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Wie hoch ist die Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag?
Abfindung beim Aufhebungsvertrag
Abfindung und Aufhebungsvertrag werden oft im Zusammenhang gesehen. Der Grund ist, dass ein Auflösungsvertrag nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers geschlossen werden kann. Der Arbeitgeber muss von daher dem Arbeitnehmer die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses schmackhaft machen, zumal hier fast immer eine Sperre beim Arbeitslosengeld droht. Von daher bietet sich für den Arbeitgeber an, dem Arbeitnehmer hier eine Abfindung als Entlassungsentschädigung anzubieten. Oft wird dann noch für den Fall der Weigerung eine Kündigung des Arbeitsvertrag angedroht. Dies muss aber nicht zwangsläufig so sein.
Hier stellen sich verschiedene Fragen, auf die oft sowohl Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine sicheren Antworten haben, wie zum Beispiel, ob ein Anspruch auf eine Abfindung besteht und in welcher Höhe eine solche Abfindung im Aufhebungsvertrag gezahlt wird.
Muss beim Aufhebungsvertrag eine Abfindung gezahlt werden?
Nein, grundsätzlich besteht keine Pflicht des Arbeitgebers bei einem Aufhebungsvertrag eine Abfindung an den Arbeitnehmer zu zahlen. Es kann sich in wenigen Ausnahmefällen eine solche Verpflichtung ergeben, wenn der Arbeitgeber zuvor zum Beispiel dem Arbeitnehmer eine Abfindung zugesagt hat, was selten vorkommen dürfte. Der Arbeitgeber kann aber eine Abfindung zahlen und wird dies in der Regel machen, wenn er ein großes Interesse daran hat, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag schließt.
Wie hoch wäre eine solche Abfindung beim Abschluss eines Auflösungsvertrages?
Wie auch bei einer Klage nach der Kündigung ist es so, dass die Höhe der Abfindung reine Verhandlungssache ist. Diese ist individuell festzulegen. Hier spielen Interessen beider Seiten eine erhebliche Rolle, insbesondere, wie stark der Arbeitgeber tatsächlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer anstrebt und was er dazu bereit ist zu tun. In der Regel ist es so, dass der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern, die schwer zu kündigen sind und die er aus dem Betrieb haben möchte, versucht, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch Auflösungsvertrag aufzuheben. Hier wird der Arbeitgeber in der Regel auch notfalls eine Abfindung zahlen, da er ansonsten kaum eine Möglichkeit hat das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Wo steht beim Aufhebungsvertrag die Abfindung?
Falls eine Abfindung im Aufhebungsvertrag vereinbart ist, findet man diese im Vertragstext. Dort kann dann zum Beispiel stehen:
„Der Arbeitgeber zahlt an den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von XXXX € brutto. Die Abfindung ist mit Abschluss des Vertrages zur Zahlung fällig. Dieses bereits jetzt entstanden und vererblich.“
Wie kann der Arbeitnehmer bestmöglich eine Abfindung aushandeln?
Der Arbeitnehmer muss sich darüber im Klaren sein, wie seine Karten aussehen. Falls er nur schwer zu kündigen ist, dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein allgemeiner Kündigungsschutz (das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung) gilt und der Arbeitnehmer bereits lange Unternehmen beschäftigt ist oder beim Bestehen von Sonderkündigungsschutz. Falls dies der Fall ist, muss sich der Arbeitnehmer dessen auch bewusst sein. Man sollte also immer die eigene Verhandlungsposition kennen. Diese wird man in der Regel an den Chancen in einem möglichen Kündigungsschutzprozess festmachen. Als Einstieg kann hier die sogenannte Abfindungsformel herangezogen werden. Hier kann aber ohne Probleme nach oben abgewichen werden, da diese Abfindungsformel in der Regel keine Relevanz für die tatsächliche Höhe der Abfindung hat.
Wie hoch ist die Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag und weshalb hat die Abfindungsformel keine Bedeutung?
Beim Arbeitsgericht Berlin ist die allgemeine Abfindungsformel ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Arbeitsjahr. Der Grund, weshalb die Abfindungsformel der Arbeitsgerichte beim Aufhebungsvertrag keine Relevanz hat, ist, dass diese Formel nur für den Fall entwickelt wurde, dass das Arbeitsgericht von sich aus-beim Stellen eines erfolgreichen Auflösungsantrags-dem Arbeitnehmer eine Abfindung zuspricht. Die Abfindungsformel ist eher eine allgemeine Orientierung als ein verbindlicher Rechtssatz.
Weshalb werden beim Auflösungsvertrag und oft dennoch Abfindungen gezahlt?
Der Grund dafür ist der, dass der Arbeitgeber, wenn er dem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag anbietet, in der Regel ein Eigeninteresse an der Aufhebung/Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ohne Probleme das Arbeitsverhältnis kündigen kann, wird er in der Regel sofort kündigen, da die Kündigung eine einseitige Willenserklärung ist und eine Zustimmung des Arbeitnehmers nicht erforderlich ist. Den schwierigeren Weg über ein Aufhebungsvertrag wird von daher Arbeitgeber erst dann wählen, wenn er den Arbeitnehmer nicht ohne weiteres kündigen kann. Um zu erreichen, dass der Arbeitnehmer hier faktisch ebenfalls bereit ist sein Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden und gegebenenfalls sogar eine Sperre beim Arbeitslosengeld hinzunehmen, wird versucht dem Arbeitnehmer die Beendigung möglichst schmackhaft zu machen in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung anbietet. Dies kommt in der Praxis recht häufig vor. Ein Anspruch darauf besteht aber-wie oben ausgeführt-nicht.
Wie kann der Arbeitgeber erreichen, dass der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufhebt?
Wie bereits ausgeführt wurde, machen oft Arbeitgeber den Arbeitnehmern den Auflösungsvertrag mittel Vergünstigungen“schmackhaft“. Dies muss aber nicht immer so sein. Wenn zum Beispiel eine Verfehlung des Arbeitnehmers vorliegt, die eigentlich zur Kündigung nicht ausreichen durfte, dann kommt es nicht selten vor, dass Arbeitgeber versuchen dies auszunutzen und dem Arbeitnehmer dann vor die Wahl stellen, ob dieser einen Aufhebungsvertrag schließt oder ob dann das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Auch hier sollte der Arbeitnehmer sich anwaltlich beraten lassen und standhaft bleiben. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings bereits entschieden, dass es zulässig ist, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hier recht wenig Bedenkzeit beim Abschluss des Aufhebungsvertrages einräumt. Nur wenn er dessen verminderte Widerstandskraft bewusst ausnutzt, weil zum Beispiel der Arbeitnehmer erkrankt ist, kann ein solcher Vertrag anfechtbar sein. Dies sollte auf jeden Fall ein Rechtsanwalt überprüfen, falls der Arbeitnehmer tatsächlich einen solchen Vertrag geschlossen hat.
Was passiert in der Regel, wenn der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht abschließen möchte?
Oft drohen Arbeitgeber dann damit, dass sie das Arbeitsverhältnis mittels Kündigung beenden werden. Dies geschieht dann auch recht oft tatsächlich, allerdings sehe ich darin selten keinen Nachteil für den Arbeitnehmer. Ganz im Gegenteil. Der Arbeitnehmer fährt oft besser, wenn er den Abschluss eines Aufhebungsvertrages ablehnt. Der Arbeitnehmer muss dann aber gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage vorgehen, ansonsten ist er „aus dem Spiel“ und wird keine Abfindung mehr erhalten.
Nach der Klageerhebung gibt es einen Gütetermin und fast immer wird dort arbeitgeberseitig eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes angeboten und wenigstens der Abfindungsbetrag gezahlt, der im Aufhebungsvertrag angeboten wurde, meistens aber mehr.
Der Unterschied zwischen dem gerichtlichen Vergleich und dem Auflösungsvertrag besteht darin, dass beim gerichtlichen Vergleich dem Arbeitnehmer in der Regel keine Sperre beim Arbeitslosengeld I droht. Zudem hat der Arbeitnehmer durch den Gerichtsvergleich einen vollstreckbaren Titel und hat mehr Einfluss auf den Inhalt der Abfindungsvereinbarung. In der Regel ist von daher dieser Weg oft besser.
Kündigung oder Aufhebungsvertrag, was ist besser?
Die Frage, ob eine Kündigung des Arbeitgebers oder ein Aufhebungsvertrag besser ist, wird oft gestellt. Die Arbeitgeberkündigung ist oft für den Arbeitnehmer günstiger, da er die Möglichkeit hat dann für den Arbeitgeber ein entsprechendes Prozessrisiko durch Erhebung der Kündigungsschutzklage zu schaffen und der Arbeitgeber hat dann eine recht hohe Hürde zu nehmen, um vor dem Arbeitsgericht die Kündigung auch rechtfertigen zu können. Oft wird der Arbeitgeber dann abwägen, ob es nicht besser es einen wirtschaftlichen Weg zu bestreiten und dem Arbeitnehmer eine Abfindung anzubieten, um das Kündigungsschutzverfahren zu beenden. Macht er dies nicht, läuft er Gefahr, dass er eventuell Lohn nachzahlen muss (Annahmeverzugslohn), wenn er den Kündigungsschutzprozess verliert. Von daher kommt es häufiger vor, dass im Kündigungsschutzverfahren der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer-meistens im Gütetermin -einen Vergleich anbietet und damit auch die Zahlung eine Abfindung.
Ist die Eigenkündigung eine Alternative?
Die Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist oft schlechter als der Aufhebungsvertrag, weil der Arbeitnehmer nach einer Eigenkündigung in der Regel keine Abfindung erhält.Die Möglichkeit eine Abfindung dann noch zu erstreiten, sind sehr gering.
Welche Kriterien spielen bei der Höhe einer Abfindung eine Rolle?
Die Kriterien die beim Aufhebungsvertrag im Bezug auf die Höhe einer möglichen Abfindung erheblich sind, sind die gleichen, wie auch im Kündigungsschutzverfahren. Hier spielen insbesondere folgende Faktoren eine Rolle:
– Dauer des Arbeitsverhältnisses
– Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt
– Sozialdaten des Arbeitnehmers
– Sonderkündigungsschutz des Arbeitnehmers
– allgemeiner Kündigungsschutz
– -Prozessrisiko für den Arbeitgeber insgesamt
– Höhe des Monatslohn des Arbeitnehmers
– Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb
– -Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmern Arbeitgeber
Je schwieriger es für den Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zu kündigen und umso mehr der Arbeitgeber letztendlich die Lösung vom Arbeitnehmer anstrebt, umso besser sind die Chancen eine Abfindung in erheblicher Höhe auszuhandeln.
Kann man die Höhe einer Abfindung vorhersagen?
Nein, dies geht jedenfalls in den meisten Fällen nicht.
Hier sollte man beachten, dass jegliche Vorhersage der konkreten Abfindungshöhe-auch durch einen Rechtsanwalt-unseriös ist, sofern nicht ausnahmsweise ein Abfindungsanspruch besteht. Niemand kann vorhersagen, in welcher Höhe der Arbeitgeber tatsächlich eine Abfindung zahlen wird. Auch die Abfindungsformel kann hier häufig dazu führen, dass Arbeitnehmer sich erheblich über ihre Möglichkeiten täuschen. Die Beratung durch einen Anwalt ist von daher unumgänglich.
Welche Gefahren gehen beim Abschluss eines Auflösungsantrag für den Arbeitnehmer aus?
Beim Arbeitnehmer besteht immer das Risiko, dass der Aufhebungsvertrag eine Vielzahl von negativen Regelungen enthält, was in der Praxis oft so ist. Oft gibt es auch eine große Erledigungsklausel/ Ausgleichsklausel mit entsprechenden Ausschüssen am Ende des Vertrages, die dazu führt, dass alle Ansprüche, die dort nicht im Aufhebungsvertrag geregelt sind, verfallen. Dies allein ist schon bedenklich. Der Arbeitnehmer muss sich darüber im Klaren sein, dass der Vertrag über die Aufhebung und Abwicklung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber gestellt wird und in der Regel eine Vielzahl von allein für den Arbeitgeber günstigen Regelung enthält, auch wenn dies für den Arbeitnehmer oft gar nicht ersichtlich ist.
Darüberhinaus droht dem Arbeitnehmer auch fast immer eine Sperre beim Arbeitslosengeld I, auf jeden Fall dann, wenn die Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde.
Aber selbst wenn die Kündigungsfrist im Vertrag eingehalten wurde, wird er in der Regel-wegen der Aufgabe seines Arbeitsplatzes-der Arbeitnehmer eine Sperre beim Arbeitslosengeld eins erhalten. Arbeitgeber versuchen dies aufgrund dazu spielt und tun so, als wenn es diese Sperre grundsätzlich nicht gibt, wenn zum Beispiel eine Abfindung gezahlt wird. Dies ist grundsätzlich nicht so. Es gibt zwei der Entscheidung des Bundessozialgerichts, wonach in bestimmten Fällen eine Sperre nicht verhangen werden darf, allerdings würde ich mich als Arbeitnehmer nicht darauf verlassen, dass all diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, zumal diese auch recht schwierig zu prüfen sind.
Muss eine Abfindung versteuert werden?
Ja auch eine Abfindung ist zu versteuern. Das Einkommenssteuergesetz (EStG) sieht hier eine steuerliche Besserstellung des Arbeitnehmers vor, die sog. „Fünftelregelung“ (§ 34 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Auch ist zu beachten, dass auf dem Abfindungsbetrag keine Sozialversicherungsabgaben abzuführen sind. Dies ist eine Besonderheit und macht es von daher attraktiv auch entsprechende Ansprüche in einem Paket als Abfindung zu vereinbaren.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin – Marzahn – Hellersdorf
Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung
Arbeitszeit und Erfassung
Arbeitszeit der Arbeitnehmer ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Geregelt ist dies im Arbeitszeitgesetz (§ 2 Abs. 1 ArbZG). Hierzu gilt es viele Fragen, insbesondere, ob der Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet ist und was alles zur Arbeitszeit gehört.
aktuelle Entscheidung des BAG zur Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 13. September 2022, Az. 1 ABR 22/21) hat nun eine allgemeine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erfassung der betrieblichen Arbeitszeit angenommen, welche sich aus dem Arbeitsschutzgesetz (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG) ergibt. Diese Entscheidung des BAG ist bahnbrechend und ist auch für viele Arbeitsrechtler überraschend.
Gesetzliche Grundlagen zur Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung
Die rechtlichen Grundlagen zur Arbeitszeit findet man im Arbeitszeitgesetz. Die Grundlage für die Erfassung der Arbeitszeit ist – nach dem 1. Senat des BAG – das Arbeitsschutzgesetz.
Beginn und Ende der Arbeitszeit
Der Beginn und das Ende der Arbeit richten sich nach der jeweiligen Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag. Der Arbeitgeber muss aber im Arbeitsvertrag den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit oder auch Schichtarbeitszeiten nicht regeln. Er kann dies auch im Wege seines Direktionsrechts festlegen und auch ändern.
Verteilung
Wie oben ausgeführt, kann der Arbeitgeber die Verteilung bzw. zeitliche Lage der Arbeitszeit (Beginn, Ende, Pausenzeiten, Schichtarbeit) aufgrund seines Direktionsrechts einseitig bestimmen. Es gelten hierbei die Grundsätzen des billigen Ermessens gemäß § 315 BGB.
In folgenden Fällen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine bestimmte Lage seiner Arbeitszeit:
– bei Bestehen einer gesetzlichen Regelung
– bei Bestehen einer tarifvertraglichen Regelung
– bei Bestehen einer arbeitsvertraglichen Regelung
– bei Bestehen einer mündlichen Zusage über die Lage
regelmäßige Arbeitszeit
Die regelmäßige Arbeitszeit hat der Arbeitgeber (im Arbeitsvertrag) anzugeben. Der Arbeitnehmer muss wissen, zu welcher Arbeitsleistung er verpflichtet ist. Diese steht im direkten Zusammenhang zur Vergütung. Es macht einen Unterschied, ob man für € 1.000 brutto im Monat an 15 h oder 30 h arbeiten muss. Auch fängt z.B. bei einer 40-Stunden-Wochen die erste Überstunde bei der 41. Wochenstunde an.
fehlender Regelung im Arbeitsvertrag
Fehlt eine Regelung im Arbeitsvertrag über die regelmäßige Arbeitszeit dann gilt zunächst die betriebsübliche Arbeitszeit.
Arbeitszeitkonto
Arbeitgeber können im Arbeitsvertrag das Führen eines Arbeitszeitkontos vereinbaren. Dies kommt in der Praxis nicht ganz so oft vor. Eine Ausnahme ist hier die Zeitarbeit. Der Arbeitgeber kann nicht einseitig ein entsprechendes Arbeitszeitkonto im Betrieb einführen. Eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag muss konkret und zulässig sein. Hieran scheitert es in der Praxis nicht selten.
Überschreitung der Arbeitszeit
Nicht jede Überschreitung der Arbeitszeit führt zu Überstunden. Man muss unterscheiden zwischen Mehrarbeit und Überstunden.
Eine Mehrarbeit liegt vor, wenn vereinbarte tägliche Arbeitszeit überschritten wird, aber der Arbeitnehmer noch unter oder gleich der regelmäßigen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag arbeitet.
Überstunden liegen dann vor, wenn der Arbeitnehmer die regelmäßigen Arbeitszeit im Arbeitsvertrag – welche meist eine Wochenarbeitszeit ist – überschreitet.
Dies hört sich kompliziert an, ist es aber nicht.
Beispiele für Überstunden und Mehrarbeit
Anhand von zwei Beispielen soll dies kurz erläutert werden:
Beispiel für Mehrarbeit: Der Arbeitnehmer hat laut Arbeitsvertrag eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche. Im Normalfall arbeitet der 8 Stunden am Tag und an 5 Tagen die Woche. Am Montag und Dienstag arbeitet er jeweils 10 Stunden und überschreitet von daher die tägliche Arbeitszeit um jeweils 2 Stunden.Dafür hat Arbeitnehmer aber den halben Freitag frei. Es liegen keine Überstunden vor, da da der Arbeitnehmer in der Woche nicht mehr als 40 Stunden gearbeitet hat. Maßstab ist die wöchentliche Arbeitszeit.
Beispiel für Überstunden: Wie das obige Beispiel, allerdings überschreitet der Arbeitnehmer an jedem Tag die tägliche Arbeitszeit um 1 Stunde. Bei der 5-Tage-Woche arbeitet er also 45 Stunden die Woche. Es liegen fünf Überstunden vor, da die regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche beträgt und er an 45 Stunden gearbeitet hat. Entscheidend also immer die regelmäßige Arbeitszeit, die meist pro Woche vereinbart wird.
Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit beim Teilzeitbeschäftigten
Nach dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25.04.2007 – 5 AZR 504/06) führte das dauerhafte Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit beim Teilzeitbeschäftigten nicht ohne weiteres dazu, dass dann die tatsächliche (höhere) Arbeitszeit dann als vereinbarte Arbeitszeitregelung auch für die Zukunft gilt. Es müssen zusätzliche Umstände hinzutreten, zum Beispiel eine Erklärung des Arbeitgebers, um eine höhere Arbeitszeit dann auch für die Zukunft als Rechtsanspruch zu begründen. Der Hintergrund ist der, dass die Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit eine tatsächliche Handlung ist, aber keine Vertragsänderung. Um eine solche Vertragsänderung – also Erhöhung der Arbeitszeit anzunehmen – müssen zusätzliche Umstände vorliegen.
Was ist Teilzeit?
Teilzeit besteht in einem Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitnehmer wöchentlich weniger als die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer des Betriebes arbeitet.
Grundsätzlich verringert sich mit der reduzierten Arbeitszeit auch die Vergütung des Arbeitnehmers.
Was sind besondere Formen der Teilzeit?
Besondere Formen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt. Dies ist die in § 12 TzBfG geregelte „Arbeit auf Abruf“ und die in § 13 TzBfG geregelte „Arbeitsplatzteilung“.
Was ist Brückenteilzeit?
Arbeitnehmer können einen Anspruch auf die zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit haben. Geregelt sind die Voraussetzungen in § 9a TzBfG i.V.m. § 8 TzBfG. Umgangssprachlich wird diese Form der zeitliche begrenzten Teilzeitarbeit als „Brückenteilzeit“ bezeichnet. Der Anspruch auf Brückenteil kann erst geltend gemacht werden, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat.
Muss der Arbeitgeber die Arbeitszeiterfassung?
Ja, nach der aktuellen Scheidung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 13. September 2022, Az. 1 ABR 22/21) ist der Arbeitgeber verpflichtet die Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer grundsätzlich zu erfassen und aufzuzeichnen. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist, ob ein Betriebsrat existiert und wie viele Arbeitnehmer dort tätig sind. Jeder Arbeitgeber in der Bundesrepublik ist verpflichtet eine Arbeitszeiterfassung einzuführen.
Aufgrund welcher rechtlichen Bestimmung ist der Arbeitgeber zur Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet?
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts leitet diese Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung aus dem Arbeitsschutzgesetz her. Genau aus der Norm des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG. Das BAG führt dazu aus:
Bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen.
Sonderformen der Arbeitszeit
Es gibt einige Sonderformen bzw. Sonderfälle, bei denen nicht ganz klar ist, ob eine vergütungspflichtige Arbeitszeit vorliegt oder nicht.
Arbeitsbereitschaft
Arbeitsbereitschaft ist nach der Definition des BAG die „wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“. Die Arbeitsbereitschaft kann sowohl an der Arbeitsstätte, aber auch in der eigenen Wohnung ausgeübt werden. Der Arbeitnehmer muss jederzeit damit rechnen, eine bestimmte Tätigkeit erbringen zu müssen. Die Arbeitsbereitschaft muss nicht immer vergütungspflichtige Arbeitszeit sein. Der Umfang der Beanspruchung – zur Bestimmung, ob es sich um Arbeitszeit handelt oder nicht – ist im Einzelfall anhand einer umfassenden Gesamtwürdigung festzustellen. Je mehr Vorgaben und Einschränkungen existieren (z.B. kein Verlassen der Wohnung/ Einhaltung einer bestimmten Reaktionszeit oder Zeit, um den Arbeitsplatz zu erreichen), um so mehr spricht dafür, dass die Zeit, wie Arbeitszeit zu vergüten ist.
Bereitschaftsdienst
Bereitschaftsdienst ist in der Regel strenger und mit mehr Vorgaben verbunden, wie die Arbeitsbereitschaft. Der Arbeitnehmer muss sich nicht nur bereithalten, sondern sich an einer vom Arbeitgeber festgelegten Stelle aufhalten und jederzeit bereit zu sein, seine volle Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen zu können. Bereitschaftsdienst ist eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung und muss von daher bezahlt werden. Der Bereitschaftsdienst muss aber nicht wie Vollarbeit vergütet werden, sondern eine geringere Vergütung ist möglich.
Rufbereitschaft
Die Rufbereitschaft verpflichtet den Arbeitnehmer, sich an einem selbst gewählten, dem Arbeitgeber bekannt zu gebenden Ort auf Abruf bereitzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufnehmen zu können oder sich sonst mithilfe technischer Vorkehrungen außerhalb der Arbeitszeit verfügbar zu halten. Der Arbeitnehmer kann seinen Aufenthaltsort frei bestimmen. Die Rufbereitschaft beginnt in dem Zeitpunkt, von dem an der Arbeitnehmer verpflichtet ist, auf Abruf Arbeit aufzunehmen, und endet in dem Zeitpunkt, in dem diese Verpflichtung endet. Da sie nicht mit der „normalen“ Arbeitsleistung identisch ist, besteht bei der Rufbereitschaft in der Regel kein Anspruch auf Bezahlung als Arbeitsleistung. Eine eingeschränkte Vergütungspflicht ergibt sich aber häufig aus Tarifverträgen. Auch kommt es hier immer auf den Einzelfall an. Auch hier gilt, je mehr Vorgaben und Einschränkungen existieren, um so stärker nähert man sich der Schwelle zur Vergütungspflicht.
Bezeichnung unerheblich
Auch ist die Bezeichnung der Arbeitszeit als „Rufbereitschaft“/ „Bereitschaftsdienst“ etc, unerheblich, es kommt immer darauf an, welche Vorgaben vorliegen. Es bringt dem Arbeitgeber also nicht, wenn er den Arbeitnehmer zum Bereitschaftsdienst verpflichtet und dies „Rufbereitschaft“ nennt.
Änderung des Arbeitsvertrags
Die regelmäßige Arbeitszeit kann im Arbeitsvertrag geändert werden. Dies geht durch einen Zusatz oder sogar durch eine komplette Neugestaltung des Arbeitsvertrags. Die gesetzlichen Vorgaben (Arbeitszeitgesetz) müssen dabei beachtet werden. Der Arbeitnehmer muss einer Änderung (Vertragsänderung) seines Arbeitsvertrags nicht zustimmen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht
Corona-Test aus Internet – Kündigung wirksam?
Kündigung wegen falschen Corona-Online-Test
Die Kündigung wegen der Fälschung von Impfzertifikaten durch Arbeitnehmer oder die Verwendung von gefälschten Impfpässen ist derzeit bereits von mehreren Arbeitsgerichten als legitim beurteilt worden. Es gibt nun immer mehr Entscheidungen der Arbeitsgerichte dazu. Die Tendenz geht klar in Richtung, dass hier „Betrügereien“ der Arbeitnehmer in der Regel eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Es wird hier zur Übersicht der einzelnen Entscheidungen auf meinen Artikel zur „Impfpflicht in der Gesundheitsbranche“ verwiesen. Dort sind aktuelle Entscheidungen zum Thema Corona und Kündigung aufgelistet.
Corona-Test aus Internet – Kündigung wirksam oder nur Abmahnung?
Hier geht es nun aber darum, ob die Vorlage eines ungeprüften negativen Coronatest, den sich ein Arbeitnehmer aus dem Internet bezogen hat, grundsätzlich als Kündigungsgrund ausreicht. Darf der Arbeitgeber aufgrund einer solchen ungeprüften Testbescheinigung das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden? Es geht hier also nicht um gefälschte Impfausweise, sondern nur um ungeprüfte „Online-Corona-Tests“.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld
Das Arbeitsgericht Bielefeld (Urteil vom 24.3.2022 – 1 Ca 2311/21) hat dies verneint und war der Meinung, dass der Arbeitgeber hier allenfalls hätte abmahnen dürfen. Für eine Kündigung reichte der Sachverhalt nach Meinung der Arbeitsrichter nicht aus.
Fall des Arbeitsgerichts Bielefeld
Der Fall war wie folgt:
Der Arbeitnehmer war auf einen städtischen Bauhof beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst der Kommunen. Beim Bauhof gab es ab dem 22.11.2021 nach § 28 b IFSG eine 3G-Regel am Arbeitsplatz. Nach dieser Regelung mussten alle Arbeitnehmer durch Nachweiskontrollen die Voraussetzungen der 3G-Regel täglich erfüllen und dies musste Arbeitgeberseits überwacht werden.
Von Seiten des Bauhofs wurde alle nicht geimpften Arbeitnehmer ab dem 24.11.2021 tägliche Tests unter Aufsicht angeboten. Der nicht geimpfte Kläger machte von diesem Angebot ab dem 24.11.2021 täglich Gebrauch und wurde stets negativ getestet.
In den folgenden Tagen kam es auf dem Bauhof zu gehäuften Corona-Erkrankungen. Der Arbeitnehmer hatte in dieser Woche erstmalig auch ein Testzertifikat über die Internetseite Dr. B. bezogen. Das Gesundheitsministerium des Landes NRW warnte allerdings seit dem 28.11.2021 vor diesen „nicht verkehrsfähigen Testnachweisen“. Die Verwendung solcher „Online – Tests“ im Rechtsverkehr stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden könne. Es braucht nicht näher ausgeführt werden, dass diese „Testnachweise“ keine solche sind.
Am 7.12.2021 wurde der Arbeitnehmer zum Personalgespräch geladen und ihm wurde mitgeteilt, dass es sich bei der Vorlage des Testnachweises um eine Straftat handeln könnte und außerdem eine fristlose Kündigung beabsichtigt sei. Ab dem 8.12.2021 war der Arbeitnehmer dann arbeitsunfähig krank.
Am 15.12.2021 erfolgte die außerordentliche, vorsorglich ordentlich Kündigung durch den Arbeitgeber.
Gegen diese Kündigungen wehrte sich der Arbeitnehmer/ Kläger mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Bieldefeld.
Entscheidung zu Gunsten des Arbeitnehmers
Das Arbeitsgericht Bielefeld gab dem Arbeitnehmer Recht und führte dazu aus:
Die streitbefangene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet.
Ein „wichtiger Grund“ zur Kündigung kann nicht nur in der erheblichen Verletzung einer vertraglichen Hauptleistungspflicht liegen. Auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Hinsichtlich der Vorlage eines Negativtests aus dem Internet steht das ArbG Hamburg in seiner Entscheidung vom 31.03.2022 – 4 Ca 323/21 auf dem Standpunkt, die Vorlage eines Testzertifikats, das unzutreffend bescheinigt, der Antigen-Schnelltest sei von dem Leistungserbringer i.S.d. § 6 Abs. 1 TestV selbst durchgeführt worden, in der Absicht, den in § 28 b Abs. 1 Satz 1 IfSG geregelte Nachweispflicht zu umgehen, sei „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dabei komme es nicht auf die strafrechtliche Würdigung des Sachverhalts an. Entscheidend sei vielmehr der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensbruch.
Der Auffassung des ArbG Hamburg kann allerdings nicht zugestimmt werden. Erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz Dritter liegen nach Ansicht der Kammer erst dann vor, wenn das Testergebnis, das bescheinigt wird, ein unzutreffendes Testergebnis ist. Der Beklagten ist es deshalb nicht gelungen, dem Kläger nachzuweisen, dass er ein gefälschtes Gesundheitszeugnis vorgelegt hatte. Er hatte der Beklagten „lediglich“ ein nicht gültiges Testzertifikat vorgelegt.
Legt der Kläger vor Betreten der Arbeitsstätte dem Arbeitgeber einen aufgrund des Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht ordnungsgemäßen Testnachweis vor, erfüllt er nach Ansicht der Kammer die nach § 28 b Abs. 3 Satz 2 IfSG obliegende Nachweispflicht. Damit darf der Arbeitnehmer den Betrieb nicht betreten und verliert den Entgeltanspruch. Er hat dadurch selbst mindestens eine Ordnungswidrigkeit begangen und die Beklagte in Gefahr gebracht, dass sie sich ebenfalls bußgeldpflichtig macht, indem sie Arbeitnehmer beschäftigt, die kein gültiges Negativattest vorgelegt haben.
Der Kammer fehlt jedes Verständnis für die Vorlage eines den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechenden Negativattests, nur um sich der Vorlage eines täglichen Bürgertests zu entziehen. Wenn man Impfskeptiker ist, muss man dazu und zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen stehen und kann sich nicht durch Vorlage eines „Fake“-Attests aus dem Internet Vorteile verschaffen, für die man kein Risiko eingehen möchte. Dem Kläger konnte letztlich aber nicht wiederlegt werden, dass er der Richtigkeit der Angaben auf der Internetseite von Dr. B. vertraut hatte. Vor diesem Hintergrund reicht nach Ansicht der Kammer im vorliegenden Fall der Ausspruch einer Abmahnung zur Beseitigung der Störung ihres Dauerschuldverhältnisses als milderes Mittel aus.
Anmerkung: Nicht immer ist bei einem Verstoß gegen Corona-Schutzbestimmungen im Betrieb eine Kündigung rechtmäßig. Wie so oft kommt es immer auf den Einzelfall an.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Marzahn _ Hellersdorf
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