Rückzahlung von Gehalt trotz erbrachter Arbeitsleistung
Ärzte dürfen nur tätig werden, wenn sie eine sogenannte Approbation (staatliche Zulassung) haben. Wird diese Approbation eingezogen oder ruhend gestellt, besteht für den Arzt ein Beschäftigungsverbot. Der Arzt darf nicht als solcher tätig werden. Eine Approbation soll eine unsachgemäße Behandlung von Patienten im Interesse von Leben und Gesundheit der Bevölkerung verhindern.
Inhaltsverzeichnis
Arbeitsvertrag ohne Zulassung ist nichtig
Ein Arbeitsvertrag mit einem Arzt, der keine Zulassung hat, ist nichtig (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3.11.2004 – 5 AZR 592/03, NZA 2005, 1409).
gesetzliches Beschäftigungsverbot und Annahmeverzugslohn
Fälle von Beschäftigungsverboten spielen vor allen dann eine Rolle, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt. Im Normalfall befindet er sich dann im sogenannten Annahmeverzug und muss dem Arbeitnehmer-obwohl er keine Arbeitsleistung erhalten hat-trotzdem den Lohn zahlen.
rückwirkender Lohn im Kündigungsschutzverfahren
Ein klassischer Fall ist zum Beispiel der, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt und dann später das Kündigungsschutzverfahren verliert. In diesem Fall muss der Arbeitgeber-wenn die weiteren Voraussetzungen des § 615 BGB vorliegen-dem Arbeitnehmer den Lohn für die Vergangenheit zahlen, obwohl der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbracht hat. Dies nennt man Annahmeverzugslohn. Und das Risiko, dass der Arbeitgeber dann nach dem verlorenen Kündigungsschutzprozess diesen Annahmeverzugslohn zu zahlen hat, führt oft dazu, dass in solchen Verfahren Arbeitgeber bereit sind einen Vergleich mit eine Abfindung zu schließen.
Annahmeverzug und Beschäftigungsverbot
Der sogenannte Annahmeverzug besteht aber nur dann, wenn kein Beschäftigungsverbot besteht. Darf der Arbeitnehmer gar nicht aus rechtlichen Gründen arbeiten, hat er auch keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Dies zum Beispiel der Fall, wenn jemand im Gastronomiebereich keine „rote Karte“ (gesetzlich vorgeschriebene mündliche und schriftliche Erstbelehrung nach §§ 42 und 43 Infektionsschutzgesetz durch das Gesundheitsamt) hat und damit keine Arbeitserlaubnis.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin
Beim Fall des Arztes- über den das Arbeitsgericht Berlin nun entschieden hat- war der Sachverhalt aber etwas anders. Es ging nicht um Annahmeverzugslohnansprüche, sondern ein Arzt hatte-obwohl das Ruhen der Approbation behördlich angeordnet wurde – noch mehrere Monate weiter Tätigkeiten für ein großes Krankenhaus erbracht. Er hatte zum Beispiel ohne Zulassung über 1000 Operationen durchgeführt.
Krankenhaus zahlte einen Monat an Lohn nicht
Als er dann Ende März 2022 das Krankenhaus über das Ruhen seiner Approbation informierte, zahlte diese den Lohn für den Monat März 2022 nicht. Der Arzt klagte, denn letztendlich hatte er die Arbeitsleistung auch in diesem Monat erbracht.
Krankenhaus forderte mit einer Widerklage 6 Monate an Gehalt zurück
Das Krankenhaus beantragte die Klageabweisung und forderte sogar bereits gezahlte Löhne für die letzten 6 Monate vom Arzt zurück, obwohl der Arzt auch in diesem Zeitraum unstreitig gearbeitet hatte.
Urteil des Arbeitsgerichts Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 28.06.2023, Aktenzeichen 14 Ca 3796/22 und 14 Ca 11727/22) hat dem Arbeitgeber im vollen Umfang recht gegeben. Der Arbeitnehmer hatte keinen Anspruch den Lohn für den Monat März 2022 zu erhalten, da er keine Zulassung als Arzt mehr hatte. Auch muss der Arbeitnehmer den Lohn für die letzten sechs Monate (Nettolohn) an das Krankenhaus zurückzahlen, obwohl er in den letzten Monaten seine Arbeitsleistung noch erbracht hatte.
Das Arbeitsgericht führte dazu in seiner Pressemitteilung vom 8. August 2023 Nummer 24/23 folgendes aus:
Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage des Klägers abgewiesen und der von dem beklagten Krankenhaus erhobenen Widerklage auf Rückzahlung der in den letzten sechs Monaten gezahlten Nettovergütungen stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht habe und diese aufgrund des Ruhens der Approbation trotz seiner physischen Leistungsfähigkeit und seiner erworbenen fachlichen Qualifikation nicht erbringen habe können. Ferner ging das Arbeitsgericht davon aus, das beklagte Krankenhaus habe die Zahlungen in der Vergangenheit ohne rechtlichen Grund geleistet und sei daher zur Rückforderung berechtigt. Eine Verrechnung mit den in dieser Zeit tatsächlich erbrachten Leistungen des Klägers erfolge nicht, da diese nicht mit einem positiven Wert zu bemessen seien. Dem beklagten Krankenhaus verbleibe im Hinblick auf potentielle Regressforderungen kein zu berücksichtigender Vorteil durch das Tätigwerden des Klägers. Dass der Kläger keine Kenntnis von der Ruhensanordnung gehabt haben will, hielt das Arbeitsgericht für unbeachtlich, da die Unkenntnis jedenfalls auf ein pflichtwidriges Verhalten des Klägers zurückzuführen sei.
Gegen diese Entscheidung ist für den Kläger das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.
Anmerkung:
Nicht ganz klar ist, weshalb dem Krankenhaus hier kein Vorteil durch die erbrachte Arbeit des Arztes verblieben ist. Dies wird aber in der Urteilsbegründung dann später ersichtlich sein.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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