außerordentliche Kündigung im Arbeitsrecht
fristlose Kündigung
Was ist eine außerordentliche Kündigung?
Eine außerordentliche Kündigung ist eine Kündigung ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Die außerordentliche Kündigung erfolgt in der Regel fristlos, was aber nicht immer so sein muss. Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Die außerordentliche Kündigung gibt es nicht nur im Arbeitsrecht, sondern vor allem auch im Zivilrecht. Wichtig ist, dass derjenige, der sofort das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beenden möchte, auch einen wichtigen Grund dafür braucht, so § 626 I BGB. Die Kündigung muss nicht immer fristlos erfolgen, sondern kann auch mit einer Auslauffrist vorgenommen werden. Das Gegenstück zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung ist die ordentliche Kündigung, die einer Einhaltung der Kündigungsfrist erfolgt.
Was ist der Sinn einer außerordentlichen Kündigung?
Mit der außerordentlichen Kündigung soll das Arbeitsverhältnis sofort beendet werden, von daher erfolgt eine solche Kündigung meistens fristlos. Die unverzügliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist fast immer das Ziel der außerordentlichen Kündigung. Oft steht dahinter, dass die kündigende Person meint, dass es ihr nicht mehr zumutbar ist, den Arbeitsvertrag mit der anderen Seite fortzusetzen.
Muss eine außerordentliche Kündigung immer fristlos erfolgen?
Nein, die außerordentliche Kündigung erfolgt zwar in den meisten Fällen fristlos, da der Kündigende in der Regel das Arbeitsverhältnis sofort beenden möchte, allerdings ist auch eine außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist, meist einer sozialen Auslauffrist, möglich. Diese Auslauffrist kann grundsätzlich sogar die Länge der gesetzlichen Kündigungsfrist haben, allerdings muss dann in der Kündigungserklärung klargestellt werden, ob nun ordentlich oder außerordentlich gekündigt werden soll.
Wer darf das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen?
Die außerordentliche Kündigung ist nicht ein alleiniges Recht des Arbeitgebers. Auch der Arbeitnehmer kann-wenn er einen außerordentlichen Grund hat-das Arbeitsverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung beenden. Zu beachten ist aber, dass für beide Seiten eben dieser wichtige Grund vorliegen muss. Die Anforderungen an solchen Kündigungsgrund sind recht hoch.
Welche Form gilt für die Kündigung?
Für die Kündigung gilt grundsätzlich § 623 BGB. Danach muss diese zwingend schriftlich erfolgen. Die Textform ist ausgeschlossen. Von daher sind Kündigungen per Fax, SMS oder WhatsApp grundsätzlich nichtig und damit unwirksam.
Muss die Kündigung begründet werden?
Ein sehr häufiges Missverständnis besteht darin, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber meinen, dass eine Kündigung grundsätzlich begründet werden muss. Man muss hier unterscheiden zwischen einem Kündigungsgrund, den man zwingend für die außerordentliche Kündigung braucht und der Frage, ob man den Grund in der Kündigungserklärung angeben muss. Den Kündigungsgrund muss man nicht in der Kündigung angeben. Allerdings ist der Arbeitgeber verpflichtet auf Nachfrage des Arbeitnehmers den Grund für die außerordentliche Kündigung mitzuteilen. Geregelt ist dies in § 626 Abs. 2, Satz 3 BGB. Teilt der Arbeitgeber den Grund für die Kündigung nicht rechtzeitig dem Arbeitnehmer auf dessen Nachfrage schriftlich mit, kann es sogar sein, dass der Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber deshalb hat.
Was sind die Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung?
Für eine außerordentliche Kündigung ist es immer erforderlich, dass ein sogenannter wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt. Dies ist nicht immer ganz einfach zu beurteilen.
Wichtig ist, dass grundsätzlich an einen solchen Grund sehr strenge Anforderungen zu stellen sind. Die meisten außerordentlichen Kündigungen dürften in der Regel unwirksam sein. Allerdings bringt es nichts, wenn diese faktisch nicht rechtmäßig ergangen sind, da der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage einreichen muss. Macht er dies nicht, spielt es keine Rolle, ob die Kündigung eigentlich unrechtmäßig wäre oder nicht, da diese dann automatisch rechtmäßig wird, dies ist die sogenannte Wirksamkeitsfiktion nach § 7 Kündigungsschutzgesetz.
Wann liegt ein wichtiger Grund vor?
Ein wichtiger Grund ist dann denkbar, wenn eine erhebliche Verletzung von Hauptleistungspflichten, aber auch eine schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis vorliegen.
Es kommt immer auf den Einzelfall an.
Der wichtige Grund muss das Vertrauensverhältnis derart stark erschüttern, dass es der kündigenden Partei nicht mehr zumutbar ist, weiter mit der Gegenseite zusammenzuarbeiten.
Bei der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, geht es im Endeffekt auch um die Abwägung der Interessen beider Seiten.
Es gibt keine absoluten Kündigungsgründe.
Welche Kündigungsgründe sind denkbar für eine solche außerordentliche Kündigung?
Für eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung sind in der Regel schwerste Pflichtverletzung des Arbeitnehmers denkbar.
In der Regel kommt eine außerordentliche Kündigung bei folgenden Umständen in Betracht:
- Diebstahl von Kunden- oder Firmeneigentum
- schwere Beleidigung des Arbeitgebers
- Straftaten gegen den Arbeitgeber
- Arbeitszeitbetrug
- Körperverletzung gegenüber Kunden oder dem Arbeitgeber
Wie oben bereits ausgeführt, kann man nicht grundsätzlich sagen, dass es bei einen der obigen Gründe grundsätzlich ohne Probleme möglich ist, außerordentlich zu kündigen, dass es immer auf den Einzelfall ankommt.
Auch bei einem Diebstahl kann eine außerordentliche Kündigung im Ausnahmefall unwirksam sein.
Welche Fälle aus der Rechtsprechung gibt es?
Folgende Fälle haben Gerichte bereits entschieden. Dabei kommt es aber immer auf den Einzelfall an.
- Bundesarbeitsgericht: Gefängnisaufenthalt kann außerordentliche Kündigung rechtfertigen
- Arbeitsgericht Berlin: Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit
- LAG Berlin-Brandenburg: Erschleichen von Anwohner-Parkausweis durch Arbeitnehmer
- Arbeitsgericht Hamburg: Polizist veröffentlich Foto mit Totenkopf und Polizeimütze
- LAG Baden-Würtemberg: außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist
Wann muss der Arbeitgeber vor einer außerordentlichen Kündigung abmahnen?
Da es bei einer außerordentlichen Kündigung oft um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht, also der Arbeitnehmer schuldhaft eine Pflichtverletzung begeht, ist die vorherige Abmahnung der Normalfall. Der Arbeitgeber muss wenigstens einmal ein gleichartiges Verhalten abgemahnt haben, um außerordentlich kündigen zu können. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. Wie oben bereits ausgeführt, kann bei schwersten Pflichtverletzungen grundsätzlich ohne Abmahnung gekündigt werden. Wichtig ist aber auch, dass eine Abmahnung die Möglichkeit der Kündigung verbraucht. Der Arbeitgeber kann also nicht abmahnen und dann sofort kündigen.
Die Abgrenzung ist nicht immer einfach.
Gibt es für den Arbeitgeber eine Ausschlussfrist bei der Kündigung?
In § 626 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass eine außerordentliche Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von den Kündigungssachverhalt erfolgen muss. Diese Ausschlussfrist ist zwingend einzuhalten. Wenn also der Arbeitgeber schon länger sichere Kenntnis vom Kündigungssachverhalt hat und aber nicht außerordentlich kündigt, dann ist diese außerordentliche Kündigung unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer dagegen mit der Kündigungsschutzklage rechtzeitig wehrt.
Was ist, wenn eine Kündigung unrechtmäßig ist, ich aber keine Kündigungsschutzklage einreichen?
Hier gilt das oben Gesagte. Eine Kündigung, mit Ausnahme der Nichteinhaltung der Schriftform, kann durchaus unrechtmäßig sein, wird aber dann automatisch wirksam, wenn der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage dagegen beim Arbeitsgericht einreicht.
Wenn also der Arbeitgeber zum Beispiel dem Arbeitnehmer wegen eines angeblichen Zuspätkommens das Arbeitsverhältnis kündigt und der Arbeitnehmer meint, dass diese Kündigung ja völlig an den Haaren herbeigezogen ist und keine Klage eingereicht, dann wird diese Kündigung nach drei Wochen ab Zugang beim Arbeitnehmer wirksam, wenn dieser keine Kündigungsschutzklage einreicht.
Rechtsanwalt Andreas Martin