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Gericht richtig ansprechen
Gerade im Umgang mit Gerichten haben viele Mandanten Vorbehalte bzw. Hemmungen. Der Grund dafür ist der, dass diese Gerichtsverhandlungen nur aus dem Fernsehen kennen und sich nicht sicher sind, ob die Realität im Gerichtssaal tatsächlich dem entspricht. Wie spricht man das Gericht richtig an?
Fernsehgerichtsverhandlung hat nichts mit Realität zu tun
Dazu ist auszuführen, dass diese „Fernsehverhandlung“ alles andere als realistisch sind. Oft wird aus dramaturgischen Gründen die Gerichtsverhandlung grob falsch dargestellt. Dort sitzen dann schon mal beim Jugendgericht, bei dem die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit sind, diverse Zuschauer. Bezeichnend ist auch, dass am Schluss der Verhandlung immer ein Zeuge aufspringt, der dann den Fall aufklärt. Schon vorab möchte ich mitteilen, dass Sie sich nicht so bei Gericht verhalten sollten.
Wie spricht man das Gericht richtig an?
Arbeitsgericht Berlin – wenig formale Verhandlung
Wer zum Beispiel eine Verhandlung beim Arbeitsgericht Berlin hat, das Arbeitsrecht Berlin ist das größte Arbeitsgericht in Deutschland, der wird sich wundern, wie wenig formal es dann doch vor Gericht zugeht.
Arbeitsrichter haben oft viele Sachen vor Gericht zu verhandeln und wollen gerade im Gütetermin schnell zum Ergebnis (Vergleich) kommen. Die Verhandlungen laufen von daher wenig formal ab. Je größer das Arbeitsgericht – so meine Erfahrung als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht – um so weniger legt man wert auf Formalien.
öffentliche Verhandlung
Da die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht öffentlich ist, kann der Besucher bzw. Arbeitnehmer diese bereits vor seinem Termin mitverfolgen und in den Saal eintreten. Beim Arbeitsgericht Berlin muss dazu nicht an die Saaltür angeklopft werden. Man geht leise in den Saal und setzt sich im hinteren Bereich auf einen freien Platz, wo meist schon Zuschauer oder andere Beteiligte / Anwälte sitzen.
Aufruf der Sache
Wenn die Angelegenheit dann vom Vorsitzenden Richter beim Arbeitsgericht Berlin aufgerufen wird, dann setzt sich der Arbeitnehmer auf der linken Seite gegenüber dem Richter hin (er sitzt als Kläger also aus Sicht des Richters auf der rechten Seite).
Beim sogenannten Gütetermin befindet sich nur der Richter und Protokolllant am Richtertisch. Im Kammertermin sind dann 3 Richter vorne.
Ablauf der Güteverhandlung
Bei der Güteverhandlung wird in der Regel der Richter zunächst den Arbeitgeber/Beklagten befragen, da sich dieser oft vor den Termin als Beklagte noch nicht zur Sache geäußert hat. Dies ist zum Beispiel der Normalfall bei einer Kündigungsschutzklage.
Sodann wird er mit den Vergleichsverhandlungen beginnen.
Ansprechen des Richters
Der Arbeitnehmer/Kläger muss das Gericht nicht mit „hohes Gericht“ ansprechen, sondern kann zum Beispiel weniger formal den Richter mit „Herr Vorsitzender“ bzw. bei einer Richterin „Frau Vorsitzende“ ansprechen.
Eine solche Ansprache ist unter Anwälten gegenüber dem Gericht üblich. Dies ist zwar formal auch nicht ganz richtig, da im Gütetermin der Richter noch nicht der Vorsitzende der Kammer ist, aber durchaus üblich und als Ansprache legitim.
Es ist auch kein Problem wenn zum Beispiel der Arbeitnehmer/Kläger zum Richter einfach „Herr Richter“ bzw. „Frau Richterin“ sagen.
Theoretisch kann man den Richter auch mit seinen Namen ansprechen (steht vor der Tür am Protokoll meisten oben), dies ist aber vor Gericht nicht üblich.
Formulierungen aus angoamerkinanischen Filmen, wie „Euer Ehren“ werden in Deutschland grundsätzlich nicht verwendet und sich völlig falsch.
Hier besteht die Gefahr, dass man ins Fettnäpfchen tritt und beim Richter für einen Lachanfall sorgt (dies soll sogar Anwälten schon passiert sein). Im Beisein der Gegenseite möchte man dies sicherlich vermeiden.
häufige Fragen im Zusammenhang mit einem Termin beim Arbeitsgericht – FAQ
Nachfolgend noch kurz einige Fragen, die Mandanten häufig stellen:
FAQ – häufige Fragen
Nachfolgend beantworte ich – als Fachanwalt für Arbeitsrecht – die nachfolgenden Fragen zum Arbeitsgericht.
Was ist ein Gütetermin?
Ein Gütetermin oder auch Güteverhandlung genannt, ist fast immer der erste Termin beim Arbeitsgericht. Hier geht es darum, ob man sich gütlich einigen kann und der Richter fragt den Sachverhalt. Gerade in Kündigungsschutzsachen hat der Gütetermins eine besondere Bedeutung, da hier oft Abfindungsvergleiche geschlossen werden. Arbeitsgerichtsverfahren enden nicht selten bereits mit einem Prozessvergleich im Gütetermin.
Wie viele Richter sind in der Güteverhandlung anwesend?
In der Güteverhandlung ist nur ein Richter anwesend. Es handelt sich um einen Berufsrichter. Ehrenamtliche Richter nehmen erst am Kammertermin teil. Am Gütetermins aber nicht.
Muss man die Hand heben, wenn man etwas vor Gericht sagen möchte?
Nein, dies ist nicht notwendig. Oft ist es so, dass der Richter direkt eine Seite anspricht und diese dann entsprechend etwas zum Fall erzählt. Danach ist die andere Seite dran. Man sollte nur nicht dazwischen reden.
Muss man aufstehen, wenn man etwas sagt?
Nein, auch dies ist nicht notwendig. Anders als im Strafverfahren bei den Plädoyers, steht bei den Zivilgerichten oder beim Arbeitsgericht niemand auf, um eine Rede zu halten.
Wie sollte man sich nicht vor dem Arbeitsgericht verhalten?
Man sollte sich sachlich äußern und möglichst auf emotionale Ausbrüche verzichten oder gar die Gegenseite beleidigen oder dieser Lüge oder Betrug vorwerfen. Die Gerichte sehen dies überhaupt nicht gern. Sehr emotionales oder sehr lautes und aggressives Verhalten ist vor deutschen Gerichten verpönt. Man sollte sich auch von der „naiven Vorstellung“ lösen, dass derjenige, der am lautesten vor Gericht seine Meinung kund tut, am Ende gewinnen wird. Die Entscheidung wird nach sachlichen Gesichtspunkten getroffen. Man sollte nicht dazwischen reden, wenn der Richter redet oder die Gegenseite.
Gibt es eine Sitzordnung bei Gericht?
Ja, es gibt eine Sitzordnung bei jedem Gericht. In Berlin ist es zum Beispiel beim Arbeitsgericht so, dass der Richter vorne sitzt und rechts (versetzt) vom Richter sitzt dann der Kläger und links von ihm der Beklagte. Die Anwälte sitzen jeweils neben ihre Mandanten, sofern diese anwesend sind. Es ist überhaupt kein Problem bei Eintritt in den Gerichtssaal nach der Sitzordnung zu fragen. Oft sind die Tische sogar mit „Kläger“ bzw. „Beklagter“ beschriftet.
Wie viele Richter sind beim Kammertermin anwesend?
Wenn der Gütetermin beim Arbeitsgericht scheitert, dann setzt das Gericht dem Parteien Fristen zur Erwiderung auf die jeweiligen Schriftsätze. Sodann gibt es die Ladung zum Kammertermin, der oft mehrere Monate später stattfindet. Oft ist der Kammertermin der letzte Termin im Arbeitsgerichtsverfahren, es sei denn, es gibt doch eine Beweisaufnahme. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es vor dem Arbeitsgerichten recht wenig Beweisaufnahmen gibt. Böse Zungen behaupten, dass dies etwas damit zu tun hat, dass ein Richter oft das Bedürfnis hat, sein Verfahren möglichst schnell mit möglichst wenig Aufwand abzuschließen.
Im Kammertermin sitzen dann drei Richter auf der Richterbank. Dies ist der Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richter, jeweils einer aus dem Arbeitnehmerlager und eine aus dem Arbeitgeberlager.
Wer trägt die Kosten vor dem Arbeitsgericht?
Vor dem Arbeitsgericht – also in der ersten Instanz – werden die Gerichtskosten vom Verlierer getragen und die Anwaltsgebühren muss jede Seite selbst tragen.
Zusammenfassung:
Zum Richter sollte man entweder Herr Vorsitzender oder Herr Richter sagen, wobei die Ansprache „Herr Vorsitzender“ bzw. „Frau Vorsitzende“ die bessere Variante ist.
Auf keinen Fall sollte man das Gericht aber mit „Euer Ehren“ ansprechen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht- Berlin Marzahn -Hellersdorf