positives Arbeitszeitguthaben bei Kündigung
Es stellt sich nun die Frage, was geschieht mit einem positiven Arbeitszeitguthaben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere bei einer Beendigung des Arbeitsvertrag durch Kündigung des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers. Auch andere Beendigungsgründe sind dankbar, wie zum Beispiel eine auslaufende Befristung oder der Rentenbezug des Arbeitnehmers. Wenn dann zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Arbeitszeitkonto positiv ist, stellt sich die Frage, was mit dem Guthaben zu geschehen hat.
Was ist ein Arbeitszeitkonto?
Die Verteilung der Arbeitszeit des Arbeitnehmers kann in einem Arbeitszeitkonto geregelt werden. Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder. Die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos, insbesondere die Möglichkeit eines negativen Kontostandes, bedarf einer entsprechenden Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien.Hier muss eine ausdrückliche Vereinbarung erfolgen, entweder im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag.
Arbeitszeitkonten können in den folgenden Formen unterschieden:
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Kurzzeitkonten
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Langzeitkonten
Abgeltung von Plusstunden bei dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis
Der Abbau eines Arbeitszeitkontos erfolgt in den meisten Fällen durch Vergütung oder Freizeitausgleich. Wie der Ausgleich genau geschieht, richtet sich nach der der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegenden Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag). Nach der Beendigung ist aber ein Freizeitausgleich der Guthabenstunden nicht mehr möglich. Es bleibt nur die Auszahlung des Lohnes.
Regelung über Verfall von Plusstunden bei Arbeitsvertragsende
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg zum Verfall von positives Arbeitszeitguthaben
Das LAG Hamburg führte dazu aus:
2. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 I BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss. Ein nicht ausgeglichenes Arbeitszeitkonto weist bei einer verstetigten Arbeitsvergütung, je nach Stand, Vorleistungen der einen oder der anderen Seite aus. Es gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und drückt damit – in anderer Form – seinen Vergütungsanspruch aus (BAG v. 19.09.2018 – 10 AZR 496/17 – Tz 21). Der Vergütungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus § 611 I BGB. Eines Rückgriffs auf § 612 BGB bedarf es nicht. Der Arbeitnehmer, der im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung tätig wird, erbringt seine Arbeitsleistung zur Erfüllung des Anspruchs des Arbeitgebers aus § 611 I 1 1.HS BGB. Dass erbrachte Arbeitsleistungen zu vergüten sind, bedarf daher – auch im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – keiner zusätzlichen Rechtsgrundlage. Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers gehört zu seinem nach Art. 14 I GG geschützten Eigentum. Eingriffe in das Eigentum sind – selbst auf der Grundlage von Tarifverträgen – nur unter äußerst engen Bedingungen zulässig.3. Die Kammer geht aus diesen Gründen davon aus, dass § 8 der DV Gleitzeit mit Art. 14 I GG nicht vereinbar ist, soweit die Regelung dazu führt, dass ein Arbeitnehmer bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis seinen Anspruch auf Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung verliert.a) Das gilt auch in dem in § 8 VII DV Gleitzeit ausdrücklich geregelten Fall des vorhersehbaren Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Zwar ist das Arbeitszeitkonto primär vom Arbeitnehmer zu steuern (§ 8 V DV Gleitzeit). Im Falle eines vorhersehbaren Ausscheidens dürfte dem Arbeitgeber jedoch eine Mitverantwortung für den Ausgleich des Zeitkontos zukommen, weil dieses durch Art und Umfang der dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben wesentlich beeinflusst wird. Vor einer geplanten Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden Arbeitnehmer typischerweise mit Abschluss- oder Übergabeaufgaben beauftragt, an deren Erledigung der Arbeitgeber regelmäßig ein berechtigtes Interessen hat und deren Übertragung daher billigem Ermessen i.S.v. § 106 S. 1 BGB entspricht. Nach § 8 DV Gleitzeit könnte der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Vergütung nur verlangen, wenn der Arbeitgeber Mehrarbeit angeordnet hat, nicht aber, wenn er den Arbeitnehmer durch die übertragenen Aufgaben daran gehindert hat, sein Zeitguthaben auszugleichen.b) Im Falle der nicht geplanten Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist das Fehlen einer Rechtsgrundlage für einen Eingriff in das Eigentum des Arbeitnehmers noch offensichtlicher. Der Kläger hatte unstreitig keine Möglichkeit, sein Zeitguthaben auszugleichen, denn er war seit seinem Schlaganfall am 03.04.2018 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Unterbrechung arbeitsunfähig. Anders als das Arbeitsgericht vermag die Berufungskammer dieses Ergebnis auch nicht als interessengerecht zu bewerten, weil der Arbeitgeber bei einem Ausscheiden mit Minus-Stunden ebenfalls keinen Ausgleich verlangen kann. Das gilt schon deshalb, weil in der Praxis Minus-Stunden auf Arbeitszeitkonten eher die Ausnahme sind, während Plus-Stunden häufig vorkommen. § 8 VIII der DV Gleitzeit stellt offensichtlich auch keine ausreichende Kompensation dar. Zwar dürfte es ermessensfehlerhaft sein, in Fällen wie dem vorliegenden keine einvernehmliche Lösung zu suchen, zumal § 8 VIII DV Gleitzeit dem Wortlaut nach eine verbindliche Regelung enthält. Nach Auffassung der Kammer kann es dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer aber nicht zugemutet werden, ggf. auf dem Verwaltungsrechtsweg eine Härtefallregelung zu erzwingen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Kanzlei Berlin Marzahn-Hellersdorf