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fristlose Kündigung wegen Kritik an Corona-Maßnahmen
Corona-Kündigungen beschäftigen immer mehr die Arbeitsgerichte. Zum einen geht es um Kündigungen wegen nicht vorgenommener Impfung in der Pflege – und Gesundheitsbranche (Imppflicht) und zum anderen auch im Arbeitgeberkündigungen aus Anlass von Äußerungen im Zusammenhang mit Corona. Eine aktuelle Entscheidung des Arbeitsgericht Berlin beschäftigt sich mit dem Thema der Meinungsäußerung zu den Corona-Maßnahmen.
Meinungsfreiheit und Grenzen bei Corona-Kritik
Die Corona-Maßnahmen des Bundes und der Länder wurden immer stark kritisiert. Kritik ist hier grundsätzlich auch angebracht und in einer Demokratie sinnvoll und diese auch auch durch die Meinungsfreiheit geschützt. Hier gibt es aber auch rechtliche Grenzen, die – nicht nur – für Arbeitnehmer zu beachten sind. Dort, wo Äußerungen eine strafrechtliche Relevanz haben, stößt die Meinungsfreiheit auf ihre Grenzen. Das Strafrecht ist aber nicht die alleinige Grenze der Meinungsfreiheit.
Kündigung – immer Interessenabwägung
Die Abgrenzung ist nicht immer ganz einfach. Auch spielen bei der Frage der Wirksamkeit der Kündigung viele weitere Faktoren eine Rolle.
So ist vor allen erheblich, wie lange der Arbeitnehmer bereits beschäftigt ist, wie sein Verhalten nach der Äußerung war, also ,ob er sich entschuldigt hat oder nicht. Weiter spielt auch eine Rolle, im welchen Zusammenhang die Äußerung getroffen wurde, zum Beispiel auf Arbeit oder in der Freizeit. Auch ist erheblich, ob es sich um einen normalen Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft handelt oder um eine Person, die zum Beispiel in einem besonderen Gewaltverhältnis tätig (öffentlicher Dienst/ Beamte) ist.
Meinungsäußerung zu Corona
Auch das Arbeitsgericht Berlin hatte sich nun mit einem solchen Fall zu beschäftigen.
der Fall des Arbeitsgerichts Berlin
Was war passiert?
Ein Berliner Lehrer hatte ein YouTube-Video unter dem Titel „Sie machen Tempo! Und Ich denke…“ veröffentlicht. Am Anfang seines Videos wird für etwa 3 Sekunden ein Bild eingeblendet, auf dem das Tor eines Konzentrationslagers abgebildet ist, wobei der Originalschriftzug des Tores „ARBEIT MACHT FREI“ wurde durch den Text „IMPFUNG MACHT FREI“ ersetzt wurde.
Weiter folgte dann ebenfalls eine etwa 3 Sekunden lange Einblendung eines Tweets des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der eine Ausweitung der Impfangebote ankündigt und in dem er die Aussage „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ trifft.
Die Einblendungen zu Beginn des Videos des Lehrers wurden weder durch Text noch durch mündliche Erklärungen näher erläutert.
fristlose Kündigung durch das Land Berlin
Das Land Berlin hatte daraufhin den Lehrer unter anderem wegen der Veröffentlichung dieses Videos fristlos, hilfsweise fristgemäß gekündigt.
Der Lehrer erhob daraufhin eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigungen und führte dazu aus, dass kein Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt und Er habe mit dem privaten Video ausschließlich scharfe Kritik an der Äußerung des bayrischen Ministerpräsidenten üben und deutlich machen wollen, dass diese der menschen- und rechtsverachtenden Polemik des Nationalsozialismus nahekomme. Weiter meinte der Lehrer, dass das Video durch das Grundrecht auf Meinungsäußerung und Kunstfreiheit gedeckt sei.
Das Bundesland Berlin meinte, dass der Lehrer in dem Video das staatliche Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit der Unrechtsherrschaft und dem System der Konzentrationslager gleichsetzen würde. Damit würde er die Unrechtstaten der Nationalsozialisten verharmlosen.
Darüber hinaus habe der Lehrer seine Schüler aufgefordert, seinen außerdienstlichen Aktivitäten im Internet zu folgen und sich in anderen Videos auch als Lehrer des Landes Berlin vorgestellt.
Urteil – Arbeitsgericht Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 12. September 2022, Az. 22 Ca 223/22) wies die Kündigungsschutzklage des Lehrers ab und führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 23/22 vom 14.09.2022 aus:
Eine Auslegung des Inhalts des Videos ergebe nicht nur eine Kritik an der Äußerung des bayrischen Ministerpräsidenten, sondern auch an der allgemeinen, auch vom Land Berlin und der Schulsenatorin, getragenen Impfpolitik. Dabei überschreite der Lehrer durch den Vergleich des Bildes mit dem Text „IMPFUNG MACHT FREI“ mit der Impfpolitik das Maß der zulässigen Kritik. Die Kritik des Lehrers sei nicht mehr durch die Grundrechte der Meinungsfreiheit oder Kunstfreiheit gedeckt, sondern stelle eine unzulässige Verharmlosung des Holocausts dar. Eine Weiterbeschäftigung des Lehrers sei aus diesem Grund unzumutbar.
Update 2023:
Der Fall wurde nun vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.6.2023 – 10 Sa 1143/22, Pressemitteilung v. 15.6.2023) zu Gunsten des Lehrers entschieden. Nach dem LAG ist die Kündigung unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wurde gegen Zahlung von € 72.000 brutto aufgelöst.
Anmerkung:
Der Lehrer hat hier seine Meinung kundgetan, aber maßlos übertrieben. Ob dies eine fristlose Kündigung rechtfertigt, darüber kann man streiten. Eine ordentliche Kündigung dürfte aber auch vor dem LAG Berlin-Brandenburg bestand haben. Auch die Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen und so auch die Kritik an bestimmen Maßnahmen der Politik.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Corona-Kündigung wegen gefälschtem Genesenennachweis
Mittlerweile gibt es nun diverse Entscheidungen zur Frage, ob Kündigungen von Seiten der Arbeitgeber bei Vorlage von gefälschten Impfausweisen oder Corona- Attesten rechtmäßig sind. Die Arbeitsgericht nehmen hier überwiegend an, dass ein schwerer Vertrauensverlust vorliegt, der zur Kündigung und sogar zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung berechtigt, wenn der Arbeitnehmer gefälschte Unterlagen im Zusammenhang mit Corona vorlegt und sich damit den Zugang zum Arbeitsplatz / Kundenverkehr “erschleicht”.
fristlose Kündigungen wegen Fälschungen im Zusammenhang mit Corona
Die Gericht bewerten den Schutz der Kunden und Arbeitskollegen hier sehr hoch und halten regelmäßig entsprechende Kündigungen hier für rechtmäßig. In meinen Artikel über die Impflicht in der Gesundheitsbranche habe ich diverse Entscheidungen zu sog. “Corona-Kündigungen” aufgeführt. Fast alle Entscheidungen gehen für pro Arbeitgeber aus.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin zur Fälschung eines Genesenennachweises
Das Arbeitsgericht Berlin hatte sich nun damit zu beschäftigen, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers, der einen gefälschten Genesenennachweis beim Arbeitgeber eingereicht hat, rechtmäßig ist. Dies ist nicht die erste Beschäftigung des Berliner Arbeitsgericht mit Corona-Kündigungen.
Sachverhalt der Entscheidung
Ein Justizbeschäftigter bei einem Gericht legte einen gefälschten Genesenennachweis vor, obwohl bei ihm keine Corona-Erkrankung festgestellt worden war. Mit dieser Fälschung erhielt er so Zutritt zum Gericht ohne Vorlage eines aktuellen Tests oder Impfnachweises.
Der Arbeitgeber – das Land Berlin – überprüfte den Genesenennachweis später und es wurde festgestellt, dass es sich bei dem Genesenennachweis um eine Fälschung handelt. Der Arbeitgeber hörte den Arbeitnehmer an und erklärte nach der Anhörung die fristlose Kündigung aus außerordentlichem Grund des Arbeitsverhältnisses.
Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers zum Arbeitsgericht Berlin
Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin und verlor das Kündigungsschutzverfahren.
Entscheidung des Arbeitsgerichts
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 26.04.2022, Aktenzeichen 58 Ca 12302/21) führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 12/22 vom 30.05.2022 folgendes aus:
Die Vorlage eines gefälschten Genesenennachweises anstelle eines erforderlichen tagesaktuellen Corona-Tests oder Impfnachweises kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden und eine Kündigungsschutzklage abgewiesen.
Nach § 28b Absatz 1 Infektionsschutzgesetz in der vom 24.11.2021 bis 19.03.2022 gültigen Fassung durften Beschäftigte Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur nach Vorlage eines Impfnachweises, eines Genesenennachweises oder eines tagesaktuellen Tests im Sinne der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung betreten.Diese Kündigung ist nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts wirksam, der erforderliche wichtige Grund für eine außerordentliche Kündigung liege vor. Der Arbeitgeber habe einen Zutritt nur bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 28b Absatz 1 Infektionsschutzgesetz gewähren dürfen. Den hier geregelten Nachweispflichten komme auch im Hinblick auf den angestrebten Gesundheitsschutz für alle Menschen im Gericht eine erhebliche Bedeutung zu. Deshalb sei die Verwendung eines gefälschten Genesenennachweises zur Umgehung dieser geltenden Nachweispflichten eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Rücksichtnahmepflichten. Eine vorherige Abmahnung dieses Sachverhaltes sei nicht erforderlich. Es sei für den Kläger als Justizbeschäftigten ohne weiteres erkennbar gewesen, dass ein solches Verhalten nicht hingenommen werde. Auch im Hinblick auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses von drei Jahren überwiege das arbeitgeberseitige Interesse an einer sofortigen Beendigung.
Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Anmerkung:
Auch dieses Urteil zeigt mal wieder, dass man als Arbeitnehmer nicht leichtfertig gefälschte Nachweise im Zusammenhang mit Corona verwenden sollte. Oft werden solche Fälschungen (Maskenatteste, Impfnachweise, Genesenennachweise) aus dem Internet bezogen von Personen “die ganz besonders schlau” sein wollen und an irgendwelche kruden Verschwörungstheorien glauben. Hier ist Vorsicht geboten; gerade wegen der Vielzahl der Entscheidungen der Arbeitsgerichte, die die Verwendung solcher Fälschungen auf Arbeit als Kündigungsgrund ansehen.
Update im März 2023
Das LAG Düsseldorf (Urteil vom 7.2.2023 – 8 Sa 326/22) hat nun entschieden, dass die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber auch bei 19-jähriger Firmenzugehörigkeit einen wichtigen Grund nach. § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Nach dem Landesarbeitsgericht stellt die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in der Absicht die Nachweispflicht des § 28b Abs. 1 IfSG zu umgehen, eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar, die so schwerwiegend ist, dass sie geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Anwalt in Berlin Marzahn
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Kündigung wegen falschen Corona-Online-Test
Die Kündigung wegen der Fälschung von Impfzertifikaten durch Arbeitnehmer oder die Verwendung von gefälschten Impfpässen ist derzeit bereits von mehreren Arbeitsgerichten als legitim beurteilt worden. Es gibt nun immer mehr Entscheidungen der Arbeitsgerichte dazu. Die Tendenz geht klar in Richtung, dass hier “Betrügereien” der Arbeitnehmer in der Regel eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Es wird hier zur Übersicht der einzelnen Entscheidungen auf meinen Artikel zur “Impfpflicht in der Gesundheitsbranche” verwiesen. Dort sind aktuelle Entscheidungen zum Thema Corona und Kündigung aufgelistet.
Corona-Test aus Internet – Kündigung wirksam oder nur Abmahnung?
Hier geht es nun aber darum, ob die Vorlage eines ungeprüften negativen Coronatest, den sich ein Arbeitnehmer aus dem Internet bezogen hat, grundsätzlich als Kündigungsgrund ausreicht. Darf der Arbeitgeber aufgrund einer solchen ungeprüften Testbescheinigung das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden? Es geht hier also nicht um gefälschte Impfausweise, sondern nur um ungeprüfte “Online-Corona-Tests”.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld
Das Arbeitsgericht Bielefeld (Urteil vom 24.3.2022 – 1 Ca 2311/21) hat dies verneint und war der Meinung, dass der Arbeitgeber hier allenfalls hätte abmahnen dürfen. Für eine Kündigung reichte der Sachverhalt nach Meinung der Arbeitsrichter nicht aus.
Fall des Arbeitsgerichts Bielefeld
Der Fall war wie folgt:
Der Arbeitnehmer war auf einen städtischen Bauhof beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst der Kommunen. Beim Bauhof gab es ab dem 22.11.2021 nach § 28 b IFSG eine 3G-Regel am Arbeitsplatz. Nach dieser Regelung mussten alle Arbeitnehmer durch Nachweiskontrollen die Voraussetzungen der 3G-Regel täglich erfüllen und dies musste Arbeitgeberseits überwacht werden.
Von Seiten des Bauhofs wurde alle nicht geimpften Arbeitnehmer ab dem 24.11.2021 tägliche Tests unter Aufsicht angeboten. Der nicht geimpfte Kläger machte von diesem Angebot ab dem 24.11.2021 täglich Gebrauch und wurde stets negativ getestet.
In den folgenden Tagen kam es auf dem Bauhof zu gehäuften Corona-Erkrankungen. Der Arbeitnehmer hatte in dieser Woche erstmalig auch ein Testzertifikat über die Internetseite Dr. B. bezogen. Das Gesundheitsministerium des Landes NRW warnte allerdings seit dem 28.11.2021 vor diesen “nicht verkehrsfähigen Testnachweisen”. Die Verwendung solcher “Online – Tests” im Rechtsverkehr stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden könne. Es braucht nicht näher ausgeführt werden, dass diese “Testnachweise” keine solche sind.
Am 7.12.2021 wurde der Arbeitnehmer zum Personalgespräch geladen und ihm wurde mitgeteilt, dass es sich bei der Vorlage des Testnachweises um eine Straftat handeln könnte und außerdem eine fristlose Kündigung beabsichtigt sei. Ab dem 8.12.2021 war der Arbeitnehmer dann arbeitsunfähig krank.
Am 15.12.2021 erfolgte die außerordentliche, vorsorglich ordentlich Kündigung durch den Arbeitgeber.
Gegen diese Kündigungen wehrte sich der Arbeitnehmer/ Kläger mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Bieldefeld.
Entscheidung zu Gunsten des Arbeitnehmers
Das Arbeitsgericht Bielefeld gab dem Arbeitnehmer Recht und führte dazu aus:
Die streitbefangene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet.
Ein “wichtiger Grund” zur Kündigung kann nicht nur in der erheblichen Verletzung einer vertraglichen Hauptleistungspflicht liegen. Auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Hinsichtlich der Vorlage eines Negativtests aus dem Internet steht das ArbG Hamburg in seiner Entscheidung vom 31.03.2022 – 4 Ca 323/21 auf dem Standpunkt, die Vorlage eines Testzertifikats, das unzutreffend bescheinigt, der Antigen-Schnelltest sei von dem Leistungserbringer i.S.d. § 6 Abs. 1 TestV selbst durchgeführt worden, in der Absicht, den in § 28 b Abs. 1 Satz 1 IfSG geregelte Nachweispflicht zu umgehen, sei “an sich” geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei komme es nicht auf die strafrechtliche Würdigung des Sachverhalts an. Entscheidend sei vielmehr der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensbruch.
Der Auffassung des ArbG Hamburg kann allerdings nicht zugestimmt werden. Erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz Dritter liegen nach Ansicht der Kammer erst dann vor, wenn das Testergebnis, das bescheinigt wird, ein unzutreffendes Testergebnis ist. Der Beklagten ist es deshalb nicht gelungen, dem Kläger nachzuweisen, dass er ein gefälschtes Gesundheitszeugnis vorgelegt hatte. Er hatte der Beklagten “lediglich” ein nicht gültiges Testzertifikat vorgelegt.
Legt der Kläger vor Betreten der Arbeitsstätte dem Arbeitgeber einen aufgrund des Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht ordnungsgemäßen Testnachweis vor, erfüllt er nach Ansicht der Kammer die nach § 28 b Abs. 3 Satz 2 IfSG obliegende Nachweispflicht. Damit darf der Arbeitnehmer den Betrieb nicht betreten und verliert den Entgeltanspruch. Er hat dadurch selbst mindestens eine Ordnungswidrigkeit begangen und die Beklagte in Gefahr gebracht, dass sie sich ebenfalls bußgeldpflichtig macht, indem sie Arbeitnehmer beschäftigt, die kein gültiges Negativattest vorgelegt haben.
Der Kammer fehlt jedes Verständnis für die Vorlage eines den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechenden Negativattests, nur um sich der Vorlage eines täglichen Bürgertests zu entziehen. Wenn man Impfskeptiker ist, muss man dazu und zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen stehen und kann sich nicht durch Vorlage eines “Fake”-Attests aus dem Internet Vorteile verschaffen, für die man kein Risiko eingehen möchte. Dem Kläger konnte letztlich aber nicht wiederlegt werden, dass er der Richtigkeit der Angaben auf der Internetseite von Dr. B. vertraut hatte. Vor diesem Hintergrund reicht nach Ansicht der Kammer im vorliegenden Fall der Ausspruch einer Abmahnung zur Beseitigung der Störung ihres Dauerschuldverhältnisses als milderes Mittel aus.
Anmerkung: Nicht immer ist bei einem Verstoß gegen Corona-Schutzbestimmungen im Betrieb eine Kündigung rechtmäßig. Wie so oft kommt es immer auf den Einzelfall an.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Marzahn _ Hellersdorf
Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis möglich – Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln
Corona und dessen Auswirkungen beschäftigen weiter die Arbeitsgerichte. Gerade die Frage der Impfung gegen das Corona-Virus nebst einrichtungsbezogener Impfpflicht ist weiter eine Thema bei vielen Arbeitsgerichten.
In einem Fall vor dem Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 23.3.2022 – 18 Ca 6830/21) ging es aber nicht um eine Einrichtung der Gesundheitsbranche. Hier hatte eine Arbeitnehmerin gegenüber ihren Arbeitgeber einen gefälschten Impfausweis vorgelegt und so suggeriert, dass diese die entsprechenden Schutzimpfungen gegen das Corona Virus erhalten hatte. Dies war Voraussetzung, um mit Kunden des Arbeitgebers Kontakt haben zu können. Der Arbeitgeber hatte im Betrieb eine 2-G-Regelung eingeführt. Jeder Arbeitnehmer mit Kontakt zu Kunden musste von daher geimpft oder genesen sein und dies nachweisen können. Später stellte sich nach einer Abfrage der Impf-Chargen durch den Arbeitgeber heraus, dass der Impfausweis gefälscht war und die Charge, die hier im Impfausweis angeblich an die Arbeitnehmerin verimpft wurde, erst nach Ausstellung des Impfausweis verwendet wurde.
strafrechtliche Konsequenzen der Benutzung eines gefälschten Impfausweises
Über die strafrechtlichen Konsequenzen der Benutzung eines gefälschten Impfausweis hatte ich bereits Ausführungen gemacht. Die Tendenz bei den Staatsanwaltschaften geht dahin, dass man diese Sachen konsequent verfolgt und die Gerichte urteilen hier recht konsequent. Mittlerweile ist klar geregelt, dass eine solche Benutzung eines gefälschten Impfausweis strafbar ist.
außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos. Die Arbeitnehmern klagte mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht Köln und verlor das Kündigungsschutzverfahren.
Urteil des Arbeitsgerichts Köln wegen Verwendung einer Fälschung des Impfpasses durch eine Arbeitnehmerin
Das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 23.3.2022 – 18 Ca 6830/21) führte dazu in seiner Urteilsbegründung aus:
Die außerordentliche fristlose Kündigung ist durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt. Die Klägerin hat den Vorwurf, dass die Eintragungen in dem von ihr vorlegten Impfpass unzutreffend sind, nicht entkräften können.
Auch die hieraus folgende Missachtung der 2-G-Regel im Präsenzkontakt zu Kunden ist nicht nur weisungswidrig, sondern stellt auch eine erhebliche Verletzung der Verpflichtung der Klägerin zur Wahrung der Interessen der Beklagten dar. Dadurch, dass die Klägerin ihre unwahre Behauptung vollständigen Impfschutzes durch Vorlage eines falschen Impfnachweises zu belegen versucht hat, hat sie das für eine auch nur befristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen verwirkt.
Der Verwertung des entsprechenden Tatsachenvortrags der Beklagten standen auch datenschutzrechtliche Vorgaben nicht entgegen. Insbesondere ist die Beklagte in Erfüllung der aus § 28b Abs. 3 IfSG a.F. folgenden Kontroll-Verpflichtung der 3-G-Regel auch zum Abgleich mit den öffentlich erhältlichen Daten der Chargenabfrage berechtigt gewesen. Denn nur so hat die Beklagte mangels Vorlage des QR-Codes sicherstellen können, dass tatsächlich der behauptete Impfstatus gegeben war.
Anmerkungen:
Wichtig ist zu wissen, dass jede arbeitsgerichtliche Entscheidung zunächst ein Einzelfall ist. Man kann solche Entscheidung nicht ohne weiteres auf alle möglichen ähnlichen Fälle übertragen. Auch ist das Arbeitsgericht Köln natürlich nicht die letzte Instanz in Arbeitsgerichtssachen. Eine Tendenz ist allerdings bei den Arbeitsgerichten erkennbar, dass man grundsätzlich pro Corona-Schutzpflichten entscheidet. Dies gilt auch für das Arbeitsgericht Berlin.
Trotzdem muss man sagen, dass sich hier die Frage stellt, ob der Arbeitgeber hier schon außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden kann oder ob ihm es zumutbar gewesen wäre die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Dieses ebenfalls eine Einzelfallentscheidung. Grundsätzlich ist es so, dass die Arbeitsgerichte recht hohe Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers haben.
Außerordentliche Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung ist eine Kündigung ohne Einhaltung der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfrist und kann sowohl vom Arbeitnehmer und auch vom Arbeitgeber ausgesprochen werden.
Mit der außerordentlichen Kündigung kann das Arbeitsverhältnis unverzüglich beendet werden (fristlose Kündigung), aber auch zu einem von der kündigenden Partei gewählten späteren Zeitpunkt (Kündigung mit Auslauffrist).
Für eine außerordentliche Kündigung muss zunächst ein wichtiger Grund vorliegen (§ 626 I BGB). Als wichtiger Grund für eine solche Kündigung ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten “an sich” geeignet (BAG, Urteil vom 08.05.2014 – 2 AZR 249/13).
Update März 2023
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 7.2.2023 – 8 Sa 326/22, hat nun entschieden, dass die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises beim Arbeitgeber auch bei neunzehnjähriger Betriebszugehörigkeit einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darstellt.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Ein in der Praxis häufig vorkommendes arbeitsrechtliches Problem ist die Kündigung wegen fehlender Corona-Schutzimpfung.Damit hatte sich nun auch das Arbeitsgericht Berlin zu beschäftigen. Hier ging es sogar darum, dass der Arbeitgeber vor Arbeitsantritt das Arbeitsverhältnis aufgrund fehlender Corona-Impfung gekündigt hatte.
Schutzimpfung nur für bestimmte Branchen vorgeschrieben
Aufgrund der gesetzlichen Regelung nach dem Infektionsschutzgesetz ist eine solche Kündigung grundsätzlich unproblematisch möglich, wenn Personen aus der Gesundheitsbereich (einrichtungsbezogene Impfpflicht) der Impfpflicht nicht nachkommen. Der Arbeitgeber kann hier einen Nachweis der Impfung oder Genesung verlangen, wenn dieser nicht vorliegt, dann ist eine Kündigung grundsätzlich möglich, da der Arbeitgeber im Normalfall den Arbeitgeber gar nicht weiter beschäftigen darf (das Gesundheitsamt wird hier in der Regel ein Beschäftigungsverbot aussprechen). Darüber hatte ich bereits berichtet.
keine Impfpflicht für die meisten Branchen
Es gibt auch viele Fälle, wo es eben nicht um eine Arbeit geht, bei der der Arbeitnehmer gesetzlich zur Impfung verpflichtet ist. In den meisten Berufen besteht keine gesetzliche Impfpflicht gegen Corona. Eine allgemeiner Impfpflicht gibt es (noch) nicht. Ob diese überhaupt eingeführt wird, ist fraglich.
Kündigung bei fehlender Corona-Impfung
Trotzdem ist es so, dass überwiegend die Arbeitsgerichte eine Kündigung durch den Arbeitgeber dann bejahen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder aufgrund nachvollziehbarer innerbetrieblicher Regelungen nicht ungeimpft oder ungenesen im Betrieb beschäftigt werden kann.
innerbetriebliche Schutzmaßnahmen gegen Corona
Innerbetriebliche Vorgaben sind zum Beispiel die, dass der Arbeitgeber im Betrieb bestimmte Coronaschutzmaßnahmen vorschreibt, wie zum Beispiel indem er eine 2G-Regelung im Betrieb einführt.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin hatte sich nun mit einem Fall zu beschäftigen, wonach der Arbeitgeber im Betrieb eine 2G-Regelung eingeführt hatte und eine Arbeitnehmerin noch vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses-wegen fehlende Impfung-das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Zum Zeitpunkt des Vertragsschluss wusste der Arbeitgeber nichts von der fehlenden Impfung. Die Arbeitnehmerin hatte angeboten, dass diese täglich aktuelle Corona-Test vorlegen würde. Dies reichte dem Arbeitgeber nicht, der das Arbeitsverhältnis ordentlich vor Arbeitsbeginn kündigte.
Die Arbeitnehmerin wandte auch ein, dass diese diskriminiert werde und darüber hinaus auch ein Maßregelungsverbot vorlegen. Sie erhob gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin.
Berliner Richter hält Kündigung des Arbeitgebers für wirksam
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 03.02.2022, Aktenzeichen 17 Ca 11178/21) sah dies grundsätzlich anders und hielt auch die Kündigung nur aufgrund der Einführung des 2-D Modells im Betrieb für zulässig und saht auch keinen Rechtsmissbrauch. Das Arbeitsgericht entschied
Corona-Kündigung schon vor Arbeitsantritt zulässig
In seiner Pressemitteilung Nr. 03/22 vom 02.03.2022 führte das Arbeitsgericht aus:
Ein Arbeitgeber darf in einem Musicalaufführungsbetrieb ein „2G-Modell“ durchsetzen und einer Darstellerin, die über keine Corona-Schutzimpfung verfügt, noch vor Vertragsbeginn kündigen.
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Kündigungen insbesondere keine Maßregelung gemäß § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellen würden. Die persönliche Haltung der Klägerin zur Corona-Schutzimpfung sei nicht tragendes Motiv für den Kündigungsentschluss gewesen, sondern habe lediglich den Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Der Arbeitgeber könne als Ausdruck seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit das „2G-Modell“ als allgemeingültiges Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze im Betrieb durchsetzen. Wenn dies mit der höchstpersönlichen Entscheidung der Klägerin, sich nicht impfen zu lassen, unvereinbar sei, liege keine Maßregelung vor. Der Ausschluss nicht geimpfter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstoße auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Auch sei das „2G-Modell“ nicht willkürlich gewählt, da insbesondere das tägliche Vorlegen eines negativen Corona-Testergebnisses die Betriebsabläufe stärker beeinträchtigen und die Beschäftigung nicht geimpfter Personen aufgrund der strengeren Quarantäneregelungen ein höheres Risiko für etwaige Personalausfälle für den Musicalbetrieb darstellen würde. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die Arbeitgeberinnen ein Schutzkonzept umsetzen, das einen höheren Kosten- und Personalaufwand verursache, da neben der unternehmerischen Handlungsfreiheit der Arbeitgeberinnen auch die körperliche Unversehrtheit der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen sei.
Anmerkung:
Zu beachten ist auch, dass hier ohnehin noch kein allgemeiner Kündigungsschutz bestanden hat und eine Kündigung innerhalb der Probezeit ohne Grund mit einer Zweiwochenfrist nach Arbeitsvertragsbeginn unproblematisch möglich wäre. Ein Missbrauch liegt hier nicht vor. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Kanzlei Marzahn
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