Aids im Arbeitsrecht
Die Erkrankung Aids kann auch im Arbeitsrecht eine Rolle spielen. Zu beachten ist, dass eine Diskriminierung in der arbeitsrechtlichen Praxis oft im Vordergrund steht. Insbesondere stellt sich dann die Frage, ob ein Arbeitnehmer wegen einer HIV-Infektion gekündigt werden darf.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Aids?
Aids ist eine Erkrankung und bedeutet Aquired Immune Deficiency Syndrome. Die Immunschwächekrankheit (Aids) gilt derzeit noch als unheilbar. HIV und AIDS sind nicht das Gleiche. AIDS ist die letzte von 4 Phasen einer HIV-Infektion.Gerade in der Therapie der Erkrankung sind in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht worden. Eine HIV-Infizierte Person kann die Erreger der Krankheit durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten auf andere Personen übertragen.
Ist die HIV-Infektion eine Behinderung?
Selbst eine symptomlose HIV-Infektion ist eine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Damit kommt die an HIV-Infizierte Person den Schutz des AGG, der vor jegliche Art von Diskriminierung schützt bis hin zur Kündigung wegen der Infektion (BAG, Urteil vom 19.12.2013 – 6 AZR 190/12).
Aids / HIV und arbeitsrechtliche Kündigung
Wird ein Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar aufgrund seiner HIV-Infektion gekündigt, so ist die Kündigung auch ohne Eingreifen des Kündigungsschutzgesetzes unwirksam (BAG, Urteil vom 19.12.2013 – 6 AZR 190/12). Es gilt in diesem Fall der Mindestkündigungsschutz, der auch vor der diskriminierenden Kündigung schützt. Faktisch verstößt seine solche Kündigung gegen ein gesetzliches Verbot, nämlich gegen das Diskriminierungsverbot des AGG. Dies gilt zumindest für Arbeitnehmer im nichtmedizinischen Bereich. Die Chancen einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage sind von daher hier für den Arbeitnehmer recht hoch.
Gilt das Kündigungsverbot bei HIV uneingeschränkt?
Eine personenbedingte Kündigung (Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetes) scheidet bei einer HIV-Infektion in den ersten 3 Phasen (also vor einer Aidserkrankung) beim nicht medizinisch tätigen Arbeitnehmer aus.
Gilt das Kündigungsschutzgesetz im Betrieb nicht, dann braucht der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund. Allerdings darf mit keine diskriminiernde Kündigung aussprechen. Erfolgt die Kündigung wegen der Infektion mit HIV ist diese Diskriminierung und damit unwirksam. Das Problem ist aber, dass dies der Arbeitnehmer nachweisen muss (Kündigung wegen der Infektion), was nicht immer einfach sein wird.
Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19.12.2013 – 6 AZR 190/12) führt dazu aus:
Die symptomlose HIV-Infektion des Klägers hat eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Eine Diskriminierung des Klägers durch die angegriffene Kündigung kommt deshalb in Betracht.
…
Die HIV-Infektion ist unheilbar. Sie hat eine Verminderung der zellulären Immunität und damit einen Immundefekt zur Folge (Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 265. Aufl. Stichwort: HIV-Erkrankung). Diese Abweichung vom allgemein anerkannten Standard des biomedizinischen Zustands (vgl. zu dieser Definition die ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 18 unter 4.1 Ziff. 5) führt zu einer Beeinträchtigung der Funktion des Körpers iSd. Behindertenbegriffs des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
…
Der Kläger wird durch seine HIV-Infektion im erforderlichen Maß an der Teilhabe am Leben beeinträchtigt. Unerheblich ist dabei, dass seine Leistungsfähigkeit nicht eingeschränkt ist. Es genügt, dass er in interpersonellen Beziehungen und bei der Arbeit Stigmatisierungen ausgesetzt sein kann (vgl. ausdrücklich für eine HIV-Infektion ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 24 unter 5.1; vgl. auch Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 43). Diese Vorurteile und Stigmatisierungen seiner Umwelt machen ihn zu einem Behinderten iSv. § 1 AGG.
Wie sieht es bei medizinisch tätigen Arbeitnehmern aus?
Bei einem mit HIV infizierten Arbeitnehmer, der medizinisch tätig ist, ist ebenfalls keine Kündigung nicht ohnes weiteres möglich. Es kommt hier immer auf den Einzelfall an, insbesondere, ob hier die Gefahr der Ansteckung mit HIV für Arbeitskollegen oder Kunden tatsächlich vorhanden ist oder ob sich der Betriebsablauf erheblich beeinträchtig wird. Bei einem bestehenden Ansteckungsrisiko – was wohl selten der Fall sein dürfte – wäre eine personenbedingte Kündigung denkbar.
Muss der Arbeitnehmer im Vorstellungsgespräch auf die HIV-Infektion hinweisen?
Auf die HIV-Infektion muss in der Regel nicht hingewiesen werden. Eine Ausnahme gibt es aber dann, wenn eine erhöhte Ansteckungsgefahr für Kunden oder Arbeitskollegen (Kontakt mit Körperflüssigkeiten) existiert.
Darf der Arbeitgeber nach einer akuten Aids-Erkrankung im Vorstellungsgespräch fragen?
Ja, ein solches Fragerecht besteht. Der Arbeitnehmer muss die Wahrheit sagen. Anders als bei der bloßen Infeketion mit HIV ist die Erkrankung hier schon ausgebrochen.