
Verfahrenswert bei Scheidung
Wenn man sich mit dem Thema Scheidung auseinandersetzt, stößt man schnell auf den Begriff „Verfahrenswert“(manchmal auch „Streitwert“ genannt). Doch was genau verbirgt sich dahinter und welche Bedeutung hat er für eine Scheidung? Ganz einfach: Der Verfahrenswert ist der fiktive Wert der Scheidung und dient als Berechnungsgrundlage für die Gerichts- und Anwaltskosten. Er ist also entscheidend dafür, wie viel für eine Scheidung gezahlt werden muss.
🔍 Was bedeutet Verfahrenswert bei Scheidung?
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Der Verfahrenswert ist die Grundlage dafür, wie hoch die Gerichts- und Anwaltskosten ausfallen.
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Er wird vom Gericht festgesetzt und hängt meist vom Nettoeinkommen beider Ehegatten und ggf. vom Vermögen ab.
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In der Regel wird er bei einer Scheidung auf das dreifache monatliche Nettoeinkommen beider Eheleute zusammen angesetzt.
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Hinzu kommen ggf. Werte für Versorgungsausgleich (Rentenausgleich) oder Vermögensauseinandersetzungen.
📝 Beispiel
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Haben beide Ehegatten zusammen 3.000 € monatliches Nettoeinkommen, beträgt der Verfahrenswert für die Scheidung etwa 9.000 €.
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Wird zusätzlich ein Versorgungsausgleich durchgeführt, kommen 10 % pro Rentenanrecht dazu.
💡 Warum ist der Verfahrenswert wichtig?
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Auf Basis des Verfahrenswerts werden die Gerichtsgebühren und die Anwaltsgebühren berechnet.
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Ein höherer Verfahrenswert führt also zu höheren Kosten.
Warum gibt es einen Verfahrenswert?
Der Verfahrenswert ist keine Summe, die tatsächlich „bekommen“ oder „verloren“ wird. Stattdessen legt er fest, in welcher Höhe sich die Kosten für das Scheidungsverfahren bewegen. Je höher der Verfahrenswert, desto höher sind in der Regel die Gebühren für Gericht und Anwälte. Er soll die Bedeutung und den Umfang des jeweiligen Falls widerspiegeln.
Wie wird der Verfahrenswert ermittelt?
Die Berechnung des Verfahrenswertes für das Scheidungsverfahren erfolgt nach gesetzlich festgelegten Kriterien durch das Familiengericht. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
- Einkommen der Eheleute: Der wichtigste Faktor ist das monatliche Nettoeinkommen beider Ehepartner. In der Regel wird das dreifache gemeinsame Nettoeinkommen der letzten drei Monate vor der Antragstellung zugrunde gelegt. Davon wird pauschal ein Freibetrag für den Lebensunterhalt abgezogen (meist zwischen 250 und 500 Euro pro Person und pro unterhaltsberechtigtem Kind).
- Vermögen der Eheleute (Zugewinn): Gibt es Vermögen, das im Rahmen des Zugewinnausgleichs berücksichtigt werden muss, fließt auch dies in die Berechnung ein. Bei einem Scheidungsverfahren werden in der Regel 5% des positiven Nettovermögens (Aktiva minus Passiva) als Verfahrenswert für den Zugewinn angesetzt.
- Versorgungsausgleich: Der Versorgungsausgleich, also die Aufteilung der Rentenanwartschaften, wird fast immer im Rahmen einer Scheidung durchgeführt und erhöht den Verfahrenswert ebenfalls. Pro Rentenanwartschaft, die ausgeglichen wird, wird ein fester Betrag zum Verfahrenswert hinzugerechnet (meist 1.000 Euro pro Anrecht).
- Weitere Folgesachen: Werden neben der Scheidung weitere Anträge gestellt (sogenannte Folgesachen), wie zum Beispiel zum Sorgerecht, Umgangsrecht, Kindesunterhalt oder nachehelichem Unterhalt, erhöhen diese den Verfahrenswert zusätzlich. Für jede dieser Folgesachen wird ein eigener Betrag (oft zwischen 1.000 und 5.000 Euro, je nach Art des Antrags) zum Verfahrenswert addiert.
Beispiel: Ein Ehepaar hat ein gemeinsames Nettoeinkommen von 3.000 Euro. Der Verfahrenswert für die Scheidung selbst (ohne Freibeträge) beträgt dann 9.000 Euro (3 x 3.000 Euro). Hinzu kommen die Werte für den Versorgungsausgleich und eventuelle weitere Folgesachen.
Mindest- und Höchstwerte
Auch wenn die Berechnung kompliziert klingt, gibt es in der Regel einen Mindestverfahrenswert für das Scheidungsverfahren (aktuell oft 3.000 Euro) und einen Höchstwert, der nach oben hin begrenzt ist. Das Gericht kann den Verfahrenswert im Einzelfall auch ermäßigen, wenn die Belastung für die Parteien zu hoch wäre.
📊 Tabelle: Berechnung des Verfahrenswerts bei einer Scheidung inkl. Versorgungsausgleich
Grundlage |
Berechnung / Anmerkung |
Beispiel-Wert |
---|---|---|
Monatliches Nettoeinkommen Mann |
Einkommen nach Abzügen |
2.000 € |
Monatliches Nettoeinkommen Frau |
Einkommen nach Abzügen |
1.500 € |
Zusammen monatliches Nettoeinkommen |
Summe beider Nettoeinkommen |
3.500 € |
Verfahrenswert Scheidung |
3 × gemeinsames monatliches Nettoeinkommen |
10.500 € |
Anzahl der Anrechte Versorgungsausgleich |
z. B. 2 Rentenanrechte |
2 |
Verfahrenswert Versorgungsausgleich |
2 × 10 % × 10.500 € = 2 × 1.050 € |
2.100 € |
Gesamt-Verfahrenswert |
Scheidung + Versorgungsausgleich |
12.600 € |
💸 Daraus berechnete typische Kosten
Gebührengrundlage |
ca. Kosten |
Erläuterung |
---|---|---|
Anwaltsgebühren |
ca. 2.200 € |
inkl. 1,3 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr, Pauschale und MwSt. |
Gerichtskosten |
ca. 600–700 € |
abhängig vom Verfahrenswert lt. Gerichtskostentabelle |
Gesamtkosten (eine Seite) |
ca. 2.800–2.900 € |
Anwalts- + Gerichtskosten zusammen |
Wann wird der Verfahrenswert festgelegt?
Das Gericht legt den Verfahrenswert in der Regel am Ende des Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss fest. Dieser Beschluss ist für die Berechnung der Anwalts- und Gerichtskosten bindend. Die Anwaltskosten basieren dann auf diesem Wert. Die Anwaltskosten richten sich nach dem RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) und stellen gesetzliche Mindestgebühren dar. Der Anwalt kann niemals beide Eheleute im Scheidungsverfahren vertreten.
Kosten und der Verfahrenswert
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Verfahrenswert nicht der Betrag ist, der tatsächlich an das Gericht oder den Anwalt gezahlt wird. Er ist lediglich die Basis für die Anwendung der gesetzlichen Gebührentabellen. Die genauen Kosten, die auf die Parteien zukommen, sind auch davon abhängig, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht oder Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe (ehemals Prozesskostenhilfe) besteht.
Wenn Fragen zur Berechnung des Verfahrenswertes im speziellen Fall bestehen oder man wissen möchte, welche Kosten auf einen zukommen könnten, ist es immer ratsam, sich an einen Fachanwalt für Familienrecht zu wenden. Dieser kann eine realistische Einschätzung geben und umfassend beraten.
🏛️ Anwaltliche Beratung im Scheidungsverfahren
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Marzahner Promenade 22, 12679 Berlin, berate und vertrete ich Mandantinnen und Mandanten aus Berlin-Marzahn, Hellersdorf und der gesamten Umgebung kompetent und persönlich bei ihrem Scheidungsverfahren.
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Gerne stehe ich Ihnen als zuverlässiger Ansprechpartner zur Seite — sowohl beratend im Hintergrund als auch aktiv als Ihr Vertreter vor Gericht
Rechtsanwalt Andreas Martin