Anwaltszwang bei Scheidung vor Berliner Gerichten – besteht dieser?
Für viele Mandanten ist nicht klar, ob bei der Scheidung in Berlin grundsätzlich ein Anwaltszwang besteht. Anwaltszwang für beide Seiten bedeutet, dass beide Beteiligte sich durch einen Anwalt vor Gericht vertreten lassen müssen und dass ohne Anwalt ein Betreiben des Scheidungsverfahren nicht möglich ist (so z.B. vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten). Zu beachten ist aber, dass die Scheidung in der Regel vor den Amtsgerichten stattfindet. Die 2. Instanz ist dann das Oberlandesgericht (in Berlin das Kammergericht).
Ein Anwalt vertritt beide Eheleute bei einvernehmlicher Scheidung?
Oft meinen Eheleute, dass es ausreichend ist, wenn ein Anwalt im Scheidungsverfahren tätig wird. Dies ist grundsätzlich für bestimmte Fälle auch richtig. Wichtig ist dabei zu wissen, dass ein Rechtsanwalt im Scheidungsverfahren niemals beide Eheleute vertreten. Die Rechtsvertretung ist immer nur im Bezug auf einen Ehegatten möglich. Schon gar nicht ist es möglich, dass der Anwalt also beide vertritt, was aber viele Eheleute glauben, dass sie im Scheidungsverfahren einen gemeinsamen Anwalt haben. Dies ist nicht richtig. Ein Anwalt kann nur Interessen eines Ehegatten vertreten, sogar auch dann, wenn die Scheidung einvernehmlich ist.
Berliner Familiengerichte – Scheidungsverfahren
Im Berlin ist es oft so, dass nach dem die Scheidung über einen Rechtsanwalt eingereicht wird, hier besteht auf jeden Fall Anwaltszwang für das Einreichen der Scheidung, dass das Familiengericht dann den Gerichtskostenvorschuss vom Antragsteller einfordert. Sodann wird die Scheidung zusammen mit einer Belehrung über das Scheidungsverfahren dem anderen Ehegatten übersandt. In dieser Belehrung wird klargestellt, dass im Scheidungsverfahren grundsätzlich Anwaltszwang besteht. In einem Nebensatz heißt es dann, dass eine anwaltliche Vertretung aber nicht notwendig ist, wenn der Ehegatte keine eigenen Anträge stellt.
eigener Scheidungsantrag
Nun wissen viele Eheleute nicht, was das zu bedeuten hat. Muss man einen eigenen Antrag im Scheidungsverfahren stellen oder nicht? Man kann sich ja durchaus vorstellen, dass der Ehegatte, der dann anwaltlich noch nicht vertreten ist, meint, dass er auch die Scheidung beantragen muss. Dem ist aber nicht so.
Zustimmung ist ausreichend – ohne Anwalt
Der Grundsatz ist der, dass im Scheidungsverfahren Anwaltszwang besteht. Wenn die Scheidung einvernehmlich erfolgt, dann ist es aber ausnahmsweise möglich, dass die Scheidung über den Rechtsanwalt eines Ehegatten, der nur diesen Ehegatten vertritt, eingereicht wird. Der andere Ehegatte muss bei der einvernehmlichen Scheidung keinen eigenen Antrag stellen und hier reicht die Zustimmung zur Scheidung im Scheidungstermin beim Familiengericht aus. Diese Zustimmung ist kein eigener Antrag und von daher ist dafür auch kein Rechtsanwalt notwendig.
Schreiben der Berliner Familiengericht sind schwer vom jur. Laien zu verstehen
D. h., dass es ausreichend ist, in den Fällen, wenn beide Ehegatten sich einig sind und beide die Scheidung wollen, dass ein Ehegatte anwaltlich vertreten ist und der andere Ehegatte dann sich keinen Anwalt nimmt und im Scheidungstermin der Scheidung zustimmt. Dies ist eine Ausnahme vom Anwaltszwang und kommt in der Praxis häufiger vor. Der Grund sind die Anwaltskosten, die dann nur von einem Ehegatten zu tragen sind und zwar von dem, der den Rechtsanwalt beauftragt hat. Die Eheleute können aber intern vereinbaren, dass diese sich die Kosten teilen, obwohl dadurch der Anwalt nicht zum gemeinsamen Rechtsanwalt wird.
Die Schreiben der Familiengerichte in Berlin (so zum Beispiel – Familiengericht Kreuzberg) in Bezug auf das Scheidungsverfahren von daher etwas missverständlich bzw. schwer vom Laien zu verstehen.
Rechtsanwalt Andreas Martin