrankung) gekündigt wird (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 2007 – 2 Sa 373/07 –juris). Dies folgt allein schon aus einem Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung des § 8 EFZG. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 wird der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Wäre eine während der Erkrankung oder sogar wegen der Erkrankung erklärte Kündigung generell unwirksam, stünde dem Arbeitnehmer ein Entgeltfortzahlungsanspruch bereits auf der Grundlage des dann bestehenden Arbeitsvertrages gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 3 EFZG zu, so dass für die Regelung des § 8 EFZG kein praktisches Bedürfnis bestünde und diese Norm damit überflüssig wäre (LAG Hamm, Urteil vom 06. September 2005 – 19 Sa 1045/05 –juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 2007 – 2 Sa 373/07 – a. a. O.).

Ist eine außerordentliche und fristlose Kündigung bei Krankheit des Arbeitnehmers rechtmäßig?

In der Regel kann der Arbeitgeber nicht außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers wegen einer Erkrankung beenden. Dies gilt im Normalfall nur ordentlich. Auch wenn es kein Kündigungsverbot für den Zeitraum der Erkrankung des Arbeitnehmers gibt, muss bei einer fristlosen Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen. Dies ist geregelt in § 626 Abs. 1 BGB. Die Erkrankung des Arbeitnehmers selbst, also die Krankheit, wird in der Regel nicht für einen solchen wichtigen Kündigungsgrund ausreichend sein.

Denkbar sind Fälle der vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit. Dies wäre dann eine verhaltensbedingte Kündigung. Wenn also der Mitarbeiter gar nicht krank ist und während der angeblichen Erkrankung einer schweren Arbeit (genesungswidrig) nachgeht oder wenn dieser sogar bereits für einen neuen Arbeitgeber tätig ist, dann spricht vieles für eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit, die zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann.

Die fristlose Kündigung wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers ist also nur in Ausnahmefällen möglich. Ob eine wirksame Kündigung vorliegt oder nicht kann der Arbeitnehmer nur vor dem Arbeitsgericht mittels Kündigungsschutzklage klären lassen.

Wann darf der Arbeitgeber bei Krankheit kündigen?

Wie oben ausgeführt, kann der Arbeitgeber bei, also während der Erkrankung bzw. Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, grundsätzlich das Arbeitsverhältnis ordentlich beenden, wenn er einen Kündigungsgrund nach dem KSchG (Kündigungsschutzgesetz) hat. So gibt es nach dem Kündigungsschutzgesetz die personenbedingte , verhaltensbedingte und betriebsbedingte Kündigung.

Kündigung während Krankheit zulässig? Ja, aber nur mit Grund!

Die Arbeitsunfähigkeit allein verhindert nicht, dass der Arbeitgeber ordentlich das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Man kann sich jetzt die Frage stellen, ob der Arbeitgeber wegen der Erkrankung kündigen kann, aber auch hier ergibt sich nichts anderes. Der Arbeitnehmer, der erkrankt ist darf vom Arbeitgeber gekündigt werden, wenn dieser einen Kündigungsgrund hat. Während bei der außerordentlichen Kündigung ein außerordentlicher, also außergewöhnlichen Grund vorliegen muss, braucht einer ordentlichen Kündigung der Arbeitgeber einen Grund nach dem Kündigungsschutzgesetz, also er kann aus betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen kündigen. Wenn ein solcher Grund vorliegt, dann ist auch der Ausspruch während einer Erkrankung des Arbeitnehmers kein Grund, welcher eine Kündigung unwirksam macht. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine negative Gesundheitsprognose erstellen, sonst darf er nicht kündigen.

Be verhaltensbedingten Kündigungen ist der Grund in Verbindung mit einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers der, dass der Arbeitnehmer sich während seiner Erkrankung – im Gegensatz zud der mit ärztlichen Attest dargelegten Krankheit – genesungswidrig verhält. Dies kann einen Grund für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen darstellen.

Andere Fälle sind die, dass der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest beim Arbeitgeber einreicht, aber tatsächlich gar nicht krank ist und zum Beispiel in den Urlaub fährt. Hier muss der Arbeitgeber die Beweiskraft des Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entkräften. Manchmal machen dies Arbeitgeber, in dem diese – als letztes Mittel – auch eine Detektei einschalten.

Kann man während einer Krankschreibung im Kleinbetrieb gekündigt  werden?

Während für eine normale, ordentliche Kündigung wegen Krankheit der Arbeitgeber-wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet-einen Kündigungsgrund braucht, so wie oben ausgeführt, brauchte er einen solchen Kündigungsgrund im Kleinbetrieb nicht. Ein Kleinbetrieb ist ein Betrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, da nicht mehr als zehn Arbeitnehmer dort dauerhaft abzüglich der Auszubildenden regelmäßig beschäftigt sind. Hier braucht der Arbeitgeber für eine Kündigung gar keinen Grund. Er braucht also keinen Kündigungsgrund und muss schon gar nicht einen Grund in der Kündigung angeben. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn Sonderkündigungsschutz besteht, wie zum Beispiel bei schwerbehinderten Personen, Schwangeren, Betriebsräten oder Personen in der Elternzeit. Hier ist wiederum ein Grund bzw. sogar eine Zustimmung einer Behörde zur Kündigung erforderlich.

Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen kann eine Kündigung gegen den MIndestkündigungsschutz verstoßen und sittenwidrig bzw. treuwidrig sein.


 

Kündigung und Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit und Krankheit


 

Kann eine psychisch kranke Person in der Arbeitsunfähigkeit gekündigt werden?

Auch hier gilt nichts anderes. Die Arbeitsunfähigkeit allein verhindert eine Kündigung wegen Krankheit nicht. Allerdings braucht der Arbeitgeber, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder sogar Sonderkündigungsschutz gilt, einen Grund für die Kündigung. Allein das Vorliegen einer psychischen Erkrankung führt nicht zu einem Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit. So können also auch Personen, die psychisch krank sind, wie zum Beispiel auch bei Erkrankungen, wie schwere Depressionen oder schwere Migräne bzw. burn-out zu einer Kündigung führen. Ansonsten hätte der Arbeitgeber gar keine Möglichkeit sich von Arbeitnehmer zu trennen, die faktisch auf langer Sicht keine Arbeitsleistung mehr erbringen können. Dies klingt hart, allerdings muss hier in irgendeiner Weise auch ein Ausgleich zwischen Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich jedenfalls dafür entschieden, dass er diese Personen nicht unter besonderen Schutz gestellt hat. Allerdings bestehen arbeitsschutzrechtlich bestimmte Besonderheiten, so hat man die Möglichkeit eine Überlastungsanzeige als Arbeitnehmer zu erstellen und darüberhinaus kann man auch eine Gefährdungsprüfung vom Arbeitgeber hinsichtlich seines Arbeitsplatzes und des Arbeitspensums verlangen, um psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz zu vermeiden.

Kann mich der Arbeitgeber wegen einer Krankheit in der Probezeit kündigen?

Wie oben auch bei der Kündigung im Kleinbetrieb, besteht bei der Kündigung in der Probezeit die Besonderheit, dass das Kündigungsschutzgesetz noch keine Anwendung findet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Probezeit nicht länger als sechs Monate besteht, was der absolute Normalfall ist. Da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann der Arbeitgeber ohne Grund das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung beenden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Sonderkündigungsschutz besteht, also zum Beispiel eine Arbeitnehmerin schwanger ist oder eine andere Art von besonderen Kündigungsschutz besteht.

Der Arbeitnehmer kann die Kündigung gerichtlich überprüfen lassen. Dafür hat er nur 3 Wochen Zeit (Klagefrist).

Wie oft darf man krank sein bis zur Kündigung?

Die krankheitsbedingte Kündigung ist – wie oben bereits ausgeführt wurde – ein Unterfall der personenbedingten Kündigung.

Eine Krankheit an sich kann so gut, wie nie den Kündigungsgrund selbst darstellen. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die wirtschaftlichen Belastungen, die der Arbeitgeber durch den Arbeitsausfall des Arbeitnehmers hat.

Bei der Einordnung der Kündigung ist zu unterscheiden zwischen

lang andauernden Krankheiten
und
häufigen Kurzerkrankungen.

Die häufigen Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers können ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23.01.2014 – 2 AZR 582/13) hat entschieden, dass bei häufigen Kurzerkrankungen die betrieblichen Interessen noch nicht beeinträchtigt, wenn künftig Fehlzeiten in dem Umfang von jährlich 18,81 Wochen einträten. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 27.08.2014 – 15 Sa 825/13) sind zu prognostizierende Arbeitsunfähigkeitszeiten im Umfang von 17,4 Wochen pro Jahr und Entgeltfortzahlungskosten im Umfang von 14,7 Wochen jährlich nicht ausreichend, um eine krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Können lange Zeit erkrankte Arbeitnehmer gekündigt werden?

Eine lang andauernde Einzelerkrankung berechtigt den Arbeitgeber dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde.

Eine lang andauernde Einzelerkrankung berechtigt dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose des Arbeitgebers der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann.

Wie wehrt sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers?

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, so kann der Arbeitnehmer die Kündigung durch ein Arbeitsgericht überprüfen lassen, wenn er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitsgericht eine sogenannte Kündigungsschutzklage einreich. Bei der fristgerechten Kündigung wird der Arbeitnehmer in der Regel nur die Kündigung an sich und nicht die Kündigungsfrist überprüfen lassen.

Wer zahlt bei einer Kündigung während der Erkrankung?

Wenn der Arbeitgeber ordentlich das Arbeitsverhältnis während einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kündigt, dann muss er den Lohn bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zahlen.

Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung des Arbeitnehmers besteht allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 3 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz): Der Arbeitnehmer darf aufgrund seiner Krankheit nicht in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen Der Arbeitnehmer darf seine Krankheit nicht selbst verschuldet haben Darüber hinaus muss das Arbeitsverhältnis seit mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden haben. Weiter muss die Erkrankung der einzige Grund für den Ausfall der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellen, ansonsten besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Nach diesen sechs Wochen der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, zahlt die gesetzliche Krankenkasse dem Arbeitnehmer Krankengeld.


Zusammenfassung zur Frage: Kündigung während Krankheit zulässig?

Zusammenfassend kann man festhalten, dass es grundsätzlich zulässig ist, während der Erkrankung des Arbeitnehmers oder während dessen Arbeitsunfähigkeit zu kündigen. Der Arbeitgeber unterliegt hier keinem Kündigungsverbot. Dies heißt aber noch lange nicht, dass die Kündigung nicht auch aus anderen Gründen vielleicht unzulässig ist. Wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, dann braucht der Arbeitgeber nämlich einen Kündigungsgrund. Wenn dieser nicht vorliegt, und der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage einreicht, wird das Arbeitsgericht feststellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde. Dies gilt aber nur, wenn der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen wehrt.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Marzahn -Hellersdorf – Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

 

 

13. November 2021/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Frist für die außerordentliche Kündigung von 2 Wochen muss beachtet werden!Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Kündigung, LAG Berlin-Brandenburg

Arbeitgeber kann nur innerhalb von 2 Wochen außerordentlich kündigen!


 

Frist für die außerordentliche Kündigung von 2 Wochen muss beachtet werden!

Frist von 2 Wochen


2-Wochenfrist für die außerordentliche Kündigung

Anlass für diesen Artikel ist eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg, in dem der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen hat. Dabei ist zu beachten, dass § 626 BGB für den Arbeitgeber beim Ausspruch einer fristlose Kündigung eine Ausschlussfrist von zwei Wochen vorsieht. Diese 2-Wochen-Frist muss unbedingt vom Arbeitgeber beachtet werden, ansonsten ist dessen Kündigung nur allein deswegen unwirksam. Allerdings muss sich der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung mittels Kündigungsschutzklage wehren, denn sonst wird auch eine “unwirksame” Kündigung nach dem Ablauf von 3 Wochen nach Zustellung wirksam (§ 7 KSchG- sog. gesetzliche Wirksamkeitsfiktion).

Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg zur fristlosen Kündigung

Im vorliegenden Fall vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte der Arbeitgeber aber den Fehler gemacht, dass er einfach pauschal vor Gericht behauptet hat, er habe die Frist schon beachtet. Dies ist nicht ausreichend.


Frist nach § 626 II BGB

Eine außerordentliche Kündigung, die meistens auch fristlos ausgesprochen wird, ist schwierig für den Arbeitgeber durchzusetzen. Oft wird von Arbeitgeberseite unterschätzt, wie hoch die Anforderungen an eine solche Kündigung sind. Selbst eine ordentliche Kündigung ist oft nicht einfach realisierbar, aber erst recht sind bei der außerordentlichen Kündigung die rechtlichen Hürden sehr hoch.


außerordentlicher Kündigungsgrund

Für eine außerordentliche Kündigung muss ein außerordentlicher Grund vorliegen. Die meisten außerordentlichen Kündigungen werden verhaltensbedingt ausgesprochen. Die Anforderungen an einen solchen außerordentlichen Kündigungsgrund sind sehr hoch.


Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung

Von daher stellt sich dann schon die Frage, ob der Arbeitgeber nicht grundsätzlich vorher hätte abmahnen müssen. Die Abmahnung vor einer solchen Kündigung ist der Normalfall. Eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung auszusprechen, ist nur in Ausnahmefällen möglich und zwar dann, wenn das Vertrauensverhältnis durch die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers unwiederbringbar zerstört ist.


Kündigungsfälle, wie Diebstahl oder Unterschlagung

Solche Fälle können zum Beispiel Vermögensdelikte gegen den Arbeitgeber oder gegen Kunden oder Arbeitskollegen sein, wie zum Beispiel der Diebstahl oder die Unterschlagung von fremdem Eigentum. Auch kann ein Arbeitszeit- oder Spesenbetrug eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Es kommt aber immer auf den Einzelfall an. Es gibt keine absoluten Kündigungsgründe.


Formale Hürde: Ausschlussfrist nach § 626 II BGB

Eine weitere (formelle) Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist aber die Beachtung der Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB.


 

Der Paragraf lautet wie folgt:

> § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
> (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
> (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.


Arbeitgeber muss Frist vor Kündigung beachten

Der Arbeitgeber kann also eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen aussprechen. Wartet er länger, ist die Kündigung nicht mehr möglich.

Diese Fristenregelung konkretisiert den Grundsatz, dass die Befugnis des Arbeitgebers zur außerordentlichen Kündigung ihrer Natur nach aus kollektiven und individual-rechtlichen Gründen zeitlich begrenzt ist. Bei einer so einschneidenden Maßnahme wie der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung erfordert es die Ordnung des Betriebs, eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers zeitnah vorzunehmen.

Auch hat der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse kurzfristig zu erfahren, ob nun aufgrund der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzung mit einer sofortigen Kündigung zu rechnen ist oder sein Arbeitsverhältnis fortbesteht.


Fristbeginn der 2-Wochen-Frist

Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Arbeitgeber Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen in Bezug auf die Kündigung hat.

Dies ist dann der Fall, sobald der Arbeitgeber eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis vom Kündigungssachverhalt erlangt hat. Dies ist in der Regel nicht gleich bei der ersten Information der Fall, sondern wenn der Arbeitgeber entsprechende zuverlässige Informationen erlangt hat. Dies gilt schon allein deshalb, da er den Kündigungsgrund später darlegen und beweisen muss.


 

Es ist nicht ganz einfach in jedem Fall zu bestimmen, wann diese Frist zu laufen beginnt.


Vortrag vor dem Arbeitsgericht zur Fristwahrung

Von erheblicher Bedeutung ist aber, dass Arbeitgeber diese Frist zum einen zu beachten hat und zum anderen auch – im Bestreitensfall – vor dem Arbeitsgericht genau darlegen muss. Er muss dabei vortragen, wann er Kenntnis von welchen Tatsachen erlangt hat und damit wann der Fristbeginn tatsächlich vorgelegen hat. Dies wird oft nicht beachtet.


 

Nachfolgend kommen wir zu der Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.


Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.05.2021 – 10 Sa 1667/20

 

Im obigen Arbeitsgerichtsverfahren (Berufung) hatte die Arbeitgeberin außerordentlich das Arbeitsverhältnis zum Arbeitnehmer durch Kündigung beendet und im Verfahren vor dem Arbeitsgericht und später im Berufungsverfahren vor dem LAG nur pauschal dazu vorgetragen, wann sie Kenntnis von der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers erlangt hatte.


 

Für das Arbeitsgericht und auch für das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg war dies nicht ausreichend.


 

Urteil des LAG

Dazu führt das LAG Berlin-Brandenburg aus:

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist der Kündigungsberechtigte für die Einhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB darlegungs- und beweispflichtig (vgl. etwa BAG vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15). Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss anhand von Tatsachen zunächst darlegen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten ausreicht, bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und gegebenenfalls qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll (BAG vom 1. Februar 2007 – 2 AZR 333/06).

Die Beklagte hat relativ allgemein vorgetragen, dass Frau C erst Ende Februar 2020 zufällig den Qualitätsbericht von Herrn B in der Ablage gefunden habe. Dabei hat die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, dass es sich um übereinander gestapelte Ablagekästen für verschiedene Zwecke handele und der Qualitätsbericht in einen falschen Ablageordner gelegt worden sei. Damit hat die Beklagte zwar nicht dargelegt, was der konkrete Anlass „Ende Februar 2020“ (und nicht vorher) gewesen ist, dass Frau C das (falsche) Fach durchgesehen und den Qualitätsbericht gefunden hat, aber zumindest die zeitliche Zuordnung für die Kündigung am 2. März 2020 lag „Ende Februar 2020“ noch in der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB.

Die Beklagte hat aber versäumt darzulegen, was der Qualitätsbericht konkret beinhaltete und damit die Beklagte in den Stand versetzt haben soll, (erst) Ende Februar 2020 über eine Sanktionierung des Fehlverhaltens des Klägers am 12. Januar 2020 Erwägungen anzustellen. Soweit die Beklagte in der Berufung ausgeführt hat, dass in dem Bericht das enthalten gewesen sei, was schriftsätzlich vorgetragen worden sei, ersetzt das diesen Sachvortrag nicht. Gerade angesichts des – streitigen – Vortrags des Klägers, dass er für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen sanktioniert worden sei, hätte es einer genaueren Darlegung der Beklagten bedurft, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll.

….

Da der Beginn der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht festgestellt werden konnte, konnte auch die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nicht festgestellt werden. Die Berufung der Beklagten war insoweit zurückzuweisen.


 

Anmerkung:

Es reicht also nicht aus, die Frist einzuhalten. Der Arbeitgeber muss auch genau vortragen, aufgrund welcher Umstände er wann/ wodurch Kenntnis von der Pflichtverletzung hatte. Ein solcher Vortrag muss ganz konkret erfolgen. Ein pauschaler Hinweis in der Klageerwiderung reicht dazu nicht aus. Wie so oft, zeigt sich auch hier, dass es recht schwierig ist als Arbeitgeber außerordentlich zu kündigen.


 

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LAG Berlin-Brandenburg: Schwangere bekommt Lohn ab ersten Tag ihres Arbeitsverhältnisses

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Schwangerschaft und Lohn


Mutterschutzlohn

Der Bezug von Mutterschutzlohn ist in § 18 des Mutterschutzgesetzes geregelt.

§ 18 MuSchG – Mutterschutzlohn
Eine Frau, die wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung teilweise oder gar nicht beschäftigt werden darf, erhält von ihrem Arbeitgeber Mutterschutzlohn. Als Mutterschutzlohn wird das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft gezahlt. Dies gilt auch, wenn wegen dieses Verbots die Beschäftigung oder die Entlohnungsart wechselt. Beginnt das Beschäftigungsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft, ist das durchschnittliche Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsentgelt der ersten drei Monate der Beschäftigung zu berechnen.


Mutterschutzgesetz

§ 18 des Mutterschutzgesetzes soll einer schwangeren Frau ihren bisherigen Lebensstandard erhalten und den Anreiz beseitigen, entgegen einer ärztlichen Anordnung aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeit fortzusetzen und dadurch sich oder ihr ungeborenes Kind zu gefährden. Der Mutterschutzlohn tritt dann an Stelle des normalen Arbeitslohnes. Aufgrund der Regelung des § 18 MuSchG erhält die Arbeitnehmerin einen zwingenden privatrechtlichen Lohnersatzanspruch, der vollen Bruttolohnersatz bedeutet. Der Arbeitgeber hat während des Beschäftigungsverbots mindestens den Durchschnittsverdienst der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Eintritt der Schwangerschaft zu zahlen. Zahlt er nicht vollständig oder gar nicht, kann die Arbeitnehmerin hier Lohnklage zum Arbeitsgericht erheben.

Anspruch auf Mutterschutzlohn

Der Anspruch auf Mutterschutzlohn entsteht  nur, wenn der Arbeitsausfall allein “wegen” eines wirksam ausgesprochenen Beschäftigungsverbots eingetreten ist. Dies muss die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall sein. Manchmal ist dies problematisch. Interessant ist, dass die Arbeitnehmerin das sog. Wegerisiko trägt mit der Folge, dass kein Anspruch auf Mutterschutzlohn besteht, wenn die Arbeitnehmerin nur deshalb nicht arbeiten kann, weil ihr der Arzt die Fahrt zur Arbeitsstelle wegen der Schwangerschaft verboten hat (BAG, Urteil vom 7. August 1970, – 3 AZR 484/69).

Der Anspruch auf Mutterschutzlohn der Arbeitnehmerin nach § 18 des MuSchG entsteht mit Eintritt des Beschäftigungsverbots und endet mit dem Wegfall des Beschäftigungsverbots, der vorzeitigen Beendigung der Schwangerschaft, dem Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung oder mit Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG.

Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.09.2016, Az. 9 Sa 917/16) sprach einer schwangeren Arbeitnehmerin, die vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses im Beschäftigungsverbot war, den vollen Lohnanspruch zu. Das LAG führte aus, dass der Mutterschutzlohn nicht davon abhängt, ob die Arbeitnehmerin tatsächlich bereits beim Arbeitgeber gearbeitet hätte.

Sachverhalt des LAG Berlin-Brandenburg

Die Parteien haben im November 2015 ein Arbeitsverhältnis mit Beginn zum 1. Januar 2016 vereinbart. Im Dezember 2015 wurde aufgrund einer Risikoschwangerschaft der Arbeitnehmerin ein ärztliches Beschäftigungsverbot erteilt. Die Arbeitnehmerin forderte vom Arbeitgeber nach § 11 des Mutterschutzgesetzes den Lohn, den sie bei Arbeitsaufnahme ab Januar 2016 erhalten hätte. Der Arbeitgeber lehnte die Lohnzahlung ab, und wies darauf hin, dass die Arbeitnehmerin zu keinem Zeitpunkt tatsächliche gearbeitet hatte, was unstreitig der Fall war.

Urteil des Gerichts

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat der Arbeitnehmerin die geforderten Beträge letztendlich zugesprochen. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten setze – nach dem Gericht – keine vorherige Arbeitsleistung voraus. Nach dem LAGEs komme es nur auf ein vorliegendes Arbeitsverhältnis und allein aufgrund eines Beschäftigungsverbotes unterbliebene Arbeit an. Der Arbeitgeber werde hierdurch auch nicht unverhältnismäßig belastet, weil er die zu zahlenden Beträge aufgrund des Umlageverfahrens in voller Höhe erstattet erhalte.

Bundesarbeitsgericht

Das BAG ( Urteil vom 27.02.2020, Az.: 2 AZR 498/19) hat in einem anderen Fall entschieden, dass der Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes (hier ging es um eine Kündigung vor Arbeitsantritt und den Schutz von § 17 Mutterschutzgesetz) auch schon vor der Arbeitsaufnahme eröffnet ist.

Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, das Kündigungsverbot gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG gelte auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme Dies ergibt die Auslegung von § 17 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG.

Der Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig. § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG normiert ein Kündigungsverbot ua. gegenüber (werdenden) Müttern ohne nähere Bestimmung, welche Rechtsverhältnisse oder diesen zugrunde liegenden Verträge davon erfasst sind. Dafür ist auf den persönlichen Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes abzustellen. Dieser ist in § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 neu gefasst worden. Danach gilt das Gesetz für Frauen “in einer Beschäftigung iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV” sowie ferner gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 MuSchG, “unabhängig davon, ob ein solches Beschäftigungsverhältnis vorliegt”, für Frauen in weiteren, im Streitfall nicht einschlägigen Tätigkeitsformen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Satz 2 der Vorschrift nennt als Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Dies lässt auch eine Lesart zu, wonach die Geltung des Mutterschutzgesetzes und damit des Kündigungsverbots in § 17 Abs. 1 MuSchG voraussetzt, dass eine Beschäftigung bereits in Vollzug gesetzt, die Tätigkeit also bereits aufgenommen ist.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin- Marzahn-Hellersdorf

14. Mai 2017/von Rechtsanwalt Andreas Martin
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