Was ist eine Betriebsänderung?
Von einer Betriebsänderung spricht man, wenn Ihr Arbeitgeber seinen Betrieb oder Teile des Unternehmens grundlegend umgestaltet.
Das Gesetz nennt in § 11 BetrVG u.a. folgende Formen der Betriebsänderung:
- die Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
- die Einschränkung des Betriebes (auch der Personalabbau),
- Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
- der Zusammenschluss mit anderen Betrieben,
- die Spaltung von Betrieben,
- die grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
- die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
Daneben gibt es auch noch weitere Typen von Betriebsänderungen.
Inhaltsverzeichnis
Kann man wegen einer Betriebsänderung gekündigt werden?
Die ist grundsätzlich möglich. Die Kündigung ist nicht ausgeschlossen. Der Arbeitgeber kann eigenständig eine unternehmerischen Entscheidung in Bezug auf die zukünftige Umgestaltung des Betriebs treffen. Die Grenzen sind erst dann erreicht, wenn der Arbeitgeber ganz und gar unvernünftig handelt. Dies kommt in der Praxis selten vor und die Arbeitsgerichte sind hier recht großzügig.
Was ist zu beachten, wenn ein Betriebsrat existiert?
Die Betriebsänderung durch den Arbeitgeber ist in Betrieben, in denen ein Betriebsrat existiert, auch möglich. Allerdings stehen dem Betriebsrat bestimmte Mitbestimmungsrechte zu, die sich im Kernbereich auf die wirtschaftlichen Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz belaufen. Zu solchen Rechten gehören Informationspflichten gegenüber dem Betriebsrat und unter gewissen Voraussetzungen auch Beratungspflichten sowie der Zwang, mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich zu verhandeln und einen Sozialplan zu vereinbaren. Gerade die beiden letzten Punkte spielen in der Praxis eine große Rolle. Der Betriebsrat kann in der Regel die Umgestaltung des Unternehmens nicht verhindern, aber mit dem Interessenausgleich und dem Sozialplan sind die Rechte der Arbeitnehmer zumindest in einem gewissen Umfang geschützt.
Beratungspflichten und Unternehmensgröße
Gemäß § 111 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.
Fast immer ist es so, dass durch die Umgestaltung des Betriebes eine Rationalisierung von Arbeitskräften erfolgt. Von daher ist die Betriebsänderung sehr oft mit betriebsbedingten Kündigungen verbunden.
Aber selbst wenn der Arbeitgeber hier tatsächlich die Änderungen des Betriebes/Unternehmens durchführt, heißt dies noch lange nicht, dass betriebsbedingte Kündigungen auch tatsächlich vor den Arbeitsgerichten bestehen.
Wie kann sich der Arbeitnehmer vor einer Kündigung wegen Betriebsänderung bzw. Betriebsschliessung wehren?
Auch hier steht dem Arbeitnehmer als Mittel der Verteidigung die Erhebung der Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht zur Verfügung. Der Arbeitgeber muss recht streng-und hier sind die Arbeitsgerichte ebenfalls sehr genau-die Unternehmensentscheidung, den Wegfall des Arbeitsplatzes, das Nichtbestehen eines vergleichbaren freien Arbeitsplatzes und die Sozialauswahl sehr genau darlegen. Darüberhinaus kann die Kündigung auch wegen formeller Mängel unwirksam sein. In der Regel wird also der Anwalt dem betroffenen Arbeitnehmer zu Erhebung der Kündigungsschutzklage raten.
Gibt es automatisch bei der Betriebsänderung einen Abfindungsanspruch?
In der Praxis kommt ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung eine Abfindung sehr selten vor. Bei der Betriebsänderung kann dies aber ausnahmsweise der Fall sein, wenn eine Betriebsrat existiert. In der Regel wird dann ein Sozialplan mit Abfindungsansprüchen der betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer einen Abfindungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers normieren. Oft ist auch eine Abfindungsformel dann im Sozialplan geregelt. Trotzdem kann der Arbeitnehmer auch noch Kündigungsschutzklage einreichen, meist wird dann aber im Vergleich vor dem Arbeitsgericht geregelt, dass die Abfindungsansprüche vor dem Arbeitsgericht auf die Abfindungsansprüche nach dem Sozialplan angerechnet werden.
Welche Bedeutung hat der Sozialplan?
Der Sozialplan hat die Rechtswirkung einer Betriebsvereinbarung. Die Arbeitnehmer können von daher aus dem Sozialplan eine Recht ableiten und diese gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Der Sozialplan selbst hat aber auf die Rechtmäßigkeit der einzelnen Kündigung keinen Einfluss. Der Arbeitnehmer kann trotzdem vor dem Arbeitsgericht seine Kündigung angreifen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin