Aus den Medien konnte man entnehmen, dass es nun eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus in der Pflege -und Gesundheitsbranche geben soll. Damit soll die Ausbreitung von Covid19 verhindert werden. Betroffen davon sind Pfleger und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen, wie zum Beispiel Krankenschwestern bzw. Ärzte. Der Bund soll ein entsprechendes Gesetz zur Impfpflicht für Pflegekräfte u.a. vorbereiten; insbesondere Markus Söder und Jens Spahn hatten darauf gedrängt. Eine allgemeine Impfpflicht für Personal soll es nicht geben. Eine solche allgemeine Impfpflicht für Beschäftigte wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich. Die zukünftige Impfpflicht für Pflegeberufe soll sich ausschließlich auf Gesundheitsberufe beschränken, da diese stärker Umgang mit vulnerablen Personengruppen zu tun haben.
Einführung der Verpflichtung zur vollständigen Impfung für Pflege- und Krankenhauspersonal
Die Impfpflicht mit einen Covid19-Impfstoff für Beschäftigte der Gesundheitsbranche wird es von daher wohl kurzfristig geben.
Die Impfpflicht fürs Pflegepersonal lehnte bis vor kurzem die Politik noch ab, allerdings ist dies nun anders.Die Impfpflicht für Pflegekräfte soll nun gesetzlich normiert werden, was mittlerweile auch geschehen ist.
Hier soll es darum gehen, welche Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis eine solche Pflicht zur vollständigen Impfung für Pfleger und Krankenhauspersonal hätte. Es stellen sich dann diverse Fragen, wie, ob der Arbeitgeber weiter ungeimpfte Mitarbeiter beschäftigen darf und wenn nicht, ob er den Lohn zahlen muss? Kann die Impfpflicht für Pflegepersonal durch eine tägliche Testpflicht umgangen werden?
Muss sich dann jeder Mitarbeiter aus der Gesundheitsbranche impfen lassen?
Nach den bisherigen Pressemitteilungen soll die Impfpflicht für Pflegeberufe für die dort beschäftigen Mitarbeiter sein. Insbesondere sollen Arbeitnehmer, die in Alten- und Pflegeheimen tätig sind, verpflichtet werden sich impfen zu lassen. Dies soll auch für Mitarbeiter in Krankenhäusern gelten. Ob davon nur das Pflegepersonal und/oder auch Mitarbeiter in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Küche oder Reinigungskräfte, betroffen sind, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Es spricht aber einiges dafür, dass alle Mitarbeiter des Betriebes, der in den Anwendungsbereich des § 20 a Abs. 1 Satz i des Impfektionsschutzgesetzes fällt, gegen Corona geimpft sein müssen, es sei denn, dass diese bereits genesen sind. Die Pflicht zur Impfung ist einrichtungsbezogen/ betriebsbezogen.
Was steht dazu in der Gesetzesbegründung?
In der Gesetzesbegründung (20/188) steht dazu u.a.
Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und vulnerabler Personengruppen vor einer COVID-19-Erkrankung wird vorgesehen, dass in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen geimpft oder genesen sein oder ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine Impfung gegen CO- VID-19 besitzen müssen.
Dort steht also nichts davon, dass die Impfpflicht nur für Personen gilt, die Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben. Dies entspricht im Übrigen auch dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 20 a des Infektionsschutzgesetzes:
Personen, die in folgenden Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind …
Auch hier wird nicht danach unterschieden, ob der jeweilige Mitarbeiter Kontakt zu bestimmten Patienten oder Personengruppen hat. Dies wäre auch schwierig durchsetzbar, weil dann eine Diskussion darüber entbrennen würde, ob und wie oft der jeweilige Arbeitnehmer einen Kontakt zu Patienten oder zu pflegenden Personen in Altenheimen oder Krankenhäusern hat.
Kann der Arbeitgeber mich zur Impfung zwingen?
Selbst wenn es eine Impfpflicht für Pflegekräfte und Mitarbeiter aus Krankenhäusern geben würde, so kann der Arbeitgeber selbst nicht den Arbeitnehmer zur Impfung zwingen. Der Arbeitgeber kann nur Sanktionen, die nach dem Arbeitsverhältnis zulässig sind, aussprechen. Dazu gehört, dass zum Beispiel der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei fehlenden Impf- oder Genesenennachweis, dann u.U. nicht mehr beschäftigen kann bzw. darf, da ein Beschäftigungsverbot durch die Behörde ausgesprochen wird. Der Arbeitnehmer würde dann keinen Lohn mehr erhalten. Darüberhinaus wäre auch denkbar, dass eine entsprechende Kündigung des Arbeitnehmers, insbesondere personenbedingte Kündigung, in Betracht kommt.
Was muss ich bis zum 15. März 2022 machen, wenn ich in der Pflege- oder in der Gesundheitsbranche tätig bin?
Bis zum Ablauf des 15. März 2022 haben alle Arbeitnehmer, in deren Betrieb die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt, der Leitung des Betriebs einen Impf- oder Genesenennachweis oder aber ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation vorzulegen (vgl. § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG).
Welche Anforderungen sind an den Nachweis zu stellen?
Der Impf- oder Genesenennachweis muss den Anforderungen des § 2 Nr. 3 und 5 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung entsprechen. Zu beachten ist, dass, die Verordnung ihrerseits zur Konkretisierung der Anforderungen an den Nachweis auf die auf den Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts veröffentlichten Vorgaben verweist.
Was passiert, wenn ich bis zum 15. März 2022 keinen Impfnachweis oder Genesenennachweis beim Arbeitgeber vorlege?
Legt der Arbeitnehmer bis zum 15. März 2022 keinen Nachweis über die Impfung oder die Genesung oder ein ärztliches Attest über ein „Impfverbot“ vor, hat die Leitung des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen (vgl. § 20a Abs. 2 Satz 2 IfSG).
Was gilt, wenn Zweifel an der Richtigkeit des Impfnachweises bestehen?
Bestehen Zweifel an der Echtheit oder der inhaltlichen Richtigkeit des Impfzertifikates muss der Arbeitgeber ebenfalls das Gesundheitsamt benachrichtigen.
Was kann das Gesundheitsamt dann machen?
Das Gesundheitsamt kann gegenüber Personen, die trotz Anforderung keinen Nachweis innerhalb angemessener Frist vorlegen oder wenn der Impfnachweis falsch ist, ein Betretungsverbot oder auch ein Tätigkeitsverbot verfügen (vgl. § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG).
Welche Konsequenzen hat es, wenn die Behörde ein Beschäftigungsverbot ausspricht?
Ein behördliches Beschäftigungsverbot führt dazu, dass der Arbeitnehmer nicht mehr vom Arbeitgeber beschäftigt werden darf. Er kann dann unentgeltlich freigestellt werden und muss erst dann wieder beschäftigt und bezahlt werden, wenn die Behörde das Tätigkeitsverbot aufhebt.
Was gilt für Personen, die erst ab dem 16.März 2022 beschäftigt werden?
Arbeitnehmer, die erst ab dem 16. März 2022 in einem Unternehmen der Pflege- oder Gesundheitsbranche beschäftigt werden sollen, haben vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Nachweis nach § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG vorzulegen (vgl. § 20a Abs. 3 Satz 1 IfSG). Andernfalls dürfen sie dort weder beschäftigt werden noch tätig werden (vgl. § 20a Abs. 3 Sätze 4 und 5 IfSG).
Was gilt für Nachweise, die ab dem 16. März 2022 ihre Gültigkeit verlieren?
Nachweise (Genesung/ Impfung), die ab dem 16. März 2022 durch Zeitablauf ihre Gültigkeit verlieren, müssen innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit durch einen neuen Nachweis ersetzt werden (vgl. § 20a Abs. 4 Satz 1 IfSG).
Was passiert, wenn Mitarbeiter in der Pflege oder im Krankenhaus nicht geimpft sind?
Wenn die Corona-Schutzimpfung Voraussetzung für die Tätigkeit als Pfleger bzw. Pflegerin oder im Krankenhaus tatsächlich gesetzlich normiert wird, dann kann und darf der Arbeitgeber solche Mitarbeiter gar nicht ohne vollständigen Impfschutz beschäftigen. Dies gilt dann – und dies wird fast immer so eintreten – wenn die Behörde ein Beschäftigungsverbot nach Anzeige durch den Arbeitgeber beim Gesundheitsamt ausspricht. Dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnzahlung (Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn!“) hat. Über die Problematik der behördlichen Betriebsschließung wegen Corona (Quarantäne) und das Entfallen des Lohnzahlungsanspruchs hatte ich ja bereits geschrieben. Dies ist auch nachvollziehbar, da das Beschäftigungshindernis in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt. Vergleichbar könnte dies sein, wie zum Beispiel bei Mitarbeitern in der Gastronomie die ohne die „rote Karte“ auch nicht arbeiten dürfen. Dies wird dann bei einer Impfpflicht beim Pflegepersonal nicht anders sein.
Reicht nicht ein täglicher Corona-Test für ungeimpfte Mitarbeiter aus?
Ein solcher täglicher Corona-Test für Ungeimpfte wird dann nicht mehr ausreichend sein. Davon wird ja heute schon Gebraucht gemacht und die Politik hält dies nicht für ausreichend. Wahrscheinlich wird es aber weiter eine Testpflicht geben, da selbst bei doppelter Impfung eine Erkrankung und Übertragung von Corona nicht ausgeschlossen ist. Allerdings – so die Wissenschaft – soll die doppelte Impfung einen schweren Verlauf der Corona-Erkrankung verringern.
Darf der Arbeitgeber mich kündigen, wenn ich nicht gegen Corona geimpft bin?
Eine Kündigung – und hier geht es ausschließlich um Mitarbeiter, die verpflichtet sind sich impfen zu lassen – ist durchaus denkbar. Der Arbeitgeber hat nämlich das Problem, dass er den Arbeitnehmer, selbst wenn er wollte, gar nicht mehr im Gesundheitswesen beschäftigen darf, sofern das Gesundheitsamt dann das Tätigkeitsverbot ausspricht. Wenn der Arbeitnehmer sich dann weigert die Impfung vorzunehmen, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zukünftig nicht mehr einsetzen und eine Kündigung aus personenbedingten Gründen dürfte zulässig sein. Wichtig ist dabei zu wissen, dass nicht eine typische „Corona-Kündigung“ vorliegt. Der Grund für die Kündigung ist nicht die Corona-Pandemie, sondern die fehlende Impfung des Arbeitnehmers.
Kann der Arbeitgeber mich außerordentlich kündigen, wenn ich mich nicht impfen lasse?
Eine außerordentliche Kündigung braucht immer einen wichtigen Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB. Ein solcher Grund liegt in der Praxis selten vor. Die Weigerung sich impfen zu lassen, obwohl eine Impfpflicht besteht, kann nur im Ausnahmefall ein solcher wichtiger Grund sein. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob noch andere Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.
Wie kann ich mich gegen eine Kündigung des Arbeitgebers wehren?
Gegen eine Arbeitgeberkündigung wegen der Weigerung einer Covid19-Impfung oder der Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises kann sich der Arbeitnehmer mittels Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht wehren. Die Klage muss innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer eingereicht werden. Das Arbeitsgericht entscheidet dann über die Rechtmäßigkeit der Kündigung, wobei alle geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe (auch formale) vom Gericht überprüft werden.
Darf der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nach einer Impfung fragen?
Wer sich in der Gesundheitsbranche bewirbt, wird zukünftig-wenn die Impfpflicht tatsächlich eingeführt wird-wohl immer danach gefragt werden, ob er geimpft ist oder nicht. Dies muss er dann verbindlich erklären. Die Frage muss in der Regel wahrheitsgemäß beantwortet werden. Eine Recht zu Lüge wäre hier nicht zulässig. Der Grund ist der, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gar nicht beschäftigen darf, wenn dieser nicht geimpft ist.
Update: 12. Dezember 2021
Der Bundestag hat nun tatsächlich am Freitag, 10. Dezember 2021, den gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie beschlossen. Danach muss das Personal in Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen, einen Impfnachweis vorlegen. Geregelt ist dies in § 20 a Infektionsschutzgesetz.
Update: 10. Januar 2022
In mehreren Zeitungen wird darüber berichtet, dass wohl eine erhebliche Anzahl von Mitarbeitern der Gesundheits- und Pflegebranche über Eigenkündigungen nachdenkt. Es wird befürchtet, dass dies den ohnehin ausgelaugten Arbeitsmarkt schwächt und den den Pflegenotstand verschärft.
Update: 27. Januar 2022
Einige Politiker fordern, dass bei fehlender Impfung von Gesundheits- und Pflegepersonal kein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, um zu verhindern, dass die Mitarbeiter dieser Branchen weiter dort arbeiten können. Dabei wird aber übersehen, dass die Rechtsfolge der gesetzlichen Regelung zwingend ist und nicht nach Belieben angewendet oder unterlassen werden kann.
Update: 10. Februar 2022
Heute hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 10. Februar 2022 – 1 BvR 2649/21) den Antrag auf einstweilige Anordnung (Eilantrag mit verbundener Verfassungsbeschwerde) gegen die mit Art. 1 Nr. 4 und 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Nr. 7e bis 7h des Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10. Dezember 2021 gesetzlich geregelte Impfpflicht in der Pflege- und Gesundheitsbranche abgelehnt.
„Das Bundesverfassungsgericht setzt ein Gesetz also nur dann nach § 32 BVerfGG vorläufig außer Vollzug, wenn die Gründe für den Erlass der einstweiligen Anordnung deutlich überwiegen (vgl. BVerfGE 157, 394 <402 f. Rn. 20> m.w.N.; stRspr). 2. Gemessen an diesen strengen Anforderungen hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg. Die zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde ist zwar weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet (a). Die danach gebotene Folgenabwägung ergibt jedoch, dass die Nachteile, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Antrag aber in der Hauptsache Erfolg hätte, nicht gegenüber den Nachteilen überwiegen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Antrag in der Hauptsache aber der Erfolg zu versagen wäre (b).“
Interessant ist aber:
Sie ist auch nicht offensichtlich unbegründet. Zwar begegnet die Einführung einer einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht in § 20a IfSG als solche unter Berücksichtigung der in diesem Verfahren eingeholten Stellungnahmen vor allem der sachkundigen Dritten zum Zeitpunkt dieser Entscheidung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es bestehen aber jedenfalls Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in § 20a IfSG gewählten gesetzlichen Regelungstechnik.
Es handelt sich hier um eine doppelte dynamische Verweisung, da zunächst der Gesetzgeber auf die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung verweist, die ihrerseits aber dann zur Konkretisierung der Anforderungen an den vorzulegenden Impf- oder Genesenennachweis auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts verweist. Insoweit stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine bindende Außenwirkung der dynamisch in Bezug genommenen Regelwerke der genannten Bundesinstitute hier noch eine hinreichende Grundlage im Gesetz findet (vgl. BVerfGE 129, 1 <22, 25 ff.>). Sollte dies der Fall sein, bedarf es weiterer Aufklärung, ob und inwieweit ein tragfähiger Sachgrund auch dafür vorliegt, dass nicht dem Verordnungsgeber selbst die Konkretisierung des vorzulegenden Impf- oder Genesenennachweises und damit auch der geimpften und genesenen Personen im Sinne des Gesetzes übertragen ist, sondern dies den genannten Bundesinstituten überlassen wird.
Update: 19.02.2022 / 27.02.2022
Sollte die allgemeine Impfpflicht tatsächlich (ab 18 Jahren) kommen, so spricht aufgrund der nachlassenden epidemischen Lage, immer mehr dafür, dass diese mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Mittlerweile sprechen sich immer mehr Politiker gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Corona-Virus aus. Dafür spricht auch, dass wohl nicht wenige Personen Covid19 bekommen haben, trotz 3-facher Impfung.
Update: 20.02.2022
Nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags besteht kein Anspruch auf Entschädigung nach § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG bei fehlender Booster-Impfung des Arbeitnehmers. Der Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG für geimpfte, aber dennoch mit dem Corona-Virus infizierte Arbeitnehmer, welche wegen der Quarantäne nicht arbeiten können und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, besteht nicht nach dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nicht, wenn der Betroffene die empfohlene COVID-19-Auffrischimpfung (= „Booster“) nicht hat vornehmen lassen. Wichtig ist dabei zu wissen, dass dies eine juristische Meinung darstellt und eine (höchstrichterliche) Entscheidung dazu nicht vorliegt.
Update: 10.03.2022
Nun jetzt Österreich die Impfpflicht gegen das Coronavirus aus. Basis für die Entscheidung ist ein Bericht der Expertenkommission. Danach ist die Impfpflicht bei der vorherrschenden Omikron-Variante nicht verhältnismäßig. Dies macht es noch unwahrscheinlicher, dass in Deutschland die Impfpflicht eingeführt wird.
Update 01.04.2022
Die allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren ist derzeit wohl vom Tisch. Jetzt wird über eine Impfpflicht für Personen ab 50 Jahre diskutiert. Ob diese kommt, bleibt abzuwarten.
Update 22.05.2022
Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 27. April 2022 – 1 BvR 2649/21) hat nun entschieden, dass die Regelung der „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“ verfassungsgemäß und damit wirksam ist. Dies hatte sich nach der obigen Vorabentscheidung (Eilverfahren) bereits angekündigt. Das Bundesverfassungsgericht führte dazu in seiner Pressemitteilung (Nr. 42/2022 vom 19. Mai 2022) aus:
Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, die sich gegen § 20a, § 22a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) richtet. Darin ist die auf bestimmte Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitswesens und der Pflege bezogene Pflicht geregelt, eine COVID-19-Schutzimpfung, eine Genesung von der COVID-19-Krankheit oder eine medizinische Kontraindikation für eine Impfung nachzuweisen (sogenannte „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“).
Die angegriffenen Vorschriften verletzen die Beschwerdeführenden nicht in ihren Rechten insbesondere aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG. Soweit die Regelungen in die genannten Grundrechte eingreifen, sind diese Eingriffe verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums einen angemessenen Ausgleich zwischen dem mit der Nachweispflicht verfolgten Schutz vulnerabler Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und den Grundrechtsbeeinträchtigungen gefunden. Trotz der hohen Eingriffsintensität müssen die grundrechtlich geschützten Interessen der im Gesundheits- und Pflegebereich tätigen Beschwerdeführenden letztlich zurücktreten.
Update: 25.06.2022
Österreich hat die allgemeine Corona-Impfpflicht abgeschafft. Interessant ist auch die Begründung auf der Internetseite des österreichischen Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz. Dort heißt es:
Die epidemiologischen Rahmenbedingungen haben sich durch die Omikron-Variante erheblich geändert. Auch aus diesem Grund hat die im COVID-19-Impfpflichtgesetz eigens eingerichtete Kommission die Impfpflicht bisher zweimal als nicht verhältnismäßig eingestuft. Die Bundesregierung hat sich daher auf die Abschaffung der COVID-19-Impfpflicht geeinigt.
Update: 22.10.2022
Einige Bundesländer fordern nun die Abschaffung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Dabei sind Bayern, Thüringen und Sachsen. Die Impflicht in der Pflege- und Gesundheitsbranche soll – nach der Vorstellung dieser Bundesländer – zum 31.12. 2022 auslaufen und nicht mehr verlängert werden. Der Grund ist der Fachkräftemangel in der Pflege. Da es sich um ein Bundesgesetz handelt, liegt die Entscheidung aber nicht bei den Ländern.
Update: 06.12.2022
Die bereits im Sommer angekündigte große Herbstwelle in Bezug auf Corona ist ausgeblieben. Die Corona Zahlen sind nicht besonders hoch und in den Ländern wird darüber diskutiert, ob die Maskenpflicht komplett abgeschafft werden soll.
Was gilt für Arbeitsverhältnisse, die vor oder bis zum 15. März 2022 geschlossen werden?
Für alle Arbeitsverhältnisse, die vor dem 16. März 2022 geschlossen wurden, gilt, dass Arbeitnehmer einen aktuellen Impfnachweis einer Impfung gegen Covid19 dem Arbeitgeber vorzulegen haben. Wenn dieser Nachweis nicht vorliegt, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt informieren, dass dann in der Regel ein Tätigkeitsverbot aussprechen wird.
Was gilt für Arbeitsverhältnisse ab dem 16. März 2022?
Ab dem 16. März 2022 dürften Arbeitgeber dieser Branchen keine Arbeitnehmer ohne aktuelle Corona-Imfpung mehr beschäftigen. Selbstverständlich darf dann auch der Arbeitgeber ausdrücklich im Vorstellugnsgespräch nach einer Impfung / Genesung fragen und die Vorlage eines gültigen, aktuellen Imfpausweises / Genesenennachweises oder eine ärztlichen Attestes als Beschäftigungsvoraussetzung verlangen. Lügt hier der Arbeitnehmer im Vorstellungsgespräch kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täusche anfechten. Klar ist auch, dass ein trotzdem eingestellter Arbeitnehmer ohne Schutzimpfung nicht vom Arbeitgeber beschäftigt werden darf.
die gesetzliche Regelung des § 20 a des Infektionsschutzgesetzes
Die neuen Regelungen haben ihre Rechtsgrundlage in § 20 a Infektionsschutzgesetz. Dort ist nun folgendes geregelt:
§ 20 a Immunitätsnachweis gegen COVID-19
(1) Folgende Personen müssen ab dem 15. März 2022 entweder geimpfte oder genesene Personen im Sinne des § 2 Nummer 2 oder Nummer 4 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung sein:
- 1. Personen, die in folgenden Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind:
- a) Krankenhäuser,
- b) Einrichtungen für ambulantes Operieren,
- c) Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
- d) Dialyseeinrichtungen,
- e) Tageskliniken,
- f) Entbindungseinrichtungen,
- g) Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Buchstaben a bis f genannten Einrichtungen vergleichbar sind,
- h) Arztpraxen, Zahnarztpraxen,
- i) Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
- j) Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,
- k) Rettungsdienste,
- l) sozialpädiatrische Zentren nach § 119 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
- m) medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen nach § 119c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
- n) Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und Dienste der beruflichen Rehabilitation,
- o) Begutachtungs- und Prüfdienste, die auf Grund der Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder des Elften Buches Sozialgesetzbuch tätig werden,
- 2. Personen, die in voll- oder teilstationären Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder in vergleichbaren Einrichtungen tätig sind,
- 3. Personen, die in ambulanten Pflegediensten und weiteren Unternehmen, die den in Nummer 2 genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten, tätig sind; zu diesen Unternehmen gehören insbesondere:
- a) ambulante Pflegeeinrichtungen gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie Einzelpersonen gemäß § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
- b) ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen,
- c) Unternehmen, die Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,
- d) Unternehmen, die Leistungen der interdisziplinären Früherkennung und Frühförderung nach § 42 Absatz 2 Nummer 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 46 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit der Frühförderungsverordnung oder heilpädagogische Leistungen nach § 79 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen,
- e) Beförderungsdienste, die für Einrichtungen nach Nummer 2 dort behandelte, betreute, gepflegte oder untergebrachte Personen befördern oder die Leistungen nach § 83 Absatz 1 Nummer 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erbringen, und
- f) Leistungsberechtigte, die im Rahmen eines Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch Personen für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen.
Satz 1 gilt nicht für Personen, die auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.
(2) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens bis zum Ablauf des 15. März 2022 folgenden Nachweis vorzulegen:
- 1. einen Impfnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung,
- 2. einen Genesenennachweis im Sinne des § 2 Nummer 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung oder
- 3. ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.
Wenn der Nachweis nach Satz 1 nicht bis zum Ablauf des 15. März 2022 vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass
- 1. der Nachweis nach Satz 1 nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle gegenüber zu erbringen ist,
- 2. die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht durch die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens, sondern durch die nach Nummer 1 bestimmte Stelle zu erfolgen hat,
- 3. die Benachrichtigung nach Satz 2 nicht gegenüber dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, sondern gegenüber einer anderen staatlichen Stelle zu erfolgen hat.
(3) Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen ab dem 16. März 2022 tätig werden sollen, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Eine Person nach Satz 1, die keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen beschäftigt werden. Eine Person nach Satz 1, die über keinen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 verfügt oder diesen nicht vorlegt, darf nicht in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann allgemeine Ausnahmen von den Sätzen 4 und 5 zulassen, wenn das Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite einen Lieferengpass zu allen Impfstoffen mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, die für das Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder genehmigt sind, bekannt gemacht hat; parallel importierte und parallel vertriebene Impfstoffe mit einer Komponente gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bleiben unberücksichtigt.(4) Soweit ein Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 ab dem 16. März 2022 seine Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verliert, haben Personen, die in den in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens einen neuen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit des bisherigen Nachweises vorzulegen. Wenn der neue Nachweis nach Satz 1 nicht innerhalb dieses Monats vorgelegt wird oder wenn Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen, hat die Leitung der jeweiligen Einrichtung oder des jeweiligen Unternehmens unverzüglich das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, darüber zu benachrichtigen und dem Gesundheitsamt personenbezogene Daten zu übermitteln. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.(5) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Personen haben dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung oder das jeweilige Unternehmen befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach Absatz 2 Satz 1 vorzulegen. Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann. Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz der Anforderung nach Satz 1 keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Satz 2 nicht Folge leistet, untersagen, dass sie die dem Betrieb einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung oder eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Unternehmens dienenden Räume betritt oder in einer solchen Einrichtung oder einem solchen Unternehmen tätig wird. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine vom Gesundheitsamt nach Satz 2 erlassene Anordnung oder ein von ihm nach Satz 3 erteiltes Verbot haben keine aufschiebende Wirkung.(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für die in den Einrichtungen oder von den Unternehmen behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen.(7) Durch die Absätze 1 bis 5 wird das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
allgemeine Impfpflicht in Deutschland
weitere Urteile zum aktuellen Corona-Themen
1. Corona-Test und Arbeitslohn
Das Landesarbeitsgericht München (Urteil vom 26.10.2021, Az. 9 Sa 332/21) hat nun entschieden, dass es rechtmäßig ist, wenn ein Arbeitnehmer keinen aktuellen PCR-Test vor Arbeitsbeginn vorlegt, dass der Arbeitgeber diesen dann nicht beschäftigen und bezahlen muss. Eine Arbeitnehmerin / Musikerin verweigerte die Vorlage eines Corona-Tests und wurde daraufhin unbezahlt freigestellt. Diese klagte auf Beschäftigung und Lohnzahlung und verlor vor dem LAG München. Die Vorlagepflicht für den negativen PCR-Test ergab sich aber nicht aus § 28 b Infektionsschutzgesetzes, sondern aus einem Tarifvertrag.
2. kein Zuschlag für das Tragen der Maske
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.11.2021, Aktenzeichen 17 Sa 1067/21 hat entschieden, dass ein Gebäudereiniger keine tarifvertraglichen Erschwerniszuschlag für das Tragen einer Corona-Schutzmaske erhält. Beschäftigte der Reinigungsbranche, die bei der Durchführung der Arbeiten eine sogenannte OP-Maske tragen, haben keinen Anspruch auf einen tariflichen Erschwerniszuschlag, da die Atemschutzmaske kein Teil der persönlichen Schutzausrüstung des Arbeitnehmers ist.
3. Abmahnung vor Kündigung wegen Verweigerung von Corona-Test
Das Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 24.11.2021 – 27 Sa 208/21) hat entschieden, dass wenn ein Arbeitnehmer in der Corona-Pandemie die Durchführung ihm durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Corona-Schnelltests verweigert, ist vor Ausspruch einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Verweigert ein Arbeitnehmer wiederholt die Durchführung der Schnelltests, muss der Arbeitgeber ihn zunächst abmahnen, bevor er kündigt, so das Arbeitsgericht.
4. Kündigung eines Corona-Leugners
Das Arbeitsgericht Darmstadt (Urteil vom 9.11.2021 – 9 Ca 163/21) hat entschieden, dass es einen Kündigungsgrund darstellt, wenn ein Berufschullehrer gegenüber seinen Schülern die Corona-Pandemie als Verschwörung bezeichnet, deren Existenz leugnet, Infektionsschutzmaßnahmen mit der NS-Diktatur vergleicht und sich unter Berufung auf die Meinungsfreiheit weigert, Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten.
5. Pfändbarkeit von Corona-Prämien
Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachen vom 25.11.2021 (6 Sa 216/21) können Corona-Prämien, die einem Arbeitnehmer in der Gastronomie vom Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wurden als unpfändbare Erschwerniszuschläge gem. § 850 a Nr. 3 ZPO qualifiziert werden.
6. Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Versetzung wegen Maskenbefreiungsattest
Das Landesarbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 13.10.2021 – 7 Sa 23/21) hat entschieden, dass trotz Vorlage eines „Maskenbefreiungsattestes“ der Arbeitgeber im Wege des Direktionsrechts im Betrieb das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung anzuordnen darf. Zur Begründung führte das LAG aus, dass das Interesse des Arbeitgebers, den Ausstoß von Aerosolen auf dem geringstmöglichen Niveau zu halten, dem Interesse des Arbeitnehmers aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, vorgehen kann. Auch folgt aus § 296 BGB keine Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeitspflicht nach den Wünschen oder Belangen des Arbeitnehmers zu bestimmen.
7. Kündigung wegen fehlender Impfung/ Arbeitsgericht Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 3.2.2022 – 17 Ca 11178/21 hat entschieden (Pressemitteilung Nr. 03/22 v. 3.3.2022), dass ein Arbeitgeber in einem Musicalaufführungsbetrieb ein „2G-Modell“ einführen und durchsetzen darf und damit einer Darstellerin, die über keine Corona-Schutzimpfung verfügt, noch vor Vertragsbeginn das Arbeitsverhältnis kündigen darf. Nach der Entscheidung stellt eine solche Kündigung insbesondere auch keine Maßregelung gem. § 612a BGB dar und der Kündigungsvorgang verstößt nach dem Arbeitsgericht Berlin auch nicht gegen das AGG.
8. Freistellung von umgeimpften Pflegern zulässig
Das Arbeitsgericht Gießen (Beschluss vom 12.4.2022 – 5 Ga 1/22) hat in zwei Verfahren im Wege einer einstweiligen Verfügung entschieden, dass ein Pflegeheim berechtigt ist, (langjährig tätige) umgeimpfte Mitarbeiter von der Arbeit freizustellen. Ob diese unbezahlt oder bezahlt freizustellen sind, wurde in diesem Verfahren aber nicht entschieden. Der Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber es schlicht versäum hat, ein klares Beschäftigungsverbot auch für alle vor dem 16.3.2022 bereits in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen Beschäftigten zu normieren.
9. Kündigung wegen gefälschtem Impfpass zulässig
Das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 23.3.2022 – 18 Ca 6830/21) hat entschieden, dass eine Arbeitnehmerin, die unter Verwendung eines gefälschten Impfpasses gegenüber dem Arbeitgeber die im Betrieb vorgegebene 2-G-Regel umgangen hat und Kontakt zu Kunden hatte, obwohl dies umgeimpft nicht zulässig war, vom Arbeitgeber gekündigt werden darf. Die fristlose/ außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist nach Ansicht des Arbeitsgerichts Köln zulässig.
10. Vorlage einer Kopie eines gefälschten Impfausweis kann Kündigung rechtfertigen
Allein die Vorlage einer Kopie eines gefälschten Impfausweises kann schon eine Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen, so das Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 18.2.2022 – 11 Ca 5388/21).
11. kein anlasslose Anordnung eines Corona-Tests durch den Arbeitgeber zulässig
Das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen (Urteil vom. 22.10.2021 – 2 Ca 52/21) hat entschieden, dass der Arbeitgeber nicht ohne Anlass vom Arbeitnehmer einen Corona-Test verlangen darf. Gibt es aber einen Anlass (Kontakt mit einem an Corona erkrankten Mitarbeiter) darf ein Test im Rahmen des allgemeinen Weisungsrechts vom Arbeitgeber angeordnet werden.
12. Kündigung unwirksam wegen Vorlage von Corona-Testnachweisen aus dem Internet
Das Arbeitsgericht Bielefeld (Urteil vom 24.3.2022 – 1 Ca 2311/21) hat entschieden, dass bei der Vorlage eines Testzertifikats, bei dem ein negatives Testergebnis (Corona-Test) bescheinigt wird, obwohl der Aussteller des Testergebnisses die Durchführung des Corona-Schnelltests nicht beaufsichtig hat, dies nicht als Kündigungsgrund ausreicht. Der Arbeitgeber hätte hier vorher abmahnen müssen. Die ausgesprochene Kündigung war unwirksam. Zu unterscheiden ist der Fall von den obigen Fällen, bei denen ein gefälschtes Impfzertifikat von den Arbeitnehmern benutzt wurde.
13. kein Beschäftigungsverbot bei fehlender Impfung
14. kein Schmerzensgeld vom Arbeitgeber bei Corona-Infektion
Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 30.3.2022 – 3 Ca 1848/21) hat entschieden, das eine mit Corona infizierte und erkrankte Krankenschwester keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen ihren Arbeitgeber hat, wenn sie nicht nachweisen kann, dass der Arbeitgeber die Schuld an der Erkrankung trägt.
15. Anhusten mit Corona-Absicht als wichtiger Kündigungsgrund
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urt. vom 27.04.2021, Az.: 3 Sa 646/20) hat entschieden, dass das vorsätzliche Anhusten eines Arbeitskollegen mit den Worten „Ich hoffe, Du bekommst Corona“ auch ohne vorherige Abmahnung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber berechtigt.
16. Bundesarbeitsgericht: Corona-Testpflicht für Arbeitnehmer ist rechtmäßig
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 1.6.2022 – 5 AZR 28/22) hat entschieden, dass der Arbeitgeber zur Umsetzung der ihn treffenden arbeitsschutzrechtlichen Verpflichtungen berechtigt ist, auf Grundlage eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Corona-Tests einseitig anzuordnen. Damit positioniert sich auch das BAG für bestimmte Corona-Maßnahmen durch Arbeitgeber.
17. gefälschter Genesenennachweis und Kündigung – Arbeitsgericht Berlin
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 26.04.2022, Aktenzeichen 58 Ca 12302/21) hat entschieden, dass eine fristlose Kündigung von Seiten des Landes Berlin zulässig ist, wenn ein Justizangestellter einen geflälschten Genesenennachweis einsetzt, um ohne Corona-Test an seinen Arbeitsplatz zu gelangen (Gericht).
18. BAG: unentgeltliche Freistellung nach Urlaub unzulässig
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 10. August 2022 – 5 AZR 154/22) entschied zu Gunsten eines Arbeitnehmers, der nach seinem Türkeiurlaub (Hochrisikogebiet) vom Arbeitgeber in Quarantäne für 14 Tage ohne Entgelt geschickt wurde. Das BAG führte aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit des Nachweises, dass keine Corona-Infektion bestand, hätte geben müssen.
19. LAG Berlin-Brandenburg: Teilnahme am betrieblichen Sommerfest einer Klinik nur mit 2G+ und negativen Test
Die von einer Klinik für ein betriebliches Sommerfest festgelegte Zugangsregelung, wonach für die Teilnahme am Betriebsfest eine gültige vollständige Impfung und/oder Genesung sowie ein tagesaktueller negativer Antigen-Schnelltest erforderlich ist, ist rechtmäßig. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 1.7.2022 – 6 Ta 673/22).
20. LAG Hessen – Keine Pflicht, nicht geimpftes Pflegepersonal in Seniorenheim zu beschäftigen
Das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteile vom 11.08.2022, Az. 5 SaGa 728/22 und 7 SaGa 729/22) hat in zwei Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz die Anträge von in der Pflege tätigen Klägern abgewiesen, die eine Weiterbeschäftigung ohne Impfung erreichen wollten. Nach dem LAG wirke der erforderliche Impfnachweis wie eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung.
21. Arbeitsgericht Siegburg – Täuschung über Corona-Impfstatus und fristlose Kündigung
Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 23.06.2022 – 3 Ca 2171/21) hat entschieden, dass die Täuschung gegenüber dem Arbeitgeber über den Impfstatus des Arbeitnehmers durch Vorlage eines falschen Impfnachweises eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
22. Arbeitsgericht Köln – kein Anspruch auf Beschäftigung und Annahmeverzugslohn
Das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 21.7.2022 – 8 Ca 1779/22) hat entschieden, dass eine nicht gegen SARS-CoV-2 geimpfte und aus diesem Grunde freigestellte Pflegekraft keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung sowie Zahlung von Annahmeverzugslohn hat. Nach dem Gericht steht dem Beschäftigungsanspruch der Arbeitnehmerin bereits § 20a Abs. 1 IfSG entgegen, aus dem sich seit dem 16.3.2022 ein unmittelbares gesetzliches Tätigkeitsverbot für nicht immunisierte Pflegekräfte ergibt. Einer gesonderten behördlichen Entscheidung des Gesundheitsamtes bedarf es hierfür nicht, so das Arbeitsgericht Köln.
23. Eilantrag gegen Praxisverbot abgewiesen – OVG Rheinland-Pfalz
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 2.9.2022 – 6 B 10723/22) hat einen Eilantrag einer in einer Zahnarztpraxis beschäftigten Mitarbeiterin abgewiesen. Diese war nicht gegen das Coronavirus geimpft. Sie klagte (deshalb haben hier die Verwaltungsgericht entschieden) nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen den Landkreis, der das Betretungsverbot erlassen hatte. Die Klage blieb ohne Erfolg.
24. Tätigkeitsverbot ungeimpfter Pfleger nur durch das Gesundheitsamt
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 3.2.2023 – 7 Sa 67/22) hat entschieden, dass Freistellung ungeimpfter Pflegekräfte nur nach Verhängung eines Tätigkeitsverbots durch das Gesundheitsamt möglich ist. Der Arbeitgeber kann nicht von sich aus eine Tätigkeitsverbot „aussprechen“ und dann unbezahlt freistellen.
Weiter hat das LAG Baden-Württemberg in Bezug auf Annahmeverzugslohnansprüche des Arbeitnehmers entschieden, dass die Leistungsfähigkeit und auch Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers im Rahmen der §§ 293 ff. BGB sich auf die nach § 294 BGB zu bewirkende Beschäftigung beziehen muss. Ein fehlender Impfnachweis gemäß § 20a Abs. 1 IfSG steht dem nicht entgegen.
25. gefälschter Impfausweis und Vorlage beim Arbeitgeber
Nach dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 7.2.2023 – 8 Sa 326/22) stellt die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in der Absicht die Nachweispflicht des § 28b Abs. 1 IfSG zu umgehen, eine schwere Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht des Arbeitnehmers dar, die geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer bereits seit 19 Jahren beim Arbeitgeber beschäftigt ist.
26. Kündigung wegen verweigerter Impfung
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 30. März 2023 – 2 AZR 309/22 ) hat entschieden, dass die Kündigung einer Mitarbeiterin im Krankenhaus, die sich weigerte sich gegen Corona impfen zu lassen wirksam ist und nicht gegen das Maßregelungsverbot verstößt. Die Besonderheiten des Fall es sind aber, dass dieser vor der Impfpflicht in der Gesundheitsbranche spielt und darüber hinaus es sich um eine Kündigung in der Wartezeit (Probezeit) handelt.
27. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Nr. 1
Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 24.8.2023 – 15 Sa 1033/22) hat entschieden, dass ein an COVID-19 erkrankter Arbeitnehmer infolge Krankheit objektiv an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, wenn er sich in Quarantäne begeben muss. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Arbeitgeber von ihm verlangen kann im Homeoffice zu arbeiten.
28. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Nr. 2
Das Landesarbeitsgericht Thüringen (Urteil vom 8.8.2023 – 1 Sa 41/23) hat entschieden, dass im Fall einer symptomlosen Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 3 EFZG vorliegt. Daran ändert auch eine Quarantäneanordnung wegen einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus nichts.
29. BAG und Abmahnung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 19.6.2024 – 5 AZR 192/23) hat entschieden, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nicht berechtigt war, dem Arbeitnehmer wegen Nichtvorlage eines Nachweises i.S.d. § 20a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 IfSG a.F. eine Abmahnung zu erteilen.
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Marzahn-Hellersdorf