Die Gutachterkosten beim Pflichtteilsanspruch – wer muss zahlen?
Rechtsanwalt Andreas Martin- Berlin Marzahn-Hellersdorf
Die Gutachterkosten für die Einholung eines Grundstücksgutachtens im Rahmen eines Pflichtteilsanspruch sind ein häufiges Problem, welches hier kurz erläutert werden soll.
Inhaltsverzeichnis
Pflichtteil und Erbe
Wer enterbt wurde, zum Beispiel durch ein Testament, kann noch einen Pflichtteilsanspruch haben.
Entscheidend ist, ob die enterbte Person zu den Kreis der pflichteilsberechtigten Personen gehört. Um die Höhe des Pflichtteils ermitteln zu können, gibt das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Erben. Geregelt ist dies in § 2314 BGB. Danach muss der Erbe ein Bestandsverzeichnis über die Höhe des Nachlasses erteilen. Neben den reinen Auskunftsanspruch besteht auch ein Wertermittlungsanspruch. Dieser ist ebenfalls in § 2314 BGB geregelt.
Auskunftsanspruch und Schätzung der Nachlasswerte
Im Nachlassverzeichnis wird der Erblasser in der Regel nicht drumherum kommen bestimmte Werte, wie zum Beispiel beim Hausrat, zunächst zu schätzen. Der Pflichtteilsberechtigte hat aber nur die Möglichkeit die Schätzung (grob) zu überprüfen, wenn er die wertbildenden Faktoren der Sache/des Gegenstandes kennt.
Hier kommt dann der Wertermittlungsanspruch zum tragen:
Anspruch auf Wertermittlung
Der Anspruch auf Wertermittlung bezweckt nicht, verbindlich den Wert des Nachlassgegenstands im Zeitpunkt des Erbfalls festzulegen, sondern soll dem Pflichtteilsberechtigten die Beurteilung des Risikos eines Rechtsstreits über den Pflichtteil erleichtern (so der Bundesgerichtshof, Urteil 29.09.2021 – IV ZR 328/20). Der Anspruch auf Wertermittlung ist vom Auskunftsanspruch streng zu unterscheiden und gegenüber diesem selbstständig .
Interessant wird es, wenn zum Nachlass ein Grundstück oder eine Eigentumswohnung gehört. Hier wird der Pflichtteilsberechtigte in der Regel darauf bestehen, dass der Wertermittlungsanspruch erfüllt wird und zwar durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert der Immobilie. Der Erbe muss dann ein entsprechendes Gutachten einholen und es nur dann davon befreit, wenn der Nachlass tatsächlich wertlos ist. Bei einer Immobilie wird dies so gut wie nie der Fall sein.
Wichtig ist dabei, dass der Erbe den Gutachter selbst auswählen darf. Es muss nicht zwingend ein öffentlich vereidigter Gutachter genommen werden, allerdings muss dieser unparteiisch sein. In der Regel macht es aber durchaus Sinn, wenn man sich auf einen Gutachter einigt, um weitere Streitigkeiten zu vermeiden.
Ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens wird es aber in der Regel nicht gehen, da sich niemand auf grobe Schätzungen gerade bei Grundstückswerten verlassen wird. Gerade im Verhältnis zwischen Erben und Pflichtteils besteht oft ein erhebliches Mißtrauen. Von einer Bestellung eines Maklers als „Gutachter“ sollte auf jeden Fall abgesehen werden, auch wenn man dies oft im Internet-gerade auf Maklerseiten-liest. Ein Makler ist kein Grundstücksgutachter!
In der Regel wird kein vernünftiger Pflichtteilsberechtigte ein Gutachten eines Maklers/bzw. Exposé akzeptieren, zumal der Makler in der Regel nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt.
In Bezug auf die Kosten enthält auch die obige Vorschrift eine Regelung, wonach die Kosten für die Wertermittlung zum Nachlass gehören. Faktisch wird dann die Rechnung des Gutachters vom Nachlass abgezogen. Dies führt dazu, dass sich auch der Pflichtteilsanspruch etwas reduziert, allerdings muss man klar sagen, dass ein Großteil der Kosten dann beim Erben, der ja einen rechnerisch höheren Anspruch hat, verbleiben wird.
Die Vorschrift lautet:
§ 2314 Auskunftspflicht des Erben
(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.
Ist das Sachverständigengutachten für beide Seiten bindend?
Nein. Ein Gutachten kann – egal, wer dieses beauftragt, auch fehlerhaft sein. Zweifelt eine Seite das Gutachten an, dann wird es in der Regel einen Prozess geben. In diesem Prozess wird das Gericht in der Regel ein eigenes (neues) Gutachten über den Grundstückswert einholen.
Wer muss den Gutachter bestellen?
Der Erbe, welche die Wertermittlung schuldet, darf und muss den Gutachter beauftragen.
Wer muss den Gutachter bezahlen?
Den Gutachter muss derjenige bezahlen, der diesen beauftragt. Dies ist der Regel der Erbe, der zur Wertermittlung verpflichtet ist.
Wer trägt die Kosten des Sachverständigengutachtens?
Die Kosten der Verzeichnisse, die Kosten aufgrund der Hinzuziehung des Auskunftsberechtigten sowie die Kosten der Wertermittlung bezahlt zunächst der Erbe. Diese Kosten sind aber vom Nachlass abzuziehen (als Passiva) und mindern den Nachlasswert damit. Weil sie vorrangig abgezogen werden können, mindern sie damit auch den Pflichtteil.
Welche Kosten können vom Pflichtteil abgezogen werden?
Alles was vom Nachlass abgezogen werden darf, reduziert auch den Pflichtteil, denn diese wird aus dem Nachlass berechnet. Vom Nachlass sind die Erblasserschulden (Kredite des Erblassers) und die Erbfallschulden (Beerdigungskosten etc) abzuziehen.
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