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betriebsbedingte Kündigungen am BER
An vielen Flughäfen in der Bundespolitik Deutschland, insbesondere auch am Flughafen in Berlin, sind die Auswirkungen der Corona-Krise immer noch spürbar. Zum einen fehlt geeignetes Personal und zum anderen scheint auch die Organisation des Flugbetriebes nicht optimal zu laufen. Ein Grund dafür, weshalb viele Flüge verspätet sind, könnte auch der sein, dass viele Fluggesellschaften während der Hochzeit der Corona-Krise Personal entlassen haben und nun keine geeignetes Personal mehr finden.
2 Kündigungswellen durch Easyjet
Das Arbeitsgericht Cottbus und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Berufungsinstanz) hatte nun über betriebsbedingte Kündigungen der Fluggesellschaft Easyjet zu entscheiden und zwar, ob diese rechtmäßig erfolgt sind. Die Fluggesellschaft hatte nämlich diverse Arbeitnehmer in zwei Kündigungswellen entlassen.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat nun entschieden, dass die Kündigung der ersten Kündigungswelle wirksam sind und die der zweiten Kündigungswelle aber nicht.
Sachverhalt nach dem LAG Berlin-Brandenburg (verkürzt)
Die Fluggesellschaft Easyjet hatte in Folge einer Reduzierung der am Flughafen Berlin-Brandenburg stationierten Flugzeuge mehrere betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen.
Die Fluggesellschaft wollte im November 2020 zunächst 418 Arbeitsplätze abzubauen (1. Kündigungswelle) und dann im Juni 2021 ggfs. weitere 320 Arbeitsplätzen (2. Kündigungswelle). Die Kündigungen erfolgen aus betriebsbedingten Gründen aufgrund der Reduzierung der Flugzeuge am Standort Berlin (BER).
Bei der Fluggesellschaft war in der Zeit von April 2020 bis Juni 2021 Kurzarbeit angeordnet worden.
Gegen diese Kündigungen klagten einige Arbeitnehmer (beider Kündigungswellen) der Fluggesellschaft. Die Kündigungsschutzklage sind zunächst vom Arbeitsgericht Cottbus (1. Instanz) und dann in der Berufungsinstanz vom LAG Berlin-Brandenburg entschieden worden.
Entscheidung der 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg
Die 5. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 12.05.2022, Aktenzeichen 5 Sa 1584/21) hatte über die Kündigungen der ersten Welle zu entscheiden und hielt diese aus betriebsbedingten Gründen für gerechtfertigt und führte dazu in der Pressemitteilung Nr. 18/22 vom 10.08.2022 aus:
„Es sei aufgrund der unternehmerischen Entscheidung zur Reduzierung der am BER stationierten bzw. der als „Flugzeugkontingent“ dem BER zugeordneten Anzahl von Flugzeugen von 34 auf 18 von einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfes auszugehen. Die Beklagte habe schlüssig dargelegt, mit welcher Anzahl von Beschäftigten sie den verbleibenden Bestand an Flugzeugen vom BER aus betreiben wolle. Zwar sei die angeordnete Kurzarbeit ein Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsmangel, Anlass der Kündigung sei jedoch nicht der vorübergehende Arbeitsmangel, sondern die ab Juni 2020 geplante und ab Dezember 2020 umgesetzte Reduzierung des Flugzeugkontingents.“
Entscheidung der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg
Die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.06.2022, Aktenzeichen 9 Sa 1637/21) hatte über die Kündigungen der zweiten Welle zu entscheiden und hielt diese für nicht wirksam und führte dazu in der Pressemitteilung Nr. 18/22 vom 10.08.2022 aus:
„Nach Vortrag der Fluggesellschaft habe mit der unternehmerischen Entscheidung im Oktober 2020 nur der Abbau von 418 Positionen festgestanden. Entsprechend hätten sich die zunächst nicht gekündigten Beschäftigten auch weiterhin in Kurzarbeit befunden. Da Kurzarbeit und der Bezug von Kurzarbeitergeld einen vorübergehenden Arbeitsmangel voraussetze, spreche dies für die Annahme eines nur vorübergehenden Arbeitsmangels hinsichtlich des verbleibenden Personals. Eine behauptete weitere, nicht schriftlich abgefasste unternehmerische Entscheidung bleibe vage, ein dauerhafter Wegfall von Arbeitsplätzen lasse sich auf dieser Grundlage nicht feststellen. Zudem könne allein die Reduzierung der Zahl der dem BER zugeordneten Flugzeuge die Kündigung auch deshalb nicht rechtfertigen, weil es um einen Abbau von mehr Arbeitsplätzen gehe, als dies rechnerisch der Reduzierung der Flugzeuge entspreche. Die damit vorliegende Entscheidung, künftig mit weniger Personal arbeiten zu wollen, sei vom Kündigungsentschluss nicht zu unterscheiden und müsse nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit näher erläutert werden.“
Anmerkung:
Auch hier sieht man mal wieder, das betriebsbedingte Kündigungen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit schwer abzuschätzen sind. Der Arbeitgeber muss hier ausreichend vor Gericht vortragen (wenn der Sachverhalt dies hergibt), ansonsten besteht die Gefahr, dass die Kündigungen unwirksam sind. Zu beachten ist aber, dass dies nur die Kündigungen der 2. Welle betrifft (Stand jetzt – vielleicht geht es ja noch zum BAG) und nur die Arbeitnehmer, die auch geklagt haben. Von daher sollte in der Regel der Arbeitnehmer – notfalls ohne Anwalt – gegen jede Kündigung des Arbeitgebers klagen, wenn nur „leistete Zweifel“ an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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juristische Begriffe erklärt: heute Abfindung (Kündigung)
Was eine Abfindung ist, wissen viele Bürger. Es gibt aber auch viele Missverständnisse vor allem im Hinblick auf die Abfindung für Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers.
Ein häufiger Fehler ist zu glauben, dass jeder Arbeitnehmer, der betriebsbedingt gekündigt wird, einen Anspruch auf auf die Zahlung einer Abfindung hat. Dies ist nicht richtig. Eine Abfindung wird in der Regel dann gezahlt, wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung hat oder der Arbeitgeber keine „richtigen“ Gründe für die Kündigung hat und den Arbeitnehmer eine Abfindung an Stelle des Arbeitsplatzes anbietet.
Ein Anspruch auf Abfindung hat der Arbeitnehmer meistens dann, wenn
- ein Sozialplan eine Abfindung vorsieht
- der Arbeitgeber eine Abfindung zusammen mit der Kündigung angeboten hat und der Arbeitnehmer dieses Angebot annimmt (§ 1 a KSchG)
- der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt und einen Auflösungsantrag stellt, da die Weiterarbeit ihm nicht mehr zumutbar ist
Bei der Erhebung der normalen Kündigungsschutzklage hat der Arbeitnehmer meist keinen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung. Die Abfindung wird aber dennoch meist in der ersten mündlichen Verhandlung im Arbeitsrechtsstreit (Güteverhandlung) als Möglichkeit um den Rechtsstreit schnell zu beenden angeboten. Vor Gericht findet dann meist ein „Kuhhandel“ statt. Der Arbeitnehmer möchte nicht mehr beim Arbeitgeber arbeiten, will aber wenigstens Geld für den Verlust des Arbeitsplatzes. Der Arbeitgeber hat keine Lust mehr den „frechen Arbeitnehmer“, der sich getraut hat gegen die Kündigung vorzugehen, weiterzubeschäftigen und bietet eine Abfindung an. Es kommt zur Einigung vor Gericht. Eine Sperre bekommt der Arbeitnehmer bei gerichtlicher Einigung nicht.
Wichtig ist, dass der Arbeitgeber nur dann eine Abfindung anbieten wird, wenn er meint, dass er im Verfahren vor dem Arbeitsgericht keine guten Chancen hat. Wenn er meint, dass er mit seiner Kündigung durchkommt, macht es keinen Sinn eine Abfindung anzubieten, da die Kündigungsschutzklage dann wohl – wenn der Arbeitgeber mit seiner Einschätzung richtig liegt – wohl abgewiesen wird und der Arbeitnehmer weder den Arbeitsplatz zurück, noch eine Abfindung bekommt. Gerade im Kleinbetrieb und bei einer Kündigung in der Probezeit (innerhalb der Wartezeit) ist es oft schwer eine Abfindung zu erhalten. Eine Ausnahme gilt dann, wenn besonderer Kündigungsschutz (Schwangerschaft etc) besteht.
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