Scheidung einreichen ohne Einhaltung des Trennungsjahres möglich? – Fachanwalt für Familienrecht Andreas Martin
Rechtsanwalt Andreas Martin- Berlin Marzahn-Hellersdorf
Scheidung einreichen ohne Trennungsjahr möglich?
In Deutschland gilt grundsätzlich das Trennungsjahr als Voraussetzung für eine Scheidung. Dieses Jahr dient dazu, dass die Ehepartner eine ausreichende Bedenkzeit haben, um die endgültige Entscheidung zur Scheidung zu treffen und um sicherzustellen, dass die Ehe tatsächlich gescheitert ist. Es gibt nur wenige Ausnahmen, bei denen eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahres möglich ist.
Trennungsjahr ist einzuhalten
Der Normalfall ist die Einhaltung des Trennungsjahres. Das Trennungsjahr beginnt in dem Augenblick, wo die Eheleute voneinander getrennt leben. Die Scheidung ohne Trennungsjahr ist die absolute Ausnahme.
tatsächliche Trennung erforderlich
Das heißt, dass in der Regel das Trennungsjahr abzuwarten ist. Oft herrscht auch das Missverständnis, dass das Trennungsjahr ab der Scheidung zu laufen beginnt. Das Trennungsjahr beginnt nicht mit Einreichung der Scheidung, sondern mit der faktischen Trennung der Eheleute. Leben die Eheleute bereits getrennt, dann muss ein Ehepartner den anderen (nachweisbar) über die Trennung und die Absicht der Scheidung informieren.
einvernehmliche Scheidung dauert in Berlin ungefähr 12 Monate
Die Scheidung selbst dauert auch noch mal, so jedenfalls in Berlin (Amtsgericht Kreuzberg), rund 9 bis 12 Monate, ab Einreichung der Scheidung beim Familiengericht. Dabei geht es hier um die einvernehmliche Scheidung. Der Grund für die lange Dauer ist die Durchführung des Versorgungsausgleiches. Es dauert mehrere Monate bis alles Rentenauskünfte vorliegen.
Eine streitige Scheidung, also wenn Folgesachen wie zum Beispiel Zugewinn oder nachehelicher Unterhalt zusammen mit der Scheidung im Verbund geltend gemacht werden, dauert erheblich länger als ein Jahr.
Trennung der Eheleute und das Trennungsjahr
Fast immer ist die Einhaltung des Trennungsjahres die Voraussetzung für die einvernehmliche Ehescheidung. Das Trennungsjahr kann nicht abgekürzt werden. Auch nicht, wenn sich beide Eheleute einig sind. Die übereinstimmende (falsche) Erklärung, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist, ist gefährlich. Da mit der Trennung viele rechtliche Folgen verbunden sind, die die Eheleute nicht überblicken können.
Trennung durch Auszug aus der Ehewohnung
Zieht einer aus der Ehewohnung aus, ist die Trennung meistens völlig unproblematisch. Und man kann gegebenenfalls über einen Zeugen nachweisen, dass man nicht mehr zusammengelebt hat. Dabei spielt die Ummeldung keine Rolle. Es kommt rein faktisch nur darauf an, dass man in verschiedenen Wohnungen getrennt gelebt hat.
Achtung:
Kein Ehepartner muss aus der Ehewohnung ausziehen; egal, wer im Mietvertrag steht!
Trennung innerhalb der Wohnung
Bei der Trennung innerhalb der gleichen Wohnung sieht es komplett anders aus. Hier ist die Trennung rechtlich sehr schwierig. Wenn der andere Ehepartner später Probleme macht und behauptet, dass während der Trennung in der Wohnung die Trennung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, kann es durchaus schwierig sein, das Trennungsjahr nachzuweisen. Es reicht nämlich nicht aus, dass man nur in getrennten Betten geschlafen hat. Man muss auch getrennt voneinander wirtschaften, getrennte Konten haben und den Haushalt auch getrennt führen. Das heißt gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsames Wäsche waschen, gemeinsame Einkäufe oder Urlaubsfahrten sind dann tabu. Dies alles genau einzuhalten und nachzuweisen ist recht schwierig. Die Trennung durch Auszug ist oft die bessere Variante, aber auch nicht immer möglich.
Es ist erstaunlich, wie viele Eheleute aber trotzdem beim Fachanwalt für Familienrecht (ich berate hier in meiner Kanzlei in Berlin Marzahn-Hellersdorf) nachfragen, ob eine Scheidung vor dem Trennungsjahr zu erreichen ist. Der Hintergrund ist meistens, dass man die „Angelegenheit Ehe abschließen möchte“.
Härtefall muss vorliegen
Es kommt sehr auf die Frage an, ob man unbedingt das Trennungsjahr abwarten muss und ob man nicht gegebenenfalls über eine Härtefallscheidung bereits die Scheidung durchführen kann. Dies ist sehr schwierig.
Härtefallscheidung ist die Ausnahme
Dazu ist zu sagen, dass die Härtefallscheidung die absolute Ausnahme ist. Diese kommt in der Praxis recht selten vor. Recht selten heißt, dass vielleicht von 100 Scheidungen eine Härtefallscheidung tatsächlich dabei ist (dies ist eine grobe Schätzung und soll verdeutlichen, dass die Scheidung aufgrund eines Härtefalles sehr selten ist).
Ein Kollege der Gegenseite hat mal zu seinem Mandanten gesagt haben, dass es die letzte Härtefallscheidung im Mittelalter gegeben hat. Dies ist übertrieben.
Eine Scheidung ohne Trennungsjahr, auch als Härtefallscheidung bekannt, kann unter bestimmten Umständen beantragt werden. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in § 1565 Abs. 2, dass eine sofortige Scheidung ohne Trennungsjahr möglich ist, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen der Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Hierbei müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, die die Weiterführung der Ehe unerträglich machen.
Gründe für Härtefallscheidung
Die Familiengerichte erkennen verschiedene Situationen als unzumutbare Härte an.
- Gewalt in der Ehe: Erhebliche Körperliche oder seelische Misshandlung durch den Ehepartner ist ein gravierender Grund für eine Härtefallscheidung.
- Sexueller Missbrauch: Jede Form von sexuellem Missbrauch innerhalb der Ehe kann eine sofortige Scheidung rechtfertigen
- Schwere Beleidigungen und Erniedrigungen: Extreme Demütigungen und Beleidigungen können als unzumutbare Härte gelten. Schwere Alkohol- oder Drogensucht:
- Ehepartner schwer alkohol- oder drogenabhängig ist und dies erheblich das Familienleben massiv beeinträchtigt.
- Ehebruch: besonders schwerwiegender Ehebruch (vor der Trennung) mit Schwangerschaft der Ehefrau – kann für den Ehemann ein Härtefallgrund sein (häufigste Form der Härtefallscheidung)
Ablauf der Härtefallscheidung
Der Ablauf einer Härtefallscheidung unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von einer regulären Scheidung, abgesehen von der fehlenden Wartezeit des Trennungsjahres. Der Antrag auf Scheidung muss beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden. Dabei ist es besonders wichtig, die unzumutbare Härte ausführlich für den Ehepartner zu begründen und entsprechende Beweise anzubieten, für den Fall des Bestreitens durch die Gegenseite. Damit ist nämlich in der Regel zu rechnen.
Rechtliche Beratung und Unterstützung
Aufgrund der Komplexität und der hohen Anforderungen an die Beweisführung ist es ratsam, sich rechtzeitig an einen Fachanwalt für Familienrecht zu wenden. Dieser kann die Erfolgsaussichten einer Härtefallscheidung prüfen und entsprechend beraten. Als Fachanwalt für das Familienrecht in Marzahn-Hellersdorf (Berlin) stehe ich hierfür zur Verfügung!
Ist das Trennungsjahr in Deutschland zwingend erforderlich?
Grundsätzlich ja, in Deutschland muss ein Trennungsjahr zur Durchführung der Scheidung eingehalten werden. Es gibt ganz wenige Ausnahmen bei Härtefällen.
Was ist das Trennungsjahr und warum ist es wichtig?
Das Trennungsjahr dient dazu, sicherzustellen, dass die Ehe endgültig gescheitert ist und bietet den Ehepartnern Zeit, sich über die Scheidung sicher zu werden und eventuell eine Versöhnung in Betracht zu ziehen. Anders als in anderen Rechtsordnungen kommt es nicht auf ein Verschulden an.
Unter welchen Umständen kann das Trennungsjahr entfallen?
Das Trennungsjahr kann entfallen, wenn es sich um einen Härtefall handelt, bei dem das Fortbestehen der Ehe für einen der Ehepartner unzumutbar wäre.
Wie wird ein Härtefall anerkannt?
Ein Härtefall muss vor dem Familiengericht im Rahmen des Ehescheidungsverfahren dargelegt und notfalls bewiesen werden. Kann dies der Ehegatte, der die Härtefallscheidung über einen Rechtsanwalt beantragt hat, nicht, dann wird die Scheidung zurückgewiesen. Dies geschieht aber dann nicht, wenn zwischenzeitlich das Trennungsjahr abgelaufen und die Ehe nachweisbar zerrüttet ist.
Müssen beide Ehepartner einer Härtefallscheidung zustimmen?
Nein, eine Härtefallscheidung kann auch gegen den Willen des anderen Ehepartners beantragt und durchgesetzt werden, sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist aber recht schwierig.
Wie lange dauert ein Härtefallscheidungsverfahren?
Die Dauer eines Härtefallscheidungsverfahrens hängt von der Komplexität des Falles und der Beweislage ab, kann aber mehrere Monate (oder noch länger) in Anspruch nehmen.
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