Inhaltsverzeichnis
Darf der Arbeitgeber bei verweigerter Vertragsänderung kündigen?
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Was sind Gründe für Arbeitsvertragsänderungen?
häufige Gründe für Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag
Positive Änderung für den Arbeitnehmer können zum Beispiel sein:
- Lohnerhöhung
- Anpassung der Arbeitszeit nach den Wünschen des Arbeitnehmers
- Zusatzurlaub
- weitere Vergütungsbestandteil
Änderungen, die für Arbeitnehmer negativ und allein für den Arbeitgeber positiv sind:
- Anpassung unwirksame Klauseln im Arbeitsvertrag
- Neugestaltung des Arbeitsvertrags
- Anpassung und Angleichung der Arbeitsverträge im Betrieb
- weitere Verpflichtungen des Arbeitnehmers
- Reduzierung des Lohnes
- Reduzierung der Arbeitszeit
- Einführung von Kurzarbeit
Vorsicht bei Lohnerhöhungen mit Ergänzungen des Arbeitsvertrags
Muss der Arbeitnehmer die Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag unterschreiben?
Vertragsänderung und Zustimmung des Arbeitnehmers
FAQ – häufige Fragen
Was ist der Unterschied zwischen einer Vertragsänderung, Vertragsergänzung und Zusatzvereinbarung?
Juristisch gibt es feine Unterschiede zwischen der Vertragsänderung, der Vertragsergänzung und der Zusatzvereinbarung. Vom Ergebnis her ist allein wichtig, dass all diese drei Vertragsgestaltungen zu einer Änderung des ursprünglichen Vertrages führen. Die Unterschiede sind nicht wesentlich.
Die Vertragsänderung ist die Änderung eines ursprünglichen Vertrags. Diese kann sogar den kompletten Vertrag umfassen.
Die Ergänzung ist meist etwas weniger, nämlich die Änderung des Vertrags in einigen, wenigen Punkten.
Die Zusatzvereinbarung ist meist eine -über den ursprünglichen Vertrag hinausgehende – Vereinbarung neuer Vertragspunkte. Oft ist damit auch aber eine Änderung des ursprünglichen Vertrags verbunden.
Eine klare Abgrenzung ist schwierig. Die Bezeichnung spielt dabei keine Rolle.
Kann man einen Arbeitsvertrag rückwirkend datieren?
Eine rückwirkende Datierung ist möglich aber immer mit Vorsicht zu genießen. Ein klassischer Fall, bei der die Rückwirkung kein Problem ist, ist der, dass ein mündlichen Arbeitsvertrag über die wesentlichen Vertragsbestandteile erfolgte und später die schriftliche Fixierung dann erst zwischen den Parteien vorgenommen wurde. In diesem Fall ist es kein Problem den Vertrag rückezudatieren, denn der Vertrag ist schon vorher mündlich geschlossen worden. Es ist aber immer zu beachten, dass sich dann alle Pflichten und Rechte aus dem Vertrag an diesem angegebenen Datum richten.
Was passiert, wenn ich einen Änderungsvertrag nicht unterschreiben?
Der Arbeitnehmer muss den Änderungsvertrag nicht unterschreiben. Jede Änderung des Arbeitsvertrages ist nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers zulässig. Der Arbeitgeber kann von sich aus den Arbeitsvertrag nicht einseitig ändern. Dies ist der Unterschied zwischen einer einseitigen Willenserklärung, wie zum Beispiel einer Kündigung und einem Vertrag. Beim Vertrag müssen alle Vertragsparteien zustimmen. Eine einseitige Erklärung, kann man auch so abgeben ohne Zustimmung einer anderen Person. Von daher kann der Arbeitgeber eine Änderung des Arbeitsvertrags nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers vornehmen.
Aus der Weigerung des Arbeitnehmers die Änderung nicht zu unterschreiben, kann der Arbeitgeber in der Regel keine Sanktionen, wie Kündigung oder Abmahnung, rechtfertigen.
Kann der Arbeitgeber eine Lohnerhöhung rückgängig machen?
Die Lohnerhöhung selbst ist eine Änderung des ursprünglichen Arbeitsvertrages. Dort ist wesentlicher Vertragsbestandteil die Höhe des Arbeitslohns des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann ein Gehalt als Lohn vereinbaren oder auch einen Stundenlohn.
Die Erhöhung des Arbeitslohnes bedarf auch der Zustimmung des Arbeitnehmers, obwohl normalerweise der Arbeitnehmer hier fast immer zustimmen wird.
Von daher ist es auch so, dass eine Rückgängigmachung der Lohnerhöhung nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen kann, da es sich um eine Vertragsänderung handelt, bei der alle Vertragsparteien zustimmen müssen. Einseitig kann der Arbeitgeber von daher den Lohn nicht verringern.
Weshalb ist für eine Vertragsänderung das Einverständnis des Arbeitnehmers notwendig?
Ein Vertrag – also auch ein Arbeitsvertrag – kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Die Arbeitsvertragsparteien Legen den Inhalt des Arbeitsvertrages fest. Es würde der Verbindlichkeit des Vertrages widersprechen, wenn nun eine Seite ohne Zustimmung der anderen Seite einfach den Vertrag ändern könnte. Eine Vertragsänderung bedarf in der Regel immer der Zustimmung der anderen Seite.
Wäre eine Klausel möglich, in welcher der Arbeitnehmer schon zukünftigen Vertragsänderung zustimmt, wirksam?
Nein, eine solche Arbeitsvertragsklausel wäre unwirksam. Ansonsten könnte der Arbeitgeber von heute von morgen, den Lohn, die Arbeitszeit, die Kündigungsfristen etc einfach ändern.
Muss man unterschreiben, wenn die Zusatzvereinbarung rückdatiert werden soll?
Rückdatierung möglich?
Hinweis: rückwirkende Änderung von Arbeitsverträgen durch Urteil
Kann man gekündigt werden, wenn man der Vertragsänderung nicht zustimmt?
ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Wie sind die Chancen, wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt?
ordentliche Kündigung unter Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes
die Kündigung sollte man erst nehmen/ Beratung durch Anwalt sinnvoll
Wie sehen die Erfolgsaussichten für den Arbeitnehmer aus, wenn das KSchG nicht gilt?
Chancen des Arbeitnehmers bei Kündigung wegen Nichtunterzeichnung einer Vertragsergänzung
Mindestkündigungsschutz außerhalb des KSchG
Verstoß gegen das Maßregelungsverbot
aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg zum Maßregelungsverbot
Zu beachten ist aber, dass nicht jede Weigerung des Arbeitnehmers eine Vertragsänderung zu unterzeichnen mit anschließender Kündigung dazu führt, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbots unwirksam ist. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2020.
Urteil des Arbeitsgerichts Berlin und das LAG Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2020
Fall des LAG
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2018 übersandte der Beklagte dem Kläger den Entwurf einer Vertragsänderung. Danach sollten der ursprüngliche Arbeitsvertrag wiederaufleben und die Regelungen durch den Vertrag vom 20./21. Juni 2017 entfallen. Die Vertragsänderung sollte rückwirkend zum 1. Oktober 2018 wirksam werden.Der Kläger unterzeichnete den Entwurf nicht. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2018, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. November 2018.
Begründung des LAG Berlin-Brandenburg
- a. Die erkennende Kammer schließt sich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an, wonach zwar die auf die Ablehnung eines Änderungsangebotes gestützte Kündigung eine Maßregelung im Sinne des § 612a BGB sein kann. Vor dem Hintergrund, dass – wie § 2 KSchG zeigt – eine Auflösungskündigung wegen der Ablehnung eines Änderungsangebotes sogar sozial gerechtfertigt sein kann, kann dies aber nicht schlechthin, sondern nur unter besonderen Voraussetzungen gelten. Die Abgabe eines Änderungsangebotes durch den Arbeitgeber ist ebenso wie die Ablehnung dieses Angebotes durch den Arbeitnehmer Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit. Von dem besonderen Unwerturteil des § 612a BGB kann daher eine Kündigung, die auf die Ablehnung eines Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer gestützt ist, nur dann betroffen sein, wenn die Ausgestaltung des Änderungsangebots selbst sich als unerlaubte Maßregelung darstellt, also gewissermaßen als “Racheakt” für eine zulässige Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer erscheint. Für das Änderungsangebot selbst müssen daher die besonderen, auf das Motiv des Kündigenden bezogenen Voraussetzungen des § 612a BGB vorliegen (22. Mai 2003 – 2 AZR 426/02, Rn. 53).
- b. Vorliegend war das Angebot der Vertragsänderung keine verbotene Maßregelung.
- aa. Das Änderungsangebot zielt nicht auf eine Maßregelung ab, sondern darauf, den Kläger von der arbeitsvertraglichen Verpflichtung zu entbinden, als Kinderhausleitung tätig zu sein. Ein Eingehen des Beklagten auf die Erklärungen des Klägers aus der Mitteilung vom 2. September 2018, welche Tätigkeiten er zukünftig für ihn nicht mehr ausüben wolle, ist keine Maßregelung. Vielmehr diente die von dem Beklagten angebotene Vertragsänderung insoweit der vertraglichen Umsetzung der dort geäußerten Absichten des Klägers. Die entsprechende Anpassung hätte durch die angebotene Rückgängigmachung der Vertragsänderungen und die Rückkehr zu den Vereinbarungen aus dem ursprünglich geschlossenen Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung ausschließlich als Erzieher bewirkt werden können.
- bb. Ein sanktionierender Charakter des Änderungsangebots folgt nicht aus der begleitend angebotenen Reduzierung des Entgelts. Diese knüpft vielmehr an die zwischen den Parteien vereinbarte Anwendung tarifvertraglicher Eingruppierungsvorschriften an. Die Entgeltordnung zum TV-L sieht in ihrem Abschnitt 20 unterschiedliche Eingruppierungen für die Leiter von Kindertagesstätten und für Erzieher vor. Dementsprechend hatten die Vertragsparteien eine Differenzierung beim Entgelt praktiziert, indem sie zu Beginn des Arbeitsverhältnisses für die Beschäftigung ausschließlich als Erzieher eine geringere Vergütung vereinbarten, die sie im Hinblick auf die Übertragung der Leitungsaufgabe anpassten. Mit der angebotenen erneuten Übertragung einer Arbeitsaufgabe ausschließlich als Erzieher lag vor diesem Hintergrund das Angebot eines entsprechend reduzierten Entgelts nahe.
- b. Vorliegend war das Angebot der Vertragsänderung keine verbotene Maßregelung.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Kanzlei Berlin Marzahn-Hellersdorf
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