Bundesarbeitsgericht lässt Klage des Leiharbeiters gegen den Entleiher zu!
Klage des Leiharbeitnehmers gegen den Entleiher möglich

BAG- Entscheidung
Das BAG hat vor kurzem entschieden, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist, wenn ein Leiharbeiter gegen einen Entleiher (also nicht gegen seinen Arbeitgeber – den Verleiher) Ansprüche im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Entleiher ähnlich, wie ein Arbeitgeber auftritt und rein faktisch Arbeitgeberfunktionen ausübt.
Bundesarbeitsgericht: Arbeitsgerichte zuständig bei Ansprüchen von Leiharbeitnehmern gegen den Entleiher
Mit Beschluss vom 13. September 2023 (Az. 5 AZB 3/23) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine wichtige Entscheidung zur arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit in Fällen der Leiharbeit getroffen. Danach ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann eröffnet, wenn ein Leiharbeitnehmer Ansprüche gegen den Entleiher geltend macht – also gegen das Unternehmen, bei dem er tatsächlich eingesetzt ist, nicht gegen seinen formellen Arbeitgeber, den Verleiher.
BAG bejaht arbeitsgerichtliche Zuständigkeit bei arbeitgeberähnlichem Verhalten
In dem zugrunde liegenden Fall machte ein Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher Ansprüche im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis geltend. Zwar bestand kein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien, jedoch trat der Entleiher im Arbeitsalltag faktisch wie ein Arbeitgeber auf: Er erteilte Weisungen, organisierte die Arbeitszeit und wies Aufgaben zu.
Das Bundesarbeitsgericht stellte klar:
„Macht ein Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher Ansprüche im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis geltend, ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet, wenn der Entleiher wie ein Arbeitgeber auftritt und arbeitgebertypische Funktionen ausübt.“
(BAG, Beschluss vom 13.09.2023 – 5 AZB 3/23)
Rechtsweg richtet sich nach der Natur der tatsächlichen Beziehung
Entscheidend sei, ob der Entleiher arbeitgebertypische Aufgaben übernimmt und sich das Verhältnis damit faktisch wie ein Arbeitsverhältnis darstellt. Die bloße fehlende Vertragsbeziehung steht der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte dann nicht entgegen. Die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit knüpft also nicht allein an den schriftlichen Arbeitsvertrag an, sondern an das tatsächliche rechtliche und organisatorische Verhältnis zwischen den Beteiligten.
Praxisrelevanz: Weg frei für Equal-Pay-Ansprüche und andere arbeitsrechtliche Klagen gegen Entleiher
Die Entscheidung ist insbesondere für Equal-Pay-Klagen (§ 8 AÜG), Auskunftsansprüche oder Schadensersatzforderungen von Leiharbeitnehmern von Bedeutung. Bislang war die Frage des Rechtswegs in derartigen Konstellationen umstritten. Das BAG schafft nun Klarheit: Wer gegenüber dem Leiharbeitnehmer wie ein Arbeitgeber auftritt, muss sich auch vor dem Arbeitsgericht verantworten.
Fazit: Wichtige Stärkung der Rechte von Leiharbeitnehmern
Mit dieser Entscheidung stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten von Leiharbeitnehmern, die sich im Betrieb des Entleihers nicht nur tatsächlich eingliedern, sondern auch dort ihre Ansprüche durchsetzen wollen.
Für Entleiher bedeutet dies, dass sie sich ihrer arbeitgeberähnlichen Verantwortung bewusst sein und künftig verstärkt mit arbeitsgerichtlichen Verfahren rechnen müssen – auch ohne formalen Arbeitsvertrag.
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Rechtsanwalt Andreas Martin