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Kündigungsfristen im Arbeitsrecht – Fachanwalt in Berlin
Die arbeitsrechtlichen Kündigungsfristen spielen in der Praxis eine große Rolle. Hier kann viel falsch gemacht werden.Es kommt nicht nur darauf an, was im Gesetz steht, sondern auch auf den Arbeitsvertrag, auf Tarifverträge und Übergangsregelungen.
arbeitsvertragliche und gesetzliche Kündigungsfristen
Sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern besteht hier eine große Unsicherheit. Die Bedeutung der Kündigungsfristen im Arbeitsrecht erschließt sich dann, wenn eine Seite das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beenden will. In den meisten Fällen erfolgt die Beendigung durch eine ordentliche Kündigung. Wenn die Kündigung ordentlich von einer Seite vorgenommen wird, müssen zwingend die Kündigungsfristen beachtet werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass man nicht nur einfach ins Gesetz oder den Arbeitsvertrag schauen kann, um die richtigen Kündigungsfristen zu ermitteln. Die Problematik ist die, dass oft auch Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag unwirksam sind oder neben den gesetzlichen Fristen auch tarifvertragliche Kündigungsfristen gelten, die den Regelungen im Arbeitsvertrag vorgehen. Von daher ist es manchmal nicht so einfach für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber zu ermitteln, welche Kündigungsfristen hier für das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Bei der außerordentlichen Kündigung spielt die Kündigungsfristen in der Regel keine Rolle.
Von daher sind immer arbeitsvertragliche und gesetzliche Fristen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu prüfen.
gesetzliche Regelung des § 622 BGB
Die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitnehmer findet man in § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
1. die gesetzliche Regelung
Die gesetzlichen Fristen des § 622 BGB lauten:
Probezeit: – längstens für 6 Monate: Frist = 2 Wochen taggenau
Grundsatz : Kündigungsfrist: 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende – dies ist die Grundkündigungsfrist
Arbeitsverhältnis = Verlängerung für eine Kündigung durch den Arbeitgeber
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2 Jahre = 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats,
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5 Jahre = 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
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8 Jahre = 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
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10 Jahre = 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
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12 Jahre = 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
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15 Jahre = 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
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20 Jahre = 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Diese Fristen sind Mindestfristen. Zum Nachteil des Arbeitnehmers darf hier nur in Ausnahmefällen abgewichen werden.
Ausnahmen sind:
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durch Tarifvertrag
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bei der Beschäftigung von Aushilfen (von der Grundkündigungsfrist)
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in Kleinbetrieben (von der Grundkündigungsfrist)
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in der Probezeit
2. arbeitsvertragliche Kündigungsfristen
Oft findet man in Arbeitsverträgen Abweichungen von den gesetzlichen Kündigungsfristen. Solche Abweichungen sind oft unwirksam. Zum Nachteil des Arbeitnehmers darf durch den Arbeitsvertrag in der Regel nicht von den gesetzlichen Kündigungsfristen abgewichen werden. Eine nachteilige Abweichung, die unzulässig ist, besteht zum Beispiel darin, wenn die Kündigungsfristen für eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgebers abgekürzt werden. Eine solche Verkürzung ist nur im Kleinbetrieb bei der Grundkündigungsfrist möglich.
Verlängerung der Kündigungsfristen des Arbeitnehmers
Eine Regelung, die wirksam ist und die man ab und zu in Arbeitsverträgen findet ist die Bestimmung, dass sich die Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer ebenfalls verlängern, wenn sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber erhöht. Dies ist grundsätzlich zulässig.
Verweis auf gesetzliche Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag
Nicht selten verweisen die arbeitsvertraglichen Regelungen auch auf die gesetzliche Regelung, die dann unproblematisch Anwendung findet.
3. tarifvertragliche Kündigungsfristen
Sofern ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, darauf muss der Arbeitgeber grundsätzlich im Arbeitsvertrag hinweisen (Nachweisgesetz), dann sind diese Regelungen über die Kündigungsfristen zwingend zu beachten. Durch Tarifvertrag darf auch zum Nachteil des Arbeitnehmers die Kündigungsfrist verkürzt werden. In den meisten Rahmentarifverträgen, wie zum Beispiel im Bundesrahmentarifvertrag Bau, findet man eigenständige Kündigungsfristen, die von den gesetzlichen Regelungen abweichen, aber zulässig sind. Oft sind die Kündigungsfristen hier für beide Seiten kürzer. Dies muss beachtet werden. Die erste Frage lautet also immer, gibt es einen anwendbaren Tarifvertrag!
Kündigung mit zu kurzer Frist
Werden die Kündigungsfristen nicht eingehalten, stellt sich die Frage,ob die Kündigung insgesamt unwirksam ist oder um diese dann zum nächstmöglichen Zeitpunkt gelten soll.
Beispiel: Der Arbeitgeber beendet das Arbeitsverhältnis mittels ordentlicher Kündigung zum 31. Juli2021. Er hätte aber eine längere Kündigungsfrist beachten müssen, so dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31. August 2021 enden könnte.
Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte geht hier meist von einer Beendigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus, zumindest dann, wenn sich dies irgendwie aus der Kündigungserklärung ergibt.
Kündigungsfristen Berlin
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FAQ – häufige Fragen
Nachfolgend werden häufig gestellte Fragen zum Thema Kündigungsfristen im Arbeitsrecht beantwortet:
Welches Datum gilt bei einer Kündigung zum Ende des Monats?
Bei der Kündigung zum Monatsende, die im Arbeitsrecht nach den gesetzlichen Kündigungsfristen häufig vorkommt, ist die Kündigung innerhalb der Kündigungsfrist auszusprechen und der Monat endet mit dem letzten Tag des Monats. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Monat auf einen Arbeitstag, Werktag oder einen Feiertag bzw. Sonntag endet. Es gilt der letzte Tag als Kalendertag.
Beispiel: Wer mit der Frist von einem Monat Mitte Oktober 2021 ordentlich kündigen will, muss die Kündigung spätestens bis zum Ablauf des Monats der Gegenseite zustellen und dann endet die Frist zum 30. November 2021. Bei der Kündigung zum Ende des Monats Oktober 2021 endet die Frist zum 31. Oktober 2021, wobei es unerheblich ist, dass dies ein Sonntag ist. Der letzte Tag des Monats muss von daher kein Arbeitstag sein.
Welche gesetzlichen Kündigungsfrist haben Arbeitnehmer?
Wenn es keine Regelung im Tarifvertrag gibt bzw. kein Tarifvertrag Anwendung findet und auch keine anderslautende Regel im Arbeitsvertrag, dann geht die gesetzliche Kündigungsfrist für Arbeitnehmer nach § 622 Abs 1 BGB. Dies ist unabhängig von der Dauer der Beschäftigung. Nur in der Probezeit beträgt die Frist 14 Tage.
Danach beträgt die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers immer vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Der Fristbeginn ist der Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitgeber.
Beispiel: Wenn der Arbeitnehmer am 18. November 2021 ordentlich sein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber kündigt, dann würde die Kündigung, (zugestellt am 18. November 2021) zum 31. Dezember 2021 wirksam werden. Eine Kündigung zum 15. Dezember 2021 wäre nicht mehr möglich, der zwischen dem 18.11.21 und dem 15.12.21 keine vier Wochen liegen.
Welche gesetzlichen Kündigungsfristen haben Arbeitgeber?
Die gesetzlichen Kündigungsfristen für den Arbeitgeber sind anders als für den Arbeitnehmer. In der Probezeit und bis zum Ablauf von zwei Jahren sind die Kündigungsfristen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch gleich. Danach ändern sich die Kündigungsfristen nur für den Arbeitgeber, aber nicht für den Arbeitnehmer. Während Arbeitnehmer auch später noch mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen kann, verlängert sich für den Arbeitgeber die Kündigungsfrist, abhängig von der Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer.
So beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber nach zwei Jahren Jahren ein Monat zum Monatsende. Danach verlängert sich die Frist immer weiter, wie zum Beispiel nach 5 Jahren auf zwei Monate zum Monatsende etc.
Die Regelung findet man in § 622 Abs. 2 BGB.
Wie lang ist die gesetzliche Kündigungsfrist nach 4 Jahren?
Bei der Frage nach der gesetzlichen Kündigungsfrist nach vier Jahren ist zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu unterscheiden.
Die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer nach vier Jahren beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats gemäß § 622 Abs. 1 Satz eins BGB. Diese Frist ist immer gleich, außer in der Probezeit. Für den Arbeitnehmer verlängert sich die Kündigungsfrist nicht mit Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Anders ist dies für den Arbeitgeber. Für den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist nach dem Gesetz bei der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers von vier Jahren einem Monat zum Ende des Kalendermonats gemäß § 622 Abs. 2 Nummer 2 BGB. Erst nach fünf Jahren verlängert sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum Ende des Kalendermonats.
Beispiel: Der Arbeitnehmers vier Jahre und fünf Monate in der Firma. Der Arbeitgeber möchte das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigen. Wenn er Mitte Oktober, also zum Beispiel am 13. Oktober 2021, dem Arbeitnehmer die ordentliche Kündigung zustellt, ab diesem Zeitpunkt beginnt die Frist, dann ist eine Beendigung zum 30. November 2021 möglich.
Kann sich die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer verlängern?
Wie bereits oben ausgeführt wurde, beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer gemäß § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB insgesamt 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Diese Frist verlängert sich mit der Dauer der Beschäftigung nicht.
Allerdings ist es möglich, dass im Arbeitsvertrag der Arbeitgeber eine Klausel vereinbart, wonach sich die Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber auch im gleichen Umfang für den Arbeitnehmer ergibt. Dies ist zulässig.
Dies würde dann bedeuten, dass eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer auch eine längere Kündigungsfrist, zur Folge hätte.
Beispiel: Der Arbeitnehmer ist seit fünf Jahren und sechs Monaten beim Arbeitgeber beschäftigt und möchte nun ordentlich das Arbeitsverhältnis beenden. Hier wäre, wenn eine entsprechende Klausel sich im Arbeitsvertrag befindet, wonach die Kündigungsfrist sich auch für den Arbeitnehmer wie in der gesetzlichen Regelung (§ 622 Abs. 2 BGB) verlängert, nur eine Kündigung mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats für den Arbeitnehmer möglich.
Würde es eine solche Klauseln nicht im Arbeitsvertrag geben, könnte der Arbeitnehmer ganz normal mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende kündigen.
Rechtsanwalt Andreas Martin