Kann man den Arbeitgeber abmahnen?
Die Abmahnung im Arbeitsrecht wird überwiegend durch Arbeitgeber verwendet. Eine arbeitsrechtliche Abmahnung kommt dann immer in Betracht, wenn der andere Vertragspartner eine Pflichtverletzung begeht. Auch eine Abmahnung durch den Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist aber möglich, da eben auch der Arbeitgeber seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzen kann. Auch wenn die Abmahnung durch den Arbeitnehmer in der Praxis keine sehr große Rolle spielt, kann diese durchaus erhebliche positive Auswirkungen für den Arbeitnehmer haben (Stichwort: Auflösungsverschulden und Schadenersatz).
arbeitsrechtliche Abmahnung durch den Arbeitnehmer
Arbeitgeber abmahnen bei Pflichtverletzung
Auch wenn in der Praxis überwiegend Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer wegen Pflichtverletzungen abmahnen, kommt auch eine Abmahnung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer in Betracht. In der Praxis spielt diese aber nur für wenige Fälle eine Rolle.
Eigenkündigung ohne Abmahnung möglich
Auch wenn in der Praxis überwiegend Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer wegen Pflichtverletzungen abmahnen, kommt auch eine Abmahnung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer in Betracht. In der Praxis spielt diese aber nur für wenige Fälle eine Rolle. Der Hintergrund ist der, dass der Arbeitgeber die Abmahnung oft einsetzt, um gegebenenfalls dem Arbeitnehmer später das Arbeitsverhältnis des ordentlich kündigen zu können.
Abmahnung bringt oft wenig
Für den Arbeitnehmer ist dies nicht notwendig, denn der Arbeitnehmer braucht grundsätzlich-im Gegensatz zum Arbeitgeber-für eine eigene ordentliche Kündigung keinen Kündigungsgrund. Es bringt also dem Arbeitnehmer in der Regel wenig, wenn er den Arbeitgeber abmahnt, um eine Kündigung dann später aussprechen zu können. Er braucht schlichtweg nicht abzumahnen, denn er kann gleich ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis kündigen.
außerordentliche Kündigung
Für eine außerordentliche Kündigung ist aber eine Abmahnung des Arbeitgebers durchaus denkbar. Da der Arbeitnehmer aber recht kurze Kündigungsfristen hat, zumindest bei Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfristen ist dies so, bringt oft eine außerordentliche Kündigung auch nicht keinen so großen Zeitvorsprung.
ordentliche Kündigung zum 15. oder zum Monatsende
Ordentlich kann nämlich der Arbeitnehmer nach der gesetzlichen Regelung des § 692 BGB mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende das Arbeitsverhältnis kündigen. Aus einem Tarifvertrag können sich andere Kündigungsfristen ergeben. Auch ist es möglich-innerhalb bestimmter enger Grenzen-im Arbeitsvertrag die Kündigungsfristen des Arbeitnehmers zu ändern.
Zahlungsverzug mit Arbeitslohn
Es gibt aber einen wichtigen Fall, bei dem die Abmahnung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer eine erhebliche Rolle spielen kann, der kaum bekannt ist. Dies ist der Fall des sogenannten Auflösungsverschuldens beim Zahlungsverzug des Arbeitgebers.
Auflösungsverschulden bei Lohnrückstand
Es kommt nämlich nicht selten vor, dass der Arbeitgeber zum Beispiel den Lohn des Arbeitnehmers nicht oder zu spät zahlt. Wenn hier zum Beispiel zwei Monatslöhne ausstehen, ist es in der Regel den Arbeitnehmer nicht zumutbar weiter beim Arbeitgeber zu arbeiten und der Arbeitgeber verstößt erheblich gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber ist nämlich zu pünktlichen Lohnzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verpflichtet.
schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitgebers
Kommt er dem nicht nach, liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitgebers vor. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber tatsächlich Schuld hat an seiner schlechten finanziellen Lage hat oder nicht. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber den Lohn pünktlich zu zahlen, auch wenn er wirtschaftlich schlecht dasteht und die Umsätze eingebrochen sind.
Kündigung durch Arbeitnehmer möglich
Nun könnte der Arbeitnehmer sofort das Arbeitsverhältnis kündigen, sogar eine außerordentliche Kündigung kommt bei einem erheblichen Lohnrückstand des Arbeitgebers in Betracht. Dies ist aber nicht immer vorteilhaft, da der Arbeitnehmer auch noch eine weitere Möglichkeit hat vom Arbeitgeber Geld zu bekommen. Er hat nämlich einen Schadensersatzanspruch, wenn der Arbeitgeber Schuld an der Auflösung, also an der Kündigung, des Arbeitsverhältnisses ist. Dies nennt sich Auflösungsverschulden und ist im § 628 Abs. 2 BGB geregelt.
Abmahnung erforderlich
Um ein solches Auflösungsverschulden als Schadenersatz aber geltend machen zu können, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in der Regel vorher abmahnen. Es bietet sich von daher an, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nachweisbar schriftlich wegen des Lohnrückstandes abmahnt und gleichzeitig auch nochmals zur Zahlung unter kurzer Fristsetzung auffordert.
nach Fristablauf – außerordentlich kündigen
Kommt der Arbeitgeber dann der Lohnzahlung nicht nach, kann der Arbeitnehmer außerordentlich, auch mit einer entsprechenden Auslauffrist z.B. zum Monatsende, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund kündigen.
Schadenersatzanspruch gegen den Arbeitgeber
Der Arbeitnehmer hat dann einen Schadenersatzanspruch.
Schadenersatzanspruch
Dieser Anspruch auf das Auflösungsverschulden umfasst zum Beispiel den Lohn, den Arbeitnehmer noch verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber mit ordentlicher Kündigungsfrist beendet worden wäre. Hätte also der Arbeitnehmer eine Kündigung durch den Arbeitgeber bekommen, dann gilt die dort maßgebliche Kündigungsfrist. Zum Beispiel wenn noch sechs Monate Kündigungsfrist bestanden hätten, hätte der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von sechs Monatslöhnen.
Arbeitgeber abmahnen
Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer-unter bestimmten Umständen-sogar einen Anspruch auf Zahlung eine Abfindung, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes zum Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen haben und der Arbeitgeber selbst auch keinen Kündigungsgrund hatte.
Schadenersatz
Zum Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers können gehören
- rückständiger Lohn nebst Zinsen
- Abfindung bei ordentlicher Kündigung durch den Arbeitgeber
- Lohn für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers
Beispiel:
Der Arbeitgeber schuldet die Löhne für Januar und Februar 2023. Daraufhin mahnt der Arbeitnehmer – Anfang März 2023 – den Arbeitgeber ab und fordert diesen mit einer Frist von fünf Tagen zur Zahlung auf. Nach Ablauf der Frist-der Arbeitgeber hat nicht gezahlt-kündigt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich.
Als Schadenersatz kann er nun-sofern kein Kleinbetrieb vorliegt-eine Abfindung verlangen und darüber hinaus den rückständigen Lohn und den Lohn für den Zeitraum der Kündigungsfrist, die für den Arbeitgeber gilt. Wenn zum Beispiel der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgrund der Dauer der Betriebshörigkeit des Arbeitnehmers nur mit einer Frist ordentlich von sechs Monaten hätte beenden können, dann hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf sechs Bruttomonatslöhne als Schadenersatz.
FAQ – häufig gestellte Fragen
Darf der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnen?
Eine Abmahnung durch den Arbeitnehmer ist unproblematisch möglich, wenn der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung begeht. Die Abmahnung muss bestimmt sein. Die Schriftform ist nicht vorgeschrieben, sollte aber gewahrt werden, damit man die Abmahnung auch nachweisen kann.
Muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vor einer Kündigung abmahnen?
Nein, vor einer ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber nicht abgemahnt werden. Der Arbeitnehmer braucht keinen Kündigungsgrund. Bei der außerordentlichen Kündigung ist dies unter Umständen anders. Bei sehr schweren Pflichtverletzungen ist eine Abmahnung nicht erforderlich. Bei leichten Pflichtverletzung schon eher.
Wann ist eine Abmahnung sinnvoll?
Eine Abmahnung ist in den meisten Fällen nicht notwendig. Sinnvoll ist diese aber dann, wenn der Arbeitgeber mit einen erheblichen Lohn im Rückstand ist. Hier besteht unter Umständen Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch hat gemäß § 628 Abs. 2 BGB. Diesen Schadensersatzanspruch kann er aber nur dann geltend machen, wenn er den Arbeitgeber zuvor abmahnt und dann außerordentlich kündigt.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht