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Fristlose Kündigung wegen des Abwerbens von Arbeitskollegen?
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Andreas Martin – Berlin
Abwerbeverbot und das Abwerben von Arbeitnehmer: Wenn die Arbeit nicht mehr gefällt, sucht sich der Arbeitnehmer eine neue Stelle. Für den Arbeitgeber ist dies in Zeiten von Arbeitskräftemangel oft ein Problem. Noch schlimmer ist es, wenn der Arbeitnehmer nicht nur allein den Arbeitgeber verlässt, sondern noch Kollegen mit zum neuen Arbeitgeber nimmt. Da stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, ob er gegebenfalls schon eher das Arbeitsverhältnis durch fristlose Kündigung beenden kann und darüber hinaus auch einen Anspruch Schadenersatz gegen den Arbeitnehmer hat.
Was ist Abwerben?
Unter dem Begriff der Abwerbung versteht man unter Juristen die Einflussnahme des Abwerbenden auf einen vertraglich gebundenen Arbeitnehmer , um diesen zu einem Arbeitgeberwechsel zu veranlassen.
Als Abwerbende kommen in Betracht:
- Arbeitskollegen
- Wettbewerber
- Headhunter
- Kunden
- Lieferanten
In diesem Beitrag geht es vor allem um das Abwerben unter Mitarbeitern.
Ja, ein solches Recht gibt es außerhalb eines Arbeitsverhältnisses. Das Recht der Abwerbung folgt aus Art. 12 GG (Freiheit der Berufswahl). Dies nützt aber dem Arbeitnehmer wenig, denn sein Abwerberecht besteht nur in engen Grenzen. Darüber hinaus unterliegt ohne auch as Grundrecht aus Art. 12 bestimmten Schranken.
Nein, während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist es einem Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsvertraglichen Treuepflicht untersagt, Mitarbeiter für ein eigenes oder fremdes Unternehmen abzuwerben.
Aus § 241 Abs. 2 BGB folgt eine Rücksichtnahmeverpflichtung des Arbeitnehmers auf die Interessen des Arbeitgebers. Auch besteht im bestehenden Arbeitsverhältnis ein Wettbewerbsverbot. Der Arbeitnehmer darf nicht in Konkurrenz zum Arbeitgeber treten. Dies macht er aber, wenn er Kollegen für ein Konkurrenzbetrieb abwirbt.
Wie oben ausgeführt, besteht im Arbeitsverhältnis ein Abwerbeverbot. Verstößt der Arbeitnehmer dagegen, dann verletzt er eine arbeitsvertragliche (Neben-) Pflicht. Aber nicht jede Pflichtverletzung rechtfertigt sofort eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Erst Abmahnung erforderlich?
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg setzt eine verhaltensbedingte Kündigung wegen des Abwerbeversuchs eines Arbeitskollegen in der Regel eine vorherige Abmahnung voraus (so LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom. 30.8.2012 – 10 Sa 1198/ 12).
Aber auch sofortige außerordentliche Kündigung in schweren Fällen denkbar!
Soweit der Arbeitnehmer aber gleichwohl zielgerichtet und beharrlich andere Kollegen abwirbt bzw. abwerben will, kann das eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.11.1980 – 6 AZR 292/ 78).
Die Folgen für den abwerbenden Arbeitnehmer können sein:
- Abmahnung
- sofortige außerordentliche Kündigung (schwere Fälle)
- Unterlassungsanspruch
- Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers
Nachfolgend beantworte ich häufige Fragen zum Thema: Abwerbeverbot unter Arbeitskollegen.
Wann ist ein Abwerben eine besondere schwere Pflichtverletzung?
Das Abwerben von Arbeitskollegen immer dann besonders problematisch, wenn Druck ausgeübt wird oder der Kollege dazu aufgefordert wird seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu verletzen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.12.1962 – 2 Sa 34/ 62, DB 1963, 871). In solchen Fällen dürfte eine außerordentliche, fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich sein.
Darf ich meine Kollegen über eine Bewerbung unterrichten?
Ja, dies ist zulässig. Eine Kündigung des Arbeitgebers kann nicht darauf gestützt werden, dass ein wechselwillige Arbeitnehmer sein Kollegen über ein Bewerbung oder eine geplante berufliche Veränderung unterrichten.
Darf ich meine Arbeitskollegen über einen Wechsel der Arbeitsstelle informieren?
Ja, dies ist zulässig. Der wechsellwillige Arbeitnehmer kann seine Arbeitskollegen über die Aufgabe seines Arbeitsplatzes und den Antritt einer neuen Stelle bei einem neuen Arbeitgeber unterrichten. Damit liefert er dem Arbeitgeber keinen verhaltensbedingten Kündigungsgrund.
Wann endet die Treuepflicht?
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet die Treuepflicht. Es ist ausgeschiedenen Arbeitnehmern zu diesem Zeitpunkt erlaubt, die früheren Kollegen für ein eigenes Unternehmen oder das eines Dritten gezielt anzusprechen und abzuwerben. Eine Ausnahme kann gelten, wenn ein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart wurde.
Kann ein Abwerben auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses problematisch sein?
Ja, dies ist möglich. Auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses ist eine Abwerbung von Arbeitnehmern unzulässig, wenn mit der Abwerbung ein verwerflicher Zweck verfolgt wird oder bei der Abwerbung verwerfliche Mittel und Methoden angewendet werden, die das Vorgehen insgesamt als sittenwidrig erscheinen lassen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.9.2012 – 10 AZR 370/ 10).
Problematisch sind in diesem Zusammenhang:
- Gewährung von Kündigungshilfen für die abgeworbenen Arbeitnehmer,
- Androhen von Nachteilen/ Ausübung von Druck auf Arbeitnehmer des Konkurrenten
- Locken mit Wechselprämien
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