Inhaltsverzeichnis
Wie wird der Urlaub während der Elternzeit gekürzt?
Kürzung des Urlaubs in der Elternzeit durch den Arbeitgeber
Auch während der Elternzeit entsteht weiter der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers, auch wenn das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit ruht und der Arbeitnehmer z.B. keine Arbeitsleistung erbringen muss.
Beispiel: Hat der Arbeitnehmer im Jahr 2020 noch keinen Urlaub erhalten geht vom 1.07.2020 bis zum 30.06.2021 in Elternzeit, so hat er einen gesetzlichen Urlaubsanspruch für das Jahr 2020 von 24 Werktagen (20 Arbeitstage).
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG (Bundeselterngeldgesetz) kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für ein Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat, den der Arbeitnehmer in Elternzeit ist, um ein Zwölftel kürzen. Wichtig ist, dies hat nichts mit dem Mutterschutz zu tun, sondern betrifft allein die Elternzeit.
aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 19.03.2019 – 9 AZR 362/18) steht § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG im Einklang mit dem Unionsrecht. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Kürzungsmöglichkeit des während der Elternzeit erworbenen Erholungsurlaubs durch den Arbeitgeber verstößt weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung. Die Kürzungsmöglichkeit des Urlaubsanspruchs führt zu einer Anpassung der Urlaubsdauer an die während der Elternzeit ausgesetzte Arbeitspflicht.
Wie lautet § 17 BEEG?
§ 17 BEEG – Urlaub
(1) Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet.
(2) Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.
(3) Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder wird es im Anschluss an die Elternzeit nicht fortgesetzt, so hat der Arbeitgeber den noch nicht gewährten Urlaub abzugelten.
(4) Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit mehr Urlaub erhalten, als ihm oder ihr nach Absatz 1 zusteht, kann der Arbeitgeber den Urlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin nach dem Ende der Elternzeit zusteht, um die zu viel gewährten Urlaubstage kürzen.
Urlaubskürzung durch den Arbeitgeber in der Elternzeit
Kürzungserklärung des Arbeitgebers
Die Kürzung des Urlaubsanspruch in der Elternzeit tritt nicht bereits kraft Gesetzes oder gar automatisch ein. Der Gesetzgeber hat dem Arbeitgeber hat ein Wahlrecht gelassen (“Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub …). Will der Arbeitgeber seine Kürzungsbefugnis ausüben, so muss er gegenüber dem Arbeitnehmer eine entsprechende rechtsgeschäftlichen Erklärung (Kürzungserklärung) abgeben. Diese Erklärung kann er ausdrücklich oder stillschweigend abgeben, wobei aus Sicht des Arbeitgebers immer der ausdrücklichen Kürzungserklärung der Vorzug zu geben ist.
Beispiel für stillschweigende Kürzung:
Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer erkennbar (Lohnabrechnung) nur den gekürzten Urlaub.
Beispiel für ausdrückliche Kürzung:
Der Arbeitgeber erklärt gegenüber dem Arbeitnehmer ausdrücklich, dass er dessen Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12 kürzt. Ein Muster dieser Kürzungserklärung finden Sie nachfolgend.
Muster einer Kürzungserklärung nach § 17 BEEG
Muster einer Kürzungserklärung
(Verwendung auf eigene Gefahr).
An Frau XY
Adresse
Sehr geehrte Frau XY,
hiermit mache ich von meinem Kürzungsrecht nach § 17 Abs. 1, Satz 1 BEEG Gebrauch und kürze Ihren Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat der Elternzeit um ein Zwölftel.
Mit freundlichen Grüßen
………………..
Berechnung der Kürzung des Urlaubsanspruchs in der Elternzeit
Berechnung der Urlaubskürzung
Die Berechnung der Urlaubskürzung durch die Kürzungserklärung ist oft nicht ganz klar. Das Gesetz (§ 17 BEEG) sagt dazu:
Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen.
Bei der Berechnung muss also immer auf den vollen Kalendermonat abgestellt werden. Nur diese vollen Kalendermonate dürften gekürzt werden.
Ein Beispiel wird dies verdeutlichen:
Der Arbeitnehmer (6-Tage-Woche) hat einen Urlaubsanspruch von 24 Werktage vor Kalenderjahr. Er nimmt Elternzeit vom 15.03.2020 bis zum 15.12.2020. Das Arbeitsverhältnis besteht seit 2019. Urlaub für 2020 hat er noch nicht bekommen. Der Arbeitgeber erklärt die Kürzung des Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12.
Ergebnis des Beispiels:
Der Arbeitnehmer hat 24 Werktage Urlaub für 2020. Davon hat er noch keinen Urlaub genommen. Jetzt ist der Urlaub um die vollen Monate der Elternzeit zu kürzen. Im Zeitraum vom 15.03.2020 bis 15.12.2020 liegen 8 volle Monate (April bis November 2020). Die angefangene Monate März und Dezember zählen nicht mit. Von daher wird der Urlaub um 16 Tage (24 pro Jahr ./. 12 = 2 pro Monat x 8) gekürzt. Es verbleibt ein Urlaubsanspruch von 8 Werktagen. Anders und vielleicht einfacher wäre auch das Zählen aller Monate in denen keine volle (komplette) Elternzeit gewährt wurde, hier Januar, Februar, März und Dezember (4 Monate Urlaub = 2 Tage pro Monat = 8 Werktage an Urlaub).
Urlaubsanspruch im Mutterschutz
Anspruch auf Urlaub im Mutterschutz
Man darf Elternzeit und Mutterschutz nicht miteinander verwechseln. Oft verstehen Arbeitnehmer nicht, dass beide Rechtszeiträume sich sogar überschneiden können. Oft nehmen Arbeitnehmer nämlich noch im Mutterschutz (nach der Geburt des Kindes) schon ihre Elternzeit. Dann besteht die Elternzeit und es gelten hier die Regelungen über den Urlaub und die Kürzungsmöglichkeit des Arbeitgebers.
Mutterschutz und Urlaub
Der gesetzliche Urlaubsanspruch der Arbeitnehmerinnen wird durch den Mutterschutz nicht gekürzt oder tangiert. Arbeitnehmerinnen, die im Mutterschutz sind, können ihren Urlaub nehmen und der Anspruch auf Urlaub entsteht, wie vor dem Mutterschutz als die Arbeitnehmerin noch “normal” gearbeitet hat. Während des Mutterschutzes ist die Arbeitnehmerin freigestellt und auch während der Freistellung erwirbt man Urlaub. Da es keinen Sinn macht im Mutterschutz seinen Urlaub zu nehmen, werden auch während des Mutterschutzes keine Urlaubstage verbraucht. Das Gesetz regelt ausdrücklich, dass Arbeitnehmerinnen während des Mutterschutzes als erwerbstätig gelten und diese Zeit als Arbeitszeit/ Beschäftigungszeit gilt (§ 24 MuSchG). Der Arbeitgeber kann hier – anders als in der Elternzeit – den Urlaub nicht kürzen. Dies sieht das Gesetz nicht vor.
Erwerb von Urlaub während der Kurzarbeit?
Anspruch auf Urlaub im Mutterschutz
Es stellt sich auch die Frage, ob der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit einen Urlaubsanspruch erwirbt.
Kurzarbeit “Null”
Dabei ist auszuführen, dass im Normalfall der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass der Arbeitnehmer zunächst-vor Beantragung der Kurzarbeit-seinen Urlaub komplett nimmt.
Allerdings geht es hier um die Frage, ob der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit weitere Urlaubsansprüche erwirbt. Hier gibt es noch keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dazu. Es spricht aber einiges dafür, dass während der Kurzarbeit kein Urlaubsanspruch erworben wird. Dies gilt natürlich nur für die “Kurzarbeit Null”. Die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnisses sind nämlich während der Kurzarbeit suspendiert.
FAQ – häufige Fragen
häufig gestellte Fragen zu Urlaub und Elternzeit
Nachfolgend werden häufige Fragen zur Problematik der Urlaubskürzung in der Elternzeit beantwortet.
Wie wird der Urlaubsanspruch in der Elternzeit gekürzt?
Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers, der während der Elternzeit entsteht, kann durch den Arbeitgeber durch eine Kürzungserklärung verringert werden. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber diese Kürzungserklärung vor Ende des Arbeitsverhältnisses abgibt. Ein Muster dieser Urlaubskürzungserklärung ist oben aufgeführt.
Gilt dies auch für den Urlaub während des Mutterschutzes?
Der Arbeitgeber darf den Urlaub nur dann kürzen, wenn es hierfür eine rechtliche Grundlage gibt. Für die Elternzeit ist dies ausdrücklich, als Ausnahme der gesetzlichen Wertung nach dem Urlaubsgesetz, möglich. Für die Mutterschutz gibt es keine solche Regelung. Der Mutterschutz hat auch nichts mit der Elternzeit zu tun. Allerdings kann die Elternzeit auch bereits während des Mutterschutzes anfangen. Dies hängt davon ab, welchen Zeitraum der Arbeitnehmer die Elternzeit beansprucht. Wenn also die Elternzeit bereits während des Mutterschutzes beginnt, da der Arbeitnehmer den Mutterschutz nicht abwartet und sofort Elternzeit beantragt, dann bezieht sich die Kürzung auf diesen Zeitraum.
Ist eine Kürzung schon mit Beantragung der Elternzeit möglich?
Die Kürzung des Urlaubsanspruchs bzw. des Urlaubs, der während der Elternzeit entsteht, ist bereits möglich, wenn der Arbeitnehmer die Elternzeit beantragt. Der Arbeitgeber kann dann zum Beispiel den Zeitraum für die Elternzeit bzw. den Zugang des Elternzeitverlangens bestätigen und gleichzeitig erklären, dass er den Urlaub entsprechende gesetzlichen Regelung für den Zeitraum der Elternzeit, wie im obigen Muster angegeben, kürzt.
Anmerkung:
Der Arbeitnehmer, der nach der Kürzung durch den Arbeitgeber seinen Urlaub geltend machen will, sollte sich durch einen Rechtsanwalt – am besten durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht – anwaltlich beraten lassen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Anwalt in Berlin Marzahn-Hellersdorf tätig (Rechtsanwalt Marzahn).