Gehaltsgespräch
Darf mein Arbeitgeber Gespräche über das Gehalt verbieten? – Was ist erlaubt?
Das Thema Gehaltstransparenz ist ein interessantes Gebiet im Arbeitsrecht. Viele Arbeitgeber möchten Gehaltsgespräche unter den Mitarbeitern verhindern. Dafür gibt es aber oft sachlich keinen Grund. Ob ein ein solches „Sprechverbot“ über den Lohn zulässig ist, erfahren Sie hier.
Gesetzliche Grundlagen zur Gehaltstransparenz
Grundsätzlich existiert in Deutschland kein generelles gesetzliches Verbot, über das eigene Gehalt zu sprechen. Vielmehr unterstützt das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) den Austausch über Gehälter, um Diskriminierung, insbesondere aufgrund des Geschlechts, zu verhindern. Letztendlich kann der Arbeitnehmer nur über einen Austausch über die Gehaltshöhe erfahren, ob er vom Arbeitgeber ungleich in Bezug auf seinen Lohn behandelt wird oder nicht.
Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Arbeitnehmer davor, aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder anderen Merkmalen benachteiligt zu werden – ein Aspekt, der insbesondere bei Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen relevant ist.
Zusätzlich regelt § 612a BGB, dass Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden dürfen, wenn sie ihre Rechte ausüben. Hierzu gehört auch das Recht, sich mit Kollegen über das eigene Gehalt auszutauschen.
Unter das Geschäftsgeheimnisgesetz fällt der Arbeitslohn des Arbeitnehmers nicht.
Andererseits muss der Arbeitnehmer auch Rücksicht auf die Interessen des Arbeitgebers nehmen; dies ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
Wichtig: Der Arbeitgeber muss nicht alle Arbeitnehmer komplett gleich behandeln, denn auch bei der Lohnhöhe kann es gute Gründe geben, weshalb hier Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt werden. Entscheidend wird hier zum Beispiel die Qualifikation sein.
Darf der Arbeitgeber Gehaltsgespräche untersagen?
Ein generelles Verbot von Gehaltsgesprächen unter Arbeitskollegen durch den Arbeitgeber ist nicht zulässig. Vertragsklauseln, die Arbeitnehmern untersagen, über ihre Vergütung zu sprechen, sind in der Regel unwirksam, da sie gegen das Transparenzgebot verstoßen.
Relevantes Gerichtsurteil zur Gehaltsverschwiegenheit
Die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit der Frage befasst, ob Gehaltsverschwiegenheit durch den Arbeitgeber durchgesetzt werden kann:
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 2009 (Az.: 2 Sa 183/09)
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- Die Klausel „Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die Höhe der Bezüge vertraulich zu behandeln, im Interesse des Arbeitsfriedens auch gegenüber anderen Firmenangehörigen“ wurde als unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB eingestuft.
Vertragliche Erweiterung der Schweigepflicht – Wann ist sie zulässig?
Grundlagen der arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht
Nach Auffassung des LAG Hamm (Urteil vom 5. Oktober 1988 – 15 Sa 1403/88) kann die allgemeine Verschwiegenheitspflicht eines Arbeitnehmers durch den Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung erweitert werden. Allerdings sind solche Klauseln nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam.
Die rechtlichen Grenzen einer vertraglichen Verschwiegenheitserweiterung ergeben sich aus folgenden Vorschriften:
- §§ 134, 138, 242 BGB: Begrenzung sittenwidriger oder treuwidriger Vertragsklauseln
- §§ 305 ff. BGB: Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB)
- § 307 Abs. 1 BGB: Verbot unangemessener Benachteiligung und fehlender Transparenz
Laut LAG Hamm muss der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung nachweisen, welches die entgegenstehenden Interessen des Arbeitnehmers überwiegt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2013 – 2 Sa 386/12).
Eine pauschale Gehaltsverschwiegenheitspflicht ohne nachvollziehbare Begründung kann als übermäßige Vertragsbindung und damit unwirksam gemäß § 138 Abs. 1 BGB eingestuft werden.
Unzulässige Klauseln zur Gehaltsverschwiegenheit
Folgende Klauseln wurden von Gerichten als unwirksam beurteilt:
- „Der Mitarbeiter verpflichtet sich, über den Inhalt seines Vertrages, insbesondere über die Bezüge, Stillschweigen zu bewahren.“
- „Über seine Bezüge hat der Mitarbeiter dritten Personen gegenüber Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt nicht für gesetzlich vorgeschriebene Offenlegungspflichten.“
Das BAG (Urteil vom 26. Februar 1987 – 6 ABR 46/84) stellte klar, dass Arbeitnehmer sich untereinander über ihre Gehälter austauschen dürfen. Hier ging es zwar überwiegend um die Rechte des Betriebsrats, allerdings gilt dies auch mittelbar für Arbeitnehmer.
Wann ist eine Verschwiegenheitspflicht über das Gehalt zulässig?
Es gibt jedoch Fälle, in denen eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht legitim sein kann:
- Führungskräfte und leitende Angestellte: Wenn es um hochvertrauliche Vergütungsstrukturen geht, kann eine Geheimhaltung erforderlich sein.
- Unternehmensinterne Geheimhaltungsinteressen: Betrifft die Vergütung Geschäftsgeheimnisse oder sensible Boni-Regelungen, kann eine gesonderte Geheimhaltungsvereinbarung unter bestimmten Umständen gültig sein.
Dennoch müssen solche Klauseln stets Öffnungstatbestände enthalten, sodass Arbeitnehmer ihr Gehalt gegenüber Gewerkschaften, Behörden oder Sozialversicherungsträgern offenlegen können (BAG, Urteil vom 19. Mai 1998 – 9 AZR 394/97).
Konsequenzen für Arbeitnehmer bei unzulässigen Verboten
Sollte ein Arbeitgeber versuchen, Gehaltsgespräche zu unterbinden oder sogar Sanktionen gegen Mitarbeitende verhängen, kann dies als verbotene Maßregelung (§ 612a BGB) gewertet werden. Klauseln im Arbeitsvertrag, die den Austausch unter Mitarbeitern über ihr Gehalt verbieten, sind in der Regel unwirksam. Der Arbeitnehmer ist daran nicht gebunden.
Betroffene Arbeitnehmer können sich in einem solchen Fall an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden.
Fazit
Arbeitgeber dürfen ihren Beschäftigten nicht generell verbieten, über ihr Gehalt zu sprechen. Vertragsklauseln, die eine absolute Gehaltsverschwiegenheit fordern, sind in den meisten Fällen unwirksam.
Allerdings gibt es Ausnahmen, insbesondere für leitende Angestellte oder in Fällen eines nachweisbaren Unternehmensinteresses.
Wer von einer unzulässigen Gehaltsverschwiegenheitsklausel betroffen ist, sollte rechtlichen Rat einholen und seine Rechte kennen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht