Ist eine Kündigung während der Kurzarbeit möglich?
betriebsbedingte, verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigung – Kündigung in der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber
Es befinden sich – aufgrund der Corona-Epidemie nebst Quarantäne – immer noch Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Ob diese damit sicher vor einer Kündigung des Arbeitgebers sind, ist aber eine andere Frage. Hier soll beantwortet werden, ob eine Kündigung während der Kurzarbeit möglich ist.
In Zeiten der Corona-Krise spielen Begriffe, wie Kurzarbeit und Kündigung eine immer größere Rolle, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob sie bei angeordneter Kurzarbeit vor Kündigungen des Arbeitgebers sicher sind oder vielleicht doch gekündigt werden können. Dies möchte ich – als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsanwalt in Marzahn (Berlin) – nachfolgend darstellen.
Das Wichtigste vorab:
Wichtige Fragen zu Kündigung und Kurzarbeit
Kündigungsschutz des Arbeitnehmers und Kurzarbeit
Viele Firmen ordnen während der Corona-Krise Kurzarbeit an. Wobei schon gleich hier klargestellt werden soll, dass in den meisten Fällen die Kurzarbeit mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden muss. Die Kurzarbeit soll – laut Intention des Gesetzgebers – als Alternative zur betriebsbedingten Kündigung dienen. Die betriebsbedingte Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis, während die Kurzarbeit der regelmäßige Arbeitszeit – unter Umständen bis auf Null – herabsetzt. Die Kurzarbeit muss nicht zwingend „Null“ Stunden sein. Die Kurzarbeit ist die Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit des Arbeitnehmers im Betrieb.
Kurzarbeit im Arbeitsverhältnis ist die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit – bis hin auf 0 – in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls. Fast flächendeckende Kurzarbeit ist in manchen Branchen aufgrund der Corona-Krise derzeit angesagt. Fällt die Arbeit aber dauerhaft weg, dann liegen die Voraussetzungen der Kurzarbeit nicht vor.
Gerät ein Betrieb in wirtschaftliche Bedrängnis, beispielsweise weil Aufträge oder Kunden ausbleiben, kann es bei der zuständigen Agentur für Arbeit einen Antrag auf Kurzarbeit stellen. Für den Arbeitnehmer bedeutet die Kurzarbeit die Herabsetzung seiner regelmäßigen Arbeitszeit im Betrieb. Er muss dieser Herabsetzung zustimmen, ansonsten kann der Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht ohne weiteres für dieses Arbeitsverhältnis anordnen.
Die Kurzarbeit stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalles zu tragen hat (sog. Betriebsrisiko), also trotz Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers die Vergütung in voller Höhe weiterzuzahlen hat, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft persönlich angeboten hat (§ 615 BGB).
Rund eine halbe Million Firmen haben derzeit (Anfang April 2020) Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt. Die Kurzarbeit ist vorübergehend. Sie kann auch nur einen Teil der Mitarbeiter des Betriebs betreffen. Während der Kurzarbeit verringert sich der Lohnanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bis hin auf 0. Der Arbeitnehmer hat dann einen Ausgleichsanspruch gegen die Agentur für Arbeit auf sog. Kurzarbeitergeld (KUG). Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 % (allgemeiner Leistungssatz) der Nettoentgeltdifferenz des Monats beim Arbeitnehmer ohne Kinderfreibetrag auf Lohnsteuerkarte, 67 % bei Arbeitnehmern mit eingetragenen Kinderfreibetrag auf der Lohnsteuerkarte.
Man spricht von einer betriebsbedingte Kündigung, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit den Arbeitnehmer deshalb kündigt, weil er den Arbeitnehmer wegen dringender betrieblicher Erfordernisse in dem Betrieb nicht weiterbeschäftigen kann. Die Ursache – der Kündigungsgrund – liegt von daher bei der betriebsbedingten Kündigung im Bereich des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber trifft dabei eine unternehmerische Entscheidung und möchte mit der Kündigung die Personalstärke in Betrieb verringern. Grund für den dauerhaft geringeren Beschäftigungsbedarf können sowohl innerbetriebliche als auch außenbetriebliche Ursachen sein.
Sofern das Kündigungsschutzgesetz (!) auf das Arbreitsverhälnits Anwendung findet (der Arbeitnehmer ist länger als 6 Monate beim Arbeitgeber beschäftigt und im Betrieb arbeiten regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit abzüglich der Auszubildenden) darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach § 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) aus betriebsbedingten Gründen nur kündigen, wenn der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer in dem bisher wahrgenommenen Aufgabenbereich auf Dauer entfällt und der Arbeitnehmer nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Zudem hat der Arbeitgeber unter den vergleichbaren Arbeitnehmern eine sog. Sozialauswahl vorzunehmen.
Prüfungsreihenfolge des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) prüft die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung wie folgt:
- Liegt eine unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers vor, die zum Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze führt?
- Besteht eine sog. anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit (auf einen freien Arbeitsplatz)?
- Wurde eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt?
Bei einer betriebsbedingten Kündigung können die Gründe sein:
- innerbetrieblich (Rationalisierung, höhere Arbeitsdichte)
- außenbetrieblich (Auftrags- oder Umsatzrückgang, Rohstoff- oder Energiemangel, behördlich angeordnete Betriebsschließungen nach Bundesimmissionsschutzgesetz-Corona )
Aufgrund der Corona-Pandemie stellen Kurzarbeit und die betriebsbedingte Kündigung ein Mittel des Arbeitgebers dar auf die Krise zu reagieren. Ob das jeweilige Mittel aber zulässig ist, ist eine andere Frage und sollte notfalls von einem Rechtsanwalt, am besten Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüft werden.
Abfindung und betriebsbedingte Kündigung
Hier soll nun die Frage beantwortet werden: Ist eine Kündigung während der Kurzarbeit möglich?
Zu dieser Thematik findet man oft im Internet die Aussage, dass die betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit generell nicht möglich sei. Dies ist nicht richtig. Das Bundesarbeitsgericht hat in Urteilen aus dem Jahr 2012 (BAG, Urteil vom 23.02.2012 – 2 AZR 548/10 sowie die Parallelentscheidung des BAG vom gleichen Tag 2 AZR 482/11) bereits entschieden, dass auch in der Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung möglich ist, allerdings unter stark erschwerten Voraussetzungen.
Richtig ist von daher, dass das Arbeitgeber während der Kurzarbeit betriebsbedingt kündigen kann, allerdings unter stark erschwerten Bedingungen. Eine betriebsbedingte Kündigung darf sich danach nicht ausschließlich auf Gründe stützen, die bereits zur Anordnung der Kurzarbeit geführt haben. Eine starke Verschlechterung der Situation kann aber die betriebsbedingte Kündigung ermöglichen. Dies alles muss der Arbeitgeber nachweisen, was schwierig ist.
Hat sich die Situation, welche zur Einführung der Kurzarbeit geführt hat, nicht stark negativ verändert, darf eine betriebsbedingte Kündigung nicht erfolgen. Es gilt ein Indiz, dass bei angeordneter Kurzarbeit ein nur vorübergehender Arbeitsmangel vorliegt, welcher eine betriebsbedingte Kündigung ausschließlich. Dieses Indiz muss der Arbeitgeber entkräften, was in der Praxis schwierig sein dürfte.
nur begrenzte Möglichkeit einer Kündigung
Möglich ist diese aber wenn
- weitere (erhebliche) Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers eintritt, insbesondere, wenn
- ein Rückgang der Umsätze, Aufbrauchen der Rücklagen, Wegfall von Hauptkunden vorliegen.
Zu beachten ist aber auch, dass eine solche Kündigung durch den Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht (in Berlin ist dies das Arbeitsgericht Berlin) überprüft werden kann. Der Arbeitnehmer hat ja selten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisses des Arbeitgebers und kann oft nicht beurteilen, dass eine anderen, erheblich schlechtere wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegt als bei Anordnung der Kurzarbeit vorliegt. Eine solche Kündigung ist für den Arbeitgeber nicht einfach, denn er muss nachweisen, was sich nun seit Einführung der Kurzarbeit negativ verändert hat und weshalb dadurch der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen ist. Liegt keine erhebliche Verschlechterung vor, dann liegen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse (§ 1 Abs.2, Satz 1 KSchG) vor, denn diese haben dann ja schon vorher vorgelegen und sind damit nicht dringend. Auch ist oft problematisch, dass die Kurzarbeit nur einen vorübergehenden, aber nicht dauerhaften Arbeitsausfall voraussetzt (anders aber die betriebsbedingte Kündigung).
Kündigungsfrist
Auch die Frist für die Kündigung (Kündigungsfristen) für den Arbeitgeber ändert sich durch die Kurzarbeit nicht. Es gilt die arbeitsvertraglich, tarifvertragliche bzw. die gesetzliche Kündigungsfrist (§ 622 BGB).
Die Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage beträgt 3 Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer. Wehrt sich der Arbeitgeber nicht mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht, dann wird die Kündigung nach § 7 KSchG wirksam!
Urteil des BAG zu Kündigung während der Kurzarbeit - BAG vom 23.02.2012 - 2 AZR 482/11
Das Bundesarbeitsgericht führt in seinem Urteil (BAG Urteil vom 23.02.2012 – 2 AZR 482/11) u.a. folgendes aus:
Für die Zukunftsprognose ist auch von Bedeutung, ob die Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einer vereinbarten oder prognostizierten Kurzarbeit erfolgt. Wird Kurzarbeit geleistet, so spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel wiederum kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz kann der Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag entkräften (BAG 26. Juni 1997 – 2 AZR 494/96 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 86 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 93). Entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund später eingetretener weiterer Umstände oder veränderter wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Rahmenbedingungen auf Dauer, so kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung bestehen (BAG 26. Juni 1997 – 2 AZR 494/96 – aaO).
Da die betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen, dringend sein müssen, die Kündigung im Interesse des Betriebs also unvermeidbar sein muss, hat der Arbeitgeber zuvor alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die mit dem Ziel geschaffen worden sind und bestehen, durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit betriebsbedingte Kündigungen in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls zu vermeiden (BAG 8. November 2007 – 2 AZR 418/06 – Rn. 16, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157, zur Inanspruchnahme von Arbeitszeitkonten). Haben die Betriebsparteien durch die Einführung von Kurzarbeit den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf ein Niveau abgesenkt, dass den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen gerade überflüssig macht, so kann ein dringendes betriebliches Kündigungserfordernis regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung voll ausgeschöpft hat und gleichwohl noch ein Beschäftigungsüberhang besteht (vgl. BAG 8. November 2007 – 2 AZR 418/06 – aaO).
Der Arbeitnehmer hat entweder neben dem durch die Kurzarbeit reduzierten Arbeitslohn (sog. Kurzlohn) oder sogar anstatt (Kurzarbeit 0) einen Anspruch auf Zahlung von Kurzarbeitergeld (KUG). Das Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff. des Sozialgesetzbuches III) berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall des Arbeitnehmers. Die Kurzarbeitenden erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts.Die Agentur für Arbeit zahlt das KUG an den Arbeitnehmer.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie in Deutschland wurde die Möglichkeit geschaffen, ohne eine Kürzung des Kurzarbeitergeldes hinzuzuverdienen. Von daher wird das Einkommen des Arbeitnehmers aus Nebentätigkeiten in systemrelevanten Branchen und Berufen bis zur Erreichung von 100 % des ursprünglichen Gehaltes nicht angerechnet. Diese Hinzuverdienstregelung gilt für die Zeit vom 1. April 2020 bis zum 31. Oktober 2020.
Die gesetzliche Bezugsdauer des KUG beträgt 12 Monate. Sie kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden.
Erfolgt eine (betriebsbedingte) Kündigung in der Kurzarbeit, dann besteht kein Anspruch mehr auf Kurzarbeitergeld.
gesetzliche Regelung zum Kurzarbeitergeld
§ 98 SGB III (persönliche Voraussetzungen) regelt dazu:
1) Die persönlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn
- 1.
die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung
- a)
fortsetzt,- b)
aus zwingenden Gründen aufnimmt oder- c)
im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt,- 2.
das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist und- 3.
die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen ist.
Zwei Fälle sind zu unterscheiden:
- Kündigung erfolgt vor der Einführung der Kurzarbeit – kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, aber voller Lohnanspruch
- Kündigung erfolgt nach der Einführung der Kurzarbeit – ab Zugang der Kündigung entfällt der Kurzarbeitergeldanspruch, aber ggfs. voller Lohnanspruch (abhängig von vereinbarter Kurzarbeitsregelung)
Im zweiten Fall kann sich auch ein Anspruch auf volle Lohnzahlung aus einem Tarifvertrag ergeben. Falls die Klausel über die Einführung der Kurzarbeit nicht die Kurzarbeit bei Kündigung entfallen lässt mit der Folge, dass dann der Lohn voll zu zahlen ist, sollte diese Klausel von einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht überprüft werden.
Die obigen Regelungen gelten auch für Kündigungen durch den Arbeitnehmer in der Kurzarbeit.
Der Arbeitnehmer kann mit ordentlicher Frist (meist § 622 Abs. 1 BGB) das Arbeitsverhältnis kündigen. Dies gilt auch während angeordneter Kurzarbeit.
Sozialrechtlich sind aber zwei Nachteile zu erwarten. Zum einem ein Wegfall des Kurzarbeitergelds ab dem Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitgeber (nicht erst mit Ablauf der Kündigungsfrist) und zum anderen eine Sperre beim Arbeitslosengeld (wohl 3 Monate) durch die Agentur für Arbeit.
Ob der volle Lohnanspruch dann wieder auflebt, muss geprüft werden und hängt stark von der Vereinbarung über die Kurzarbeit mit dem Arbeitgeber ab. Eine solche Vereinbarung über die Kurzarbeit kann aber auch unwirksam sein, was in der Praxis – allein schon aufgrund der vielen Fälle wegen der Corona-Krise – der Fall sein dürfte.
Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer ist nur möglich, wenn auch ein außerordentlicher Grund nach § 626 II BGB vorliegt. Daran sind hohe Anforderungen zu stellen. Notfalls muss der Arbeitnehmer zuvor den Arbeitgeber abmahnen. In der Praxis kommt ein solcher außerordentlicher Kündigungsrund selten vor. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer gern die Zustimmung zur Kurzarbeit haben möchte oder zu befürchten ist, dass der Arbeitgeber im Betrieb Kurzarbeit anordnet, ist kein außerordentlicher Kündigungsgrund. Der Arbeitnehmer kann von daher allein deshalb nicht außerordentlich und fristlos kündigen.
Von der betriebsbedingten Kündigung und die personenbedingte Kündigung ist die verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers zu unterscheiden. Beide Kündigungen sind im Kündigungsschutzgesetz geregelt. Wenn dieses keine Anwendung findet, braucht der Arbeitgeber (Ausnahme: Sonderkündigungsschutz oder Mindestkündigungsschutz) keinen Kündigungsgrund!
Von daher wird eine verhaltensbedingte Kündigung – nach Einreichung der Kündigungsschutzklage – vom Arbeitsgericht nur auf das Vorliegen eines verhaltensbedingten Grundes überprüft, wenn das Kündigungsschutzgesetz (Arbeitnehmer muss länger als 6 Monate im Betrieb sein und mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit müssen dort regelmäßig arbeiten) Anwendung findet.
Bei der verhaltensbedingten Kündigung gilt der Grundsatz, dass zunächst das vertragswidrige Verhalten vom Arbeitgeber abzumahnen ist. Nur bei schweren Pflichtverletzungen, die das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nachhaltig zerstören, ist eine Abmahnung entbehrlich. Dies ist aber der Ausnahmefall.
Abmahnung nur in Ausnahmefällen entbehrlich
Wird das vertragswidrige Verhalten abgemahnt, dann kann dieser Sachverhalt nicht mehr für eine Kündigung verwertet werden. Die Abmahnung verbraucht praktisch den Sachverhalt.
Während angeordneter Kurzarbeit ist eine Abmahnung und auch eine verhaltensbedingte Kündigung (außerordentlich/ fristlos oder auch ordentlich mit ordentlicher Frist) möglich. Die Kurzarbeit verhindert bzw. schütz nicht vor einer verhaltensbedingten Kündigung.
Bei der verhaltensbedingten Kündigung prüft das Arbeitsgericht:
- ist der Sachverhalt abstrakt also generell für eine verhaltensbedingte Kündigung geeignet
- eignet sich der Sachverhalt auch hier im konkreten Fall
- gibt es mildere, zumutbare Maßnahmen, z.B. der Ausspruch einer Abmahnung
Der Arbeitnehmer sollte sich auch während der Kurzarbeit gegen eine Kündigung des Arbeitgebers aus verhaltensbedingten Gründen mittels Kündigungsschutzklage wehren. Auch hier beträgt die Klagefrist nur 3 Wochen. Bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt (Fachanwalt für Arbeitsrecht) steigen die Chancen auf eine gütliche Einigung (Vergleich vor dem Arbeitsgericht) mit dem Arbeitgeber (z.B. Einigung auf ordentliche Beendigung).
Bei der personenbedingten Kündigung liegen die Gründe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber in der Person des Arbeitnehmers. Daran ändert auch die wegen des Corona-Virus – angeordnete Kurzarbeit nichts. Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit nicht (mehr) ausführen kann, wofür es unterschiedliche Gründe geben kann. Der häufigste Fall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen einer lang anhaltenden Krankheit oder häufigen Kurzerkrankungen des Arbeitnehmers.
Auch hier -wie bei der betriebsbedingten und verhaltensbedingten Kündigung gilt, dass auch bei der personenbedingten Kündigung das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finden muss, ansonsten prüft das Arbeitsgericht nicht den Kündigungsgrund.
Verschulden ist unerheblich
Auf ein Verschulden kommt es bei der personenbedingten (krankheitsbedingten) Kündigung nicht an. Dem Arbeitnehmer trifft daran ja auch selten ein Verschulden. Eine Abmahnung ist nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll (fehlendes Verschulden). In der Regel ist vor dem Ausspruch der Kündigung aus personenbedingten Gründen ein sog. BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement/ Krankenrückführungsgepräch) zu führen. Das Bestehen von Kurzarbeit im Betrieb hindert den Arbeitgeber grundsätzlich nicht zum Ausspruch einer Kündigung aus personenbedingten Gründen.
Die personenbedingte Kündigung wird in der Regel wie folgt von den Arbeitsgerichten überprüft:
- Arbeitnehmer kann auch in Zukunft seine arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen (negative Zukunftsprognose),
- deshalb sind wesentliche Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt,
- Interessenabwägung fällt zum Nachteil des Arbeitnehmers aus
Vor einer personenbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber ggfs. prüfen, ob stattdessen eine Versetzung oder eine Änderungskündigung möglich ist. Der Arbeitnehmer sollte die – auch während der Kurzarbeit – erhaltene personenbedingte Kündigung durch einen Rechtsanwalt überprüfen lassen.
Kontakt – Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin Marzahn-Hellersdorf – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Berlin vertrete ich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber in Verfahren wegen Kündigung und Abfindung.
Adresse und Telefon
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öffentliche Verkehrsmittel •
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Bus: 191, 192, 195 (Marzahner Promenade) •
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Achtung:Der Eingang der Kanzlei befindet sich nicht auf der Seite zum Eastgate (dort ist eine Bank), sondern auf der “Straßenseite” gegenüber dem Kinderspielplatz.