Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei der Ehescheidung – ist dies möglich?
Bei der Scheidung wird in der Regel der Versorgungsausgleich durchgeführt. Ob der Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei der Ehescheidung möglich ist und unter welchen Voraussetzungen, soll hier geklärt werden.
Scheidung und Ausgleich der Rentenpunkte
Das Gericht entscheidet durch Beschluss über die Scheidung und auch über den Ausgleich der Versorgungsanwartschaften der Eheleute. Beide Verfahren gehören zusammen und sind miteinander verbunden (sog. Zwangsverbund).
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich ist der Ausgleich, der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Eheleute. Dazu zählen sowohl private, gesetzliche als auch betriebliche Rentenanwartschaften, die im Scheidungsverfahren dann hälftig ausgeglichen werden. Der VA ist von daher der „Rentenausgleich bei der Ehescheidung“.
Welcher Stichtag gilt beim Rentenausgleich?
Der Zeitraum für der der Rentenausgleich berechnet wird, wird auch als gesetzliche Ehezeit bezeichnet. Die Ehezeit bestimmt sich nach § 3 Abs. 1 VersAusglG. Danach gilt als Ehezeit die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen wurde, bis zum Ende des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags. Dies ist der Zeitraum, der maßgeblich ist.
Wie wird der Versorgungsausgleich bei einer Scheidung durchgeführt?
Beim Versorgungsausgleich erfolgt aber keine Auszahlung an den jeweiligen anderen Ehegatten. Die Rentenpunkte werden ermittelt-dies macht das zuständige Familiengericht (für Berlin Marzahn-Hellersdorf ist das Familiengericht Kreuzberg örtlich zuständig) -und dann durch einen Beschluss auf das Rentenkonto des jeweils anderen Ehegatten übertragen.
Wann erfolgt kein Ausgleich?
Kein Ausgleich des VA erfolgt bei einer kurzen Ehezeit. Allerdings nur dann, wenn keiner der Beteiligten über einen Rechtsanwalt einen Antrag stellt (§ 3 Abs. 3 VersAusglG). Als Kurzehe gilt ein Zeitraum von bis zu drei Jahren ab Heirat.
Wie wird der Versorgungsausgleich bei einer Scheidung durchgeführt?
Beim Versorgungsausgleich erfolgt aber keine Auszahlung an den jeweiligen anderen Ehegatten. Die Rentenpunkte werden ermittelt-dies macht das zuständige Familiengericht (für Berlin Marzahn-Hellersdorf ist das Familiengericht Kreuzberg örtlich zuständig) -und dann durch einen Beschluss auf das Rentenkonto des jeweils anderen Ehegatten übertragen.
Scheidungspapiere unterschreiben?
Die Eheleute müssen bei Gerichts nichts unterschreiben und auch keine „Scheidungspapiere“ oder „Papiere zum Versorgungsausgleich“. Allein am Anfang des Scheidungsverfahrens ist der Fragebogen zum Versorgungsausgleich von jeden Ehegatten ausgefüllt und unterschrieben beim Gericht einzureichen.
Geringfügige Anwartschaften und kurze Ehedauer
Bestimmte Anwartschaften werden nicht ausgeglichen, wenn diese zum Beispiel geringfügig sind. Das Familiengericht hat hier aber ein Ermessen und diese trotzdem ausgleichen.
kurze Ehedauer unter 3 Jahren
Auch muss der Versorgungsausgleich nicht zwingend durchgeführt werden und wird nur auf Antrag durchgeführt, wenn es sich um eine kurze Ehedauer handelt, die Ehe also unter drei Jahren erst besteht.
Dauer des Scheidungsverfahrens
Die Durchführung des Versorgungsausgleiches im Ehescheidungsverfahren führt dazu, dass das Scheidungsverfahren insgesamt bei einer einvernehmlichen Scheidung ein Jahr dauert. Zumindest ist dies in Berlin so. Die Scheidung kann auch durchaus einige Monate schneller laufen, es hängt immer davon ab, wann alle Anwartschaften ermittelt sind. Dazu schreibt das Gericht die einzelnen Rentenversicherungsträger der Ehegatten an und diese erteilen dann Auskunft. Manchmal sind auch die Rentenkonten wegen vorhandener Lücken noch zu klären, was zu weiteren Verzögerungen führte.
Scheidungsverbund
Das Gericht kann in der Regel nicht über die Scheidung entscheiden ohne auch dem Versorgungsausgleich zu regeln. Eine Abtrennung vom Scheidungsverfahren ist nur selten möglich. Von daher ist die Dauer der Scheidung davon abhängig, wie lange die Durchführung des Versorgungsausgleiches im Scheidungsverfahren dauert.Scheidungsverbund
Scheidungstermin kommt erst am Schluss
Wenn alle Anwartschaften vorliegen und alle Auskünfte erteilt worden sind, wird das Gericht in der Regel den Termin zur Anhörung der Eheleute anberaumen. Dies ist der sog. Scheidungstermin. Dort werden dann die Eheleute persönlich angehört und danach gefragt, seit wann sie getrennt leben und ob sie sich scheiden lassen möchten. Darüberhinaus wird dann der Versorgungsausgleich erörtert und in der Regel die Scheidung ausgesprochen.
Rechtskraft der Scheidung
Die Scheidung wird dann-wie der Versorgungsausgleich-einem Monat nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses rechtskräftig, sofern keine Beschwerde durch einen der Ehegatten eingelegt wird.
Wenn beide Eheleute im Scheidungsverfahren durch einen Anwalt vertreten sind, kann auf Rechtsmittel verzichtet werden.
Ausschluss des Versorgungsausgleichs
Wenn die einvernehmliche Scheidung ohne Versorgungsausgleich durchgeführt werden könnte, würde diese weitaus schneller durchführbar sein. In der Regel dauert die Scheidung dann vielleicht drei Monate. Für viele Eheleute ist dies eine Motivation nach einem Weg zu suchen, um den Versorgungsausgleich auszuschließen, sodass das Familiengericht nur noch über die Ehescheidung entscheiden muss und dann die Scheidung erheblich schneller vonstatten geht..
Verzicht auf den Versorgungsausgleich kann gefährlich sein
Dies ist aber gefährlich. Zum Verzicht auf den Versorgungsausgleich kann man als Anwalt nur raten, wenn dies tatsächlich für den jeweiligen Ehegatten von Vorteil ist. In der Regel ist dies für einen Ehegatten der beiden Ehegatten fast immer nachteilig und zwar für den Ehegatten, der die geringeren Rentenanwartschaften hat.
der Verzicht auf den Versorgungsausgleich fast immer für einen Ehegatten nachteilig
Dieser hätte dann ja vom anderen die Hälfte der höheren Anwartschaften bekommen und insgesamt wäre der Versorgungsausgleich dann für ihn wirtschaftlich vorteilhaft gewesen. Von daher sollte man nicht-nur allein um die Dauer des Scheidungsverfahrens abzukürzen-vorschnell auf dem Versorgungsausgleich verzichten.
Ausschluss nur notariell oder über Anwälte möglich
Die Folgeprobleme beim Ausschluss des VA (Versorgungsausgleichs) hat auch der Gesetzgeber gesehen und von daher ist der Verzicht/der Ausschluss des Versorgungsausgleiches auch gar nicht so einfach möglich.
gesetzliche Schutzvorschriften
Um den Versorgungsausgleich auszuschließen muss man dies notariell beurkunden oder beide Eheleute müssen im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten sein und dann können die entsprechenden Erklärungen abgegeben werden. Der Sinn und Zweck besteht darin, dass man die Eheleute letztendlich davor schützen will, dass diese vorschnell auf Rentenanwartschaften verzichten, nur um eine schnellere Scheidung durchzuführen.
Geregelt ist dies in § 6 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich.
§ 6 Regelungsbefugnisse der Ehegatten
(1) Die Ehegatten können Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich schließen. Sie können ihn insbesondere ganz oder teilweise
- 1.
in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen,- 2.
ausschließen sowie- 3.
Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 24 vorbehalten.(2) Bestehen keine Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse, ist das Familiengericht an die Vereinbarung gebunden.
§ 7 Besondere formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen
(1) Eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, die vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung geschlossen wird, bedarf der notariellen Beurkundung.(2) § 127a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.(3) Für eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich im Rahmen eines Ehevertrags gilt die in § 1410 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Form.
Überprüfung durch das Gericht
Wenn die Eheleute im Scheidungsverfahren einen notariellen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs vorlegen, wird dies von den meisten Gerichten recht großzügig überprüft und selten beanstandet. Genau genommen muss das Gericht aber prüfen, ob dieser Ausschluss für einen Ehegatten unverhältnismäßig ist.
Nachteile
Dies ist dann der Fall, wenn klar ist das aufgrund des Lebenslaufes bzw. aufgrund einzuholen der Rentenanwartschaften ein Ehegatte deutlich weniger Rentenpunkte erworben hat und keine neuen Anwartschaften mehr erwerben kann und damit durch den Ausschluss benachteiligt ist.
Geregelt ist dies in § 8 des Versorgungsausgleichsgesetz:
§ 8 Besondere materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen
(1) Die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich muss einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten.(2) Durch die Vereinbarung können Anrechte nur übertragen oder begründet werden, wenn die maßgeblichen Regelungen dies zulassen und die betroffenen Versorgungsträger zustimmen.
weniger Rentenpunkte
Dass ein Ehegatte weniger Rentenpunkte hat reicht allein nicht aus um die Versorgungsausgleichsausschluss als unbillig erscheinen zu lassen. Dies ist ja normal beim Versorgungsausgleich; ansonsten brächte man diesen ja nicht. Die sich scheiden lassenden Ehegatten haben in der Regel fast nie gleich hohe Rentenanwartschaften.
Unbilligkeit
Darüberhinaus muss aber für eine Unbilligkeit auch klar sein, dass es einen erheblichen Unterschied gibt und der Ehegatte, der hier benachteiligt es auch keine Chance mehr hat ausreichende Rentenanwartschaften in der Zukunft zu erwerben. Dies ist dann der Fall, wenn zum Beispiel eine Ehepartner während der Ehe nicht gearbeitet hat und von daher kaum Rentenpunkte hat und darüber hinaus dann entweder schon so alt ist, dass die Rente bereits bald bevorsteht oder er krank ist und damit klar ist, dass er keine Rentenpunkte mehr erwirtschaften kann.
FAQ- häufig gestellte Fragen zum Thema Versorgungsausgleich bei Scheidung
Nachfolgend beantworte ich häufig gestellte Fragen zum Thema „Vereinbarung zum Versorgungsausgleich und Ehescheidung“. Bitte klicken Sie auf die Sie interessierende Frage und sodann wird die Antwort angezeigt.
Wann ist der Versorgungsausgleich wegen kurzer Ehezeit ausgeschlossen?
Wer noch keine 3 Jahre verheiratet ist und bereits 1 Jahr getrennt lebt, kann über einen Rechtsanwalt die Scheidung ohne Ausgleich der Rentenanwartschaften einreichen. Der VA wird dann nur auf Antrag durchgeführt.
Wann wird bei Scheidung Versorgungsausgleich ausgeschlossen?
Der Ausgleich der Rentenanwartschaften bei der Ehescheidung wird in der Regel immer vom Gericht von Amts wegen durchgeführt. Dieser kann in seltenen Fällen aber ausgeschlossen sein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Nach § 27 des Versorgungsausgleichsgesetzes findet ein Versorgungsausgleich bei grober Unbilligkeit nicht gestattet. Dies kommt in der Praxis selten vor. Das Gericht muss dies von Amts wegen prüfen. Zu unterscheiden ist dies ausdrücklich von einem Ausschluss der Eheleute des Versorgungsausgleiches. Hier wird das Gericht tätig und nicht die Eheleute.
Kann bei Scheidung auf den Versorgungsausgleich verzichtet werden?
Ja, bei der Ehescheidung kann auf die Durchführung des Ausgleichs der Rentenanwartschaften durch die Eheleute verzichtet werden. Diesen Verzicht überprüft aber das Gericht darauf, ob dieser nicht unbillig ist.
Wie kann der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden?
Der Versorgungsausgleichsverzicht kann entweder durch die Eheleute bei einem Notar erfolgen oder, wenn beide Eheleute anwaltlich im Scheidungsverfahren vertreten sind-durch entsprechende Erklärung im Scheidungstermin.
Was bedeutet Versorgungsausgleich ausschließen?
Der Ausschluss bedeutet, dass das Gericht im Scheidungsverfahren die Rentenpunkte der Eheleute – welche während der Ehezeit erworben wurden – nicht ausgleicht. Voraussetzung ist, dass das Gericht aber keine Einwende gegen den Ausschluss hat.
Was ist eine einvernehmliche Scheidung?
Eine einvernehmliche Scheidung ist die einvernehmliche Aufhebung der Ehe vor dem Familiengericht im Scheidungsverfahren, bei der beide Ehegatten über ihre Anwälte einen Scheidungsantrag stellen oder ein Ehegatte und der andere Ehegatte stimmt der Scheidung zu. In beiden Fällen muss jeder Ehegatte, der einen Antrag auf Scheidung stellt, anwaltlich vertreten sein, da von den Familiengerichten Anwaltszwang im Scheidungsverfahren besteht.
Im Gegensatz zur streitigen Scheidung sind sich die Eheleute hier (bei der einvernehmlichen Ehescheidung) einig.
Weshalb gibt es das Trennungsjahr?
Das Trennungsjahr ist vom Gesetzgeber eingeführt worden, da in Deutschland für die Ehescheidung nicht mehr das Schuldprinzip, sondern das Zerrüttungsprinzip gilt.
Es kommt darauf an, dass die Ehe zerrüttet ist. Wer am Scheitern der Ehe Schuld hat, spielt in der Regel für das Scheidungsverfahren keine Rolle.
Der Gesetzgeber hat eine gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass bei einer Trennung von wenigstens einem Jahr, wenn beide Eheleute einen Scheidungsantrag stellen bzw. mit der Scheidung einverstanden sind, die Ehe gescheitert ist.
Nach drei Jahren ist die Ehe unwiderlegbar gescheitert, wenn die Trennung länger als drei Jahre besteht, auch wenn ein Ehepartner der Scheidung nicht zustimmt. Trotzdem kann man in der Regel schon nach einem Jahr-auch gegen der Zustimmung der Gegenseite-die Scheidung einreichen.
Kann man das Trennungsjahr einvernehmlich abkürzen?
Nein, das Trennungsjahr kann man nicht einvernehmlich abkürzen. Auch wenn einige Anwälte dies sogar Ihren Mandanten empfehlen, kann nur davon abgeraten werden. Dies ist gefährlich, da viele Scheidungsfolgen/Trennungfolgen vom Beginn des Trennungsjahres abhängig sind. Das Trennungsjahr steht rechtlich nicht zur Disposition der Eheleute.
Wie lange dauert ein Scheidungsverfahren?
Bei der Dauer des Scheidungsverfahrens muss man unterscheiden, ob eine streitige oder eine einvernehmliche Scheidung vorliegt.
Eine streitige Scheidung dauert in der Regel mehrere Jahre. Eine einvernehmliche Scheidung dauert mit Versorgungsausgleich im Berlin ungefähr zwischen neun und zwölf Monaten und ohne Versorgungsausgleich ungefähr 2-3 Monate.
Zusammenfassung und Fazit
Auf keinen Fall sollte man vorschnell auf den Versorgungsausgleich verzichten. Dies macht nur für den Ehegatten Sinn, der zum Ausgleich höhere Anwartschaften verpflichtet gewesen wäre, also der während Ehezeit mehr gearbeitet hat und höhere Rentenanwartschaften erwirtschaftet hat.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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