Kündigung oder Abmahnung – was ist zulässig?
Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber fragen sich, ob eine bestimmte Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu einer Kündigung oder zu einer Abmahnung führt. Beides ist nicht möglich. Der Arbeitgeber kann nur wählen zwischen Kündigung und Abmahnung. Wenn er abmahnt und gleichzeitig kündigt, dann ist diese Kündigung unwirksam. Die Abmahnung hat eine Hinweisfunktion und eine Warnfunktion und soll dem Arbeitnehmer nochmals die Möglichkeit geben ein pflichtwidriges Verhalten für die Zukunft zu unterlassen und sich vertragsgemäß zu verhalten. Die arbeitsrechtliche Abmahnung „verbraucht“ den Sachverhalt und ist ein erklärter Verzicht auf die Kündigung, so dass der Arbeitgeber nicht deswegen kündigen kann.
Der nachfolgende Beitrag bezieht sich auf Arbeitsverhältnisse, auf welche das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Falls nicht, braucht der Arbeitgeber ja keinen Kündigungsgrund und kann auch bei sehr leichten Pflichtverletzungen sofort ordentlich kündigen. Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung, wenn der Arbeitnehmer länger als 6 Monate beschäftigt ist und mehr als 10 Arbeitnehmer im Betrieb tätig sind.
Inhaltsverzeichnis
Wann muss man noch abmahnen und wann kann man schon kündigen?
Wann jeweils eine Kündigung schon möglich ist und wann der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung noch abmahnen muss, ist oft nicht einfach zu beantworten.
je schwerer die Pflichtverletzung, um so eher kann man kündigen
Als Grundsatz kann man sagen, dass je schwerer die Pflichtverletzung ist und umso stärker das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gestört ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitgeber hier bereits ordentlich und im Extremfall sogar außerordentlich kündigen kann.
die 3 Teile einer wirksamen Abmahnung
Die Abmahnung besteht aus drei Teilen.
Zum einen muss in einer Abmahnung genau beschrieben werden, welche Pflichtverletzung der Arbeitnehmer begangen hat (erster Teil) und darüber hinaus muss der Arbeitgeber in einer Abmahnung auch aufführen, wie sich der Arbeitnehmer hätte richtig verhalten müssen (zweiter Teil) und der dritte Teil der Abmahnung ist der Hinweis, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen. Der Arbeitnehmer muss also wissen, dass er im Wiederholungsfall mit einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zu rechnen hat.
Diese formellen Voraussetzungen werden oft von Arbeitgebern nicht richtig eingehalten. Mahnt Arbeitgeber in eine Abmahnung mehrere Pflichtverletzung ab, so ist die Abmahnung schon dann unwirksam, wenn eine der Pflichtverletzungen nicht vorliegt bzw. formell nicht richtig erklärt wurde. Eine Abmahnung kann, wenn diese unwirksam ist, aber wiederholt werden.
In der Regel ist es nicht ratsam gegen eine Abmahnung gerichtlich vorzugehen. Der Arbeitnehmer kann hier eine Gegendarstellung zur Personalakte abgeben, die kurz sein sollte. Der Arbeitgeber kann nämlich, wenn sich gerichtlich herausstellt, dass die Abmahnung unwirksam war, die Abmahnung dann noch mal richtig formulieren und nochmals abmahnen.
leichte Pflichtverletzungen – die Abmahnung
In der Regel kann der Arbeitgeber bei leichten und mittleren Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers die Abmahnung erklären. Er kann natürlich auch bei schweren Pflichtverletzung eine Abmahnung aussprechen, allerdings kommt dann schon eher die Möglichkeit einer Kündigung in Betracht.
Typische Fälle, bei denen der Arbeitgeber abmahnen kann, sind zum Beispiel:
-Zuspätkommen des Arbeitnehmers
-Nichteinhaltung bestimmter Arbeitsprozesse
-Nichtbefolgung von rechtmäßigen Anweisungen des Arbeitgebers
mittelschwere Vergehen des Arbeitnehmers
Auch bei mittelschweren Pflichtverletzungen kann eine Kündigung durchaus in Betracht kommen, wenn zum Beispiel der Arbeitgeber hier bereits einschlägig abgemahnt hat. Ansonsten wäre abzumahnen. Aber auch nicht immer ist eine Kündigung möglich, selbst wenn vorher abgemahnt wurde. Die Einschätzung ist hier schwierig und sollte einem Anwalt überlassen werden.
schwere Vergehen des Arbeitnehmers – Kündigung möglich
Bei schweren Pflichtverletzungen, insbesondere bei Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber kommt in der Regel eine Kündigung ohne vorherigen Abmahnung in Betracht.
Wichtig ist dabei zu wissen, dass es keine absoluten Kündigungsgründe gibt. Man kann also nicht sicher sagen, dass bei einer Straftat gegenüber dem Arbeitgeber immer eine Kündigung möglich ist.
Emmely-Fall des Bundesarbeitsgericht
So hatte das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 10. Juni 2010 – Az. 2 AZR 541/09) in dem Fall Emmely entschieden, dass auch bei einer Straftat eine Kündigung dann nicht rechtmäßig ist, wenn der Arbeitnehmer über einen sehr langen Zeitraum störungsfrei, also ohne Abmahnung, im Arbeitsverhältnis tätig war und sogenanntes Vertrauenskapital erworben hat. Hier sah das Bundesarbeitsgericht sogar bei einer Unterschlagung (mit geringen Wert – 1,30 Euro) nicht mehr die Möglichkeit der Kündigung, sondern nur der Abmahnung.
In der Regel kann man aber sagen, dass bei Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber, wie zum Beispiel bei Betrug, Diebstahl und Unterschlagung – aber auch bei Arbeitszeitbetrug – eine verhaltensbedingte Kündigung grundsätzlich ohne vorherige Abmahnung in Betracht kommt.
Solche schweren Pflichtverletzung sind zum Beispiel:
- Betrug
- Diebstahl
- Unterschlagung
- Manipulation der Arbeitszeiterfassung, um ein Vorteil zu erreichen
- schwere Beleidigungen unter Störung des Betriebsfriedens gegenüber dem Arbeitgeber oder gegenüber Kollegen
3 x abmahnen?
Oft wird in der Praxis von Arbeitnehmern angenommen, dass man dreimal ein Fehlverhalten abmahnen muss, damit man kündigen kann. Dies ist nicht richtig.
Auch schon bei einer einmaligen Abmahnung ist es oft (nicht immer) möglich danach zu kündigen, wenn eine entsprechende mittelschwere Pflichtverletzung vorliegt. Ob dann auch schon eine außerordentliche Kündigung möglich ist, ist eine andere Frage.
Wichtig ist auch hier, dass es immer auf den Einzelfall ankommt, insbesondere auch, wie lange der Arbeitnehmer bereits störungsfrei beschäftigt ist und auch unter Umständen, wie sein Verhalten nach der Pflichtverletzung war.
So können zum Beispiel Abmahnungen dann nicht mehr Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer von vornherein angekündigt hat, dass er sein pflichtwidriges Verhalten zukünftig nicht ändern wird. In diesem Fall wäre eine Abmahnung sinnlos und ist entbehrlich. Der Arbeitgeber kann dann sofort das Arbeitsverhältnisses kündigen.
Diese formellen Voraussetzungen werden oft von Arbeitgebern nicht richtig eingehalten. Mahnt Arbeitgeber in eine Abmahnung mehrere Pflichtverletzung ab, so ist die Abmahnung schon dann unwirksam, wenn eine der Pflichtverletzungen nicht vorliegt bzw. formell nicht richtig erklärt wurde. Eine Abmahnung kann, wenn diese unwirksam ist, aber wiederholt werden.
In der Regel ist es nicht ratsam gegen eine Abmahnung gerichtlich vorzugehen. Der Arbeitnehmer kann hier eine Gegendarstellung zur Personalakte abgeben, die kurz sein sollte. Der Arbeitgeber kann nämlich, wenn sich gerichtlich herausstellt, dass die Abmahnung unwirksam war, die Abmahnung dann noch mal richtig formulieren und nochmals abmahnen.
Übersicht
Die Einschätzung, ob man nur abmahnen oder schon kündigen kann, ist oft schwierig vorzunehmen. Leichter ist es bei leichten Pflichtverletzungen (Zuspätkommen) oder bei schweren (Straftaten).
Bei leichten Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers kommt in der Regel nur eine Abmahnung in Betracht. Eine Ausnahme kann dann bestehen, wenn hier bereits mehrfach einschlägig abgemahnt wurde.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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