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Wer ist Beschuldigter im Strafverfahren?
Der Beschuldigte Strafverfahren hat besondere Rechte. Eines der wichtigsten Rechte des Beschuldigten besteht darin, dass dieser die Aussage verweigern kann und von der Polizei über seine Rechte belehrt werden muss. Dies ist ein Unterschied zum Zeugen. Der Zeuge ist grundsätzlich zu einer Aussage verpflichtet. Von daher hat es eine erhebliche Bedeutung, ob man Beschuldigter ist oder Zeuge. Unabhängig davon sollte man, wenn man ernsthaft als Beschuldigter in Betracht kommt immer einen Anwalt aufsuchen und keine Aussage gegenüber der Polizei vornehmen.
Schreiben der Polizei zur Zeugenvernehmung
Nicht selten ist es so, dass Personen von der Polizei angeschrieben werden und eigentlich schon klar ist, dass sich das Strafverfahren gegen diese Person richtet und diese trotzdem als Zeugen zur Sache aussagen sollen. Zu beachten ist, dass auch ein Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht für den Fall hat, dass sie sich selbst belastet. Aber trotzdem ist es ein Unterschied, ob jemand als Beschuldigter schweigt oder als Zeuge von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht mit dem Hinweis, dass er sich ansonsten selbst belasten würde. Vorschnell wird ein als Zeuge geladener “Beschuldigter” Äußerungen zur Sache machen, die sich dann als belastend herausstellen.
Abgrenzung zwischen Zeugen und Beschuldigten
Von daher stellt die Frage, wann man Beschuldigter im Strafverfahren ist? Weiter stellt sich die Frage, ob die Bezeichnung auf dem Vernehmungsbogen der Polizei/Anhörungsbogen oder Vorladung zur Vernehmung ausschlaggebend dafür ist?
Es ist wichtig zu wissen, dass es nicht ausschlaggebend ist, ob die Polizei jemand als Zeuge oder als Beschuldigten bezeichnet. Ob jemand Beschuldigter ist, ist an objektiven Kriterien festzumachen und nicht an einer bloßen Bezeichnung der Strafverfolgungsbehörden.
Von daher ist die Bezeichnung auf dem Anhörungsbogen bzw. der Vorladung zur Vernehmung nicht allein ausschlaggebend.
Beschuldigter im Strafverfahren
Nach der herrschenden Meinung ist der Beschuldigte derjenige, gegen den die Strafverfolgungsbehörden das Verfahren als den für eine Straftat Verantwortlichen betreiben (BGHSt 38,214). Erforderlich für die Bejahung der „Beschuldigteneigenschaft“ ist, dass gegen eine Person gerade „als Beschuldigter“ ermittelt wird, indem Maßnahmen ergriffen werden, die erkennbar darauf abzielen, gegen den Verdächtigen wegen einer Straftat vorzugehen (BVerfG NJW 2000, 3775).
In der Regel ist dafür einen Willensakt der zuständigen Strafverfolgungsbehörden notwendig. Dieser wird in der Regel durch die förmliche Einleitung eines Strafverfahrens deutlich.
Beschuldigter bei Strafanzeige
Etwas einfacher ist es, wenn Ermittlung auf grund einer Strafanzeige geführt werden. Hier ist es so, dass der Verdächtige, also die Person, die in der Strafanzeige genannt ist, immer Beschuldigter des Strafverfahrens ist.
Zeugenvernehmung und Tatverdacht
Die Ermittlungsbehörde muss nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen, ob Tatsachen vorliegen, die auf die nahe liegende Möglichkeit der Täterschaft oder Teilnahme schließen lassen. Insoweit steht der Strafverfolgungsbehärde nach Auffassung ein Beurteilungsspielraum zu, den sie allerdings nicht mit dem Ziel missbrauchen darf, den Zeitpunkt der Belehrung der zu vernehmenden Person möglichst weit hinauszuschieben.
Nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde muss dann von der Zeugen- zu einer Beschuldigtenvernehmung übergegangen werden, wenn sich der Verdacht so verdichtet hat, dass die vernommene Person ernsthaft als Täter in Betracht kommt .
Beispiele aus der Rechtsprechung
Die Beschuldigteneigenschaft einer Person ist in folgenden Beispielen anzunehmen:
- bei Alkoholfahrt wird der Halter des Fahrzeugs in unmittelbarer Nähe des Kfz angetroffen
- Kfz-Halter wird betragt, wer das Fahrzeug zur Tatzeit gefahren ist
- Befragung eines als Fahrer verdächtigen Unfallverursachers
- wenn sich aus dem Ziel, der Gestaltung und den Begleitumständen der Vernehmung der Verfolgungswille des Vernehmungsbeamten ergibt
Belehrung durch Polizei als Beschuldigter zu spät
Die erforderlichen Belehrungen sind erst vorzunehmen, wenn die Auskunftsperson als „Beschuldigter“ oder „Zeuge“ vernommen wird. Dabei muss der Beschuldigte aber über die Belehrung nach § 136 Abs. 1 S. 2 hinaus nicht auch dahin belehrt zu werden, dass er nicht an seine Angaben bei der informatorischen Befragung gebunden ist.
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin