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Fälligkeit einer Abfindung im Vergleich oder Aufhebungsvertrag
Die Zahlung einer Abfindung wird oft bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder auch im gerichtlichen Vergleichen vereinbart. Für den Arbeitnehmer ist oft nicht nachvollziehbar, wann die Abfindung zur Zahlung fällig wird. Wie lange hat der Arbeitgeber Zeit die Abfindung zu zahlen? Darum soll es hier gehen.
Abfindungen in gerichtlichen Vergleichen im Gütetermin ohne Fälligkeitsregelung
Das klassische Beispiel ist das, dass zum Beispiel der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt. Der Arbeitnehmer wehrt sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und es kommt dann zum sogenannten Gütetermin. Beim Arbeitsgericht Berlin gibt es die Gütefahndung oft 3-4 Wochen nach der Einreichung der Klage.
Abfindungsvergleich
In vielen Güteterminen gibt es dann eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Man schließt einen sogenannten Abfindungsvergleich. In diesen Vergleichen steht aber selten, wann die Abfindung zur Zahlung fällig ist. Dies ist aber auch nicht notwendig. Es soll hier ausgeführt werden, weshalb dies so ist.
Abfindungsrechner
Einen Abfindungsrechner finden Sie hier.
Aufhebungsvertrag
Ähnlich ist es, wenn eine Abfindung in einen Aufhebungsvertrag vereinbart wird. Es gibt dort umfangreiche Regelungen über die Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Aber sehr oft steht dort auch nicht, wann die Abfindung zur Zahlung fällig ist.
typische Regelung beim Abfindungsvergleich und Aufhebungsvertrag
Entsprechende Abfindungsregelungen sehen oft wie folgt aus:
Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte (Arbeitgeber) an den Kläger (Arbeitnehmer) in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes eine Abfindung in Höhe von € 10.000 (zehntausend) brutto.
Bei der solche Regelung findet man keine eindeutige Verpflichtung des Arbeitgebers, wann er die Abfindung zu zahlen hat. Für den Arbeitnehmer stellt sich die Frage, wann er nun mit der Zahlung der Entlassungsentschädigung rechnen kann und wann er diese gegebenfalls aus dem Vergleich auch im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen könnte.
zusätzliche Regelungen
Manchmal findet man aber auch noch folgenden Zusatz.
Die Abfindung ist bereits jetzt entstanden und damit vererblich. Die Abfindung wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig und zahlbar.
Bei diesem Zusatz gibt es kein Problem, denn die Fälligkeit der Abfindung ist genau geregelt.
Der Hintergrund einer solchen Regelung ist aber nicht der, dass man die Fälligkeit der Abfindung genau regeln möchte, denn dies ist oft gar nicht notwendig, sondern es geht vor allem darum, dass die Abfindung vererblich ist. Wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses stirbt und man regelt nicht, dass die Abfindung bereits entstanden ist, dann geht diese nicht in die Erbmasse über. Dies ist der Hintergrund dieser Regelung.
gesetzliche Regelung – Abfindung sofort fällig
Im Grundsatz gilt die gesetzliche Regelung des § 271 Abs. 1 BGB. Dort ist folgendes geregelt:
§ 271 Leistungszeit
(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
Dies heißt, dass wenn keine Vereinbarung über eine Fälligkeit erfolgt, der Betrag sofort zur Zahlung fällig ist.
Dies gilt in der Regel aber nicht für eine Abfindung, die zum Beispiel im Wege eines Abfindungsvergleiches vor dem Arbeitsgericht vereinbart wird. In einem gerichtlichen Vergleich kann der Zahlungstermin genau vereinbart werden., wenn beide Parteien damit einverstanden sind.
Rechtsprechung
Diese gesetzliche Regelung findet aber beim Abfindungsvergleich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 09.12.1987, EzA § 9 KSchG Nr. 22 und Urteil vom 29.11.1983, EzA § 113 BetrVG 1972 Nr. 11.) keine Anwendung. Das Bundesarbeitsgericht beurteilt die Fälligkeit eine Abfindung, insbesondere dann, wenn es Arbeitswelt ist noch nicht beendet ist, anders.
Fälligkeit erst mit Ende des Arbeitsverhältnisses
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass sie Abfindung frühestens mit Ende des Arbeitsverhältnisses fällig wird. Ist das Arbeitsverhältnis bereits zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses beendet, ist die Abfindung sofort zur Zahlung fällig.
andere Auffassung des LAG Hamm
DAs Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 16.05.1991, Az.: 8 Ta 181/91) weicht aber von der BAG-Rechtsprechung ab und sieht auch bereits die Fälligkeit der Abfindung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dies ist aber eine Mindermeinung in der Rechtsprechung.
Abfindung Fälligkeit kann hinausgeschoben werden
Auch ist bei der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zu beachten, dass es hier darum geht, dass es keine ausdrückliche Regelung der Fälligkeit im Vergleich bzw. im Aufhebungsvertrag gibt. Die Parteien können also vereinbaren, dass die Abfindung eher zur Zahlung fällig wird, aber sie können auch vereinbaren, dass die Abfindung später als das Ende des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung fällig wird. Die Entscheidung des BAG spielt nur eine Rolle für den Fall, dass nichts zur Fälligkeit der Abfindung geregelt ist.
So ist zum Beispiel eine Vereinbarung möglich, dass die Abfindung erst einen Monat nach Ende des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung fällig wird, wenn dies auch in der Praxis eher selten vorkommt. Auch dies ist rechtlich möglich.
Beispiele – Fälligkeit einer Abfindung
Der Grundsatz, dass eine Abfindung – sofern es keine eindeutige Regelung gibt – erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig wird, soll hier kurz an den nachfolgenden Beispielen erläutert werden:
Beispiel 1:
Der Arbeitgeber kündigt den Arbeitnehmer und dieser erhebt Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin. Im Gütetermins treffen die Parteien am 12. April 2023 eine Vereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis in einem Monat- also zum 30. April 2023 – enden wird und der Arbeitgeber bis dahin den Lohn zahlt, ein gutes Arbeitszeugnis erteilt und eine Abfindung in Höhe von 5000 € brutto zahlt. Wann die Abfindung zu zahlen ist, ist in diesen Vergleich nicht geregelt.
Lösung 1:
Die Abfindung wird am 30. April 2023 zur Zahlung fällig. Das Arbeitsverhältnis besteht noch und erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses wird die Abfindung zur Zahlung fällig.
Beispiel 2:
Wie Beispiel 1, allerdings treffen die Parteien die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis bereits am 31. Januar 2023 beendet wurde.
Lösung 2:
Da das Arbeitsverhältnis bereits beendet wurde, ist die Abfindung sofort zur Zahlung fällig.
Beispiel 3:
Wie Beispiel 1, allerdings treffen die Parteien die Vereinbarung, dass die Abfindung sofort zur Zahlung fällig ist.
Lösung 3:
Es gibt hier eine eindeutige Regelung über die Fälligkeit der Abfindung. Da diese nach dem Vergleich sofort fällig wird, ist die Abfindung am Tag des Abschlusses des Vergleich (12. April 2023) zur Zahlung fällig.
FAQ (häufig gestellte Fragen)
Nachfolgend beantworte ich häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Abfindung.
Wann wird eine Abfindung zur Zahlung fällig?
Eine Abfindung, die im Aufhebungsvertrag oder in einem gerichtlichen Abfindungsvergleich geregelt ist, wird dann zur Zahlung fällig, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Eine Ausnahme gibt es dann, wenn bereits im Abfindungsvergleich bzw. im Aufhebungsvertrag es eine Regelung über die Fälligkeit der Abfindung gibt.
Wird die Abfindung mit dem letzten Gehalt ausgezahlt?
Wenn es keine Regelung zur Fälligkeit der Abfindung im Vergleich bzw. im Auflösungsvertrag gibt, dann wird die Abfindung mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung fällig und dies heißt wiederum, dass in der Regel die Abfindung mit dem letzten Gehalt auszuzahlen ist.
Wann muss der Arbeitgeber keine Abfindung zahlen?
In der Regel muss der Arbeitgeber gar keine Abfindung zahlen. Ein Abfindungsanspruch besteht in der Regel selbst bei einem ordentlich, aus betriebsbedingten Gründen, gekündigten Arbeitnehmer nicht.
Es gibt wenige Fälle, in denen der Arbeitgeber zur Zahlung eine Abfindung verpflichtet ist.
Nach einer Kündigung wird der Arbeitgeber in der Regel eine Abfindung dem Arbeitnehmer anbieten, wenn seine Chancen im Kündigungsschutzverfahren sehr gering sind.
Hat er aber gute Chancen im Kündigungsschutzverfahren, wird er in der Regel keine Abfindung anbieten. Gute Chancen im Kündigungsschutzverfahren hat der Arbeitgeber immer dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil zum Beispiel der Arbeitnehmer noch nicht länger als sechs Monate im Betrieb tätig ist (sog. Probezeit) oder nicht mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beim Arbeitgeber arbeiten.
Kann man als Arbeitnehmer direkt auf Abfindung klagen?
Eine Klage auf Abfindung ist nur selten möglich. In der Regel kann der Arbeitnehmer, der eine Kündigung durch den Arbeitgeber bekommt, nicht auf Zahlung einer Abfindung klagen, da er keinen Abfindungsanspruch hat.
Muss der Arbeitgeber beim Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung zahlen?
Auch bei der betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber muss dieser nicht zwingend eine Abfindung an den Arbeitnehmer zahlen. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer bisher ordnungsgemäß gearbeitet hat und eine sehr lange Betriebszugehörigkeit vorzuweisen hat. Auch hier bleibt nur die Möglichkeit der Erhebung der Kündigungsschutzklage und dann der entsprechenden Verhandlungen mit dem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht. Die Chancen sind oft gut eine Abfindung zu erhalten.
Wie kann der Arbeitnehmer eine Abfindung bekommen?
Nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist oft das Ziel des Arbeitnehmers der Erhalt eine Abfindung. Eine Abfindung kann der Arbeitnehmer in der Regel nicht direkt einklagen, allerdings aushandeln. Die beste Möglichkeit für den Arbeitnehmer ist immer die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Nach Erhebung der Klage gibt es den sog. Gütetermin. In diesem Termin wird oft ein Abfindungsvergleich ausgehandelt.
Welches Ziel hat die Kündigungsschutzklage?
Die Kündigungsschutzklage ist formell darauf gerichtet, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Arbeitgebers zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet wurde.
Allerdings kann man auch mit der Kündigungsschutzklage-und nur diese Klage hilft beim Ziel einer Abfindung weiter-erreichen, dass man mit dem Arbeitgeber im Gütetermin oder später über eine Abfindung spricht und diese dann auch aushandelt. Ein Anspruch darauf gibt es allerdings nicht.
Arbeitgeber zahlen oft Abfindungen, da sie ansonsten das Kündigungsschutzverfahren verlieren würden und dann den Arbeitnehmer wieder einstellen müssten.
Was tun, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Abfindung nicht zahlt?
Wenn es einen Abfindungsvergleich nach einer Kündigungsschutzklage gibt, dann wird dort die Abfindung der Höhe nach und auch der Fälligkeit nach geregelt.
Ist keine Fälligkeit geregelt, wird die Abfindung fällig nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
In der Regel sind die Vergleiche so formuliert, dass man daraus die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Der Arbeitnehmer muss sich auf dem Abfindungsvergleich eine Vollstreckungsklausel holen und kann daraus dann die Abfindung gegenüber dem Arbeitgeber im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Er muss in der Regel nicht nochmals neu klagen.
Was passiert, wenn der Arbeitnehmer vor Auszahlung der Abfindung verstirbt?
In Abfindungsvergleichen ist in der Regel geregelt, dass die Abfindung-auch wenn diese noch nicht fällig ist-vererblich ist. Wenn diese Regelung sich im Vergleich befindet, dann geht die Abfindung auf die Erben über und diese haben dann den Abfindungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Ist die Abfindungszahlung steuerfrei?
Nein, auf den Abfindungsbetrag sind zwar keine Sozialversicherungsabgaben zu zahlen, allerdings ist diese nicht steuerfrei. Die Abfindungszahlung ist komplett zu versteuern (Einkommenssteuer), diese steuerrechtlich als außerordentliche Einkunft (seit 2006) gewertet wird.
Sind Sozialversicherungsabgaben zu zahlen?
Nein, auf die Entlassungsentschädigung sind keine Sozialversicherungsabgaben, wie Sozialversicherungsbeiträge (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) zu zahlen. Einkommenssteuer ist aber zu zahlen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
- Arbeitsrecht in Marzahn
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