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Minusstunden, Arbeitszeit und Corona - was ist zu beachten?Rechtsanwalt Andreas Martin
Allgemein, Arbeitsrecht, Corona-Virus

Minusstunden, Arbeitszeit und Corona – was ist zu beachten?

Minusstunden, Arbeitszeit und Corona - was ist zu beachten?

Arbeitszeit und Minusstunden

Im Gespräch mit Mandanten zum Arbeitsrecht fällt auf das Wort “Minusstunden“, auch im Zusammenhang mit dem Arbeitszeitkontingent, dass der Arbeitnehmer regelmäßig abzuarbeiten hat.


Minusstunden und Arbeitszeitkonto

Hier spielen Begriffe, wie regelmäßige Arbeitszeit und Zeitarbeitskonto eine Rolle. Schon jetzt soll ausgeführt werden, dass dies nicht das Gleiche ist. Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass Minusstunden nicht so einfach entstehen können. In der Regel ist dafür ein vereinbartes Arbeitszeitkonto notwendig. Hier soll kurz auf die Frage eingegangen werden, ob Minusstunden angeordnet und gegebenenfalls nachgearbeitet oder sogar vom Lohn abgezogen werden können. Dies alles auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie mit entsprechender Anordnung von Kurzarbeit. Hier stellen sich noch zusätzliche Probleme.


Was sind Minusstunden?

Minusstunden fallen für den Arbeitnehmer an, wenn ein Arbeitszeitkonto wirksam vereinbart ist und geführt wird und ein Arbeitnehmer weniger arbeitet, als vertraglich vereinbart wurde.

Beispiel:
Im Arbeitsvertrag findet sich eine wirksame Regelung über die Führung eines Arbeitszeitkontos. Die regelmäßige, wöchentliche Arbeitszeit ist mit 40 Stunden angegeben. Arbeitet der Arbeitnehmer hier nur 20 h pro Woche, dann fallen 20 Minusstunden an, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber trotztdem die vollen 40 h bezahlt.

Eine solche Regelung könnte lauten:

“Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Nach dieser Stundenanzahl richtet sich die monatliche Vergütung. Die tatsächliche Arbeitszeit kann innerhalb des in der Anlage A1 zu diesem Arbeitsvertrag festgelegten Rahmens des Arbeitzeitkontos variieren (Arbeitszeitkontenabrede).”

Anmerkung: In der Anlage A1 würde man dann die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos finden.


Gibt es Minusstunden, wenn kein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde?

Nein, Minusstunden setzen immer voraus, dass ein wirksames Arbeitszeitkonto zwischen Arbeitnehmern Arbeitgeber vereinbart wurde. Dieses kann sich im Arbeitsvertrag oder auch im Tarifvertrag befinden. Fast immer gibt es in der Zeitarbeit ein Arbeitszeitkonto in den anwendbaren Tarifverträgen (BAP/ iGZ). Im normalen Arbeitsverhältnis – ohne vereinbartes Arbeitszeitkonto – kann es keine Minusstunden geben.


Beispiel:
Im Arbeitsvertrag steht zur Arbeitszeit nur:

„Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Pausen gelten nicht als Arbeitszeit. Die Lage der Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen und wird vom Arbeitgeber angeordnet.“

Wenn es auch keinen Tarifvertrag gibt, der kein Arbeitszeitkonto anordnet, dann können in einem solchen Arbeitsverhältnis keine Minusstunden entstehen. Dies betrifft die meisten Arbeitsverhältnisse. Der Normalfall ist, dass es kein Arbeitszeitkonto gibt.


Was ist, wenn der Arbeitgeber mich bei der regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden nur 30 Stunden beschäftigt? Muss ich die fehlenden 10 Stunden nacharbeiten?

Bei dieser Frage geht es um die Konstellation, dass kein Arbeitszeitkonto existiert, was in den meisten Arbeitsverhältnisses so ist. Grundsätzlich muss und kann man hier die 10 h nicht mehr nacharbeiten. Die Arbeit hat einen Fixschuldcharakter und kann grundsätzlich nicht nachgearbeitet werden. Ein Nacharbeiten ist von daher nicht rechtlich möglich.


Besteht ein Arbeitszeitkonto sind rechtmäßig angeordnete Minusstunden nachzuarbeiten/ auszugleichen.

Muss der Arbeitgeber mir trotzdem den vollen Lohn zahlen?

Nein, dass muss er im Normalfall nicht (auch hier ohne Arbeitszeitkonto).
Der Arbeitgeber muss grundsätzlich nur die geleistete Arbeitszeit bezahlen. Beschäftigt er den Arbeitnehmer 30 Stunden in der Woche anstatt von 40 Stunden, so muss er diesen grundsätzlich erst einmal auch nur 30 Stunden bezahlen. Bezahlt er freiwillig 40 Stunden, ist dies sein Problem. Trotzdem muss der Arbeitnehmer die Zeit dann nicht nacharbeiten.


Besteht ein Arbeitszeitkonto, dann hat der Arbeitnehmer ja den vollen Lohn erhalten.


Welche Art von Arbeitszeitkonten gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Arbeitszeitkonten, wie zum Beispiel Jahresarbeitszeitkonten, Kurzzeitkonten und Langzeitkonten. Alle haben eine Sache gemein. Sie müssen immer mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden. Es muss sich im Arbeitsvertrag, oder auch im Tarifvertrag, eine wirksame Regelung finden, wonach ein Arbeitszeitkonto auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.


Wie entsteht ein Arbeitszeitkonto?

Ein Arbeitszeitkonto muss wirksam zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden. Dies ist möglich durch einen Arbeitsvertrag, eine zusätzliche Vereinbarung oder zum Beispiel durch eine entsprechende Regelung in einem Tarifvertrag. Fehlt eine solche Regelung, besteht kein Arbeitszeitkonto. Dann können auch keine Minusstunden anfallen.


Muss der Arbeitgeber mich voll bezahlen, wenn er mich nicht mit der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt?

Dieses Problem kommt oft vor (siehe oben). Es wird in der Praxis zum Beispiel eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche vereinbart und der Arbeitgeber beschäftigt den Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum immer weniger als 40 Stunden und bezahlt zum Beispiel nur 30 Stunden pro Woche.

Wichtig ist, es geht um die Fälle, in denen der Arbeitnehmer auch tatsächlich nur 30 Stunden die Woche gearbeitet hat.

Hier gilt der Fall, dass ohne Arbeit es keine Lohn gibt (ohne Arbeitszeitkonto).

Wenn der Arbeitnehmer nur 30 Stunden arbeitet, bekommt er nur 30 Stunden bezahlt. Hier gibt es aber eine Ausnahme.

Da sich der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag verpflichtet hat den Arbeitnehmer 40 Stunden zu beschäftigen und dies nicht einhält, hat der Arbeitnehmer eine Beschäftigungsanspruch. Damit der Arbeitgeber die fehlenden 10 Stunden, die hier nicht gearbeitet wurden, auch zahlen muss, muss dieser sich im Annahmeverzug mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers befinden. Dies wiederum setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung anbieten muss. In solchen Fällen muss von drei der Arbeitnehmer den Arbeitgeber regelmäßig darauf hinweisen, dass er die 40 Stunden pro Woche noch nicht gearbeitet hat und diese Arbeitszeit vom Arbeitgeber zu erfüllen ist. Dazu muss eine Regel seine Arbeitsleistung tatsächlich anbieten.


Was ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mehr gezahlt hat, als dieser gearbeitet hat?

Bezahlt der Arbeitnehmer den Arbeitnehmer zum Beispiel 40 Stunden pro Woche, obwohl dieser nur 30 gearbeitet hat, kommt es darauf an. Grundsätzlich ist dies ein Gehaltsvorschuss, da der Arbeitgeber nur die tatsächliche Arbeitszeit zu bezahlen hat. Gibt es ein Arbeitszeitkonto, so kann der Arbeitgeber dies entsprechend ausgleichen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Minusstunden auch wirksam entstanden sind.

Besteht kein Arbeitszeitkonto kann nicht einfach diese Stunden als Minusstunden geführt werden, da nie ein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde und von da es auch keine Minusstunden gibt.


Müssen die Stunden nachgearbeitet werden?

Eine Nacharbeit ist nicht möglich, wenn kein Arbeitszeitkonto besteht. Die Arbeit hat Fixschuldcharakter und kann nicht nachgearbeitet werden. Wenn ein Arbeitszeitkonto besteht, dann ist zum Ausgleich des Kontos eine Nacharbeit grundsätzlich möglich,da ja eine flexible Arbeitszeit vereinbart wurde. Wichtig ist dabei, dass die Minusstunden tatsächlich wirksam entstanden sind.


Dürfen Minusstunden mit dem Urlaub verrechnet werden?

Eine Verrechnung von Minusstunden mit dem Urlaub ist grundsätzlich nicht möglich. Der Urlaub dient der Erholung und soll nicht der Nacharbeit dienen. Eine Verrechnung von Urlaub mit Minusstunden ist von daher grundsätzlich nicht möglich.


Rückforderung zu viel gezahlten Arbeitsentgelt?

Wenn also kein Arbeitszeitkonto besteht, dann besteht ein Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers, wenn eine versehentliche Zahlung des Arbeitgebers vorliegt.

Beispiel: Der Arbeitnehmer muss – ohne vereinbartes Arbeitszeitkonto – 40 h pro Woche arbeiten, arbeitet aber in einer Woche nur 25 Stunden. Das Lohnbüro des Arbeitgeber rechnet in Unkenntnis dessen hier 40 h ab.

Ergebnis: Der Arbeitgeber hat ein Rückforderungsanspruch auf das zuviel gezahlte Arbeitsentgelt gegen den Arbeitnehmer.


Darf der Arbeitgeber die Minusstunden bei Kündigung vom letzten Lohn abziehen?

Hier kommt es sehr stark darauf an, was im Arbeitsvertrag geregelt ist. Liegt kein Arbeitszeitkonto vor, darf auch nichts abgezogen werden, der Minusstunden gar nicht entstehen können.

Ist ein Arbeitszeitkonto wirksam vereinbart worden, kommt es darauf an. Wenn Minusstunden wirksam entstanden sind, ist ein Abzug grundsätzlich denkbar.


Darf der Arbeitgeber nach Belieben sog. Minusstunden anordnen?

Nein (hier wieder der Fall, dass ein Arbeitszeitkonto besteht), dies ist so einfach nicht möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urteil v. 26.01.2011 – 5 AZR 819/09 / Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil v. 08.09.2009 – 3 Sa 436/09) setzt die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht und er damit einen Vorschuss erhält. Andererseits kommt es zu keinem Vergütungsvorschuss, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands Vergütung ohne Arbeitsleistung beanspruchen kann oder sich der das Risiko der Einsatzmöglichkeit bzw. des Arbeitsausfalls tragende Arbeitgeber nach § 615 Satz 1 und 3 BGB im Annahmeverzug befunden hat.

Dies heißt im normalen Deutsch, dass der Arbeitnehmer, der arbeitswillig ist und seine Arbeitskraft anbietet und nur deshalb keine Arbeit erhält, da der Arbeitgeber keine Arbeit hat, nicht hinnehmen muss, dass Minusstunden angeordnet werden. Eine solche Anordnung ist unwirksam.


Darf der Arbeitgeber zur Vermeidung von coronabedingter Kurzarbeit zuvor Minusstunden anordnen?

Besteht kein Arbeitszeitkonto ist die unproblematisch nicht möglich.

Besteht ein Arbeitszeitkonto kommt es darauf an:
Der arbeitswillige Arbeitnehmer muss dies nicht hinnehmen. Die alleinige Ursache der Entstehung eines negativen Arbeitszeitkontos ist dann der Umstand, dass der Arbeitgeber keine Arbeit hat. Dieses Betriebsrisiko trägt er in der Regel auch bei Bestehen eines Arbeitszeitkontos, wenn der Arbeitnehmer arbeitswillig ist und seine Arbeitskraft anbietet.


Was ist, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit von 20 h pro Woche anordnet, dann aber keine Arbeit hat?

Die Anordnung von Kurzarbeit (auch diese muss vereinbart sein) ist in der Corona-Krise oft vorgekommen. Oft wurde die Kurzarbeit “Null” angeordnet. Dann muss der Arbeitnehmer nicht arbeiten. Bei Kurzarbeit von 20 h pro Woche wird zeitlich begrenzt die regelmäßige Arbeitszeit der Arbeitnehmers abgesenkt. Der Arbeitgeber muss die 20 h nur dann bezahlen, wenn der Arbeitnehmer arbeitet oder sein Arbeitskraft (regelmäßig) tatsächlich angeboten hat, denn dann befindet sich der Arbeitgeber (siehe) oben im Annahmeverzug.


Was ist mit den Pfändungsfreigrenzen?

Der Arbeitgeber muss – selbst, wenn eine Überzahlung vorliegt – die Pfändungsfreigrenzen beachten und darf nicht einfach die Minusstunden (wenn diese berechtigt sind) vom letzten Gehalt abziehen ohne die Pfändungsfreigrenzen zu beachten.

weiter Artikel zum Arbeitszeitkonto


  1. Freistellung im Vergleich und Arbeitszeitkonto 
  2. Arbeitszeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  3. Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?

 

Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Marzahn

 

 

 

26. März 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Arbeitszeit

Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?

Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit befristet erhöhen?

befristete Aufstockung


befristete Aufstockung der regelmäßigen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag

Neben der Befristung des gesamten Arbeitsverhältnisses können auch nur einzelne Arbeitsbedingungen befristet werden, dazu gehört auch die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag. Dies ist die sogenannte befristete Aufstockung. Der Arbeitgeber kann also mit dem Arbeitnehmer eine Regelung treffen, dass die Arbeitszeit befristet erhöht wird (z.B. von 30 h pro Woche auf 40 h pro Woche). Dies ist aber nicht immer zulässig. Was erlaubt ist und was nicht, erfahren Sie hier.


Muss die befristete Erhöhung der Arbeitszeit schriftlich erfolgen?

Nein, die Befristung einer einzelnen Arbeitsvertragsbedingung muss dabei nicht schriftlich vereinbart werden. Dies ist anders als ein gänzlich befristeter Arbeitsvertrag. Die gesetzliche Regelung des § 14 Absatz 4 TzBfG erfordert nur die Schriftform für die Befristung ganzer Arbeitsverträge (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.06.2008 – 7 AZR 245/07).


Ist es sinnvoll die zeitweise Erhöhung der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag schriftlich zu vereinbaren?

Ja, der Arbeitgeber muss dies nachweisen, wenn die Befristung bestritten wird. Von daher ist – für den Arbeitgeber – die Schriftform unbedingt anzuraten.


Wird die befristete Arbeitszeiterhöhung durch das Arbeitsgericht kontrolliert?

Bei einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag handelt es sich in der Regel um eine allgemeine Geschäftsbedingung (§ 317 BGB). Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich durch das Arbeitsgericht überprüfbar. Das Gericht führt eine Angemessenheitskontrolle durch. Auch muss das Gericht dann eine umfassende Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vornehmen. Allerdings ist die Prüfung hier nicht so stark, wie bei einer Befristung eines Arbeitsvertrags, für welchen ja ein sachlicher Grund vorliegen muss (mit Ausnahme der sachgrundlosen Befristung). Die Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung ist also einfacher und an diese sind weniger strenge Voraussetzungen geknüpft.


Gibt es dazu Entscheidungen der Arbeitsgerichte?

Ja, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018 – 7 AZR 520/16) ist eine befristete Erhöhung grundsätzlich zulässig. Wenn die Erhöhung der Arbeitszeit aber im erheblichen Umfang erfolgt, dann kann diese unzulässig sein, wenn keine Umstände vorliegen, die eine Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden.

Die befristete Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang erfordert nach dem BAG zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers Umstände, die die Befristung eines über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert abgeschlossenen Arbeitsvertrags rechtfertigen würden. Eine Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang liegt nach dem BAG in der Regel vor, wenn sich das Erhöhungsvolumen auf mindestens 25 % eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses beläuft (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.03.2016 – 7 AZR 828/13).


Gibt es noch weitere Urteile zur Aufstockung?

Das Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 09.05.2012 – 3 Sa 1179/11 führt zur Frage der befristeten Aufstockung eines 75%-Vertrags um – 1/4 der durchschnittlichen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten durch 25 sich aneinanderreihende Verträge aus:

cc. Die rund zweieinhalbmonatige Befristung der Arbeitszeiterhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin im sog. Ergänzungsvertrag vom 12.04.2012 benachteiligt die Klägerin gemäß § 307 Abs. 1 BGB in unangemessener Weise.

aaa. Unangemessen ist nach der vorgenannten ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Betrifft die Inhaltskontrolle einen Verbrauchervertrag, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 02.09.2099 – 7 AZR 233/08 -, NZA 2009, 1253; zuletzt BAG, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 -, NZA 2012, 674 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Ferner führt das Bundesarbeitsgericht in der vorgenannten Entscheidung zutreffend aus, dass es jedenfalls dann, wenn eine befristete Arbeitszeiterhöhung von erheblichem Umfang vorliegt, trotz der Unanwendbarkeit des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung bei der Befristung der Aufstockung der Arbeitszeit solcher Umstände bedarf, die die Befristung des gesamten – über das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert geschlossenen – Vertrages rechtfertigen würden (BAG, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10, NZA 2012, 674). Das Gericht stellt zu Recht heraus, dass die dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zugrunde liegende Wertung, dass der unbefristete Vertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme ist, auch für die Vereinbarung des Umfangs der Arbeitszeit gilt. Denn das sozialpolitisch erwünschte – auch seinem Inhalt nach – unbefristete Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitnehmer ein dauerhaftes Auskommen sichern und zu einer längerfristigen Lebensplanung beitragen. Für diese Planung des Arbeitnehmers ist regelmäßig auch die Höhe des von ihm erzielten Einkommens maßgebend. Diese hängt u. a. vom Umfang seiner Arbeitszeit ab. Eine längerfristige Planungssicherheit wird dem Arbeitnehmer daher nicht schon allein durch den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ermöglicht, sondern nur dann, wenn auch der Umfang der Arbeitszeit unbefristet vereinbart wird (BAG, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10 -, NZA 2012, 674 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).


Wann ist eine befristete Aufstockungsvereinbarung keine allgemeine Geschäftsbedingung?

Wenn der Arbeitnehmer die Vereinbarung ausgehandelt hat bzw. auch tatsächlichen Einfluss genommen hat (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.12.2011 – 7 AZR 394/10), dann wird eine Individualvereinbarung vorliegen. Im Normalfall wird diese dann vom Gericht nicht mehr so streng überprüft. Der Grund ist der, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hatte hier seine Interessen bei der Vereinbarung wahrzunehmen.


Wie wehrt man sich gegen eine unwirksame zeitlich begrenzte Erhöhung der Arbeitszeit?

Bekannt ist den meisten Arbeitnehmer, dass man sich gegen eine unwirksame Befristung mittels Entfristungsklage (3 – Wochen-Frist) wehrt. Bei einer zeitlich begrenzten Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer eine Klage auf Feststellung zum Arbeitsgericht erheben, dass seine regelmäßige Arbeitszeit, zum Beispiel 40 h pro Woche beträgt und sich nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom … mit Ablauf des …. auf …  reduziert hat.


Ist auch eine Befristung im Bezug auf eine Arbeitszeitverringerung möglich?

Die arbeitsvertraglich vereinbarte Befristung ist nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 10.12.2014 – 7 AZR 1009/12) dann zulässig, wenn mit der Befristungsabrede der gesetzliche Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit (Teilzeitarbeit) zeitlich beschränkt wird. Besteht ein Teilzeitanspruch nicht, bewirkt die Befristung der Arbeitszeitverringerung keine unangemessene Benachteiligung.


interessante Urteile und Artikel zum Thema: Arbeitszeit

Nachfolgend finden Sie noch weitere Urteil, die sich mit dem Thema der Arbeitszeit im Arbeitsverhältnis auseinandersetzen:

  1. ARBEITSZEITGUTHABEN BEI BEENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES
  2. UNWIDERRUFLICHE FREISTELLUNG IM VERGLEICH UND POSITIVES ARBEITSZEITKONTO-BUNDESARBEITSGERICHT
  3. ARBEITSZEITERFASSUNG PER FINGERABDRUCK DURCH ARBEITGEBER ZULÄSSIG?
  4. EUGH: FAHRZEIT ZUM KUNDEN VOM WOHNORT KANN ARBEITSZEIT SEIN

Rechtsanwalt Andreas Martin

28. Januar 2022/von Rechtsanwalt Andreas Martin
Kündigung während Krankheit zulässig?Rechtsanwalt Andreas Martin
Arbeitsrecht, Kündigung

Kündigung während Krankheit zulässig?

Darf der Arbeitgeber bei Krankheit kündigen?

Ist eine Kündigung während Krankheit zulässig? Eine Kündigung während Krankheit des Arbeitnehmers ist normalerweise zulässig. Dies wird oft von Arbeitnehmern falsch eingeschätzt. Der Arbeitgeber darf in der Erkrankung des Arbeitnehmers grundsätzlich ordentlich kündigen und es besteht auch kein diesbezügliches Kündigungsverbot. Dies ist zu beachten. Eine Kündigung während einer Erkrankung/ Arbeitsunfähigkeit ist also grundsätzlich zulässig.


Trotzdem kann eine Kündigung-auch aus anderen Gründen-unzulässig sein. Bei jeder ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber, für welche das Kündigungsschutzgesetz gilt, braucht der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber kann also auch betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen kündigen, falls diese Gründe vorliegen. Eine krankheitsbedingte Kündigung, als Sonderfall einer personenbedingten Kündigung, kommt nicht selten als Kündigung in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers vor. Hier ist aber zu beachten, dass gerade bei einer solchen krankheitsbedingten Kündigung strenge Anforderungen der Arbeitsgericht gelten. Es muss zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Arbeitgeber eine negative Prognose, genauer eine negative Gesundheitsprognose vorliegen. Diese personenbedingte Kündigung setzt weiter auch voraus, dass der Arbeitgeber ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführt.


BEM – betriebliches Eingliederungsmanagement

Durch das BEM soll die Arbeitsunfähigkeit überwunden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugt werden. Oft wird dieses aber vom Arbeitgeber vergessen oder nicht beachtet.

Dies ist rechtlich zwar nicht eine Kündigungsvoraussetzung, aber erschwert dem Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess, wenn er das BEM nicht durchgeführt hat.

Zu beachten ist auch, dass nur eine ordentliche Kündigung während einer Erkrankung des Arbeitnehmers möglich ist, allerdings für eine außerordentliche, fristlose Kündigung der Arbeitgeber auf jeden Fall einen Grund nach § 626 I BGB braucht. Die Erkrankung selbst wird in der Regel als Grund nicht ausreichend sein. Nur selten wird ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegen. Oft überschätzen Arbeitgeber hier ihre Rechtsposition.

Diskriminierung wegen Krankheit bzw. Maßregelung durch eine Arbeitsgeberkündigung?

Nicht selten kommen sog. Anlasskündigungen vor. Eine Anlasskündigung wird dann vermutet, wenn der Arbeitgeber unmittelbar (sofort) nach der Krankmeldung dem Mitarbeiter kündigt. Hier kann man vermuten, dass nur wegen der Krankschreibung der Kündigung erfolgt; aber auch dies hilft nur selten dem Arbeitnehmer weiter. Man könnte hier eine sog. diskriminierende Kündigung vermuten, aber die Rechtsprechung stellt hier hohe Anforderungen an eine solche Diskriminierung wegen der Erkrankung.

In Ausnahmefällen kann es aber sein, dass eine Kündigung gegen den sogenannten Mindestkündigungsschutz verstößt. Diese kann treuwidrig oder sittenwidrig sein. Dies muss allerdings der Arbeitnehmer beweisen. Es stellt sich dann die Frage, wenn der Arbeitgeber sofort nach Mitteilung der Krankschreibung  dem Arbeitnehmer eine Kündigung aushändigt, ob dies gegebenenfalls eine Diskriminierung wegen diese Erkrankung ist. Man könnte auch überlegen, ob man eine unzulässige Maßregelung (§ 612 BGB) in dieser Handlung, also der Kündigung, sehen könnte. Auch eine solche Kündigung wäre ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot und von daher unwirksam. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat allerdings bereits diesbezüglich durch Urteil entschieden, dass eine solche Maßregelung oder Diskriminierung nicht in einer Kündigung, die sofort nach Erkrankung des Arbeitnehmers ausgesprochen wird, zu sehen ist.

Das LAG Berlin-Brandenburg führt dazu aus:

Die Kündigung des Beklagten verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, das mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB darstellt (dazu: BAG, Urteil vom 02. April 1987 – 2 AZR 227/86 – BAGE 55, 190 = AP Nr. 1 zu § 612 a BGB = NZA 1988, 18; Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, § 612 a BGB Rn. 23 m. w. N.; Schaub-Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Aufl. 2009, § 108 Rn. 30). Nach § 612 a BGB, der einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit betrifft, darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt (BAG, Urteil vom 22. Mai 2003 – 2 AZR 426/02 – AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit). Als „Maßnahme“ i. S. d. § 612 a BGB kommt insbesondere der Ausspruch einer Kündigung in Betracht. Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, d h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil vom 12. Februar 2002 – 10 AZR 340/01 – BAGE 101, 312 = AP Nr. 8 zu § 612 a BGB = NZA 2002, 1389; BAG, Urteil vom 20. April 1989 – 2 AZR 498/88 – juris, LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28. Juni 2005 – 5 Sa 64/05 – AiB 2006, 61 f.; Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, a. a. O., § 612 a BGB Rn. 11 m. w. N.; Schaub-Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, a. a. O., § 108 Rn. 14 m. w. N).

Die Kündigung des Beklagten verstößt auch nicht deshalb gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB und ist nach § 134 BGB nichtig, weil sie während der Erkrankung des Klägers erklärt worden ist. Es verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, wenn einem Arbeitnehmer, für den das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, während einer Erkrankung (oder sogar wegen Erkrankung) gekündigt wird (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 2007 – 2 Sa 373/07 –juris). Dies folgt allein schon aus einem Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung des § 8 EFZG. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 wird der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Wäre eine während der Erkrankung oder sogar wegen der Erkrankung erklärte Kündigung generell unwirksam, stünde dem Arbeitnehmer ein Entgeltfortzahlungsanspruch bereits auf der Grundlage des dann bestehenden Arbeitsvertrages gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 3 EFZG zu, so dass für die Regelung des § 8 EFZG kein praktisches Bedürfnis bestünde und diese Norm damit überflüssig wäre (LAG Hamm, Urteil vom 06. September 2005 – 19 Sa 1045/05 –juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. August 2007 – 2 Sa 373/07 – a. a. O.).

Ist eine außerordentliche und fristlose Kündigung bei Krankheit des Arbeitnehmers rechtmäßig?

In der Regel kann der Arbeitgeber nicht außerordentlich und fristlos das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers wegen einer Erkrankung beenden. Dies gilt im Normalfall nur ordentlich. Auch wenn es kein Kündigungsverbot für den Zeitraum der Erkrankung des Arbeitnehmers gibt, muss bei einer fristlosen Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen. Dies ist geregelt in § 626 Abs. 1 BGB. Die Erkrankung des Arbeitnehmers selbst, also die Krankheit, wird in der Regel nicht für einen solchen wichtigen Kündigungsgrund ausreichend sein.

Denkbar sind Fälle der vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit. Dies wäre dann eine verhaltensbedingte Kündigung. Wenn also der Mitarbeiter gar nicht krank ist und während der angeblichen Erkrankung einer schweren Arbeit (genesungswidrig) nachgeht oder wenn dieser sogar bereits für einen neuen Arbeitgeber tätig ist, dann spricht vieles für eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit, die zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann.

Die fristlose Kündigung wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers ist also nur in Ausnahmefällen möglich. Ob eine wirksame Kündigung vorliegt oder nicht kann der Arbeitnehmer nur vor dem Arbeitsgericht mittels Kündigungsschutzklage klären lassen.

Wann darf der Arbeitgeber bei Krankheit kündigen?

Wie oben ausgeführt, kann der Arbeitgeber bei, also während der Erkrankung bzw. Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, grundsätzlich das Arbeitsverhältnis ordentlich beenden, wenn er einen Kündigungsgrund nach dem KSchG (Kündigungsschutzgesetz) hat. So gibt es nach dem Kündigungsschutzgesetz die personenbedingte , verhaltensbedingte und betriebsbedingte Kündigung.

Kündigung während Krankheit zulässig? Ja, aber nur mit Grund!

Die Arbeitsunfähigkeit allein verhindert nicht, dass der Arbeitgeber ordentlich das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Man kann sich jetzt die Frage stellen, ob der Arbeitgeber wegen der Erkrankung kündigen kann, aber auch hier ergibt sich nichts anderes. Der Arbeitnehmer, der erkrankt ist darf vom Arbeitgeber gekündigt werden, wenn dieser einen Kündigungsgrund hat. Während bei der außerordentlichen Kündigung ein außerordentlicher, also außergewöhnlichen Grund vorliegen muss, braucht einer ordentlichen Kündigung der Arbeitgeber einen Grund nach dem Kündigungsschutzgesetz, also er kann aus betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen kündigen. Wenn ein solcher Grund vorliegt, dann ist auch der Ausspruch während einer Erkrankung des Arbeitnehmers kein Grund, welcher eine Kündigung unwirksam macht. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine negative Gesundheitsprognose erstellen, sonst darf er nicht kündigen.

Be verhaltensbedingten Kündigungen ist der Grund in Verbindung mit einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers der, dass der Arbeitnehmer sich während seiner Erkrankung – im Gegensatz zud der mit ärztlichen Attest dargelegten Krankheit – genesungswidrig verhält. Dies kann einen Grund für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen darstellen.

Andere Fälle sind die, dass der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest beim Arbeitgeber einreicht, aber tatsächlich gar nicht krank ist und zum Beispiel in den Urlaub fährt. Hier muss der Arbeitgeber die Beweiskraft des Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entkräften. Manchmal machen dies Arbeitgeber, in dem diese – als letztes Mittel – auch eine Detektei einschalten.

Kann man während einer Krankschreibung im Kleinbetrieb gekündigt  werden?

Während für eine normale, ordentliche Kündigung wegen Krankheit der Arbeitgeber-wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet-einen Kündigungsgrund braucht, so wie oben ausgeführt, brauchte er einen solchen Kündigungsgrund im Kleinbetrieb nicht. Ein Kleinbetrieb ist ein Betrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, da nicht mehr als zehn Arbeitnehmer dort dauerhaft abzüglich der Auszubildenden regelmäßig beschäftigt sind. Hier braucht der Arbeitgeber für eine Kündigung gar keinen Grund. Er braucht also keinen Kündigungsgrund und muss schon gar nicht einen Grund in der Kündigung angeben. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn Sonderkündigungsschutz besteht, wie zum Beispiel bei schwerbehinderten Personen, Schwangeren, Betriebsräten oder Personen in der Elternzeit. Hier ist wiederum ein Grund bzw. sogar eine Zustimmung einer Behörde zur Kündigung erforderlich.

Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen kann eine Kündigung gegen den MIndestkündigungsschutz verstoßen und sittenwidrig bzw. treuwidrig sein.


 

Kündigung und Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit und Krankheit


 

Kann eine psychisch kranke Person in der Arbeitsunfähigkeit gekündigt werden?

Auch hier gilt nichts anderes. Die Arbeitsunfähigkeit allein verhindert eine Kündigung wegen Krankheit nicht. Allerdings braucht der Arbeitgeber, sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder sogar Sonderkündigungsschutz gilt, einen Grund für die Kündigung. Allein das Vorliegen einer psychischen Erkrankung führt nicht zu einem Kündigungsverbot während der Arbeitsunfähigkeit. So können also auch Personen, die psychisch krank sind, wie zum Beispiel auch bei Erkrankungen, wie schwere Depressionen oder schwere Migräne bzw. burn-out zu einer Kündigung führen. Ansonsten hätte der Arbeitgeber gar keine Möglichkeit sich von Arbeitnehmer zu trennen, die faktisch auf langer Sicht keine Arbeitsleistung mehr erbringen können. Dies klingt hart, allerdings muss hier in irgendeiner Weise auch ein Ausgleich zwischen Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich jedenfalls dafür entschieden, dass er diese Personen nicht unter besonderen Schutz gestellt hat. Allerdings bestehen arbeitsschutzrechtlich bestimmte Besonderheiten, so hat man die Möglichkeit eine Überlastungsanzeige als Arbeitnehmer zu erstellen und darüberhinaus kann man auch eine Gefährdungsprüfung vom Arbeitgeber hinsichtlich seines Arbeitsplatzes und des Arbeitspensums verlangen, um psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz zu vermeiden.

Kann mich der Arbeitgeber wegen einer Krankheit in der Probezeit kündigen?

Wie oben auch bei der Kündigung im Kleinbetrieb, besteht bei der Kündigung in der Probezeit die Besonderheit, dass das Kündigungsschutzgesetz noch keine Anwendung findet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Probezeit nicht länger als sechs Monate besteht, was der absolute Normalfall ist. Da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann der Arbeitgeber ohne Grund das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung beenden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Sonderkündigungsschutz besteht, also zum Beispiel eine Arbeitnehmerin schwanger ist oder eine andere Art von besonderen Kündigungsschutz besteht.

Der Arbeitnehmer kann die Kündigung gerichtlich überprüfen lassen. Dafür hat er nur 3 Wochen Zeit (Klagefrist).

Wie oft darf man krank sein bis zur Kündigung?

Die krankheitsbedingte Kündigung ist – wie oben bereits ausgeführt wurde – ein Unterfall der personenbedingten Kündigung.

Eine Krankheit an sich kann so gut, wie nie den Kündigungsgrund selbst darstellen. Der Kündigungsgrund ergibt sich erst durch die wirtschaftlichen Belastungen, die der Arbeitgeber durch den Arbeitsausfall des Arbeitnehmers hat.

Bei der Einordnung der Kündigung ist zu unterscheiden zwischen

lang andauernden Krankheiten
und
häufigen Kurzerkrankungen.

Die häufigen Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers können ein kündigungsrechtlicher Dauertatbestand sein. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 23.01.2014 – 2 AZR 582/13) hat entschieden, dass bei häufigen Kurzerkrankungen die betrieblichen Interessen noch nicht beeinträchtigt, wenn künftig Fehlzeiten in dem Umfang von jährlich 18,81 Wochen einträten. Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 27.08.2014 – 15 Sa 825/13) sind zu prognostizierende Arbeitsunfähigkeitszeiten im Umfang von 17,4 Wochen pro Jahr und Entgeltfortzahlungskosten im Umfang von 14,7 Wochen jährlich nicht ausreichend, um eine krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Können lange Zeit erkrankte Arbeitnehmer gekündigt werden?

Eine lang andauernde Einzelerkrankung berechtigt den Arbeitgeber dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde.

Eine lang andauernde Einzelerkrankung berechtigt dann zur Kündigung, wenn aufgrund der negativen Zukunftsprognose des Arbeitgebers der weitere Ausfall des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen zu stark beeinträchtigen würde. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann.

Wie wehrt sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung des Arbeitgebers?

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, so kann der Arbeitnehmer die Kündigung durch ein Arbeitsgericht überprüfen lassen, wenn er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitsgericht eine sogenannte Kündigungsschutzklage einreich. Bei der fristgerechten Kündigung wird der Arbeitnehmer in der Regel nur die Kündigung an sich und nicht die Kündigungsfrist überprüfen lassen.

Wer zahlt bei einer Kündigung während der Erkrankung?

Wenn der Arbeitgeber ordentlich das Arbeitsverhältnis während einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers kündigt, dann muss er den Lohn bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zahlen.

Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung des Arbeitnehmers besteht allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 3 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz): Der Arbeitnehmer darf aufgrund seiner Krankheit nicht in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen Der Arbeitnehmer darf seine Krankheit nicht selbst verschuldet haben Darüber hinaus muss das Arbeitsverhältnis seit mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden haben. Weiter muss die Erkrankung der einzige Grund für den Ausfall der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellen, ansonsten besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Nach diesen sechs Wochen der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, zahlt die gesetzliche Krankenkasse dem Arbeitnehmer Krankengeld.


Zusammenfassung zur Frage: Kündigung während Krankheit zulässig?

Zusammenfassend kann man festhalten, dass es grundsätzlich zulässig ist, während der Erkrankung des Arbeitnehmers oder während dessen Arbeitsunfähigkeit zu kündigen. Der Arbeitgeber unterliegt hier keinem Kündigungsverbot. Dies heißt aber noch lange nicht, dass die Kündigung nicht auch aus anderen Gründen vielleicht unzulässig ist. Wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, dann braucht der Arbeitgeber nämlich einen Kündigungsgrund. Wenn dieser nicht vorliegt, und der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage einreicht, wird das Arbeitsgericht feststellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde. Dies gilt aber nur, wenn der Arbeitnehmer sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen wehrt.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Marzahn -Hellersdorf – Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

 

 

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Prämie

Sonderzahlungen

Sondervergütungen oder Prämien (auch  Sonderzuwendungen oder Sonderzahlungen genannt) sind alle Leistungen des Arbeitgebers, die nicht regelmäßig mit dem Arbeitsentgelt ausgezahlt werden, sondern aus bestimmten Anlässen bezahlt werden. 

Es gibt eine Vielzahl von Bezeichnungen für diese Vergütungen, wie zum Beispiel

  • Sonderzahlung
  • Sondervergütung
  • Gratifikation,
  • 13. Monatsgehalt,
  • Jahresabschlussvergütung,
  • Weihnachtsgeld,
  • Urlaubsgeld oder
  • Jubiläumszuwendungen.

Lohnzahlung

Die Gegenleistung für die Arbeitserbringung durch den Arbeitnehmer ist auf Seiten des Arbeitgebers die Zahlung des Lohnes. Wenn der Lohn der Höhe nach genau festgelegt ist, zum Beispiel in Form eines Gehaltes, gibt es zumindest im Bestimmung auf der Höhe der vom Arbeitgeber zu leisten Lohnzahlung keine Missverständnisse. Anders kann dies aber sein, wenn zum Beispiel bestimmte Lohnbestandteile, wie Prämienzahlungen, vom Ermessen des Arbeitgebers abhängig gemacht werden. Eine solche Regelung im Arbeitsvertrag ist nach der Rechtsprechung des BAG zulässig, allerdings dürfen die Arbeitsgerichte hier auch ein Wörtchen mitreden und vor allem dann, wenn der Arbeitgeber völlig willkürlich die Zahlungen vornimmt oder unterlässt.

Lohnklage

Wenn es hier Streit gibt, dann hat der Arbeitnehmer nur die Möglichkeit durch eine Lohnklage den ausstehenden Lohn arbeitsgerichtlich geltend zu machen. Das Problem bei der Klage auf Arbeitslohn besteht allerdings darin, dass wie auch in anderen Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz und auch außergerichtlich, der Arbeitnehmer die eigenen Anwaltskosten selbst tragen muss. Dies ist für den Arbeitnehmer oft nicht ganz verständlich, denn der Arbeitgeber hat ja oft die Lohnzahlung nicht rechtzeitig vorgenommen bzw. befindet sich im Zahlungsverzug.

Trotzdem gilt auch außergerichtlich und auch bei der Klage in der ersten Instanz im Arbeitsrecht, dass der Arbeitnehmer die eigenen Anwaltskosten selbst zu tragen hat. Dies gilt dann natürlich auch für den Arbeitgeber. Die Konsequenz ist aber die, dass der Arbeitgeber schuldhaft den Lohn nicht zahlt und dem Arbeitnehmer nichts anderes übrig bleibt, als den Lohn selbst einzuklagen oder einen Rechtsanwalt hier mit der Klage auf Zahlung des Arbeitslohnes zu beauftragen, denen dann selbst finanzieren muss. Dabei ist unerheblich, wie das Verfahren später endet. Auch wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsgerichtsprozess auf Zahlung des Lohnes gewinnt, muss er den eigenen Anwalt selbst bezahlen. Eine Kostenerstattung gibt es vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz nicht.

 

Es stellt sich dann die Frage, ob das Arbeitsgericht tatsächlich dem Bonus bzw. die Prämien selbst bestimmen kann. Das Bundesarbeitsgericht hat dies mehrfach bereits zugunsten der Arbeitnehmer entschieden.

—

Bundesarbeitsgericht: Die Höhe einer Prämie zum Lohn kann durch das Gericht bestimmt werden – Entscheidung BAG

Behält sich ein Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen (der Arbeitgeber regelte hier nur, dass der Arbeitnehmer „am Bonusprogramm teilnimmt“) zu entscheiden, so darf das Gericht diese Entscheidung überprüfen.  Entspricht dann diese Entscheidung des Arbeitgebers nicht dem billigem Ermessen, ist sie gemäß § 315 Abs. 3 BGB unverbindlich und das Arbeitsgericht kann die Höhe des Bonus festzusetzen.

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 3. August 2016 – 10 AZR 710/14) ist zuzustimmen. Es kann nicht im alleinigen Ermessen des Arbeitgebers liegen, in welcher Höhe er einen Bonus auszahlt, zumal hier der Arbeitgeber an andere Arbeitnehmer Bonuszahlungen vornahm, während der hier klagende Arbeitnehmer gar keine Bonuszahlung bekam.

Höhe und Art einer Bonuszahlung müssen nicht abschließend im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Vielmehr kann sich der Arbeitgeber hierüber eine Entscheidung nach billigem Ermessen i.S.v. § 315 BGB vorbehalten. Der Vorbehalt einer Entscheidung nach freiem Ermessen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen würde hingegen vom gesetzlichen Leitbild des § 315 Abs. 1 BGB abweichen und den Arbeitnehmer wegen des fehlenden Korrektivs der gerichtlichen Kontrolle unangemessen benachteiligen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB.

BAG, Urteil vom 24.10.2018 – 10 AZR 285/16

Nochmals hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2018 ausgeführt, dass eine Bonuszahlung nach billigem Ermessen des Arbeitgebers durch die Arbeitsgericht überprüfbar ist:

Bei der nach billigem Ermessen vorzunehmenden einseitigen Bestimmung einer Sonderzahlung ist der den Tatsachengerichten bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs des billigen Ermessens zustehende Beurteilungsspielraum nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist.


Rechtsanwalt Marzahn- Andreas Martin

9. Mai 2017/von Rechtsanwalt Andreas Martin
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Allgemeines, BAG, juristische Abkürzungen

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juristische Abkürzungen: heute – BAG Hinter der Abkürzung BAG versteckt sich etwas Ähnliches, wie hinter dem BGH. Gerade als Arbeitnehmer sollte man diese Abkürzung kennen, da das BAG häufig eine Lösung für arbeitsrechtliche Probleme bieten kann, dass BAG ist nämlich das

Bundesarbeitsgericht

Das BAG ist die höchste Instanz in Arbeitsrechtssachen. Das Bundesarbeitsgericht befindet sich in Erfurt. Beim Bundesarbeitsgericht entscheiden Senate, die mit drei Berufsrichtern – einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern – sowie zwei ehrenamtlichen Richtern – jeweils aus den Kreisen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer – besetzt sind. Vor dem BAG besteht Anwaltszwang. Anders als beim BGH gibt es aber keine sogenannte Sigularzulassung beim Bundesarbeitsgericht, d.h., dass jeder in Deutschland zugelassene Rechtsanwalt Mandanten vor dem Bundesarbeitsgericht vertreten kann. Dabei ist es völlig egal, ob der Rechtsanwalt für Arbeitsrecht (Fachanwalt) ist oder nicht.

Im Normalfall kommt man über eine Revision zum BAG. Diese muss das Landesarbeitsgericht zulassen (im Urteil) oder bei Nichtzulassung kann man eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde einreichen.

Rechtsanwalt Berlin – A. Martin

1. Juli 2009/von Rechtsanwalt Andreas Martin
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