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Arbeitsrecht

Beim Arbeitsrecht –Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin – A. Martin – unterscheidet man zwischen Individualarbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht. Für den Arbeitnehmer ist meist nur das Individualarbeitsrecht von Bedeutung. Insbesondere geht es oft bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, um Regelungen aus dem Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber.

Häufig kommen Lohnstreitigkeiten vor. Aber auch bei der Kündigung durch den Arbeitgeber sucht der Arbeitnehmerrat beim Rechtsanwalt, am besten beim Fachanwalt für Arbeitsrecht in Marzahn.

Gerade im Zusammenhang mit Kündigungsschutzklage stellt sich dann die Frage, inwieweit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung hat oder ob gegebenenfalls ein solcher Anspruch gut verhandelbar ist vor dem Arbeitsgericht Berlin.

Kündigung, Kündigungsschutz und Abfindung von SchwerbehindertenRechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Allgemeines, Arbeitsrecht, Kündigung, Kündigungsschutzklage, Schwerbehinderung

Kündigung, Kündigungsschutz und Abfindung von Schwerbehinderten

Kündigung, Kündigungsschutz und Abfindung von Schwerbehinderten

Kündigung, Kündigungsschutz und Abfindung von Schwerbehinderten


Kündigungsschutz und Schwerbehinderung

Schwerbehinderte Arbeitnehmer sind vor einer Kündigung des Arbeitgebers besonders geschützt. Mitarbeiter mit Schwerbehinderung und ihnen Gleichgestellte unterliegen grundsätzlich gemäß § 168 SGB IX einem besonderen Kündigungsschutz (Sonderkündigungsschutz). Der Arbeitgeber braucht nämlich für die Kündigung (unerheblich ob ordentlich oder außerordentlich) die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes. Von daher genießen schwerbehinderte Personen neben dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz auch besonderen Kündigungsschutz nach dem SGB IX.


Zustimmung des Integrationsamtes vor Kündigung

Die Zustimmung des Integrationsamtes ist vor jeder ordentlichen und außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers erforderlich. Die gleichberechtigte Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Leben, insbesondere auch im Arbeitsleben,  ist ein besonderes Anliegen der deutschen Gesetzgebung. Das Zustimmungserfordernis des Integrationsamtes nach dem SGB IX ist ein Ergebnis dieser Gesetzgebung. Durch den Sonderkündigungsschutz werden Schwerbehinderte zusätzlich im Arbeitsverhältnis geschützt.


Was heißt besonderer Kündigungsschutz eines Schwerbehinderten?

Vielen Arbeitnehmern ist bekannt, dass für den Fall der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes auf das Arbeitsverhältnis ein allgemeiner Kündigungsschutz gilt. Der Arbeitgeber braucht für eine Kündigung einen Kündigungsgrund und kann hier nur verhaltensbedingt, personenbedingt oder betriebsbedingt kündigen.

allgemeiner Kündigungsschutz

Das Kündigungsschutzgesetz ist dann auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, wenn mehr als zehn Arbeitnehmer im Betrieb in Vollzeit tätig sind und das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht. Diesen allgemeinen Kündigungsschutz genießen selbstverständlich auch Schwerbehinderte.

besonderer Kündigungsschutz

Darüberhinaus genießen diese aber auch einen sogenannten Sonderkündigungsschutz. Dies heißt einen besonderen Kündigungsschutz, den normale Arbeitnehmer nicht bekommen. Dieser ist geregelt in die § 168-175 SGB IX. Danach kann das Arbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Arbeitnehmers nicht ohne weiteres gekündigt werden. Zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen für eine Kündigung ist die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung notwendig. Dies heißt, dass Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung zweifach geschützt sind, zum einen aufgrund des allgemeinen Kündigungsschutzes und zum anderen aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes nach dem SGB IX.


Welche Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Sonderkündigungsschutz als Schwerbehinderte?

Alle schwerbehinderten Arbeitnehmer eines Betriebes, unabhängig von ihrer Stellung im Betrieb, haben den Sonderkündigungsschutz eines Schwerbehinderten, solange diese länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind. Als schwerbehinderte Person gilt eine Person mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder mehr (§ 2 Abs. 2 SGB IX).

Gleichgestellte Arbeitnehmer

Allerdings können auch Personen, die einen Grad der Behinderung von wenigstens 30 haben, aber noch keinen GdB 50 den Sonderkündigungsschutz eines Schwerbehinderten genießen, wenn sie diesen als Schwerbehinderten gleichgestellt wurden. Eine solche Gleichstellung, die immer beantragt werden sollte, wenn die Voraussetzungen vorliegen, erfolgt nur auf den Antrag des Arbeitnehmers und wird über einen Bescheid festgestellt. Diesen Antrag muss der Arbeitnehmer wenigstens drei Wochen vor Zugang der Kündigung stellen.


Gilt der Sonderkündigungsschutz auch im Kleinbetrieb?

Ja, der Arbeitgeber braucht die Zustimmung des Integrationsamtes auch, wenn er nur einen Kleinbetrieb führt und das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Der Sonderkündigungsschutz steht also unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz bzw. vom allgemeinen Kündigungsschutz.


Gilt der besondere Kündigungsschutz auch in der Probezeit/ Wartezeit?

Nein, der besondere Kündigungsschutz gilt hier in der Probezeit / Wartezeit nicht, sondern erst nach 6 Monaten. Dies heißt, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses ein Sonderkündigungsschutz nicht besteht. Ein schwerbehinderte Arbeitnehmer kann also ohne Kündigungsschutz innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gekündigt werden. Dabei spielt auch keine Rolle, wie lang die Probezeit (§ 622 III BGB) vereinbart ist.

Beispiel: Der schwerbehinderte Arbeitnehmer A bekommt einen Arbeitsvertrag, in welchem eine Probezeit mit drei Monaten geregelt ist. Innerhalt der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit eine Frist von 2 Wochen gekündigt werden (§ 622 III BGB). Im vierten Monat – also nach Ablauf der vereinbarten Probezeit – kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Darf er dies?

Antwort: Ja. Die Probezeit ist letztendlich nur eine Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist. Der Sonderkündigungsschutz greift erst nach sechs Monaten, unabhängig davon, wie lang die Probezeit im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.


Gibt es Ausnahmen, bei denen das Integrationsamt nicht zustimmen muss?

In der Regel muss das Integrationsamt einer jeden Kündigung des Arbeitgebers – also egal, ob eine ordentliche, außerordentliche, eine Beendigungskündigung oder Änderungskündigung erklärt wird – zustimmen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Arbeitnehmer das 58. Lebensjahr vollendet hat und einen Anspruch auf Abfindung o. ä. Leistung hat. Dies dürfte allerdings selten vorkommen.

Darüberhinaus ist auch eine Zustimmung des Integrationsamtes nicht erforderlich, wenn innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gekündigt wurde (siehe oben).


Was ist, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung nichts weiß?

Es gibt Fälle, in denen der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers weiß und ohne Zustimmung des Integrationsamtes kündigt. In dieser Situation muss der Arbeitnehmer dringend handeln. Er muss dem Arbeitgeber innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung seine Schwerbehinderung anzeigen. Dies sollte rechtssicher geschehen, sodass auch nachweisbar ist, dass der Arbeitgeber innerhalb dieser drei Wochen vom Arbeitnehmer über die Schwerbehinderung informiert wurde. Weiter muss der Arbeitnehmer zwingend Kündigungsschutzklage einreichen. Wenn der Arbeitnehmer also gegen die Kündigung nicht klagt und nicht innerhalb der drei Wochen die Schwerbehinderung anzeigt, dann hat er recht schlechte Karten in der Sache überhaupt noch etwas zu gewinnen. Die Kündigung wird dann nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes wirksam. In Bezug auf die Klagefrist gilt aber zu Gunsten des Arbeitnehmers der § 4 Abs. 1, Satz 4 KSchG. Trotzdem sollte immer die Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung erhoben werden.


Wie hoch ist die Abfindung bei einer Kündigung eines Schwerbehinderten?

Interessant ist natürlich für Arbeitnehmer, die eine Kündigung des Arbeitgebers erhalten und schwerbehindert sind, in welcher Höhe sie gegebenenfalls eine Abfindung erhalten können. Dabei ist wichtig zu wissen, dass auch für Schwerbehinderte in der Regel kein gesonderter Abfindungsanspruch besteht.

Für den Arbeitnehmer, der nicht schwerbehindert ist ist es in den meisten Fällen so-und dies gilt auch für schwerbehinderte Arbeitnehmer-dass nur in seltenen Fällen tatsächlich ein Anspruch auf Zahlung einer Entlassungsentschädigung besteht.

Abfindungshöhe ist oft reine Verhandlungssache

Die Höhe der Abfindung kann niemand genau voraussagen. Diese ist oft reine Verhandlungssache. Wenn der Arbeitnehmer einen besonders starken Kündigungsschutz hat und damit das Prozessrisiko für den Arbeitgeber besonders hoch ist, ist in der Regel mit einer höheren Abfindung zu rechnen, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber auf keinen Fall mehr den Arbeitnehmer beschäftigen möchte.

Abfindungsformel

In der Regel wird man von der allgemeinen Abfindungsformel von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Arbeitsjahr (Arbeitsgericht Berlin) ausgehen und diese dann etwas beim Schwerbehinderten erhöhen.

Formel auf Zahlung einer Entlassungsentschädigung ohne Verbindlichkeit

Wichtig ist, dass diese Formel keinerlei Rechtsverbindlichkeit hat. Allerdings ist zu beachten, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer einen besseren Kündigungsschutz hat und von daher sollte man in Bezug auf die Abfindung hier höher in die Verhandlung zum Gütetermin gehen. Hier ist es auf jeden Fall sinnvoll sich anwaltlich beraten zu lassen und sich auch im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht vertreten lassen, da nur dieser über entsprechende Kenntnisse und auch über die Erfahrungen im Aushandeln einer Abfindung hat.

Arbeitsplatz nicht vorschnell aufgeben

Trotzdem sollte man sich genau überlegen, ob man tatsächlich den „sicheren Arbeitsplatz” aufgibt für eine Abfindung, die wahrscheinlich dann auch recht schnell verbraucht wird, oder ob man tatsächlich hier als schwerbehinderte Person um den Arbeitsplatz kämpft.


Muss das Integrationsamt zustimmen, wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird?

Nein. Das Integrationsamt muss nur entsprechend bei einer Kündigung beteiligt werden. Schließt der Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag und ist schwerbehindert, so ist dies grundsätzlich ohne Zustimmung des Integrationsamtes möglich. Der Grund ist der, dass der Schutz des Arbeitnehmers gerade dann erfolgen soll, wenn gegen den Willen des Arbeitnehmers zum Beispiel durch Kündigung des Arbeitgebers hier gehandelt wird. Einen Aufhebungsvertrag schließt der Arbeitnehmer in der Regel aber freiwillig und von daher besteht hier kein besonderer Schutz und ist in der Regel auch nicht notwendig.

In Ausnahmefällen kann der Schwerbehinderte Arbeitnehmer-in Ausnahmefällen-auch gegen einen Aufhebungsvertrag vorgehen und diesen anfechten, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.


Wie prüft das Integrationsamt die Kündigung?

Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist das Zustimmungserfordernis des Integrationsamtes vor einer Kündigung des Arbeitgebers notwendig. Der Grund ist die besondere Schutzbedürftigkeit des schwerbehinderten Arbeitnehmers im Betrieb. Wenn der Arbeitgeber also kündigen möchte, muss er zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Dazu wird der Normalfall einen Fragebogen ausfüllen und dort unter anderen auch den Kündigungsgrund, der hier entscheidend ist, mitteilen. Das Integrationsamt hört dann den Arbeitnehmer gemäß § 170 Abs. 2 SGB IX an. Der Arbeitnehmer bekommt also schon vorab-vor eine Entscheidung des Integrationsamtes-den Antrag des Arbeitgebers übersandt mit der Bitte eine Stellungnahme abzugeben und weiß dann schon, dass bald die Arbeitgeberkündigung kommt. Das Integrationsamt entscheidet dann nachdem es beide Schreiben (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) erhalten hat, ob es der Kündigung zustimmt oder nicht. Der Arbeitnehmer muss aber keine Stellungnahme abgeben.

Integrationsamt soll innerhalb eines Monats entscheiden

Die Entscheidung des Integrationsamtes soll innerhalb eines Monats getroffen werden (§ 171 Abs. 1 SGB IX).

Grundsätzlich kann man sagen, dass das Integrationsamt-zumindest in Berlin-recht großzügig die Anträge der Arbeitgeber auf Zustimmung zur Kündigung prüft. Wenn das Integrationsamt der Meinung ist, dass eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt oder für eine ordentliche Kündigung zum Beispiel betriebsbedingte Gründe vorliegen, wird das Integrationsamt keine großartigen Nachforschungen anstellen und in der Regel der Kündigung zustimmen.

Der Arbeitnehmer ist hier aber nicht rechtlos gestellt und hat die Möglichkeit dann Kündigungsschutzklage einzureichen und das Gericht prüft dann auch noch mal – und zwar erheblich genauer – den rechtlichen Schutz (nach dem Kündigungsschutzgesetz) des Arbeitnehmers.


Darf der Arbeitgeber nach der Schwerbehinderung fragen?

Der Arbeitgeber ist im bestehenden Arbeitsverhältnis berechtigt, den Arbeitnehmer nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung zu fragen. Es steht dabei dem Arbeitnehmer zwar frei, die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten, allerdings sollte der Arbeitnehmer in der Regel hier wahrheitsgemäß antworten, ansonsten kann sein Kündigungsschutz verwirken und er kann sich im Kündigungsschutzverfahren nicht mehr auf seine Schwerbehinderteneigenschaft berufen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012 – 6 AZR 553/10).


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

14. Mai 2022/0 Kommentare/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis möglichRechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Allgemeines, Arbeitsrecht, Corona-Virus, Kündigung

Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis möglich

Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis möglich

Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis möglich

Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Impfausweis möglich – Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln

Corona und dessen Auswirkungen beschäftigen weiter die Arbeitsgerichte. Gerade die Frage der Impfung gegen das Corona-Virus nebst einrichtungsbezogener Impfpflicht ist weiter eine Thema bei vielen Arbeitsgerichten.

In einem Fall vor dem Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 23.3.2022 – 18 Ca 6830/21) ging es aber nicht um eine Einrichtung der Gesundheitsbranche. Hier hatte eine Arbeitnehmerin gegenüber ihren Arbeitgeber einen gefälschten Impfausweis vorgelegt und so suggeriert, dass diese die entsprechenden Schutzimpfungen gegen das Corona Virus erhalten hatte. Dies war Voraussetzung, um mit Kunden des Arbeitgebers Kontakt haben zu können. Der Arbeitgeber hatte im Betrieb eine 2-G-Regelung eingeführt. Jeder Arbeitnehmer mit Kontakt zu Kunden musste von daher geimpft oder genesen sein und dies nachweisen können. Später stellte sich nach einer Abfrage der Impf-Chargen durch den Arbeitgeber heraus, dass der Impfausweis gefälscht war und die Charge, die hier im Impfausweis angeblich an die Arbeitnehmerin verimpft wurde, erst nach Ausstellung des Impfausweis verwendet wurde.

strafrechtliche Konsequenzen der Benutzung eines gefälschten Impfausweises

Über die strafrechtlichen Konsequenzen der Benutzung eines gefälschten Impfausweis hatte ich bereits Ausführungen gemacht. Die Tendenz bei den Staatsanwaltschaften geht dahin, dass man diese Sachen konsequent verfolgt und die Gerichte urteilen hier recht konsequent. Mittlerweile ist klar geregelt, dass eine solche Benutzung eines gefälschten Impfausweis strafbar ist.


außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos. Die Arbeitnehmern klagte mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht Köln und verlor das Kündigungsschutzverfahren.


Urteil des Arbeitsgerichts Köln wegen Verwendung einer Fälschung des Impfpasses durch eine Arbeitnehmerin

Das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 23.3.2022 – 18 Ca 6830/21) führte dazu in seiner Urteilsbegründung aus:

Die außerordentliche fristlose Kündigung ist durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt. Die Klägerin hat den Vorwurf, dass die Eintragungen in dem von ihr vorlegten Impfpass unzutreffend sind, nicht entkräften können.

Auch die hieraus folgende Missachtung der 2-G-Regel im Präsenzkontakt zu Kunden ist nicht nur weisungswidrig, sondern stellt auch eine erhebliche Verletzung der Verpflichtung der Klägerin zur Wahrung der Interessen der Beklagten dar. Dadurch, dass die Klägerin ihre unwahre Behauptung vollständigen Impfschutzes durch Vorlage eines falschen Impfnachweises zu belegen versucht hat, hat sie das für eine auch nur befristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen verwirkt.

Der Verwertung des entsprechenden Tatsachenvortrags der Beklagten standen auch datenschutzrechtliche Vorgaben nicht entgegen. Insbesondere ist die Beklagte in Erfüllung der aus § 28b Abs. 3 IfSG a.F. folgenden Kontroll-Verpflichtung der 3-G-Regel auch zum Abgleich mit den öffentlich erhältlichen Daten der Chargenabfrage berechtigt gewesen. Denn nur so hat die Beklagte mangels Vorlage des QR-Codes sicherstellen können, dass tatsächlich der behauptete Impfstatus gegeben war.


Anmerkungen:

Wichtig ist zu wissen, dass jede arbeitsgerichtliche Entscheidung zunächst ein Einzelfall ist. Man kann solche Entscheidung nicht ohne weiteres auf alle möglichen ähnlichen Fälle übertragen. Auch ist das Arbeitsgericht Köln natürlich nicht die letzte Instanz in Arbeitsgerichtssachen. Eine Tendenz ist allerdings bei den Arbeitsgerichten erkennbar, dass man grundsätzlich pro Corona-Schutzpflichten entscheidet. Dies gilt auch für das Arbeitsgericht Berlin.

Trotzdem muss man sagen, dass sich hier die Frage stellt, ob der Arbeitgeber hier schon außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden kann oder ob ihm es zumutbar gewesen wäre die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Dieses ebenfalls eine Einzelfallentscheidung. Grundsätzlich ist es so, dass die Arbeitsgerichte recht hohe Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers haben.

Außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung ist eine Kündigung ohne Einhaltung der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfrist und kann sowohl vom Arbeitnehmer und auch vom Arbeitgeber ausgesprochen werden.

Mit der außerordentlichen Kündigung kann das Arbeitsverhältnis unverzüglich beendet werden (fristlose Kündigung), aber auch zu einem von der kündigenden Partei gewählten späteren Zeitpunkt (Kündigung mit Auslauffrist).

Für eine außerordentliche Kündigung muss zunächst ein wichtiger Grund vorliegen (§ 626 I BGB). Als wichtiger Grund für eine solche Kündigung ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten “an sich” geeignet (BAG, Urteil vom 08.05.2014 – 2 AZR 249/13).


Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

30. April 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten ArbeitsvertragRechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Allgemeines, Arbeitsrecht, Befristung, LAG Berlin-Brandenburg

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag

eingescannte Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag

Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag – Formfehler mit Folgen!

Befristete Arbeitsverhältnisse werden oft geschlossen, sofern ein Arbeitnehmer neu im Betrieb eingestellt werden soll. Die Befristung hat für den Arbeitgeber mehrere Vorteile, insbesondere kann damit das Kündigungsschutzgesetz “ausgehebelt” werden. Der Arbeitnehmer kann zwar gegen eine Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mittels Kündigungsschutzklage vorgehen, allerdings kann er das “befristete” Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mit einer Kündigungsschutzklage angreifen. Das Arbeitsverhältnis endet ohne dass es einer Kündigung bedarf zum Befristungstermin.


Befristungskontrollklage als Mittel um gegen eine rechtswidrige Befristung vorzugehen

Gegen eine unwirksame Befristung kann sich der Arbeitnehmer aber mittels einer Befristungskontrollklage (Entfristungsklage) wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Ende des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitsgericht erhoben werden. In Berlin ist dafür das Arbeitsgericht Berlin örtlich zuständig. Die Befristungskontrollklage oder Entfristungsklage bewirkt, wenn diese positiv entschieden wird, dass durch das Arbeitsgericht festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.


Sonderkündigungsschutz wirkt nicht im befristeten Arbeitsverhältnis

Auch der Sonderkündigungsschutz – z.B. für Schwangere oder schwerbehinderte Arbeitnehmer – kommt nur bei einer Kündigung bis zum Ende der Befristung zum tragen. Der Grund ist der, dass das Arbeitsverhältnis eben nicht durch eine Kündigung beendet wird, sondern durch die Vereinbarung der Befristung. Die schwangere Arbeitnehmerin, z.B. ist nur gegen die Kündigung, nicht aber gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geschützt.


Befristungen von Arbeitsverträgen sind oft unwirksam

Allerdings kommt es in der Praxis oft vor, dass Befristungen unwirksam sind und damit die Befristungskontrollklagen oft Erfolg haben. Hier gibt es viele Fallstricke, die von Arbeitgeberseite oft nicht gesehen werden.


Schriftform der Befristungsvereinbarung im Arbeitsrecht

Eine “neue Möglichkeit”, wie eine Befristung, die einfach per Schriftform vereinbart werden kann, unwirksam “machen kann”, hat das Arbeitsgericht Berlin bzw. das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hier aufgezeigt.


Vorsicht bei eingescannter Unterschrift beim befristeten Arbeitsvertrag – Formvorschriften beachten!

Ein Arbeitgeber wollte besonders fortschrittlich sein und schloss mit einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag (nebst mehrerer Verlängerungen) per elektronischer Form mit eingescannte Unterschrift. Dies heißt faktisch, dass es keinen schriftlichen (unterschriebenen) Arbeitsvertrag gibt und auch nicht mit einer qualifizierte elektronische Signatur der Arbeitsvertrag unterzeichnet wurde (kommt sehr selten vor).


elektronische Form ist nicht Schriftform

Das Problem dabei ist nur, dass das Gesetz in § 14 des Teilzeit -Befristungsgesetzes vorsieht, dass eine Befristung grundsätzlich schriftlich geschlossen werden muss. Die elektronische Form ersetzt die Schriftform nicht, allerdings neuerdings die qualifizierte elektronische Signatur (so wie z.B. von Anwälten beim elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten verwenden). Zumindest gilt dies dann, wenn einfach nur die Unterschrift eingescannt ist bzw. der Vertrag nicht im Original unterschrieben wurde.

§ 14 Abs. 4 des Teilzeit -Befristungsgesetzes lautet:

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.


Schriftformgebot und befristete Arbeitsverträge

Das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG erfasst grundsätzlich jede Befristung eines Arbeitsvertrags unabhängig von der Rechtsgrundlage, nach der sie vereinbart wird. erfasst grundsätzlich jede Befristung eines Arbeitsvertrags unabhängig von der Rechtsgrundlage, nach der sie vereinbart wird.

Die Befristungsabrede eines befristeten Arbeitsverhältnisses von daher zwingend schriftlich abzuschließen. Es gibt nur eine einzige “elektronische Ausnahme”, nämlich das Unterzeichnen mit einer qualifizierte elektronische Signatur. Diese Ausnahme kommt sehr selten in der Praxis vor.


Entscheidungen zur Schriftform von befristeten Arbeitsverhältnissen

Dabei gilt das Schriftformerfordernis nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 23.06.2004 – 7 AZR 636/03) ausschließlich auf die Befristungsabrede, aber nicht für den Sachgrund.

Zur Wahrung der Schriftform ist es nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 26.07.2006 – 7 AZR 514/05) ausreichend, wenn die eine Vertragspartei in einem von ihr unterzeichneten, an die andere Vertragspartei gerichteten Schreiben den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses anbietet und die andere Vertragspartei das Vertragsangebot annimmt, indem sie das Schriftstück ebenfalls unterzeichnet und an die andere Partei zurücksendet. Hier liegen zwei Originalunterschriften (auf Papier) vor.

Nach der Entscheidung des BAG (Urteil vom 16.04.2008 – 7 AZR 1048/06) ist die Schriftform ebenfalls gewahrt, wenn der Arbeitgeber den von ihm unterschriebenen befristeten Arbeitsvertrag vor dem Arbeitsbeginn an den Arbeitnehmer zur Unterzeichnung mit der Bitte um Rücksendung übersendet und dieser den Vertrag jedoch erst nach dem Arbeitsbeginn zurückgibt. Hier geht es auch noch zusätzlich um das Problem, dass die Befristung vor der Arbeitsaufnahme schriftlich vereinbart werden muss, wenn es sich um eine sachgrundlose (erstmalige) Befristung handelt.


Rechtsfolge einer rechtswidrigen Befristung

Die Rechtsfolge einer formell unwirksamen Befristung ist folgende:

Ist der befristete Arbeitsvertrag nur aufgrund der fehlenden Schriftform rechtsunwirksam, so gilt gemäß § 16 S. 2 TzBfG der befristete Arbeitsvertrag als geschlossen, allerdings als auf unbestimmte Zeit, Dies hat zur Folge, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.


Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zum befristeten Arbeitsvertrag mit eingescannter Unterschrift

Zurück zum Fall des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.03.2022, Aktenzeichen 23 Sa 1133/21) mit den eingescannten Unterschriften:

Der Arbeitnehmer, der sich hier gegen Befristung mittels Befristungsklage gewehrt hat, gewann vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg und konnte sich über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis freuen. Der Grund war der, dass durch die eingescannte Unterschrift die Schriftform nicht eingehalten wurde. Damit ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen.


Begründung des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.03.2022, Aktenzeichen 23 Sa 1133/21) führte dazu in seiner Pressemitteilung Nr. 07/22 vom 13.04.2022 folgendes aus:

Für eine wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages reicht eine eingescannte Unterschrift nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag nur für einige wenige Tage geschlossen worden ist, wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt hat.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage wie bereits das Arbeitsgericht stattgegeben. Die vereinbarte Befristung sei mangels Einhaltung der gemäß § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz zwingend vorgeschriebenen Schriftform unwirksam. Schriftform im Sinne des § 126 Bürgerliches Gesetzbuch erfordere eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Der vorliegende Scan einer Unterschrift genüge diesen Anforderungen nicht. Bei einer mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift, auch durch datenmäßige Vervielfältigung durch Computereinblendung in Form eines Scan liege keine Eigenhändigkeit vor. Den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur genüge ein Scan ebenfalls nicht. Eine etwaige spätere eigenhändige Unterzeichnung des befristeten Vertrages auch durch den Personalverleiher führe nicht zur Wirksamkeit der Befristung. Vielmehr müsse die eigenhändig unterzeichnete Befristungsabrede bei der Klägerin als Erklärungsempfängerin vor Vertragsbeginn vorliegen. Dass die Klägerin diese Praxis in der Vergangenheit hingenommen habe, stehe der jetzt innerhalb der dreiwöchigen Frist nach vorgesehenem Befristungsablauf gemäß § 17 Teilzeit- und Befristungsgesetz erhobenen Klage nicht entgegen. Die Klägerin verhalte sich mit ihrer Klage nicht treuwidrig, vielmehr sei ein etwaiges arbeitgeberseitiges Vertrauen in eine solche nicht rechtskonforme Praxis nicht schützenswert. Aufgrund der Unwirksamkeit der Befristungsabrede bestehe das Arbeitsverhältnis bis zur Beendigung durch die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung fort.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.


Anmerkung zum Urteil:

Zu modern sollte man auch als Arbeitgeber nicht sein. Ich rate als Anwalt (Berlin Marzahn-Hellersdorf)  immer davon ab, dass man in Arbeitsrecht  als Laie “Neuland” betritt. Das Einscannen der Unterschriften mag bequem sein und den allgemeinen Zeitgeist entsprechen; juristisch ist dies aber klar falsch und damit nachteilig für den Arbeitgeber, der sich dies ausgedacht hatte. An anderer Stelle hatte ich auch die Unsitte bei einigen Arbeitgebern beklagt, die nun anfangen ihre Arbeitsverträge auf Englisch zu schreiben, obwohl oft die Grundkenntnisse des deutschen Arbeitsrechts nicht vorhanden sind. All dies geht zu Lasten desjenigen der den Arbeitsvertrag stellt und dies ist der Arbeitgeber.

Rechtsanwalt Andreas Martin

23. April 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitgeber muss umgeimpfte Pfleger nicht beschäftigen!Rechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Arbeitsrecht, Corona-Virus, Freistellung

Arbeitgeber muss umgeimpfte Pfleger nicht beschäftigen!

Arbeitgeber muss umgeimpfte Pfleger nicht beschäftigen!

Arbeitgeber muss umgeimpfte Pfleger nicht beschäftigen!

Arbeitgeber muss umgeimpfte Pfleger nicht beschäftigen!

Das Arbeitsgericht Gießen hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt ist ungeimpfte Pfleger freizustellen. Über die Frage, ob der Arbeitgeber diese in der Freistellungsphase bezahlen muss, wurde nicht entschieden. Dazu muss man sagen, dass eine unbezahlte Freistellung eigentlich recht schwierig ist. Es ging hier um eine einstweilige Verfügung.


Dazu kurz folgender Hinweis:

Ab dem 16.3.2022 gilt die sog. einrichtungsbezogene Impfpflicht. Über die Impfpflicht in der Gesundheitsbranche hatte ich bereits berichtet. Ab diesen Tag dürften Arbeitgeber in der Pflege- und Gesundheitsbranche keine Arbeitnehmer ohne aktuelle Corona-Imfpung / Genesung mehr beschäftigen. Geregelt ist dies in § 20 a des Infektionsschutzgesetzes.  Arbeitgeber dürfen und müssen sogar ausdrücklich im Vorstellugnsgespräch nach einer Impfung / Genesung nebst Nachweisen fragen und die Vorlage eines gültigen, aktuellen Imfpausweises als Beschäftigungsvoraussetzung verlangen.

gesetzliche Impfpflicht in der Gesundheitsbranche und bei Pflegern

Hierbei handelt es sich nicht um eine mit Zwangsmitteln durchsetzbare Pflicht zur Impfung von Arbeitnehmers, sondern lediglich um eine mittelbare Impfverpflichtung, indem Personen, die in geschützten Einrichtungen – insbesondere Krankenhäusern, Arztpraxen, Betreuungseinrichtungen, Altenheime und Einrichtungen des Gesundheitswesens – tätig sind, gegen das SARS-CoV2-Virus geimpft oder von einer Infektion mit dem Virus genesen sein und dies nachweisen müssen.


einrichtungsbezogene Impfpflicht

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist derzeit ein Thema, dass diverse Arbeitsgerichte beschäftigt. Nach dem Infektionsschutzgesetz muss der Arbeitgeber alle ungeimpfte Alt-Pfleger (welche bereits vor dem 16.03.2022 in der Einrichtung tätig waren) dem Gesundheitsamt mitteilen. Der Arbeitnehmer musste dem Arbeitgeber einen Nachweis bis zum 15. März 2022  über eine Impfung oder eine Genesung oder ein ärztliches Attest über ein “Impfverbot” vorlegen. Falls dies nicht erfolgte, hatte die Leitung des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen (vgl. § 20a Abs. 2 Satz 2 IfSG). Bestehen Zweifel an der Echtheit oder der inhaltlichen Richtigkeit des Impfzertifikates muss der Arbeitgeber ebenfalls das Gesundheitsamt benachrichtigen.

In der Regel wird das Gesundheitsamt sodann ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Der Arbeitgeber darf dann den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen und dieser hat auch keinen Lohnanspruch mehr.  Im hiesigen Fall war allerdings es so, dass der Arbeitgeber selbst tätig geworden ist und sich weigerte die Arbeitnehmer zu beschäftigen und diese von der Arbeitspflicht unbezahlt freistellte.


Pflegeheim stellte die Pfleger unbezahlt frei

Die Arbeitnehmer waren schon einige Jahre in einem Pflegeheim tätig und hatten keinen Impf- oder Genesenen-Nachweis dem Arbeitgeber vorgelegt. Dieser stellte die Arbeitnehmer daraufhin unbezahlt frei. Die beiden Arbeitnehmer hielten die Freistellung für rechtswidrig und wandten sich daraufhin mittels einstweilige Verfügung an das Arbeitsgericht Gießen und wollten eine Beschäftigung im Seniorenheim erreichen.


Beschluss des Arbeitsgericht Gießen – Arbeitgeber muss umgeimpfte Pfleger nicht beschäftigen!

Das Arbeitsgericht Gießen (Beschluss vom 12.4.2022 – 5 Ga 1/22) wies die Eilanträge der Pfleger ab und führte dazu in der Pressemitteilung vom 12.04.2022 (Nr. 1/22) aus:

Zwar sehe § 20 a Abs. Abs.3 Satz 4 IfSG unmittelbar ein Beschäftigungsverbot im Falle der Nichtvorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nur für ab dem 16. März 2022 neu eingestellte Personen, nicht aber für bislang schon beschäftigte Personen vor. Dennoch stehe es der Arbeitgeberin unter Zugrundelegung der gesetzlichen Wertungen des § 20 a IfSG im Rahmen billigen Ermessens frei, im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis der Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenheims Beschäftigte, die weder geimpft noch genesen sind und der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nicht nachkommen, von der Arbeitsleistung freizustellen. Gegenüber dem Interesse der Beschäftigten an der Ausübung ihrer Tätigkeit überwiege insofern das Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner an deren Gesundheitsschutz.

Die Frage ob die Vergütung für die Zeit der Freistellung fortzuzahlen ist, war nicht Gegenstand der vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist die Berufung zum LAG Köln möglich.


Anmerkung zur Entscheidung

Die beiden Pfleger haben sich letztendlich nur gegen die Freistellung gewehrt und auf Beschäftigung geklagt. Interessant wäre die Frage, ob der Arbeitgeber tatsächlich die beiden Arbeitnehmer unbezahlt freistellen durfte oder ob er gegebenenfalls trotzdem den Lohn fortzahlen muss.  Wahrscheinlich wird dies in einem Folgeprozess geklärt. Anders wäre dies beim behördlichen Beschäftigungsverbot. Hier muss der Arbeitgeber keinen Lohn zahlen und darf den Arbeitnehmer auch nicht beschäftigen. Weshalb der Arbeitgeber nicht über das Gesundheitsamt vorgegangen ist, ist nicht klar und zeigt, dass viele Arbeitgeber oft gar nicht so genau wissen, was im Gesetz steht.


Rechtsanwalt Andreas Martin – Marzahn-Hellersdorf

17. April 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Corona-Kündigung schon vor Arbeitsantritt zulässigRechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Arbeitsgericht Berlin, Arbeitsrecht, Corona-Virus, Kündigung

Corona-Kündigung schon vor Arbeitsantritt zulässig

 

Corona-Kündigung schon vor Arbeitsantritt zulässig

Kündigung


 

Ein in der Praxis häufig vorkommendes arbeitsrechtliches Problem ist die Kündigung wegen fehlender Corona-Schutzimpfung.Damit hatte sich nun auch das Arbeitsgericht Berlin zu beschäftigen. Hier ging es sogar darum, dass der Arbeitgeber vor Arbeitsantritt das Arbeitsverhältnis aufgrund fehlender Corona-Impfung gekündigt hatte.


Schutzimpfung nur für bestimmte Branchen vorgeschrieben

Aufgrund der gesetzlichen Regelung nach dem Infektionsschutzgesetz ist eine solche Kündigung grundsätzlich unproblematisch möglich, wenn Personen aus der Gesundheitsbereich (einrichtungsbezogene Impfpflicht) der Impfpflicht nicht nachkommen. Der Arbeitgeber kann hier einen Nachweis der Impfung oder Genesung verlangen, wenn dieser nicht vorliegt, dann ist eine Kündigung grundsätzlich möglich, da der Arbeitgeber im Normalfall den Arbeitgeber gar nicht weiter beschäftigen darf (das Gesundheitsamt wird hier in der Regel ein Beschäftigungsverbot aussprechen). Darüber hatte ich bereits berichtet.


keine Impfpflicht für die meisten Branchen

Es gibt auch viele Fälle, wo es eben nicht um eine Arbeit geht, bei der der Arbeitnehmer gesetzlich zur Impfung verpflichtet ist. In den meisten Berufen besteht keine gesetzliche Impfpflicht gegen Corona. Eine allgemeiner Impfpflicht gibt es (noch) nicht. Ob diese überhaupt eingeführt wird, ist fraglich.


Kündigung bei fehlender Corona-Impfung

Trotzdem ist es so, dass überwiegend die Arbeitsgerichte eine Kündigung durch den Arbeitgeber dann bejahen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder aufgrund nachvollziehbarer innerbetrieblicher Regelungen nicht ungeimpft oder ungenesen im Betrieb beschäftigt werden kann.

innerbetriebliche Schutzmaßnahmen gegen Corona

Innerbetriebliche Vorgaben sind zum Beispiel die, dass der Arbeitgeber im Betrieb bestimmte Coronaschutzmaßnahmen vorschreibt, wie zum Beispiel indem er eine 2G-Regelung im Betrieb einführt.


Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin

Das Arbeitsgericht Berlin hatte sich nun mit einem Fall zu beschäftigen, wonach der Arbeitgeber im Betrieb eine 2G-Regelung eingeführt hatte und eine Arbeitnehmerin noch vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses-wegen fehlende Impfung-das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Zum Zeitpunkt des Vertragsschluss wusste der Arbeitgeber nichts von der fehlenden Impfung. Die Arbeitnehmerin hatte angeboten, dass diese täglich aktuelle Corona-Test vorlegen würde. Dies reichte dem Arbeitgeber nicht, der das Arbeitsverhältnis ordentlich vor Arbeitsbeginn kündigte.

Die Arbeitnehmerin wandte auch ein, dass diese diskriminiert werde und darüber hinaus auch ein Maßregelungsverbot vorlegen. Sie erhob gegen die Kündigung eine Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin.

Berliner Richter hält Kündigung des Arbeitgebers für wirksam

Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 03.02.2022, Aktenzeichen 17 Ca 11178/21) sah dies grundsätzlich anders und hielt auch die Kündigung nur aufgrund der Einführung des 2-D Modells im Betrieb für zulässig und saht auch keinen Rechtsmissbrauch. Das Arbeitsgericht entschied

Corona-Kündigung schon vor Arbeitsantritt zulässig

In seiner Pressemitteilung Nr. 03/22 vom 02.03.2022 führte das Arbeitsgericht aus:

Ein Arbeitgeber darf in einem Musicalaufführungsbetrieb ein „2G-Modell“ durchsetzen und einer Darstellerin, die über keine Corona-Schutzimpfung verfügt, noch vor Vertragsbeginn kündigen.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Kündigungen insbesondere keine Maßregelung gemäß § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellen würden. Die persönliche Haltung der Klägerin zur Corona-Schutzimpfung sei nicht tragendes Motiv für den Kündigungsentschluss gewesen, sondern habe lediglich den Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Der Arbeitgeber könne als Ausdruck seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit das „2G-Modell“ als allgemeingültiges Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze im Betrieb durchsetzen. Wenn dies mit der höchstpersönlichen Entscheidung der Klägerin, sich nicht impfen zu lassen, unvereinbar sei, liege keine Maßregelung vor. Der Ausschluss nicht geimpfter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstoße auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Auch sei das „2G-Modell“ nicht willkürlich gewählt, da insbesondere das tägliche Vorlegen eines negativen Corona-Testergebnisses die Betriebsabläufe stärker beeinträchtigen und die Beschäftigung nicht geimpfter Personen aufgrund der strengeren Quarantäneregelungen ein höheres Risiko für etwaige Personalausfälle für den Musicalbetrieb darstellen würde. Die Klägerin könne nicht verlangen, dass die Arbeitgeberinnen ein Schutzkonzept umsetzen, das einen höheren Kosten- und Personalaufwand verursache, da neben der unternehmerischen Handlungsfreiheit der Arbeitgeberinnen auch die körperliche Unversehrtheit der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen sei.

Anmerkung:

Zu beachten ist auch, dass hier ohnehin noch kein allgemeiner Kündigungsschutz bestanden hat und eine Kündigung innerhalb der Probezeit ohne Grund mit einer Zweiwochenfrist nach Arbeitsvertragsbeginn unproblematisch möglich wäre. Ein Missbrauch liegt hier nicht vor. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Kanzlei Marzahn

 

31. März 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Minusstunden, Arbeitszeit und Corona - was ist zu beachten?Rechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Arbeitsrecht, Corona-Virus

Minusstunden, Arbeitszeit und Corona – was ist zu beachten?

Minusstunden, Arbeitszeit und Corona - was ist zu beachten?

Arbeitszeit und Minusstunden

Im Gespräch mit Mandanten zum Arbeitsrecht fällt auf das Wort “Minusstunden“, auch im Zusammenhang mit dem Arbeitszeitkontingent, dass der Arbeitnehmer regelmäßig abzuarbeiten hat.


Minusstunden und Arbeitszeitkonto

Hier spielen Begriffe, wie regelmäßige Arbeitszeit und Zeitarbeitskonto eine Rolle. Schon jetzt soll ausgeführt werden, dass dies nicht das Gleiche ist. Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass Minusstunden nicht so einfach entstehen können. In der Regel ist dafür ein vereinbartes Arbeitszeitkonto notwendig. Hier soll kurz auf die Frage eingegangen werden, ob Minusstunden angeordnet und gegebenenfalls nachgearbeitet oder sogar vom Lohn abgezogen werden können. Dies alles auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie mit entsprechender Anordnung von Kurzarbeit. Hier stellen sich noch zusätzliche Probleme.


Was sind Minusstunden?

Minusstunden fallen für den Arbeitnehmer an, wenn ein Arbeitszeitkonto wirksam vereinbart ist und geführt wird und ein Arbeitnehmer weniger arbeitet, als vertraglich vereinbart wurde.

Beispiel:
Im Arbeitsvertrag findet sich eine wirksame Regelung über die Führung eines Arbeitszeitkontos. Die regelmäßige, wöchentliche Arbeitszeit ist mit 40 Stunden angegeben. Arbeitet der Arbeitnehmer hier nur 20 h pro Woche, dann fallen 20 Minusstunden an, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber trotztdem die vollen 40 h bezahlt.

Eine solche Regelung könnte lauten:

“Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Nach dieser Stundenanzahl richtet sich die monatliche Vergütung. Die tatsächliche Arbeitszeit kann innerhalb des in der Anlage A1 zu diesem Arbeitsvertrag festgelegten Rahmens des Arbeitzeitkontos variieren (Arbeitszeitkontenabrede).”

Anmerkung: In der Anlage A1 würde man dann die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos finden.


Gibt es Minusstunden, wenn kein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde?

Nein, Minusstunden setzen immer voraus, dass ein wirksames Arbeitszeitkonto zwischen Arbeitnehmern Arbeitgeber vereinbart wurde. Dieses kann sich im Arbeitsvertrag oder auch im Tarifvertrag befinden. Fast immer gibt es in der Zeitarbeit ein Arbeitszeitkonto in den anwendbaren Tarifverträgen (BAP/ iGZ). Im normalen Arbeitsverhältnis – ohne vereinbartes Arbeitszeitkonto – kann es keine Minusstunden geben.


Beispiel:
Im Arbeitsvertrag steht zur Arbeitszeit nur:

„Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Pausen gelten nicht als Arbeitszeit. Die Lage der Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen und wird vom Arbeitgeber angeordnet.“

Wenn es auch keinen Tarifvertrag gibt, der kein Arbeitszeitkonto anordnet, dann können in einem solchen Arbeitsverhältnis keine Minusstunden entstehen. Dies betrifft die meisten Arbeitsverhältnisse. Der Normalfall ist, dass es kein Arbeitszeitkonto gibt.


Was ist, wenn der Arbeitgeber mich bei der regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden nur 30 Stunden beschäftigt? Muss ich die fehlenden 10 Stunden nacharbeiten?

Bei dieser Frage geht es um die Konstellation, dass kein Arbeitszeitkonto existiert, was in den meisten Arbeitsverhältnisses so ist. Grundsätzlich muss und kann man hier die 10 h nicht mehr nacharbeiten. Die Arbeit hat einen Fixschuldcharakter und kann grundsätzlich nicht nachgearbeitet werden. Ein Nacharbeiten ist von daher nicht rechtlich möglich.


Besteht ein Arbeitszeitkonto sind rechtmäßig angeordnete Minusstunden nachzuarbeiten/ auszugleichen.

Muss der Arbeitgeber mir trotzdem den vollen Lohn zahlen?

Nein, dass muss er im Normalfall nicht (auch hier ohne Arbeitszeitkonto).
Der Arbeitgeber muss grundsätzlich nur die geleistete Arbeitszeit bezahlen. Beschäftigt er den Arbeitnehmer 30 Stunden in der Woche anstatt von 40 Stunden, so muss er diesen grundsätzlich erst einmal auch nur 30 Stunden bezahlen. Bezahlt er freiwillig 40 Stunden, ist dies sein Problem. Trotzdem muss der Arbeitnehmer die Zeit dann nicht nacharbeiten.


Besteht ein Arbeitszeitkonto, dann hat der Arbeitnehmer ja den vollen Lohn erhalten.


Welche Art von Arbeitszeitkonten gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Arbeitszeitkonten, wie zum Beispiel Jahresarbeitszeitkonten, Kurzzeitkonten und Langzeitkonten. Alle haben eine Sache gemein. Sie müssen immer mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden. Es muss sich im Arbeitsvertrag, oder auch im Tarifvertrag, eine wirksame Regelung finden, wonach ein Arbeitszeitkonto auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.


Wie entsteht ein Arbeitszeitkonto?

Ein Arbeitszeitkonto muss wirksam zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden. Dies ist möglich durch einen Arbeitsvertrag, eine zusätzliche Vereinbarung oder zum Beispiel durch eine entsprechende Regelung in einem Tarifvertrag. Fehlt eine solche Regelung, besteht kein Arbeitszeitkonto. Dann können auch keine Minusstunden anfallen.


Muss der Arbeitgeber mich voll bezahlen, wenn er mich nicht mit der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt?

Dieses Problem kommt oft vor (siehe oben). Es wird in der Praxis zum Beispiel eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche vereinbart und der Arbeitgeber beschäftigt den Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum immer weniger als 40 Stunden und bezahlt zum Beispiel nur 30 Stunden pro Woche.

Wichtig ist, es geht um die Fälle, in denen der Arbeitnehmer auch tatsächlich nur 30 Stunden die Woche gearbeitet hat.

Hier gilt der Fall, dass ohne Arbeit es keine Lohn gibt (ohne Arbeitszeitkonto).

Wenn der Arbeitnehmer nur 30 Stunden arbeitet, bekommt er nur 30 Stunden bezahlt. Hier gibt es aber eine Ausnahme.

Da sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag verpflichtet hat den Arbeitnehmer 40 Stunden zu beschäftigen und dies nicht einhält, hat der Arbeitnehmer eine Beschäftigungsanspruch. Damit der Arbeitgeber die fehlenden 10 Stunden, die hier nicht gearbeitet wurden, auch zahlen muss, muss dieser sich im Annahmeverzug mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers befinden. Dies wiederum setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anbieten muss. In solchen Fällen muss von drei der Arbeitnehmer den Arbeitgeber regelmäßig darauf hinweisen, dass er die 40 Stunden pro Woche noch nicht gearbeitet hat und diese Arbeitszeit vom Arbeitgeber zu erfüllen ist. Dazu muss eine Regel seine Arbeitsleistung tatsächlich anbieten.


Was ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mehr gezahlt hat, als dieser gearbeitet hat?

Bezahlt der Arbeitnehmer den Arbeitnehmer zum Beispiel 40 Stunden pro Woche, obwohl dieser nur 30 gearbeitet hat, kommt es darauf an. Grundsätzlich ist dies ein Gehaltsvorschuss, da der Arbeitgeber nur die tatsächliche Arbeitszeit zu bezahlen hat. Gibt es ein Arbeitszeitkonto, so kann der Arbeitgeber dies entsprechend ausgleichen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Minusstunden auch wirksam entstanden sind.

Besteht kein Arbeitszeitkonto kann nicht einfach diese Stunden als Minusstunden geführt werden, da nie ein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde und von da es auch keine Minusstunden gibt.


Müssen die Stunden nachgearbeitet werden?

Eine Nacharbeit ist nicht möglich, wenn kein Arbeitszeitkonto besteht. Die Arbeit hat Fixschuldcharakter und kann nicht nachgearbeitet werden. Wenn ein Arbeitszeitkonto besteht, dann ist zum Ausgleich des Kontos eine Nacharbeit grundsätzlich möglich,da ja eine flexible Arbeitszeit vereinbart wurde. Wichtig ist dabei, dass die Minusstunden tatsächlich wirksam entstanden sind.


Dürfen Minusstunden mit dem Urlaub verrechnet werden?

Eine Verrechnung von Minusstunden mit dem Urlaub ist grundsätzlich nicht möglich. Der Urlaub dient der Erholung und soll nicht der Nacharbeit dienen. Eine Verrechnung von Urlaub mit Minusstunden ist von daher grundsätzlich nicht möglich.


Rückforderung zu viel gezahlten Arbeitsentgelt?

Wenn also kein Arbeitszeitkonto besteht, dann besteht ein Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers, wenn eine versehentliche Zahlung des Arbeitgebers vorliegt.

Beispiel: Der Arbeitnehmer muss – ohne vereinbartes Arbeitszeitkonto – 40 h pro Woche arbeiten, arbeitet aber in einer Woche nur 25 Stunden. Das Lohnbüro des Arbeitgeber rechnet in Unkenntnis dessen hier 40 h ab.

Ergebnis: Der Arbeitgeber hat ein Rückforderungsanspruch auf das zuviel gezahlte Arbeitsentgelt gegen den Arbeitnehmer.


Darf der Arbeitgeber die Minusstunden bei Kündigung vom letzten Lohn abziehen?

Hier kommt es sehr stark darauf an, was im Arbeitsvertrag geregelt ist. Liegt kein Arbeitszeitkonto vor, darf auch nichts abgezogen werden, der Minusstunden gar nicht entstehen können.

Ist ein Arbeitszeitkonto wirksam vereinbart worden, kommt es darauf an. Wenn Minusstunden wirksam entstanden sind, ist ein Abzug grundsätzlich denkbar.


Darf der Arbeitgeber nach Belieben sog. Minusstunden anordnen?

Nein (hier wieder der Fall, dass ein Arbeitszeitkonto besteht), dies ist so einfach nicht möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil v. 26.01.2011 – 5 AZR 819/09 / Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil v. 08.09.2009 – 3 Sa 436/09) setzt die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht und er damit einen Vorschuss erhält. Andererseits kommt es zu keinem Vergütungsvorschuss, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands Vergütung ohne Arbeitsleistung beanspruchen kann oder sich der das Risiko der Einsatzmöglichkeit bzw. des Arbeitsausfalls tragende Arbeitgeber nach § 615 Satz 1 und 3 BGB im Annahmeverzug befunden hat.

Dies heißt im normalen Deutsch, dass der Arbeitnehmer, der arbeitswillig ist und seine Arbeitskraft anbietet und nur deshalb keine Arbeit erhält, da der Arbeitgeber keine Arbeit hat, nicht hinnehmen muss, dass Minusstunden angeordnet werden. Eine solche Anordnung ist unwirksam.


Darf der Arbeitgeber zur Vermeidung von coronabedingter Kurzarbeit zuvor Minusstunden anordnen?

Besteht kein Arbeitszeitkonto ist die unproblematisch nicht möglich.

Besteht ein Arbeitszeitkonto kommt es darauf an:
Der arbeitswillige Arbeitnehmer muss dies nicht hinnehmen. Die alleinige Ursache der Entstehung eines negativen Arbeitszeitkontos ist dann der Umstand, dass der Arbeitgeber keine Arbeit hat. Dieses Betriebsrisiko trägt er in der Regel auch bei Bestehen eines Arbeitszeitkontos, wenn der Arbeitnehmer arbeitswillig ist und seine Arbeitskraft anbietet.


Was ist, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit von 20 h pro Woche anordnet, dann aber keine Arbeit hat?

Die Anordnung von Kurzarbeit (auch diese muss vereinbart sein) ist in der Corona-Krise oft vorgekommen. Oft wurde die Kurzarbeit “Null” angeordnet. Dann muss der Arbeitnehmer nicht arbeiten. Bei Kurzarbeit von 20 h pro Woche wird zeitlich begrenzt die regelmäßige Arbeitszeit der Arbeitnehmers abgesenkt. Der Arbeitgeber muss die 20 h nur dann bezahlen, wenn der Arbeitnehmer arbeitet oder sein Arbeitskraft (regelmäßig) tatsächlich angeboten hat, denn dann befindet sich der Arbeitgeber (siehe) oben im Annahmeverzug.


Was ist mit den Pfändungsfreigrenzen?

Der Arbeitgeber muss – selbst, wenn eine Überzahlung vorliegt – die Pfändungsfreigrenzen beachten und darf nicht einfach die Minusstunden (wenn diese berechtigt sind) vom letzten Gehalt abziehen ohne die Pfändungsfreigrenzen zu beachten.

weiter Artikel zum Arbeitszeitkonto


  1. Freistellung im Vergleich und Arbeitszeitkonto 
  2. Arbeitszeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  3. Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?

 

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Marzahn

 

 

 

26. März 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Darf ein russischer Mitarbeiter wegen des Kriegs in der Ukraine gekündigt werden?Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Kündigung

Darf ein russischer Mitarbeiter wegen des Kriegs in der Ukraine gekündigt werden?

Darf ein russischer Mitarbeiter wegen des Kriegs in der Ukraine gekündigt werden?

Kündigung

Aufgrund des Krieges in der Ukraine gibt es derzeit diverse Sanktionen gegen Russland. Diese Sanktionen betreffen auch andere Bereiche, wie zum Beispiel den Sport, und nicht nur den wirtschaftlichen Bereich.

Diskriminierung durch Arbeitgeber wegen russischer Staatsangehörigkeit

In den Medien war nun von einem Fall zu hören (Bildzeitung: https://www.bild.de/regional/saarland/saarland-news/homburg-diskriminierung-familienvater-entlassen-weil-er-russe-ist-79322456.bild.html), bei dem ein russischer Familienvater durch den Arbeitgeber gekündigt wurde, da er Russe war und sozusagen stellvertretend für den russischen Staat hier vom Arbeitgeber bestraft wurde.

Kündigung wegen Herkunft oder Staatsangehörigkeit

Es stellt sich die Frage, ob eine solche Kündigung von vornherein unwirksam ist und wie sich der Arbeitnehmer am besten dagegen wehren kann. Vorab ist festzustellen, dass niemand aufgrund seiner ethnischen Herkunft benachteiligt werden darf (§ 1 AGG).


Darf man wegen der russischen Staatsangehörigkeit gekündigt werden?

Grundsätzlich ist eine Kündigung, die an die Staatsangehörigkeit des Arbeitnehmers anknüpft, nichtig. Es liegt ein Fall der Diskriminierung (Benachteiligung ohne sachlichen Grund) wegen der Ethnie vor, die gesetzlich ausdrücklich durch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verboten ist (siehe “§ 1 AGG). Das AGG knüpft zwar nicht an die Staatsangehörigkeit, aber an die Rasse und ethnische Herkunft an. Es genügt, dass eine Benachteiligung allein dass die Kündigung daran anknüpft, dass der Betroffene nicht deutscher Herkunft ist (Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 15.6.2015, 16 Sa 1619/14).

Eine solche Kündigung ist wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Der Arbeitnehmer hat also gute Chancen sich gegen die Kündigung erfolgreich zu wehren.


Ist eine solche nichtige Kündigung automatisch folgenlos?

Wichtig ist zu wissen, dass es nichts nützt, wenn man nur weiß, dass die Kündigung unwirksam oder nichtig ist. Diese ist nicht automatisch deshalb gegenstandslos, da diese gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Der Arbeitnehmer muss zwingend eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht gegen die Kündigung erheben.

Wie erhebe ich die Klage gegen eine Kündigung?

Innerhalb von drei Wochen muss der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erheben und sich gegen die Kündigung wehren. Macht er dies nicht, wird die Kündigung automatisch gemäß § 7 des Kündigungsschutzgesetzes wirksam. Das Abwarten oder das Verhandeln mit dem Arbeitgeber ist von daher fast immer kontraproduktiv. Der Arbeitnehmer sollte so schnell wie möglich-am besten über einen Fachanwalt für das Arbeitsrecht-Klage beim Arbeitsgericht einreichen. In Berlin ist das Arbeitsgericht, so zum Beispiel auch für Marzahn oder Prenzlauer Berg, das Arbeitsgericht Berlin das zuständige Gericht.

Wer muss nachweisen, dass eine Diskriminierung vorliegt?

In der Regel muss derjenige, der sich darauf beruft die Diskriminierung nachweisen. Allerdings gibt es hier auch Indizien, die Diskriminierung vermuten lassen. Beim Ausspruch einer Kündigung kommt es darauf an:

Steht in der Kündigungserklärung zum Beispiel:

“Wir kündigen Ihnen aufgrund Ihrer russischen Staatsbürgerschaft …. “, ist die Sache klar.

Hier ist die Diskriminierung schon in der Kündigungserklärung vorhanden und der Arbeitnehmer hat sehr gute Karten vor dem Arbeitsgericht. Dies dürfte aber der Ausnahmefall sein.

Ist der Fall nicht so einfach und die Diskriminierung im Streit:

Wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, muss grundsätzlich der Arbeitgeber zunächst den Kündigungsgrund darlegen und notfalls beweisen.

Findet das Kündigungsschutzgesetz aber keine Anwendung, dann muss der Arbeitnehmer mangels des allgemeinen Kündigungsschutzes den Kündigungsgrund darlegen und von daher auch vortragen und gegebenenfalls beweisen, dass er aufgrund seiner Herkunft diskriminiert wurde. Dies ist oft nicht ganz so einfach, da der Arbeitgeber, wenn er verklagt wird wahrscheinlich nicht mehr so offen über die Diskriminierung vor Gericht reden wird. Von daher muss der Arbeitnehmer hier durch Beweismittel, dies kann auch Zeugen sein, gegebenenfalls die Diskriminierung darlegen und nachweisen.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht

2. März 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Maskenbefreiungsattest verpflicht den Arbeitgeber nicht zur Versetzung / Home OfficeRechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Arbeitsrecht, Corona-Virus

Maskenbefreiungsattest verpflicht den Arbeitgeber nicht zur Versetzung / Home Office

Maskenbefreiungsattest verpflicht den Arbeitgeber nicht zur Versetzung / Home Office

Corona-Maske


Corona und Arbeitsrecht – Maskenbefreiung

Corona beschäftigt weiter das Arbeitsleben und so gibt es diverse Entscheidungen der Arbeitsgerichte zu allem möglichen Aspekten und Auswirkungen der Pandemie. Über die Impfpflicht und mögliche Kündigungen in der Gesundheits- und Pflegebranche hatte ich ja schon berichtet, wie auch zur Frage der Strafbarkeit bei der Nutzung von gefälschten Impfausweisen.


Befreiung vom Tragen einer Corona-Schutz-Maske

Hier geht es um die Problematik einer ärztlichen Befreiung vom Tragen einer Corona-Schutzmaske am Arbeitsplatz. Diesbezüglich gab es ja bereits einen Fall eines Mitarbeiters im Rathaus, der sich ebenfalls auf eine Maskenbefreiung berufen hatte. Auf die Problematik, dass viele solcher Atteste sog. “Gefälligkeitsatteste” sind und im Internet von irgendwelchen – weit entfernten – Ärzten und jegliche Untersuchung ausgestellt wurden, soll hier nicht eingegangen werden. Beim hiesigen Fall ließ das Gericht dies auch dahinstehen, da es nicht darauf ankam.


Maskenbefreiungsatteste sind oft unwirksam

Dazu noch kurz:

In der Regel sind Maskenbefreiungsatteste ungenügend in folgenden Fällen:

– Atteste ohne Begründung und Benennung der gesundheitlichen Einschränkung und der ärztlichen Diagnose
– Atteste, aus denen nicht hervorgeht, welche Gesichtsmasken nicht getragen werden dürfen
– nichtärztliche Bescheinigungen / Eigendiagnosen
– allgemeine Atteste, die allgemeine gesundheitliche Einschränkungen verweisen


Landesarbeitsgericht Hamburg und Attest über Befreiung von Corona-Maske

Eine weitere Entscheidung zu der Problematik des Maskenbefreiungsattestes wurde nun vom Landesarbeitsgericht Hamburg erlassen.

Hier ging es nicht darum, inwieweit ein Befreiungsattest im Bezug auf das Tragen einer Corona Schutzmaske ein Gefälligkeitsattest ist und damit keine Wirkung hat, sondern darum, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer trotz eines solchen Attestes notfalls einen anderen Arbeitsplatz zuweisen oder diesen sogar im Home Office beschäftigen muss.

LAG Hamburg

Das Landesarbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 13.10.2021 – 7 Sa 23/21) kam zum Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist.

Selbst wenn der Arbeitnehmer ein wirksames ärztliches Befreiungsattest hat, muss der Arbeitgeber diesen keinen anderen Arbeitsplatz zuweisen im Home Office beschäftigen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitgeber im Wege des Direktionsrechts insgesamt die Pflicht zum Tragen von Masken am Arbeitsplatz mit Kundenbezug angeordnet hat, um weitere Infektion mit Corona zu vermeiden. Hier geht das Interesse des Arbeitgebers an Infektionsschutz im Betrieb vor dem Interesse des Arbeitnehmers ohne Maske am Arbeitsplatz aufgrund medizinischer Gründe zu arbeiten.

der Fall des LAG Hamburg

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:

Der Arbeitnehmer arbeitete als Bankberater in einer Filiale der beklagten Arbeitgeberin. Sein Vorgesetzter hatte diesen im Oktober 2020 zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung am Arbeitsplatz aufgefordert. Daraufhin legte der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest zur Maskenbefreiung vor mit der Begründung, dass das Tragen einer Schutzmaske aufgrund eines Psychotraumas aus der Kindheit im siebten Lebensjahr „kontraindiziert“ sei, insbesondere wegen drohender Retraumatisierungen.

Daraufhin beschäftigte die beklagte Arbeitgeberin den Kläger nicht mehr in der Filiale und setzte ihn auch nicht in einer anderen Filiale in der Nähe des Wohnorts des klagenden Arbeitnehmers ein. Der Arbeitnehmer hatte nämlich der Arbeitgeberin vorgeschlagen, dort in einem Einzelbüro beschäftigt zu werden von zu Hause aus im Home-Office zu arbeiten.


Klage des Arbeitnehmers auf Bezahlung

Da der Arbeitnehmer keinen Lohn bekam, klagte er gegen die Arbeitgeberin auf Zahlung von sog. Annahmeverzugslohn.

Vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Az 15 Ca 566/20) bekam er Recht. Im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg verlor der Arbeitnehmer jedoch.

Der Kläger habe seine Arbeitsleistung nicht an dem ihn zugewiesenen Arbeitsplatz in der Filiale B angeboten.

Dem Arbeitgeber obliege es nach § 106 Satz 1 GewO, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen. Erst die so bestimmte Tätigkeit sei die i.S.v. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung.

Die Beklagte habe durchgängig an der Zuweisung des Arbeitsortes in der Filiale B festgehalten. Die Anordnung zum Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung beim Betreten der Filiale sei im Oktober 2020 – zur Hochzeit der SARS-CoV-2 Pandemie – grds. vom Direktionsrecht erfasst und im Einzelfall auch geeignet und angemessen gewesen, weil sie dem Infektionsschutz in beide Richtungen gedient habe. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig gewesen. Das gelte selbst dann, wenn man – wie vom Kläger behauptet – annehme, dass er an dem von ihm behaupteten Psychotrauma leide, denn das Interesse der Beklagten, den Ausstoß von Aerosolen in ihren Filialen auf dem geringstmöglichen Niveau zu halten, gehe in der Abwägung dem Interesse des Klägers, beim Betreten der Filiale keine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, vor.

An dieser Wertung ändere auch § 296 BGB nichts. Die danach vorzunehmende Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers bestehe darin, dem Arbeitnehmer überhaupt eine Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen. Aus § 296 BGB folge keine Verpflichtung des Arbeitgebers, die von ihm zunächst wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen oder Belangen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen.

Wenn es der Arbeitgeber schuldhaft unterlasse, dem Arbeitnehmer leidensgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen, könne dies allenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen. Darüber hatte das LAG nicht zu befinden, weil solche Ansprüche nicht Streitgegenstand waren.


Anmerkung:

Der Fall zeigt, dass selbst ein wirksames Maskenattest oft nicht viel bewirkt und nur dazu führt, dass der Arbeitnehmer am Ende keinen Lohn erhält. Es gilt der Grundsatz ohne Arbeit kein Lohn und wenn sich der Arbeitnehmer hier auf eine Ausnahme von diesem Grundsatz (hier Annahmeverzug des Arbeitgebers) beruft, so muss er die Voraussetzungen hierfür nachweisen.


Rechtsanwalt Andreas Martin

27. Februar 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Verweigerter Corona-Test - Kündigung möglich?Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Corona-Virus

Verweigerter Corona-Test – Kündigung möglich?

Verweigerter Corona-Test - Kündigung möglich?

Kündigung ohne Abmahnung?

 


Corona-Test und Kündigung

Corona beeinflusst das deutsche Arbeitsrecht zur Zeit massiv. Neben der aktuellen Problematik der Impfpflicht in der Gesundheits- und Pflegebranche sind ungeimpfte Arbeitnehmer derzeit verpflichtet einen negativen Corona-Test vor Arbeitsantritt beim Arbeitgeber vorzuzeigen (3-G am Arbeitsplatz).


Was passiert, wenn ich mich weigere einen Corona-Test am Arbeitsplatz zu machen?

Unabhängig davon, dass dies ein erheblicher Aufwand ist, für alle Beteiligten, stellt sich die Frage, was passiert, wenn der Arbeitnehmer sich weigert den Covid19-Test vor Arbeitsantritt zu machen.


Corona-Test-Pflicht am Arbeitsplatz und Konsequenzen

Diesbezüglich gibt es derzeit noch nicht so viele Entscheidungen, allerdings hatte nun das Arbeitsgericht Hamburg über einen ähnlichen Fall zu entscheiden. Der Fall spielte im Juni 2021.


Was hat das Arbeitsgericht Hamburg entschieden?

Beim Fall ging es darum, dass während der Corona-Pandemie ein Fahrbetrieb seine Mitarbeiter auf “Kurzarbeit Null” setzte. Bei der Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit wurden alle Arbeitnehmer angewiesen sich regelmäßig auf eine Corona-Infektion testen zu lassen. Dazu wurde intern angewiesen, dass ungeimpfte Fahrer zweimal die Woche einen Schnelltest, welchen die Arbeitgeberin zur Verfügung stellte, mittels eines Abstrichs im vorderen Nasenbereichs durchzuführen haben.


Arbeitnehmer verweigerte den Test – 3 mal

An den ersten drei Arbeitstagen lehnte der Arbeitnehmer im Juni 2021 den entsprechenden Test ab und ließ diesen nicht an sich durchführen. Der Arbeitnehmer war auch nicht bereit das Testkit der Arbeitgeberin mit nach Hause zu nehmen um die Test dann zu Hause durchzuführen. Daraufhin stellte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer am dritten Arbeitstag bis auf weiteres unbezahlt von der Arbeit frei und kündigte sodann das Arbeitsverhältnis mittels ordentlicher Kündigung.


Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Hamburg

Der Arbeitnehmer wehrte sich mittels Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Arbeitgeberin und bekam vom Arbeitsgericht Hamburg Recht.


Abmahnung war erforderlich

Wichtig ist dabei, dass das Arbeitsgericht Hamburg hier ausführte, dass die Arbeitgeberin grundsätzlich berechtigt war einen entsprechende Test vom Arbeitnehmer zu verlangen. Das Problem war die fehlende Abmahnung.

Dabei ist auch zu beachten, dass der Fall noch vor der entsprechenden 3-G Regel am Arbeitsplatz spielte. Nach der 3-G Regel ist der Arbeitnehmer auf jeden Fall zur Durchführung des Coronat-Tests verpflichtet. Damals war dies noch nicht ganz klar, allerdings hielt das Arbeitsgericht Hamburg auch zum damaligen Zeitpunkt schon die Testpflicht am Arbeitsplatz für zulässig.


Kündigung wegen fehlender Abmahnung unwirksam

Die Kündigung scheiterte aber an einer anderen Sache und zwar daran, dass die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer nicht zuvor abgemahnt hatte. Die Arbeitgeberin ging fälschlicherweise davon aus, dass hier die Abmahnung entbehrlich sei, was allerdings nicht richtig ist.


Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg zum verweigerten Corona-Test nebst verhaltensbedingter Kündigung

Das Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 24.11.2021 – 27 Ca 208/21) führte dazu aus:

c. Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht als verhaltensbedingte Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.

aa. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist in zwei Stufen zu prüfen. Zunächst ist festzustellen, ob ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten vorliegt, der grundsätzlich geeignet ist, einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darzustellen. Alsdann ist zu prüfen, ob das auch im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen so ist (vgl. Hessisches LAG, Urt. v. 09.01.00, Az: 9 Sa 901/99, m.w.N.).

Dabei ist im Sinne der ersten Stufe eine Kündigung durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit sozial gerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Auch eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers kann eine Kündigung rechtfertigen (BAG, Urt. v. 19.11.2015, Az: 2 AZR 217/15, m.w.N.).

Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers – wie etwa eine Abmahnung – geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG, Urt. v. 31.07.2014, Az: 2 AZR 434/13). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 bzw. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist (BAG, Urt. v. 20.11.2014, Az: 2 AZR 651/13; Urt. v. 19.11.2015, a.a.O., m.w.N.).

bb. Danach ist die streitgegenständliche Kündigung nicht als verhaltensbedingte Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Zwar war die Anordnung der Beklagten gegenüber ihren Fahrern rechtmäßig, die von ihr bereitgestellten Corona-Schnelltests (auch erstmalig vor Ort auf dem Betriebsgelände der Beklagten) durchzuführen (dazu nachfolgend unter (1)), und hat der Kläger entsprechend durch die Ablehnung dieser Tests am 01.06., 02.06. und 03.06.2021 schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen (dazu nachfolgend unter (2)). Nach Auffassung der Kammer wäre allerdings vor Ausspruch einer Kündigung der Ausspruch einer Abmahnung als milderes Mittel geeignet und ausreichend gewesen, beim Kläger künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ließ sich für die Kammer dagegen – auch und gerade unter Berücksichtigung der abweichenden Sachverhaltsdarstellung der Beklagten – eine vorherige Abmahnung des Klägers nicht mit Sicherheit feststellen (“non liquet”, dazu nachfolgend unter (3)). Die Beklagte, die insoweit die Beweislast trägt, war somit nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sogleich zu kündigen.

(1) Auch wenn es letztlich für die Entscheidung nicht darauf ankommt, geht die Kammer davon aus, dass die Beklagte – obgleich eine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitnehmer nicht existierte – berechtigt war, Anfang Juni 2021 gegenüber ihren Fahrern die Durchführung der bereitgestellten Corona-Schnelltests anzuordnen. Insbesondere auch die Anordnung der Beklagten, einen solchen Test erstmalig vor Ort auf dem Betriebsgelände durchzuführen, war rechtmäßig und von dem in den Grenzen billigen Ermessens bestehenden Weisungsrecht der Beklagten gem. § 106 GewO gedeckt. Es wurden insoweit auch keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates übergangen, da es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Betriebsrat bei der Beklagten gab.

Anmerkung:

Nach jetziger Rechtslage steht nach § 28b IfSG (bundesweiten 3G-Regel für den Arbeitsplatz) die Verpflichtung des Arbeitnehmers fest, einen vom Arbeitgeber angebotenen Schnelltests durchzuführen, wenn dies nach dem betrieblichen Hygienekonzept vorgesehen und unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände zumutbar ist. Eine solche Verpflichtung ist zumindest dann bindend, wenn es sich dabei um Corona- Selbsttests handelt, die nur einen sehr gering invasiven Eingriff in Form eines Abstrichs im vorderen Nasenbereich erfordern.

Der Arbeitgeber sollte aber nach wie vor vor einer möglichen verhaltensbedingten Kündigung abmahnen.


Rechtsanwalt Andreas Martin

9. Februar 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Arbeitszeit

Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?

Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?

befristete Aufstockung


befristete Aufstockung der regelmäßigen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag

Neben der Befristung des gesamten Arbeitsverhältnisses können auch nur einzelne Arbeitsbedingungen befristet werden, dazu gehört auch die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag. Dies ist die sogenannte befristete Aufstockung. Der Arbeitgeber kann also mit dem Arbeitnehmer eine Regelung treffen, dass die Arbeitszeit befristet erhöht wird (z.B. von 30 h pro Woche auf 40 h pro Woche). Dies ist aber nicht immer zulässig. Was erlaubt ist und was nicht, erfahren Sie hier.


Muss die befristete Erhöhung der Arbeitszeit schriftlich erfolgen?

Nein, die Befristung einer einzelnen Arbeitsvertragsbedingung muss dabei nicht schriftlich vereinbart werden. Dies ist anders als ein gänzlich befristeter Arbeitsvertrag. Die gesetzliche Regelung des § 14 Absatz 4 TzBfG erfordert nur die Schriftform für die Befristung ganzer Arbeitsverträge (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.06.2008 – 7 AZR 245/07).


Ist es sinnvoll die zeitweise Erhöhung der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag schriftlich zu vereinbaren?

Ja, der Arbeitgeber muss dies nachweisen, wenn die Befristung bestritten wird. Von daher ist – für den Arbeitgeber – die Schriftform unbedingt anzuraten.


Wird die befristete Arbeitszeiterhöhung durch das Arbeitsgericht kontrolliert?

Bei einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag handelt es sich in der Regel um eine allgemeine Geschäftsbedingung (§ 317 BGB). Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich durch das Arbeitsgericht überprüfbar. Das Gericht führt eine Angemessenheitskontrolle durch. Auch muss das Gericht dann eine umfassende Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vornehmen. Allerdings ist die Prüfung hier nicht so stark, wie bei einer Befristung eines Arbeitsvertrags, für welchen ja ein sachlicher Grund vorliegen muss (mit Ausnahme der sachgrundlosen Befristung). Die Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung ist also einfacher und an diese sind weniger strenge Voraussetzungen geknüpft.


Gibt es dazu Entscheidungen der Arbeitsgerichte?

Ja, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018 – 7 AZR 520/16) ist eine befristete Erhöhung grundsätzlich zulässig. Wenn die Erhöhung der Arbeitszeit aber im erheblichen Umfang erfolgt, dann kann diese unzulässig sein, wenn keine Umstände vorliegen, die eine Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden.

Die befristete Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang erfordert nach dem BAG zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers Umstände, die die Befristung eines über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert abgeschlossenen Arbeitsvertrags rechtfertigen würden. Eine Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang liegt nach dem BAG in der Regel vor, wenn sich das Erhöhungsvolumen auf mindestens 25 % eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses beläuft (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2016 – 7 AZR 828/13).


Gibt es noch weitere Urteile zur Aufstockung?

Das Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 09.05.2012 – 3 Sa 1179/11 führt zur Frage der befristeten Aufstockung eines 75%-Vertrags um – 1/4 der durchschnittlichen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten durch 25 sich aneinanderreihende Verträge aus:

cc. Die rund zweieinhalbmonatige Befristung der Arbeitszeiterhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin im sog. Ergänzungsvertrag vom 12.04.2012 benachteiligt die Klägerin gemäß § 307 Abs. 1 BGB in unangemessener Weise.

aaa. Unangemessen ist nach der vorgenannten ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Betrifft die Inhaltskontrolle einen Verbrauchervertrag, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 02.09.2099 – 7 AZR 233/08 -, NZA 2009, 1253; zuletzt BAG, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 -, NZA 2012, 674 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Ferner führt das Bundesarbeitsgericht in der vorgenannten Entscheidung zutreffend aus, dass es jedenfalls dann, wenn eine befristete Arbeitszeiterhöhung von erheblichem Umfang vorliegt, trotz der Unanwendbarkeit des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung bei der Befristung der Aufstockung der Arbeitszeit solcher Umstände bedarf, die die Befristung des gesamten – über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert geschlossenen – Vertrages rechtfertigen würden (BAG, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674). Das Gericht stellt zu Recht heraus, dass die dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zugrunde liegende Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme ist, auch für die Vereinbarung des Umfangs der Arbeitszeit gilt. Denn das sozialpolitisch erwünschte – auch seinem Inhalt nach – unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer ein dauerhaftes Auskommen sichern und zu einer längerfristigen Lebensplanung beitragen. Für diese Planung des Arbeitnehmers ist regelmäßig auch die Höhe des von ihm erzielten Einkommens maßgebend. Diese hängt u. a. vom Umfang seiner Arbeitszeit ab. Eine längerfristige Planungssicherheit wird dem Arbeitnehmer daher nicht schon allein durch den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ermöglicht, sondern nur dann, wenn auch der Umfang der Arbeitszeit unbefristet vereinbart wird (BAG, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 -, NZA 2012, 674 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).


Wann ist eine befristete Aufstockungsvereinbarung keine allgemeine Geschäftsbedingung?

Wenn der Arbeitnehmer die Vereinbarung ausgehandelt hat bzw. auch tatsächlichen Einfluss genommen hat (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10), dann wird eine Individualvereinbarung vorliegen. Im Normalfall wird diese dann vom Gericht nicht mehr so streng überprüft. Der Grund ist der, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte hier seine Interessen bei der Vereinbarung wahrzunehmen.


Wie wehrt man sich gegen eine unwirksame zeitlich begrenzte Erhöhung der Arbeitszeit?

Bekannt ist den meisten Arbeitnehmer, dass man sich gegen eine unwirksame Befristung mittels Entfristungsklage (3 – Wochen-Frist) wehrt. Bei einer zeitlich begrenzten Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer eine Klage auf Feststellung zum Arbeitsgericht erheben, dass seine regelmäßige Arbeitszeit, zum Beispiel 40 h pro Woche beträgt und sich nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom … mit Ablauf des …. auf …  reduziert hat.


Ist auch eine Befristung im Bezug auf eine Arbeitszeitverringerung möglich?

Die arbeitsvertraglich vereinbarte Befristung ist nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12) dann zulässig, wenn mit der Befristungsabrede der gesetzliche Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit (Teilzeitarbeit) zeitlich beschränkt wird. Besteht ein Teilzeitanspruch nicht, bewirkt die Befristung der Arbeitszeitverringerung keine unangemessene Benachteiligung.


interessante Urteile und Artikel zum Thema: Arbeitszeit

Nachfolgend finden Sie noch weitere Urteil, die sich mit dem Thema der Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis auseinandersetzen:

  1. ARBEITSZEITGUTHABEN BEI BEENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES
  2. UNWIDERRUFLICHE FREISTELLUNG IM VERGLEICH UND POSITIVES ARBEITSZEITKONTO-BUNDESARBEITSGERICHT
  3. ARBEITSZEITERFASSUNG PER FINGERABDRUCK DURCH ARBEITGEBER ZULÄSSIG?
  4. EUGH: FAHRZEIT ZUM KUNDEN VOM WOHNORT KANN ARBEITSZEIT SEIN

Rechtsanwalt Andreas Martin

28. Januar 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
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