Inhaltsverzeichnis
Betriebsschließung wegen Corona und Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers
Die Corona-Pandemie führt dazu, dass viele Betriebe schließen müssen. Die Arbeitgeber dürfen ihr Unternehmen nicht öffnen und schicken zwangsläufig die Arbeitnehmer nach Hause. Dies führt zwangsläufig zur Frage, ob der Lohn weiterzuzahlen ist.
Schließung des Betriebs und Kurzarbeitergeld
In der Regel bekommen aber die Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, da im Normalfall der Arbeitgeber dann mit den Arbeitnehmern vereinbart, dass Kurzarbeit gelten soll. Die Kurzarbeit ist die Vereinbarung über die Absenkung der regelmäßigen Arbeitszeit bis hin zum 0 Stunden pro Woche (sogenannte „Kurzarbeit Null“). Ende März 2021 wurde der vereinfachte Bezug von KUG und die Einführung von Kurzarbeit bis Ende 2021 verlängert.
vorübergehende Betriebsstilllegung wegen Corona ohne Zahlung von KUG
Es gibt aber Fälle, bei denen es-aus verschiedenen Gründen-kein Kurzarbeitergeld gibt. Der Arbeitnehmer wird nach Hause geschickt (nicht in das Home-Office) und erhält keinen Lohn. Die Frage ist dann, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnzahlung gegenüber dem Arbeitgeber hat, da der Arbeitnehmer ja nichts für die Betriebsschließung des Arbeitgebers kann. Er kann diese auch nicht beeinflussen und schuldet die Erbringung seiner Arbeitsleistung, die er nicht erbringen darf.
Lohnzahlung und Betriebsrisiko des Arbeitgebers in der Pandemie
Man könnte hier der Auffassung sein, dass die Schließung letztendlich das Betriebsrisiko des Arbeitgebers betrifft und für diese Fälle gibt es eigentlich den sogenannten Annahmeverzugslohn, der im § 615 BGB geregelt ist.
Annahmeverzug des Arbeitgebers
Nach § 615 S. 1 BGB hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, ohne zur Nachleistung der Arbeit verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug gerät (§§ 293 ff. BGB). Dies ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellt.
Urteil des Landesarbeitsgericht Düsseldorf zum Betriebsrisiko während der Corona – Pandemie
Mit dieser Frage hatte sich nun das Landesarbeitsgericht Düsseldorf auseinanderzusetzen.
Sachverhalt des LAG Düsseldorf
Eine Arbeitnehmer war vom dem 01.04.2016 bis zum 30.04.2020 bei der Beklagten, die eine Spielhalle betreibt, als Spielstättenmitarbeiterin zu einem Stundenlohn von 9,35 Euro brutto beschäftigt. Pandemiebedingt musste die beklagte Arbeitgeberin auf Grund behördlicher Allgemeinverfügung gezwungen, ihren Betrieb ab dem 16.03.2020 zu schließen. Bei Aufrechterhaltung des Betriebs hätte die klagende Arbeitnehmerin nach ihren Dienstplan im Monat April 2020 insgesamt 62 Stunden gearbeitet. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund ihres Eintritts in den Ruhestand am 01.05.2020 endete, bezog diese kein Kurzarbeitergeld.
Urteil des LAG Düsseldorf
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 30.03.3021 – 8 Sa 674/20) gab der Arbeitnehmerin Recht und führte dazu in seiner Urteilsbegründung (Pressemitteilung vom 30.03.2021) aus:
Die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat der Klägerin ebenso wie das Arbeitsgericht Wuppertal die Vergütung für die ausgefallenen 62 Arbeitsstunden in Höhe von insgesamt 666,19 Euro brutto – bestehend aus Grundvergütung, Nacht- und Sonntagszuschlägen für die geplanten Schichten – zugesprochen. Dies folgt aus § 615 Satz 1 BGB i.V.m. § 615 Satz 3 BGB, weil die Beklagte sich im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung befand. Nach der gesetzlichen Wertung des § 615 Satz 3 BGB trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Dies sind Ursachen, die von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung des Betriebs verhindern. Nach der bisherigen Rechtsprechung erfasst dies auch Fälle höherer Gewalt, wie z.B. Naturkatastrophen, Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse. Um ein solches Ereignis handelt es sich bei der aktuellen Pandemie. Dass die durch die CoronaSchVO bedingte staatliche Schließung dieses Risiko zu Lasten der Spielhalle verwirklichte, ändert daran nichts. Auch eine durch eine Pandemie begründete Betriebsschließung rechnet zum Betriebsrisiko i.S.v. § 615 Satz 3 BGB. Es ist mangels klarer Abgrenzbarkeit nicht darauf abzustellen, ob diese Schließung eine gesamte Branche, die zunächst als solche abzugrenzen wäre, oder nur einzelne Betriebe dieser Branche, ggfs. bundesweit, nur in einzelnen Ländern oder aber örtlich begrenzt erfasst. Deshalb kann nicht auf die Reichweite des behördlichen Verbots abgestellt werden. Ein Fall, in dem die Klägerin ihre Arbeitskraft überhaupt nicht mehr verwerten konnte, was ggfs. zu deren allgemeinen Lebensrisiko gehört, war nicht gegeben.
Rechtsanwalt Andreas Martin
Marzahner Promenade 22
12679 Berlin
Tel.: 030 74 92 1655
Fax: 030 74 92 3818
E-mail: [email protected]
www.anwalt-martin.de
Weitere Artikel zum Thema Arbeitsrecht und Corona
- Corona und Impftermin und Freistellung durch den Arbeitgeber
- Corona- was darf der Arbeitgeber?
- Darf der Arbeitnehmer aufgrund von Corona eine Dienstreise verweigern?
- Corona-Virus und Kündigung
- Arbeitsrecht und Corona
- Neue Home-Office – Verordnung
- Änderungskündigung und Home-Office
- Maskenpflicht am Arbeitsplatz