Mutterschutzlohn
Der Bezug von Mutterschutzlohn ist in § 18 des Mutterschutzgesetzes geregelt.
§ 18 MuSchG – Mutterschutzlohn
Eine Frau, die wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung teilweise oder gar nicht beschäftigt werden darf, erhält von ihrem Arbeitgeber Mutterschutzlohn. Als Mutterschutzlohn wird das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft gezahlt. Dies gilt auch, wenn wegen dieses Verbots die Beschäftigung oder die Entlohnungsart wechselt. Beginnt das Beschäftigungsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft, ist das durchschnittliche Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsentgelt der ersten drei Monate der Beschäftigung zu berechnen.
Mutterschutzgesetz
§ 18 des Mutterschutzgesetzes soll einer schwangeren Frau ihren bisherigen Lebensstandard erhalten und den Anreiz beseitigen, entgegen einer ärztlichen Anordnung aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeit fortzusetzen und dadurch sich oder ihr ungeborenes Kind zu gefährden. Der Mutterschutzlohn tritt dann an Stelle des normalen Arbeitslohnes. Aufgrund der Regelung des § 18 MuSchG erhält die Arbeitnehmerin einen zwingenden privatrechtlichen Lohnersatzanspruch, der vollen Bruttolohnersatz bedeutet. Der Arbeitgeber hat während des Beschäftigungsverbots mindestens den Durchschnittsverdienst der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Eintritt der Schwangerschaft zu zahlen. Zahlt er nicht vollständig oder gar nicht, kann die Arbeitnehmerin hier Lohnklage zum Arbeitsgericht erheben.
Anspruch auf Mutterschutzlohn
Der Anspruch auf Mutterschutzlohn entsteht nur, wenn der Arbeitsausfall allein “wegen” eines wirksam ausgesprochenen Beschäftigungsverbots eingetreten ist. Dies muss die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall sein. Manchmal ist dies problematisch. Interessant ist, dass die Arbeitnehmerin das sog. Wegerisiko trägt mit der Folge, dass kein Anspruch auf Mutterschutzlohn besteht, wenn die Arbeitnehmerin nur deshalb nicht arbeiten kann, weil ihr der Arzt die Fahrt zur Arbeitsstelle wegen der Schwangerschaft verboten hat (BAG, Urteil vom 7. August 1970, – 3 AZR 484/69).
Der Anspruch auf Mutterschutzlohn der Arbeitnehmerin nach § 18 des MuSchG entsteht mit Eintritt des Beschäftigungsverbots und endet mit dem Wegfall des Beschäftigungsverbots, der vorzeitigen Beendigung der Schwangerschaft, dem Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung oder mit Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG.
Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.09.2016, Az. 9 Sa 917/16) sprach einer schwangeren Arbeitnehmerin, die vom ersten Tag des Arbeitsverhältnisses im Beschäftigungsverbot war, den vollen Lohnanspruch zu. Das LAG führte aus, dass der Mutterschutzlohn nicht davon abhängt, ob die Arbeitnehmerin tatsächlich bereits beim Arbeitgeber gearbeitet hätte.
Sachverhalt des LAG Berlin-Brandenburg
Die Parteien haben im November 2015 ein Arbeitsverhältnis mit Beginn zum 1. Januar 2016 vereinbart. Im Dezember 2015 wurde aufgrund einer Risikoschwangerschaft der Arbeitnehmerin ein ärztliches Beschäftigungsverbot erteilt. Die Arbeitnehmerin forderte vom Arbeitgeber nach § 11 des Mutterschutzgesetzes den Lohn, den sie bei Arbeitsaufnahme ab Januar 2016 erhalten hätte. Der Arbeitgeber lehnte die Lohnzahlung ab, und wies darauf hin, dass die Arbeitnehmerin zu keinem Zeitpunkt tatsächliche gearbeitet hatte, was unstreitig der Fall war.
Urteil des Gerichts
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat der Arbeitnehmerin die geforderten Beträge letztendlich zugesprochen. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten setze – nach dem Gericht – keine vorherige Arbeitsleistung voraus. Nach dem LAGEs komme es nur auf ein vorliegendes Arbeitsverhältnis und allein aufgrund eines Beschäftigungsverbotes unterbliebene Arbeit an. Der Arbeitgeber werde hierdurch auch nicht unverhältnismäßig belastet, weil er die zu zahlenden Beträge aufgrund des Umlageverfahrens in voller Höhe erstattet erhalte.
Bundesarbeitsgericht
Das BAG ( Urteil vom 27.02.2020, Az.: 2 AZR 498/19) hat in einem anderen Fall entschieden, dass der Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes (hier ging es um eine Kündigung vor Arbeitsantritt und den Schutz von § 17 Mutterschutzgesetz) auch schon vor der Arbeitsaufnahme eröffnet ist.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, das Kündigungsverbot gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG gelte auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme Dies ergibt die Auslegung von § 17 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG.
Der Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig. § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG normiert ein Kündigungsverbot ua. gegenüber (werdenden) Müttern ohne nähere Bestimmung, welche Rechtsverhältnisse oder diesen zugrunde liegenden Verträge davon erfasst sind. Dafür ist auf den persönlichen Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes abzustellen. Dieser ist in § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 neu gefasst worden. Danach gilt das Gesetz für Frauen “in einer Beschäftigung iSv. § 7 Abs. 1 SGB IV” sowie ferner gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 MuSchG, “unabhängig davon, ob ein solches Beschäftigungsverhältnis vorliegt”, für Frauen in weiteren, im Streitfall nicht einschlägigen Tätigkeitsformen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Satz 2 der Vorschrift nennt als Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Dies lässt auch eine Lesart zu, wonach die Geltung des Mutterschutzgesetzes und damit des Kündigungsverbots in § 17 Abs. 1 MuSchG voraussetzt, dass eine Beschäftigung bereits in Vollzug gesetzt, die Tätigkeit also bereits aufgenommen ist.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Berlin- Marzahn-Hellersdorf