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Höhe einer gerichtlichen Abfindung?
Abfindung bei Kündigung vor dem Arbeitsgericht
Das Arbeitsgericht entscheidet nur selten über die für eine Abfindung. In den meisten Fällen werden nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage Abfindungen vor dem Arbeitsgericht ausgehandelt und zwar meistens im sogenannten Gütetermin.
Dabei es wichtig zu wissen, dass der Weg zur Zahlung einer Abfindung nach Kündigung im Normalfall immer die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist. Der Arbeitnehmer muss also innerhalb von drei Wochen die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, ansonsten wird er keine Abfindung mit dem Arbeitgeber aushandeln können.
In den seltensten Fällen besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Die Abfindung und auch dessen Höhe, ist im Normalfall reine Verhandlungssache. Dabei kommt es vor allen auf die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage an.
Abfindung bei Kündigung vor dem Arbeitsgericht – Auflösungsantrag
nach Erhebung der Kündigungsschutzklage
Bei den wenigen Fällen, bei dem das Gericht über die Höhe der Abfindung entscheidet, ist der in der Praxis am häufigsten anhängig gemachte Fall der, dass der Arbeitnehmer einen sogenannten Auflösungsantrag nach § 9 des Kündigungsschutzgesetzes stellt.
Die Vorschrift lautet wie folgt:
§ 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
Die Anforderungen an einen solchen Auflösungsantrag, wenn diese erfolgreich vor dem Arbeitsgericht durchgesetzt werden soll, sind recht hoch. Es kommt nur selten dazu, dass der Arbeitnehmer erfolgreich einen Auflösungsantrag stellen kann. Berücksichtigt werden nur Gründe, die es dem Arbeitnehmer unzumutbar machen beim Arbeitgeber weiterzuarbeiten.
An den Auflösungsgrund sind hohe Anforderungen zu stellen. Der Arbeitnehmer kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur verlangen, wenn ihm die Fortsetzung nicht mehr zuzumuten ist. Durch diese gesetzliche Vorgabe werden an das Vorbringen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess zur Begründung seines Auflösungsantrages erheblicheAnforderungen gestellt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.7.2008, 2 AZR 1111/06). Dabei ist zu beachten, dass Kündigungsschutzgesetz vorrangig ein Bestandsschutz– und kein Abfindungsgesetz ist. Die Anforderungen an einen Auflösungsgrund sind ähnlich hoch, wie bei einer außerordentlichen Kündigung und die dafür nach § 626 I BGB erforderlichen Kündigungsgründe.
Welcher Zeitpunkt ist für die Frage der Beurteilung des Auflösungsgrundes maßgeblich?
Es kommt auf die Frage an, welche Prognose für die Zukunft bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu stellen ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt dafür ist nach dem Gesetz der Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag.
Welche Auflösungsgründe kommen in Betracht?
In Betracht für einen Auflösungsantrag kommen u.a.
- unberechtigte schwere Vorwürfe des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer (z.B. in strafrechtliche Vorwürfe)
- Inausichtstellung einer fortlaufenden Benachteiligung für den Fall eines erfolgreichen Kündigungsschutzprozesses („Spießrutenlaufen“)
- schwere Beleidigungen und Diffamierungen des Arbeitnehmers im Prozess
- schwere Diffamierungen des Arbeitnehmers im Betrieb
Was reicht für einen Auflösungsgrund in der Regel nicht aus?
Nicht ausreichend ist in der Regel:
- neue Arbeitsstelle im Kündigungsschutzprozess
- hart geführter Prozess von beiden Seiten
- bloße Vermutungen über eine bevorstehende Benachteiligung bei Weiterbeschäftigung
Wenn aber ein Auflösungsgrund vorliegt und der Arbeitnehmer nach Erhebung der Kündigungschutzklage einen sogenannten Auflösungsantrag stellt, dann entscheidet das Gericht über die Höhe der Abfindung.
Die entsprechende Norm ist § 10 des Kündigungsschutzgesetzes, die wie folgt lautet:
§ 10 Höhe der Abfindung
(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.
Welche Abfindungsformel wendet das Arbeitsgericht an?
die Abfindungsformel spielt oft im Gütetermin eine Rolle
Aus dieser Norm leiten die Arbeitsgerichte ihre sogenannte Abfindungsformel ab. Diese Formel spielt grob bei den Verhandlungen über die Höhe der Abfindung im Rahmen der Hebung einer Kündigungschutzklage im Gütetermin eine Rolle. Entscheidender ist jedoch das Prozessrisiko des Arbeitgebers. Wie hoch eine mögliche Abfindung sein kann, kann ein Anwalt für Arbeitsrecht grob abschätzen.
Wie berechnet das Arbeitsgericht Berlin die Höhe der Abfindung (Abfindungsformel)?
Höhe der Abfindungsformel
Beim Arbeitsgericht Berlin beträgt die Abfindungsformel in der Regel ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Arbeitsjahr. Diese Formel spielt formal nur eine Rolle beim Auflösungsantrag, nicht aber bei einer Kündigungsschutzklage ohne Auflösungsantrag. Trotzdem ist die Formel oft die Grundlage für den Einstieg von Verhandlungen über die Höhe der Abfindung im Gütetermin bei einer Kündigungsschutzklage.
Wie gesagt, entscheidet das Gericht beim Vergleich nicht über die Höhe der Abfindung, sondern nur beim erfolgreich gestellten Auflösungsantrag, dem in Übrigen auch ein Arbeitgeber stellen kann.
Bei der Bemessung der Höhe der Abfindung ist das Arbeitsgericht nicht an die im Gesetz aufgeführten Kriterien für die Höhe der Abfindung gebunden, sondern kann vielmehr alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Dazu gehört zum Beispiel auch das Maß der Sozialwidrigkeit der Kündigung.
Wesentliche Faktoren bei der Bemessung der Höhe der Abfindung sind:
– Lebensalter
– Betriebshörigkeit
– Familienstand
– Unterhaltspflichten.
Kurz zusammengefasst spielen folgende Kriterien auch für die Höhe der Abfindung eine Rolle:
– verhaltensbedingter Kündigungsgrund ist schon objektiv nicht gegeben
– Arbeitgeber hat die Kündigung selbst herbeigeführt
– die Kündigung verstößt gegen das Maßregelungsverbot
– durch die unwirksame Kündigung entstehen dem Arbeitnehmer erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten
Abzustellen ist dabei auf dem Monatsverdienst des letzten Monats des Arbeitsverhältnisses.
Dabei ist unter anderem darauf zu achten, dass sämtliche Vergütungsbestandteile hier in die Höhe des Entgelts einfließen.
Dies sind zum Beispiel:
Abzustellen ist dabei auf dem Monatsverdienst des letzten Monats des Arbeitsverhältnisses.
Dabei ist unter anderem darauf zu achten, dass sämtliche Vergütungsbestandteile hier in die Höhe des Entgelts einfließen.
Dies sind zum Beispiel:
– Lohn/Gehalt
– alle Zulagen
– Tantiemen
– Gratifikationen
– Sonderzahlungen
– Urlaubsgelder
– NaturalvergütungenNicht aber Aufwandsentschädigungen.
Liegt die Höhe der gerichtlichen Abfindung im Ermessen des Gerichts?
Ja, innerhalb der gesetzlichen Vorgaben ist dies der Fall. Die Ausübung des richterlichen Ermessens bei der Festsetzung der Abfindungshöhe ist nicht komplett frei, sondern daran gebunden, welcher Abfindungsbetrag unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles angemessen ist, um die durch den Verlust des Arbeitsplatzes erwachsenden Nachteile auszugleichen.
Gibt es einen Höchstbetrag der gerichtlichen Abfindung?
Ja, der Höchstbetrag ist gesetzliche festgelegt. § 10 des Kündigungsschutzgesetzes setzt als Höchstgrenze der gerichtlichen Abfindung von 12 Monatsverdienste fest. Eine höhere Abfindung kann außer im Fall des § 10 II KSchG nicht festgesetzt werden.
Bei mind 15-jähriger Beschäftigung und der Vollendung des 50. Lebensjahres sind bis zu 15 Monatsverdienste, bei mind 20-jähriger Beschäftigung und Vollendung des 55. Lebensjahres sind bis zu 18 Monatsverdienste festzusetzen.
Wie berechnet sich der "Monatsverdienst"?
Nach § 10 III des Kündigungsschutzgesetzes gilt als Monatsverdienst, das, was dem Arbeitnehmer in dem Monat, in dem der Auflösungszeitpunkt liegt, bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erhält. Dies ist das Bruttomonatsentgelt, das sich aus Geld- und Sachbezügen ergibt. Dabei wird auf den konkreten Monat abgestellt. Alle Leistungen mit Arbeitsentgeltcharakter sind zu berücksichtigen, so auch
- 13. und 14. Gehalt,
- Provisionen,
- Tantiemen,
- Umsatzbeteiligungen, der Wert von Naturalleistungen
Was sind weitere wirtschaftliche Folgen der Kündigung?
Hier ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer voraussichtlich in die Arbeitslosigkeit entlassen wird und wie die Chancen auf eine anderweitige (ähnlich hoch vergütete) Arbeit sind.
Welche weiteren sozialen Gesichtspunkte spielen bei der Abfindungshöhe eine Rolle?
Als weitere soziale Gesichtspunkte können folgende Punkte zu berücksichtigen sein:
- Familienstand,
- unterhaltsberechtigte Personen in der Familie,
- Schwerbehinderung sowie
- der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers.
Sind für die Abfindung Sozialversicherungsabgaben zu zahlen?
Nein, die Abfindung ist sozialversicherungsfrei. Der Arbeitnehmer muss hier nur die Lohnsteuer abführen (wird durch den Arbeitgeber abgezogen und abgeführt).
Die Sozialversicherungsabgaben wie,
- Arbeitslosenversicherung
- Krankenversicherung
- Pflegeversicherung
sind nicht zu zahlen.
Kommt es oft vor, dass das Arbeitsgericht eine Abfindung zuspricht?
Nein, dies ist sehr selten. In den meisten fällen hat der Arbeitnehmer nur die Möglichkeit an eine Abfindung zu kommen, indem eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht. Meist gibt es dann im Gütetermin Verhandlungen über eine Abfindungszahlung durch den Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers. Ein so genannter Auflösungsantrag ist sehr schwierig zu begründen und die Anforderung daran sind hoch.
Für weitere Informationen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung!
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Kanzlei Berlin Marzahn-Hellersdorf