Der Strafbefehl ist eine Entscheidung des Strafrichters im vereinfachten (schriftlichen) Strafverfahren. Im Strafbefehlsverfahren – so nennt man dieses Verfahren – kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltlich bei einfachen Sachverhalten einen Strafbefehl erlassen. Dieses Verfahren ist eine Art schriftliches, vereinfachtes Strafverfahren. Der Beschuldigte kann gegen den Strafbefehl einen Einspruch einlegen und damit eine Hauptverhandlung vor dem Gericht erzwingen.
Ablauf des Strafverfahrens
Strafbefehlsverfahren
Als Beschuldigter einer Straftat erhält man in der Regel einen Anhörungsbogen von der Polizei. So erfährt man in der Regel als Beschuldigter von der Strafverfolgung. Gegenüber der Polizei müssen keine Angaben, mit Ausnahme der Pflichtangaben zu den Personalien, gemacht werden. Manchmal erhält der Beschuldigte auch eine Ladung der Polizei zur sog. „Beschuldigtenvernehmung“. Es besteht dazu keine Pflicht diese wahrzunehmen.
Einschaltung eines Rechtsanwalt
Es macht oft Sinn einen Rechtsanwalt bereits in diesem frühen Stadium des Strafverfahrens einzuschalten. Dabei muss man aber wissen, dass man die Anwaltskosten nicht erstattet bekommt. Es gibt auch keine Prozesskostenhilfe im Strafverfahren.
Schweigen ist Gold! – Strafbefehl – was ist das?
Sofern ein Anwalt eingeschaltet wird, was bei vielen Strafverfahren sinnvoll ist-wird dieser zunächst zum Schweigen raten und sodann Akteneinsicht beantragen. Zur Vernehmung als Beschuldigter bei der Polizei muss man nicht erscheinen. Der Anwalt wird mitteilen, dass sein Mandant zum Termin nicht kommt und dass von weiteren Vernehmungsversuchen Abstand genommen werden soll.
Reden bringt oft wenig
Eine Aussage des Beschuldigten bei der Polizei in der Hoffnung, dass die Polizei dann das Strafverfahren einstellen wird, macht keinen Sinn. Zum einen kann die Polizei kein Strafverfahren einstellen, sondern nur die Staatsanwaltschaft/Amtsanwaltschaft. Die Entscheidung über eine Einstellung und auch über Strafbefehlsverfahren, zumindest über den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, trifft der zuständige Staatsanwalt.
Akteneinsicht durch den Verteidiger
Das Akteneinsichtsgesuch wird eine Regel bei der Polizei gestellt und über die Staatsanwaltschaft wird dann die Akteneinsicht später gewährt. Der Anwalt kann sich dann aus der kompletten Strafakte informieren und sieht dann, welche Beweismittel vorliegen und wie die Sach- und Rechtslage ist.
Nach erfolgter Akteneinsicht kann man entscheiden, ob man in der Sache eine Einlassung abgibt oder weiter schweigt.
Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Strafbefehl
Wenn nach der Einlassung des Anwalts die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren nicht einstellt und die Meinung vertritt, dass nach der Aktenlage eine Straftat vorliegt, kann sie einen Strafbefehl beantragen. In der Regel wird dies aber nur bei Straftaten gemacht, die recht einfach vom Sachverhalt sind und geringe Geldstrafen ausgesprochen werden können. Bei komplizierten Sachverhalten eine sich das Strafbefehlsverfahren nicht.
Antrag bei Gericht
Der Strafbefehlsantrag wird bei Gericht von der StA gestellt. Das Gericht entscheidet dann über den Antrag. In Berlin ist dies das Amtsgericht Tiergarten.
Voraussetzungen für den Erlass eines Strafbefehls
Die Voraussetzungen für den Erlass eines Strafbefehls durch das Strafgericht sind:
- es liegt ein Vergehen vor (drohende Strafe = Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von weniger als 1 Jahr)
- schriftlicher Antrag der Staatsanwaltschaft bei Gericht.
Erlass des Strafbefehls
Wenn das Gericht die Voraussetzungen des Strafbefehlsverfahren bejaht, erlässt es den Strafbefehl, andernfalls wird der Antrag abgelehnt und das Gericht lädt dann in der Regel zur Hauptverhandlung.
Anregung eines Strafbefehls durch den Verteidiger
Auch als Anwalt kann man durchaus den Erlass eines Strafbefehls anregen, wenn zum Beispiel klar ist, dass man einen Freispruch bzw. eine Einstellung des Strafverfahrens nicht erreichen kann und der Mandant das Strafverfahren schnell – mit einer bestimmten Rechtsfolge/ Strafe- abschließen möchte.
Verhandlungen über Rechtsfolgen
Der Vorteil für den Mandanten besteht auch darin, dass dieser nicht vor Gericht erscheinen muss und die Angelegenheit recht schnell erledigt wird. Außerdem kann man dann mit der Staatsanwaltschaft auch bestimmte Rechtsfolgen (Dauer des Fahrverbots/ Höhe der Geldstrafe) verhandeln.
der ungewollte Strafbefehl
Oft ist aber auch folgender Sachverhalt denkbar. Der Staatsanwalt erhebt – ohne Rücksprache mit der Verteidigung (wozu die StA nicht verpflichtet ist) – keine Anklage, sondern beantragt einen Strafbefehl und das Gericht erlässt diesen.
Rechtsmittel
Wenn der Mandant insgeheim mit einer Einstellung des Strafverfahrens gerechnet hat und nun den Strafbefehl erhält, so wird er enttäusch sein und es stellt sie die Frage, wie man dagegen vorgehen kann.
Einspruch
Wichtig ist dabei zu wissen, dass ein Einspruch gegen den Strafbefehl möglich ist. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen nach Zustellung des Strafbefehls. Diese Frist muss unbedingt gewahrt bleiben.
Hauptverhandlung mit Beweisaufnahme
Erfolgt der Einspruch rechtzeitig, gibt es in der Sache eine Hauptverhandlung. Das Verfahren wird also geführt, als hätte es ursprünglich eine Anklage gegeben. Wichtig ist aber dabei zu wissen, dass der Richter, der ursprünglich den Strafbefehl erlassen hat auch über den Einspruch gegen den Strafbefehl entscheidet. Von daher muss man sich klar darüber sein, dass man schon gute Argumente haben muss, wenn man sich gegen den Strafbefehl wendet. Zu beachten ist aber, dass auch der Richter in der Regel nicht wissen kann, wie Zeugen vor Gericht aussagen. Von daher bleibt immer eine Unsicherheit, auch für das Gericht, wie das Verfahren ausgehen wird.
beschränkter Einspruch möglich
Der Einspruch gegen den Strafbefehl muss nicht zwingend gegen den gesamten Strafbefehl erfolgen. Wenn zum Beispiel die Geldstrafe (Tagessatzhöhe) falsch berechnet wurde, macht es Sinn zumindest dagegen vorzugehen. Sofern es also nur um die Tagessatzhöhe geht, kann hier-mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft-sogar im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Es gibt dann keine Hauptverhandlung.
FAQ – häufig gestellte Fragen
Was passiert bei einem Strafbefehl?
Beim Strafbefehlsverfahren ergeht auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein Strafbefehl durch das Gericht ohne dass es eine Verhandlung gibt. Dies geht bei einfachen Sachverhalten und wenn es sich um ein strafrechtlich nur um ein Vergehen handelt. Damit der Beschuldigte ausreichend geschützt ist, hat er die Möglichkeit gegen den Strafbefehl Einspruch einzulegen und dann gibt es eine Hauptverhandlung (mündliche Verhandlung).
Kann man nur Geldstrafen mit dem Strafbefehl verhängen?
Nein, es sind auch anderen Strafen möglich, wie
- Geldstrafe,
- Verwarnung mit Strafvorbehalt,
- Fahrverbot,
- Einziehung,
- Vernichtung,
- Unbrauchbarmachung,
- Bekanntgabe der Verurteilung und Geldbuße gegen eine juristische
Person oder Personenvereinigung, - Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre nicht mehr als zwei Jahre beträgt,
- Verbot des Haltens oder Betreuens von sowie des Handels oder des sonstigen berufsmäßigen Umgangs mit Tieren jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von einem Jahr bis zu drei Jahren sowie
- des Absehens von der Strafe.
Kann man zu einer Freiheitsstrafe durch Strafbefehl verurteilt werden?
Ja, eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr ist per Strafbefehl möglich, wenn der Angeschuldigte einen Verteidiger hat (§ 407 Abs. 2 StPO).
Welche Kosten fallen für den Erlasse an?
In der Regel sind die Verfahrenskosten geringer als bei einer Hauptverhandlung. Nach dem Gerichtskostengesetz betragen diese lediglich € 70,00 bzw. € 140 (Geldstrafe über 180 Tagessätze oder Freiheitsstrafe über 6 Monate).
Rechtsanwalt Andreas Martin
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