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Anzeige der Arbeitsunfähigkeit – was ist zu tun?
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet unverzüglich dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit bei Krankheit anzuzeigen. Wie man dies am besten macht, erfahren Sie nachfolgend.
Was steht im Gesetz zur Anzeige der Arbeitsunfähigkeit?
Die gesetzliche Regelung über die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit bei Krankheit und über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall findet man in § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
Dort ist geregelt:
§ 5 Anzeige- und Nachweispflichten
(1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Ist der Arbeitnehmer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, muß die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, daß der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird.(2) Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als angezeigt, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Die gesetzlichen Krankenkassen können festlegen, daß der Arbeitnehmer Anzeige- und Mitteilungspflichten nach den Sätzen 3 und 4 auch gegenüber einem ausländischen Sozialversicherungsträger erfüllen kann. Absatz 1 Satz 5 gilt nicht. Kehrt ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer in das Inland zurück, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen.
Unter welchen Voraussetzungen muss der Arbeitgeber den Lohn während der Krankheit/ Arbeitsunfähigkeit zahlen?
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes hat folgende Voraussetzungen:
- Bestehen eines Arbeitsverhältnisses seit mindestens 4 Wochen
- unverschuldete Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
- die Krankheit ist der alleinige Grund für die Arbeitsunfähigkeit (Monokausalität)
- keine Fortsetzungskrankheit
Anmerkungen:
Zu den obigen Voraussetzungen kurz nachfolgende Anmerkungen:
zeitliche Grenze
Zeitliche Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmer mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Davor gibt es keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Arbeitnehmer.
unverschuldete Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
Der Anspruch kann nach § 3 EFZG nur dann geltend gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Begriff des Verschuldens wird im Gesetz nicht definiert. Dazu gibt es aber diverse Gerichtsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat der Arbeitnehmer seine durch Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit dann zu vertreten, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstoßen hat. Zum Beispiel kann der Entgeltfortzahlungsanspruch entfallen, wenn der Arbeitnehmer grob fahrlässig einen Verkehrsunfall verursacht. In der Praxis kommen derartige Fälle nicht so oft zum Arbeitsgericht, denn der Arbeitgeber kennt oft die Ursache für die Erkrankung des Arbeitnehmers nicht.
Fortsetzungserkrankung
Die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei mehrfachen, kurz aufeinander folgenden Erkrankungen des Arbeitnehmers richtet sich danach, ob es sich um eine Fortsetzungserkrankung oder um eine Wiederholungserkrankung handelt.
Was steht im Gesetz zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
Die gesetzliche Regelung über die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall findet man in § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
Dort ist geregelt:
§ 3 EFZG – Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn
- er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
- seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Welchen Inhalt hat der Lohnfortzahlungsanspruch bei Krankheit?
Der Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall des Arbeitnehmers beginnt am auf die Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag und besteht für genau 42 Tage (6 Wochen), d.h. auch wenn der 42. Tag ein Montag ist, endet der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung auch an einem Montag.
Lohnausfallprinzip
Die Höhe des zu zahlenden Entgeltanspruchs richtet sich nach dem Gehalt, das der Arbeitnehmer verdient hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig krank geworden wäre. Ausschlaggebend ist die tatsächliche regelmäßige Arbeitszeit. Wenn es einen Dienstplan gibt, dann die Arbeitszeit laut dem Dienstplan. Es gilt das Lohnausfallprinzip und der Arbeitnehmer ist zu zu vergüten als wenn er im Krankheitszeitraum normal gearbeitet hätte.
erneute Erkrankung des Arbeitnehmers
Es gilt – bei einer erneuten Erkrankung des Arbeitnehmers – das Prinzip der Einheit des Verhinderungsfalls. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer 6-wöchige Fristt nur einmal in Anspruch nehmen. Wichtig ist, dass ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch nur dann entsteht, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die weitere Erkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2016 – 5 AZR 318/15). Problematisch sind die Fällen, bei denen zwischen den beiden Erkrankungen nur wenige Tage liegen also ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht (so das BAG, Urteil vom 11.12.2019 – 5 AZR 505/18).
Schadenersatz gegen den Verursacher der Arbeitsunfähigkeit
Wenn der Arbeitnehmer durch einen Dritten arbeitsunfähig verletzt wurde – wie zum Beispiel beim Verkehrsunfall – kann auch der Arbeitgeber seinen Schaden (Entgeltfortzahlungspflicht und Arbeitgeberanteil der Sozialversicherung) gegen den Schädiger geltend machen. Der Schadenersatzanspruch ergibt sich aus § 6 EFZG. Sogar die Kosten einer notwendigen Ersatzkraft sind von dem Schädiger zu übernehmen.
Ausschlussfrist und Verfall von Entgeltfortzahlungsansprüchen wegen Krankheit?
Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 20.06.2018 – 5 AZR 377/17) verfällt der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nicht in Höhe des Mindestlohnes.
Anzeige der Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitgeber
Die Anzeige seiner Erkrankung und seiner Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG unverzüglich dem Arbeitgeber anzuzeigen. Unverzüglich heißt dabei „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB). dem Arbeitgeber mitzuteilen. Entscheidend ist dabei der Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber und nicht das Versenden durch den Arbeitnehmer Eine besondere Form – wie zum Beispiel die Schriftform – der Meldung sieht das Gesetz dabei nicht vor. Auch gibt es keine Vorschrift, wonach sich der Arbeitnehmer selbst krankmelden muss. Die telefonische Mitteilung ist zunächst immer die schnellste Variante, hat aber oft den Nachteil der fehlenden Nachweisbarkeit.
Muster einer Krankmeldung beim Arbeitgeber
Nachfolgend finden Sie ein Muster der Meldung beziehungsweise Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitgeber. Die schriftliche Meldung hat den Vorteil, dass man den Inhalt und die Mitteilung selbst in der Regel nachweisen kann.
An … die Mustermann GmbH
Rhinstraße 40,
12681 Berlin
Betreff: Mitteilung meiner Arbeitsunfähigkeit
Sehr geehrte Damen und Herren.
hiermit zeige ich Ihnen an, dass ich vom heutigen Tage an bis voraussichtlich einschließlich __________[Datum] aufgrund einer Erkrankung nicht zur Arbeit erscheine.
Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reiche ich termingerecht nach.
Mit freundlichen Grüßen
__________ __________________
(Unterschrift des Arbeitnehmer) Berlin, den (Datum)
Was ändert sich durch die neue digitale, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Ab dem 1. Oktober 2021 müssen Ärzte den Krankenschein / die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt elektronisch an die zuständige Krankenkasse senden. Der Arbeitnehmer muss dann die AU-Bescheinigung in Papierform bei der Krankenkasse nicht mehr einreichen. Allerdings wird es bis zum 30. Juni 2022 eine Übergangszeit geben. In dieser müssen Ärzte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch an die Krankenkassen übermitteln, und darüber hinaus auch zusätzlich in Papierform ausstellen. Wenn der Arzt die AU-Bescheinigung dem Arbeitnehmer in Papierform überreicht, muss diese diese dann selbst noch einreichen. Der Grund ist, dass viele Ärzte immer noch nicht über eine ausreichende elektronische Infrastruktur verfügen.
keine AU-Bescheinigung mehr durch Arbeitnehmer ab dem 1. Juli 2022 beim Arbeitgeber einzureichen
Arbeitgeber können ab 01. Januar 2022 an das neue Verfahren teilnehmen. Eine Pflicht dazu besteht aber ab dann ab dem 1. Juli 2022. Dann muss der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch von der jeweiligen Krankenkasse entgegennehmen/ anfordern. Der Arbeitnehmer muss dann also nicht mehr die AU-Bescheinigung beim Arbeitgeber einreichen, allerdings muss trotzdem noch die unverzügliche Krankmeldung erfolgen!
häufige Fragen – FAQ
Nachfolgend beantworte ich häufige Fragen (FAQ) zum Thema Arbeitsunfähigkeit und Anzeige der Krankheit beim Arbeitgeber:
Wann ist die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit noch rechtzeitig?
Die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit ist rechtzeitig, wenn diese unverzüglich erfolgt. Der Begriff „unverzüglich“ bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (BAG, Urteil vom 31.8.1989, 2 AZR 13/89). In der Regel heißt dies, dass die Information in den ersten Arbeitsstunden zu erfolgen hat.
Muss bei der Mitteilung eine bestimmte Form eingehalten werden?
Es gibt keine besonderen Vorschriften über Form der Anzeige. Sie kann mündlich, telefonisch oder schriftlich erstattet werden. Es gibt auch keine Formblätter der dergleichen, welche der Arbeitnehmer bei der Mitteilung zwingend benutzen müsste.
Muss der Arbeitnehmer die Krankenanzeige selbst machen?
Nein, die Unterrichtung kann durch zwar durch den Arbeitnehmer selbst, aber auch in seinem Auftrag durch jede beliebige Hilfsperson als Bote erfolgen. Dies kann sich sogar anbieten, da die anzeigende Person dann Zeuge sein kann. Dies können auch Familienangehörige sein. Dies ist rechtlich kein Problem.
Was muss in der Arbeitsunfähgkeitsmitteilung dem Arbeitgeber angezeigt werden?
Anzuzeigen sind die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit sowie die voraussichtliche Dauer der Krankheit/ Arbeitsunfähigkeit.
Muss die Nachricht über die Arbeitsunfähigkeit immer nach einem Arztbesuch erfolgen?
Nein, nicht zwingend. Für die Mitteilung ist ein vorheriger Arztbesuch nicht notwendig. Mit dem Begriff „Mitteilung“ verlangt § 5 I 1 vom Arbeitnehmer nur eine Selbstdiagnose ( BAG, Urteil vom 31.8.1989, 2 AZR 13/89). Ist der Arbeitnehmer, nämlich zum vorherigen Arztbesuch nicht in der Lage, hat er seine Mitteilung zunächst auf die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit zu beschränken und nach der ärztlichen Untersuchung unverzüglich deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber anzuzeigen.
Ist eine telefonische Krankschreibung noch zulässig?
Nein, derzeit (November 2023) nicht. Diese Sonderregelung gab es zu Corona-Zeiten und diese Regelung ist ausgelaufen. Die Stellung der Arbeitsunfähigkeit kann also nur das persönliche Vorstellung beim Arzt derzeit erfolgen. Es soll hier wohl Anfang 2024 eine Regelung zur telefonischen Arbeitsunfähigkeitsfestellung folgen.
Rechtsanwalt Andreas Martin
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Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Kanzlei Berlin Marzahn-Hellersdorf