Ein Berliner Busfahrer (Falls aus dem Jahr 2012) fuhr unter Drogeneinfluss seine Linie un überfuhr dabei wenigstens 2 rote Ampeln. Weiter bedrängte er auch einen Radfahrer und beschimpfte Fahrgäste, die ihn auf seinen rasanten Fahrstil ansprachen.
Fahrgäste riefen die Polizei
Daraufhin rief ein Fahrgast die Polizei. Die Berliner Polizei informierte die Leitstelle der BVG.
Diese forderte den Busfahrer per Funk auf an der Haltestelle Kaiser-Wilhelm-Straße /Ecke Paul-Schneider-Straße anzuhalten. An der Haltestelle wartete dann bereits die Polizei und kontrollierte den Fahrer.
Drogentest war positiv
Beim Fahrer wurde durch die Polizei zuerst ein Atemalkoholtest durchgeführt, welcher aber negativ war. Sodann wurde ein Drogenschnelltest (Urintest) durchgeführt, der einen Konsum von Kokain anzeigte. Der Führerschein des Busfahrers wurde daraufhin beschlagnahmt.
Weiterhin wurde er zur Abnahme einer Blutprobe zur Polizeidirektion 4 gebracht. Das Ergebnis der Blutuntersuchung war nicht bekannt. Das strafrechtliche Verfahren gegen den Busfahrer wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO (kein Tatverdacht) eingestellt.
Personalgespräch beim Arbeitgeber
Zu dem Vorfall fand ein Personalgespräch mit dem Busfahrer statt. Im Personalgespräch räumte der Fahrer einen vorangegangenen Konsum von Kokain am Wochenende ein. Einen ihm angebotenen Aufhebungsvertrag unterzeichnete der Busfahrer nicht.
verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber
Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die Kündigung erfolgte aus verhaltensbedingten Gründen aufgrund des Verdachts einer strafbaren Handlung (sog. Verdachtskündigung).
Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Berlin
Gegen die Kündigungen wehrte sich der Busfahrer mittels Kündigungsschutzklage über seinen Rechtsanwalt zum Arbeitsgericht Berlin.
Das Arbeitsgericht Berlin hielt die Kündigungsschutzklage für zulässig, aber für unbegründet und wies diese daher ab.
Arbeitsgericht Berlin – gibt dem Arbeitgeber recht
Das Arbeitsgericht (Urteil vom 21.11.2012 31 Ca 13626/12) führt dazu aus:
Die Kündigung vom 21.08.2012 beendet das Arbeitsverhältnis mit Zugang am 22.08.2012. Die Kündigung ist als Verdachtskündigung gerechtfertigt.
In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass nicht nur eine erhebliche Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen kann. Der Verdacht der schwerwiegenden Pflichtverletzung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Pflicht verletzt, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, der Verdacht eines (nicht erwiesenen) vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Eine Verdachtskündigung ist nur dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Dabei ist die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Die Kündigung verstieße anderenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie wäre nicht ultima-ratio (BAG, 23.06.2009, 2 AZR 474/07, NZA 2009, 1136; BAG, 13.03.2008, 2 AZR 961/06, NZA 2008, 809). Der Verdacht muss darüber hinaus schwerwiegend sein und sich aus den Umständen ergeben bzw. objektiv durch Tatsachen begründet sein. Er muss weiter dringend sein, d. h. bei einer kritischen Prüfung muss eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung gerade dieses Arbeitnehmers bestehen (BAG, 12.03.2009, 2 ABR 24/08, NZA-RR 2010, 180). Dabei muss das Gericht im Einzelnen prüfen, ob die den Verdacht begründenden Indizien zutreffen, also entweder unstreitig sind oder vom Arbeitgeber bewiesen werden. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Tatvorwurf erwiesen ist, sondern darauf, ob die vom Arbeitgeber zur Begründung des Verdachts vorgetragenen Tatsachen einerseits den Verdacht rechtfertigen und ob sie tatsächlich zutreffen (BAG, 10.02.2005, 2 AZR 189/04, NZA 2005, 1056). Der Verdacht muss sich dabei aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben (BAG, 10.06.2010, 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227).
Der Verdacht des Fahrens unter Einfluss von Betäubungsmitteln in einem Zustand der Fahrdienstuntauglichkeit ist geeignet einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.
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Gemäß § 8 der Berufsordnung für Kraftfahrer (BO-Kraft) ist dem Betriebspersonal untersagt, während des Dienstes oder der Dienstbereitschaft alkoholische Getränke oder andere die dienstliche Tätigkeit beeinträchtigende Mittel zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl sie unter der Wirkung solcher Getränke oder Mittel stehen. Bereits der schwerwiegende Verdacht einer solchen Handlung rechtfertigt die Verdachtskündigung. Der Kläger trägt vorliegend die Verantwortung für seine Person, die Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer.
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Der beim Kläger durch die Polizei durchgeführte Drogenschnelltest (Urintest) wies ein auf Kokain positives Ergebnis auf. Demgegenüber kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er pauschal die Aussagefähigkeit des Drogenschnelltestes bestreitet. Insoweit hätte es substantiierter Anhaltspunkte bedurft, warum dem grundsätzlich durch die Polizei benutzen Drogenschnelltest keine derart gewichtige Aussagefähigkeit zukommen soll bzw. welche persönlichen Umstände auf Seiten des Klägers zur Annahme führen könnten, das Ergebnis spreche nicht für einen Konsum von Kokain. Soweit der Kläger anfangs behauptet hat, der weitere Bluttest auf Drogenkonsum sei negativ ausgefallen, kann dem keine Bedeutung beigemessen werden. Zum einen handelt es sich nur um eine Annahme des Klägers, die er weder in dieser Deutlichkeit aufrechterhalten noch durch Tatsachen belegt hat. Vielmehr schließt er das Ergebnis aus dem Umstand, dass das Strafverfahren gegen ihn gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Auch wenn das zutreffend sein sollte, kann dieser Umstand nicht zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden. Denn der Kläger kann hier zu seiner Entlastung lediglich Umstände vortragen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorlagen. Solchen können bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen werden. Da es für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung aber auf die im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestehenden Verdachtsmomente ankommt, kann es auf spätere Entwicklungen – auch zu Gunsten des Klägers – nicht ankommen (Ascheidt/Preis/Schmidt/Döner-Vossen, Kündigungsschutzrecht, 4. Aufl., 2012, § 626 Rn. 356).
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Weiterhin kann sich die Beklagte auf weitere Indizien stützen. So lag ihr im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung der Meldebucheintrag der BVG vor (Bl. 22 f. d. A.). Dort ist das dem Kläger vorgeworfene Fehlverhalten im Straßenverkehr wiedergegeben. Weiterhin hat der Kläger den Drogenkonsum im Gespräch am 16.08.2012 eingeräumt. Dabei kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er zunächst einen Drogenkonsum geleugnet hat. Er behauptet selbst, dass er sich im weiteren Verlauf des Gesprächs derart unter Druck gesetzt gefühlt hat, dass er den Drogenkonsum schließlich einräumte. Dabei wirkt die Begründung des Klägers, er habe den Konsum lediglich eingeräumt, weil er das Gefühl hatte, ihm werde kein Glauben geschenkt und er habe sich einer emotionalen Ausnahmesituation befunden, als Schutzbehauptung. Nachvollziehbar ist, dass es sich um eine emotionale Ausnahmesituation für den Kläger gehandelt hat. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass in einer solchen Ausnahmesituation ein Eingeständnis eines Fehlverhaltens erfolgt und dass alles unter Mitteilung eines – dann wohl erdachten – Randgeschehens, nämlich dass der Drogenkonsum konkret mit Freunden am vergangenen Sonntag erfolgt sein soll. Der Kläger hat seine Angaben auch im Nachhinein nicht gegenüber der Beklagten korrigiert. Warum damit die Beklagte im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung von anderen Anhaltspunkten hätte ausgehen müssen, als dem schließlich vom Kläger geäußerten Eingeständnis des Drogenkonsums, ist nicht ersichtlich.
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Der Verdacht ist auch dringend. D. h. es besteht eine auf Beweisanzeichen gestützte große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung.
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Die Indizien, der positive Drogenschnelltest, der Eintrag im Meldebuch der BVG sowie das letztendliche Eingeständnis seitens des Klägers im Rahmen des Personalgesprächs sind unstreitig, selbst wenn der Kläger nunmehr bestreitet, Kokain genommen und die ihm vorgeworfenen Verstöße im Straßenverkehr begangen zu haben. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung lagen diese Indizien vor. Insbesondere hat der Kläger nicht im Nachgang zum Gespräch am 16.08.2012 mitgeteilt, dass er von seinem Eingeständnis des Drogenkonsums abrücke.
Rechtsanwalt Andreas Martin