Pflichtteil von Kindern beim Erbfall

Kinderpflichtteil
der Pflichtteil von Kindern beim Erbfall – Kinderpflichtteil
Die Kinder des Erblassers haben beim Erbfall einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch. Wie hoch der Anspruch des Kindes jeweils ist, richtet sich nach den entsprechenden Vorschriften. Die Bedeutung eines Anspruchs wächst immer mehr, da auch die Nachlasswerte – gerade im Raum Berlin/ Brandenburg erheblich gestiegen sind, sofern in Grundstück zur Erbmasse gehört. Hier sollen Ausführungen dazu gemacht werden, wie der Pflichtteil von Kindern des Erblassers und dessen Höhe zu berechnen sind.
Das Wichtigste vorab:
- Leibliche Kinder des Erblassers haben ein Pflichtteilsrecht; dies gilt auch für Adoptivkinder.
- Der Pflichtteil kann nur in schwerwiegenden Fällen entzogen werden.
- Enterbung ist nicht gleich Pflichtteilsentziehung.
- Der gesetzliche Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
- Pflichtteilsansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren.
- Der Anspruch auf den Pflichtteil besteht allein in Geld.
Was ist ein Pflichtteil?
Der Pflichtteil ist das gesetzliche Mindesterbe bestimmter-gesetzlich aufgeführter -naher Angehöriger des Erblassers.
Warum gibt es den Pflichtteil?
Mit dem gesetzlich geregelten Pflichtteilsrecht sollen besonders nahe Angehörige des Erblassers grundsätzlich einen Mindesterbteil bekommen. Der Staat hat also faktisch geregelt, dass selbst mit Testament in der Regel nicht der Pflichtteil ausgeschlossen werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hält das gesetzlich geregelte Pflichtteilsrecht grundsätzlich für verfassungsgemäß.
Welche Personen sind Pflichtteilsberechtigte?
Pflichtteilsberechtigte sind folgende Personen:
- – die Kinder des Erblassers (auch Adoptivkinder),
– der Ehegatte bzw. der (eingetragene) Lebenspartner des Erblassers
– in bestimmen Fällen auch die Eltern des Erblassers und entferntere Abkömmlinge, sofern nicht ein Abkömmling, der sie von der gesetzlichen Erbfolge verdrängen würde, pflichtteilsberechtigt ist oder das Erbe annimmt.
Sind die Kinder des Erblassers grundsätzlich pflichtteilsberechtigt?
Ja, Kinder des Erblassers sind grundsätzlich pflichtteilsberechtigt. Wichtig ist dabei, dass auch Adoptivkinder genauso wie leibliche Kinder einen Anspruch auf den Pflichtteil haben.
Haben Stiefkinder oder Pflegekinder einen Pflichtteilsanspruch?
Nein, Stiefkinder oder Pflegekinder haben grundsätzlich kein Pflichtteilsanspruch. Sie sind nicht den leiblichen oder den Adoptivkindern gleichgestellt.
Pflichtteil von Kindern beim Erbfall – Unterschied zwischen Pflichtteilsentziehung und Enterbung?
Die Enterbung besagt nur, dass eine Person, die im Normalfall gesetzliche Erbe wäre nun durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen ist und der Erblasser einen anderen Erben bestimmt hat. Dadurch wird ein gesetzlicher Erbe-wenn er zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehört – zum Pflichtteilsberechtigten. Es entsteht dann der Pflichtteilsanspruch.
Die Pflichtteilsentziehung es etwas komplett anderes. Die Pflichtteilsentziehung bewirkt, wenn diese wirksam ist, dass auch der Pflichtteil nicht besteht. Die Pflichtteilsentziehung ist aber nur in schwerwiegenden Fällen möglich und kommt in der Praxis selten vor, da diese wirksam selten durchgesetzt werden kann.
Welchen Inhalt hat der Pflichtteilsanspruch der Kinder?
Wie oben bereits ausgeführt wurde, haben die direkten Abkömmlinge des Erblassers, also die Kinder des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteilsanspruch ist gerichtet auf einen Geldanspruch. Die pflichtteilsberechtigten Personen werden also nicht zu Erben oder sind Erben, sondern haben nur einen Geldanspruch. Sie haben keinen Anspruch bestimmte Gegenstände auf die Erbmasse.
Auch die Enkelkinder sind direkte Abkömmlinge des Erblassers. Diese haben aber nur dann einen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn das Elternteil, das direkt vom Erblasser abstammt, bereits vorverstorben ist.
Beispiel: Der Heinrich hat zwei Kinder, den Anton und die Giesela. Anton hat ein Kind – Monika und Gisela ein Kind – Thorsten. Wenn der Heinrich – der nicht verheiratet ist – verstirbt und das Kind Anton ist zu diesem Zeitpunkt bereits vorverstorben (also verstorben), dann erbt der Enkel – hier Monika und diese ist auch – bei einer Enterbung – pflichtteilsberechtigt. Nicht aber der Thorsten, denn dessen Mutter – die Giesela – lebt ja noch.
Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch?
Der Pflichtteilsanspruch ist nicht schwer zu berechnen. Der Pflichtteil ist grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Um also den Pflichtteilsanspruch berechnen zu können, muss man wissen, wie hoch der gesetzliche Erbteil des Pflichtteilsberechtigten wäre.
Bei Kindern ist dies nicht so schwer zu bestimmen.
Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch von Kindern des Erblassers?
Der Pflichtteilsanspruch von Kindern des Erblassers beträgt-wie oben ausgeführt-genau die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch der Anspruch genau ist, hängt nun davon ab, ob noch weitere Kinder oder berechtigte Personen vorhanden sind.
Beispiel: Sofern der Erblasser nur ein Kind hat und nicht verheiratet ist, dann beträgt der Pflichtteilsanspruch dieses Kindes 50 % von der Erbmasse. Denn hier wäre das Kind Alleinerbe, da keine weiteren Erben vorhanden sind.
Wenn im obigen Fall zwei Kinder des Erblassers existieren und ein Kind wird enterbt und das andere als Erbe eingesetzt, dann beträgt der Pflichtteil des enterbten Kindes 25 %, denn ohne Enterbung würde der gesetzliche Erbteil beider Kinder 50 % betragen.
Wichtig ist, dass die Kinder grundsätzlich nur einen Anspruch auf Geld haben, sofern sie pflichtteilsberechtigt sind.
Warum ist die Verjährung beim Pflichtteilsanspruch so wichtig?
Der Grund ist der, dass der Pflichtteilsanspruch, wie schon das Wort sagt, ein Anspruch ist, der entsprechend geltend gemacht werden muss. Dies ist anders als bei Erben, der kraft Gesetz – automatisch – in seine Erbenstellung mit dem Tod des Erblassers eintritt.
Wenn das Kind, das einen Anspruch auf den Pflichtteil hat, den Anspruch nicht gelten macht, dann verjährt dieser drei Jahre nach Ende des Jahres, in dem der Erbfall entstanden ist. Das Kind muss allerdings auch vom Erbfall Kenntnis haben, damit die Verjährung beginnt.
Von daher ist es sehr wichtig, dass man versteht, dass man den Pflichtteilsanspruch (als Geldanspruch) grundsätzlich geltend machen muss.
Wem gegenüber muss man den Pflichtteilsanspruch geltend machen?
Grundsätzlich ist der Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Erben geltend zu machen. Dies geschieht meistens durch ein entsprechendes Auskunfts- und Aufforderungsschreiben.
Wird die Verjährungsfrist durch das Aufforderungsschreiben unterbrochen?
Nein, grundsätzlich kann die Verjährung nur durch Klageerhebung unterbrochen werden. Außergerichtliche Schreiben haben in der Regel keinen Einfluss auf den Lauf/Hemmung/Unterbrechung der Verjährung (Ausnahme bei Verhandlungen).
Wie soll so ein Aufforderungsschreiben aussehen?
Wenn zum Beispiel ein Anwalt den Erben im Auftrag eines Pflichtteilsberechtigten anschreibt, dann wird er in diesem Schreiben den Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach geltend machen. Darüberhinaus muss der Pflichtteilsanspruch auch beziffert werden, was meistens zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch nicht möglich ist. Von daher wird der Erbe in dem Schreiben auch gleichzeitig aufgefordert umfassend Auskunftserteilung über den Wert des Nachlasses und auch über Schenkungen, die der Erblasser an Dritte oder den Erben getätigt hat.
In der Regel sollte dies ein Anwalt machen, da hier bei Auskunft und deren rechtliche Wertung verschiedene Fehlerquellen bestehen, die nur Juristen, die sich mit dem Erbrecht beschäftigen, kennen. Bei der Auskunft muss ein nachvollziehbares Verzeichnis erstellt werden, allerdings ohne die Vorlage von Kontoauszügen.
Können Kinder des Erblassers den Pflichtteil vor Eintritt des Erbfalles fordern?
Nein, dies ist nicht möglich. Immer wieder hört man, dass Kinder bereits zu Lebzeiten ihren Pflichtteil fordern wollen, dies ist allerdings rechtlich nicht möglich. Der Pflichtteil entsteht erst mit dem Todesfall und vorher nicht. Vorher besteht kein Anspruch; es besteht auch kein Anspruch darauf, dass der Erblasser besonders sorgsam mit seinen wirtschaftlichen Werten umgeht, denn bis zum Tod kann der Erblasser mit sein Vermögen grundsätzlich machen, was er möchte. Hier gibt es nur recht weite rechtliche Grenzen.
Was ist ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein Anspruch der daraus entsteht, dass der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen an Dritte vorgenommen hat, welche den Nachlasswert reduziert haben. Dieser Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils tritt neben den Pflichtteilsanspruch. Gerade wenn versucht wird durch Schenkungen den Pflichtteilsanspruch zu minimieren, hilft der Pflichtteilsergänzungsanspruch und kann entsprechend-auch über eine Auskunft-wirksam geltend gemacht werden.
Achtung: 10-Jahresfrist
Beim Pflichtteilsergänzungsanspruch fällt einen sofort die Zehnjahresfrist ein. Davon hat fast jeder Mandant schon gehört. Alle Schenkung, die vor zehn Jahren erfolgt sind, fallen im Normalfall nicht unter dem Anwendungsbereich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Allerdings gibt es hier einige wichtige Ausnahmen. Wenn zum Beispiel der Erblasser sich ein Nießbrauchsrecht am Grundstück vorbehalten hat und das Grundstück verschenkt hat, dann beginnt die Frist erst mit dem Tod des Erblassers zu laufen und damit fällt das Grundstück mit dem gesamten Wert in den Anwendungsbereich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Eine weitere wichtige Ausnahme ist die, dass bei Schenkungen zwischen Ehegatten ebenfalls die Zehnjahresfrist erst mit dem Tod des Erblassers beginnt und von daher ebenfalls der Anspruch in voller Höhe besteht.
Haben Kinder beim Berliner Testament einen Pflichtteilsanspruch?
Das typische Berliner Testament setzt beide Eheleute zu gegenseitigen Erben ein. Oft ist dort geregelt, dass beim gemeinschaftlichen Testament (Ehegatenntestament) die Kinder erst dann erben sollen, wenn der letzte Ehepartner verstirbt. Dies ist grundsätzlich zulässig, allerdings kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, dass eines der Kinder oder alle Kinder bereits nach dem ersten Erbfall ihren Pflichtteil fordern.
Von daher findet sich auch dort eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel, wonach das Kind, das nach dem ersten Erbfall seinen Pflichtteil fordert im zweiten Erbfall auch nur den Pflichtteil bekommt. Dadurch sollen die Kinder davon abgehalten werden, bereits nach dem ersten Erbfall, also nach dem Tod eines Elternteils, ihren Pflichtteil zu fordern.
Rechtsanwalt Andreas Martin