Die Eheleute schloßen vor der Ehe im Jahr 1990 einen Ehevertrag. Darin wurde eine Gütertrennung, der Ausschluss des Versorgungsausgleiches und der Ausschluss von Ehegattenunterhalt – auch für den Fall von Krankheit oder Alters – vereinbart. Nach der Heirat wechselte die Ehefrau – absprachegemäß – von Vollzeit in Teilzeit. Nach dem Scheitern der Ehe verlangte die Ehefrau Unterhalt und verlor in der ersten Instanz. Die zweite Instanz (OLG Hamm – Beschluss v. 17.10.2013, 4 UF 161/11) sah dies aber anders und hielt den Ehevertrag für sittenwidrig. Der Ausschluss jeglicher Unterhaltsansprüche sei schon problematisch, da diese zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehören, da hier aber auch noch der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde und Gütertrennung vereinbart wurde und die Ehefrau während der Ehe absprachegemäß – ihr Einkommen reduziert hätte, war der Ehevertrag sittenwidrig.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 1 BvR 2867/11 vom 18.6.2012) hält die bisherige Rechtsprechung zur Anrechnung von fiktiven Einkommen des Unterhaltsschuldners für verfassungswidrig. Die Gerichte müssen hier genauer ermitteln, welches Einkommen der Unterhaltsschuldner erzielen könnte.
OLG Hamm: “kostengünstige und schnelle Online-Scheidung”
Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm zur Werbung mit Online-Scheidung
Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 7.3.2013 – 4 U 162/12) entschied, dass die Werbung eines Rechtsanwalts mit der Online-Scheidung, dass diese eben besonders “kostengünstig” sei und schneller und reibungsloser abläuft, als die “normale Scheidung”, grundsätzlich noch zulässig sei.
Dabei wurde betont, dass diese Werbeaussage im Zusammenhang mit dem gesamten Text auf der Internetseite des Anwalts zu sehen sei und die Anlockwirkung eines Werbeauftritts grundsätzlich nicht verboten sei, solange keine “übertriebene reklamehafte Herausstellung” erfolgen würde.
Anmerkung:
Falsch ist die Aussage trotzdem. Eine Scheidung “online” gibt es nicht. Beide Eheleute müssen in der Regel zum Anhörungstermin beim Familiengericht. Auch fallen die gleichen Gebühren für den Rechtsanwalt an, egal, ob dieser “online” beauftragt wurde oder nicht. Darauf sollte man hinweisen, wenn dementsprechend wirbt.
Das Oberlandesgericht Koblenz (Beschluss vom 2.1.2007 – 14 W 785/06) entschied, dass die Beauftragung eines Detektivs zur Informationsbeschaffung zur Abwehr von unterhaltsrechtlichen Ansprüchen nach Beendigung (hier nicht ehelichen Partnerschaft mit Partnerschaftsvertrag) notwendige Kosten des Verfahrens sind.
Das OLG Bremen (Urteil vom 4.3.2014 -4 UF181/13) hat entschieden, dass das Guthaben auf einem Gemeinschaftskonto der Eheleute, beiden Eheleuten gemeinschaftlich (in der Regel zu 50 %) zusteht. Die polnische Ehefrau hatte vom Gemeinschaftskonto rund € 15.000 ohne Zustimmung des Ehemannes abgehoben. Dies hielt das OLG für rechtswidrig.
Anmerkung: Problematisch sind vor allem unberechtigte Kontoabhebungen nach der Trennung!
Das Oberlandesgericht Bamberg (Beschluss vom 13.05.2013 – 5 UF 361/13) hat in einer Grundsatzentscheidung, die zeitliche Grenze für die Verwirkung von Trennungsunterhaltsansprüchen auf 10 Jahre festgesetzt. Nach 10 Jahren Trennung können die Ehegatten keinen Trennungsunterhalt mehr verlangen. Die Ansprüche sind aufgrund des langen Zeitablaufs verwirkt.
Anmerkung: Eine Verwirkung von Unterhaltsansprüchen kann schon viel früher eintreten (teilweise sogar schon nach 1 Jahr).
Das Kammergericht (Berlin) hat am 7.3.2016 (13 UF 178/15) beschlossen, dass im Versorgungsausgleichsrecht (bei der Durchführung einer Scheidung führt das Familiengericht im Normalfall auch den sog. Vorsorgungsausgleich/ Rentenausgleich durch) ein Anspruch des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten, dass der andere, ausgleichsberechtigte Ehegatte verpflichtet wird, einer von ihm gewünschten „Saldierungsabrede“ zuzustimmen nicht besteht. Es ging darum den Ausgleich der Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung zunächst „intern“ mit dem Anrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf eine Beamtenversorgung verrechnet werden sollte und sodann nur noch der verbleibende „Spitzenbetrag“ aus der Beamtenversorgung zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten extern, durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung geteilt wird. Das Kammergericht sah hier im Scheidungsverfahren der Eheleute/ Versorgungausgleichsverfah ren keinen solchen Anspruch.
Das Berliner Kammergericht hat entschieden, dass grundsätzlich auch Fernurlaubsreisen aufgrund des geänderten Urlaubsverständnis der Bevölkerung eine Alltagsentscheidung darstellen. Deshalb müsse auch der andere sorgeberechtigte Elternteil nicht zustimmen. Hier ging es um eine Urlaubsreise des Kindesvaters mit dem Kind nach Thailand während des einvernehmlich geregelten Ferienumgangs. Die Kindesmutter, bei der das Kind lebte, stimmte zunächst zu, widerrief später aber die Zustimmung aufgrund vorheriger Unruhen in Thailand. Nur, wenn die geplante Fernreise in ein politisches Krisengebiet führen soll oder wenn für den Zielort der Reise Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes vorliegen, dann müssen beide Elternteile zustimmen, so das Kammergericht (KG Berlin Senat für Familiensachen, Beschluss vom 02.02.2017 – 13 UF 163/16). Die Vorinstanz das Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 163 F 13683/16 hatte dies ebenso gesehen.
Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht zum Schwimmunterricht für Muslima
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 11.09.2013 – 6 C 25.12) hat entschieden, dass auch muslimische Schülerinnen am Schwimmunterricht in der Schule teilnehmen müssen, wenn es möglich ist dort einen sog. Burkini (Ganzkörperbadeanzug) zu benutzen. Eine 11-jährige Muslima wollte aus religiösen Gründen nicht am Schwimmunterricht im Gymnasium in Frankfurt am Main teilnehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied dazu, dass der einzelne Schüler kann gestützt auf von ihm für maßgeblich erachtete religiöse Verhaltensgebote nur in Ausnahmefällen die Befreiung von einer Unterrichtsveranstaltung verlangen. Weiter stellte das Gericht klar, dass einer Schülerin muslimischen Glaubens die Teilnahme am koedukativen Schwimmunterricht in einer Badebekleidung zumutbar ist, die muslimischen Bekleidungsvorschriften entspricht.
Begründung des Bundesverwaltungsgerichts
In seiner Urteilsbegründung führte das Bundesverwaltungsgericht u.a. aus:
2. Durch die Teilnahme am koedukativen Schwimmunterricht wäre die Glaubensfreiheit der Klägerin jedoch nicht verletzt worden. Die Ablehnung des Befreiungsantrags war aufgrund des staatlichen Bestimmungsrechts im Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG) gerechtfertigt.
a. Die Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) ist zwar vorbehaltlos gewährt, wird jedoch auf Ebene der Verfassung durch das staatliche Bestimmungsrecht im Schulwesen beschränkt, das in Art. 7 Abs. 1 GG verankert ist (vgl. zuletzt BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juli 2009 – 1 BvR 1358/09 – NJW 2009, 3151 Rn. 14; stRspr). Art. 7 Abs. 1 GG überantwortet dem Staat die Aufsicht über das gesamte Schulwesen. Die Vorschrift begründet nicht nur Aufsichtsrechte des Staates im technischen Sinne des Wortes, sondern – vorbehaltlich der Einschränkungen im Bereich des Privatschulwesens (Art. 7 Abs. 4 GG) -darüber hinaus einen umfassend zu verstehenden staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Dieser verleiht dem Staat Befugnisse zur Planung, Organisation, Leitung und inhaltlich-didaktischen Ausgestaltung des Schulwesens, seiner Ausbildungsgänge sowie des dort erteilten Unterrichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 – BVerfGE 96, 288 <303>; BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1998 – BVerwG 6 C 11.97 – BVerwGE 107, 75 <78> = Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 124 S. 39). Hierunter fällt grundsätzlich neben der Befugnis, den Inhalt des Unterrichts festzulegen, auch die Befugnis, über seine äußeren Modalitäten wie etwa die Frage seiner Durchführung in koedukativer oder monoedukativer Form zu bestimmen. § 69 Abs. 4 Satz 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. n, § 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 HessSchulG ergeben hierfür eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage (zu diesem Erfordernis: BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 – BVerfGE 108, 282 <297>). ….
Hieraus ergibt sich zugleich, dass die Befreiung von einzelnen Unterrichtseinheiten nicht als routinemäßige Option der Konfliktauflösung fungieren darf, die in jedem Fall ergriffen werden müsste, in dem aufgrund des Unterrichts Einzelnen eine Beeinträchtigung religiöser Positionen droht. Auch die Gewährung von individuellen Unterrichtsbefreiungen liefe, könnten die Betroffenen sie in jedem Konfliktfall beanspruchen, auf einen prinzipiellen Nachrang des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags hinaus, indem sie diesen für Minderheiten – zwar nicht mit Wirkung gegenüber allen Beteiligten, aber doch bezogen auf sich selbst – disponibel machte. Ist die staatliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf religiöse Belange aus Gründen der Praktikabilität und insbesondere auch aufgrund der Integrationsfunktion der Schule im Prinzip begrenzt, so folgt hieraus für alle Beteiligten, dass sie in einem bestimmten Umfang Beeinträchtigungen ihrer religiösen Überzeugungen als typische, von der Verfassung von vornherein einberechnete Begleiterscheinung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags und der seiner Umsetzung dienenden Schulpflicht hinzunehmen haben, d.h. nicht über das Recht verfügen, ihnen beliebig auszuweichen. Hierdurch ist zugleich sichergestellt, dass der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag – der auch für die Schule im Grundsatz nicht disponibel ist – gleichmäßig gegenüber sämtlichen Schülern erfüllt wird. Eine Befreiung wegen befürchteter Beeinträchtigungen religiöser Positionen hat danach die Ausnahme zu bleiben. Von diesem Grundsatz ist der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. August 1993 – BVerwG 6 C 8.91 – BVerwGE 94, 82 ff. = Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 109) ausgegangen. Dort ist ausgesprochen worden, dass Gründe der Glaubensfreiheit in aller Regel keine Unterrichtsbefreiung rechtfertigen und Ausnahmen auf das für den Grundrechtsschutz unerlässliche Maß beschränkt bleiben müssen (Urteil vom 25. August 1993 – BVerwG 6 C 8.91 -a.a.O. S. 92 bzw. S. 54). Insoweit hält der Senat an diesem Urteil fest.
Anmerkung:
Das Gericht wägt die Glaubensfreiheit mit dem staatlichen Bestimmungsrecht des Schulwesens ab. Später hat auch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 08.11.2016, Az.: 1 BvR 3237/13 eine Verfassungsbeschwerde einer muslimischen Schülerin wegen Versagung der Befreiung vom gemeinsamen, sogenannten koedukativen Schwimmunterricht für Mädchen und Jungen durch die Schulleitung nicht angenommen und sah keine ausreichende Darlegung der Verletzung der Religionsfreiheit.Ähnliche Problematiken gibt es auch bei der Frage der Einstellung von Mitarbeiterinnen mit muslimischen Kopftuch.
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