Inhaltsverzeichnis
Was ist die Sitzungspolizei?
Rechtsanwalt Andreas Martin
Aufrechterhaltung der Ordnung in den Gerichtsverhandlungen
Ordnungsmittel des Richters in einer Verhandlung vor Gericht
Die Sitzungspolizei ist keine Spezialpolizei bei Gericht und auch sind damit nicht die Beamten gemeint, die für die Justiz manchmal in Verhandlungen anwesend sind (vor allem in Strafsachen, wenn mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen ist). Mit Sitzungspolizei bezeichnet mach – zugegeben etwas irreführend – das Recht und die Pflicht des vorsitzenden Richters einer Gerichtsverhandlung, in der Gerichtssitzung die Ordnung gemäß § 176 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) aufrechtzuerhalten. Dieses Recht reicht deutlich weiter als das Hausrecht, welches vom Gerichtspräsidenten ausgeübt wird.
Ordnungsmaßnahmen
Zur Sitzungspolizei gehören alle Maßnahmen des Gerichts, die der äußeren Ordnung dienen, damit die Gerichtsverhandlung ungestört ablaufen kann. Die Sitzungspolizei ist zu unterscheiden von der Prozessleitung nach § 136 ZPO und dem Hausrecht im Gerichtsgebäude.
§ 176 GVG
(1) Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.
Ordnung und deren Durchsetzung in einer Gerichtsverhandlung
Die Vorschriften über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung gelten nach § 9 Abs. 2 Satz 1 entsprechend auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren.
§ 177 GVG
Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge leisten, können aus dem Sitzungszimmer entfernt sowie zur Ordnungshaft abgeführt und während einer zu bestimmenden Zeit, die vierundzwanzig Stunden nicht übersteigen darf, festgehalten werden. Über Maßnahmen nach Satz 1 entscheidet gegenüber Personen, die bei der Verhandlung nicht beteiligt sind, der Vorsitzende, in den übrigen Fällen das Gericht.
Wie dürfen sich Besucher und Beteiligte nicht vor Gericht verhalten?
Wann kann das Gericht Ordnungsmaßnahmen verhängen?
Es genau genommen zu unterscheiden zwischen an der Sitzung beteiligten Personen (hier Sitzungspolizei nach § 177 GVG) und unbeteiligten Personen, wie z.B. Besuchern oder auf ihre Verhandlung wartenden Personen (hier gilt § 178 GVG).
Ungebührlich sind z.B. folgende Verhaltensweisen bei Gericht während der Verhandlung
- Dazwischenreden,
- Essen,
- Trinken
- Rauchen
Welche “Strafen” kann das Gericht gegen ungebührliche Besucher verhängen?
Ordnungsmittel gegenüber Dritten
Für Ungebührlichkeiten sieht § 178 Abs. 1 GVG Ordnungsgelder bis zu 1.000,00 Euro oder Ordnungshaft bis zu einer Woche vor. Diese Ordnungsmittel für unbeteiligte Personen sind also deutlich schärfer als die Sitzungspolizei nach § 177 GVG gegenüber an der Verhandlung beteiligten Personen. Der Grund dürfte wohl der sein, dass Gericht sich neutral gegenüber Parteien zu verhalten hat und nur im Notfall Ordnungsmittel ergreifen soll.
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Auch gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von diesen Ordnungsmaßnahmen darf das Gericht nur zurückhaltend Gebrauch machen. Werden Ordnungsmittel durch den Richter verhangen, so ist dies konkret in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen. Dies regelt § 182 GVG.
Ordnungsmittel kommen vor Gericht selten vor
Ich selbst habe es vielleicht 2 bis 3 mal bisher erlebt, dass das Gericht ein Ordnungsmittel gegen eine Partei verhangen hat. Dies kommt extrem selten vor.
Darf das Gericht auch Ordnungsmittel gegen Anwälte festsetzen?
Ordnungsstrafen gegen Anwälte zulässig?