Corona – was darf der Arbeitgeber?
Corona-Virus – Covid19- Arbeitsrecht und die Corona-Pandemie in Deutschland – die Auswirkungen des Corona-Virus auf das deutsche Recht, insbesondere das Arbeitsrecht – Kurzarbeit, Lohnkürzung, betriebsbedingte Kündigungen, Urlaubsanspruch
Darf der Arbeitnehmer aufgrund von Corona eine Dienstreise verweigern?
Arbeitsgericht Berlin terminiert wieder im Mai 2020 in Kündigungsschutzsachen!
Ist eine Kündigung während der Kurzarbeit möglich? Darf der Arbeitgeber kündigen?
Landesarbeitsgericht Berlin – keine sofortige Anordnung von Kurzarbeit laut Arbeitsvertrag
Kurzarbeitklauseln im Arbeitsvertrag werden streng überprüft
In Zeiten der Corona-Krise gibt es immer mehr Arbeitgeber -gerade auch in Berlin – , die gezwungen sind Kurzarbeit im Betrieb einzuführen. Diesbezüglich melden sich immer häufiger Arbeitnehmer um sich arbeitsrechtlich in meiner Kanzlei in Berlin-Marzahn beraten zu lassen. Viele Arbeitnehmer haben in Bezug auf die Kurzarbeit falsche Vorstellungen und meinen, dass der Arbeitgeber diese einfach so anordnen kann. Dies ist nicht richtig!
Hinweis
Der Arbeitgeber braucht im Normalfall (wenn kein Betriebsrat) die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Anordnung der Kurzarbeit.
Wichtig ist dabei zu wissen, dass der Arbeitgeber im betriebsratslosen Betrieb nicht einfach die Kurzarbeit selbst anordnen kann, wenn der Arbeitnehmer nicht zustimmt.
Der Arbeitgeber kann aber sich diese Zustimmung schon vorher durch eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag “geholt haben”.
Wann darf Kurzarbeit angeordnet werden?
Möglichkeiten der Anordnung von Kurzarbeit im Betrieb
Kurzarbeit kann durchgeführt werden, bei
– Vereinbarung mit Arbeitnehmer
– wirksame Anordnungsklausel im Arbeitsvertrag
– Betriebsvereinbarung
– Tarifvertrag
– Ermächtigung der Bundesagentur für Arbeit
Die Kurzarbeit ist nämlich mit einer Veränderung des Arbeitsvertrages verbunden und für jede Änderung des Arbeitsvertrages bedarf ist grundsätzlich die Zustimmung des Arbeitnehmers.
Anordnungsbefugnis von Kurzarbeit durch Klausel im Arbeitsvertrag
Kurzarbeitsklauseln in Arbeitsverträgen
In einigen Arbeitsverträgen findet man aber Klauseln, in denen der Arbeitnehmer im Enddefekt im Arbeitsvertrag bereits dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt hat, einseitig Kurzarbeit anzuordnen. Dies ist aber recht selten, deshalb drängen jetzt viele Arbeitgeber auf Vereinbarungen über die Kurzarbeit.
Diese Anordnungsklauseln im Arbeitsvertrag sind aber von der Rechtsprechung streng zu kontrollieren, da sich um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt.
In einem Fall hat der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vereinbart, dass er ohne Ankündigungsfrist, also sofort, Kurzarbeit anordnen dürfe.
Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil des LAG Berlin-Brandenburg
Dies lehnte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ab.
Im damaligen Arbeitsvertrag stand:
“Kurzarbeit kann, wenn sie vom Arbeitsamt anerkannt wird, für den Betrieb, eine Betriebsabteilung oder einzelne Arbeitnehmer nach deren Ankündigung eingeführt werden.”
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Kurzarbeiterklausel durfte der Arbeitgeber ohne Ankündigungsfrist, also von heute auf morgen, sofort Kurzarbeit anordnen.
Das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 07.10.2010 – 2 Sa 1230/10) lehnte dies ab und führte dazu u.a. aus:
Die Regelung in Ziffer 5 des hier streitgegenständlichen Arbeitsvertrages stellt eine solche unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 BGB dar, weil sie eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung der §§ 611 BGB einerseits und § 2 KSchG andererseits vornimmt, ohne dass dies nach den genannten Kriterien billigenswert wäre.
Die Einführung von Kurzarbeit bewirkt eine (zeitweise) Herabsetzung der arbeitsvertraglich geschuldeten und betriebsüblichen Arbeitszeit, mit der eine proportionale Verkürzung der (synallagmatisch) vertraglich geschuldeten Arbeitsvergütung einhergeht. Die volle Vergütungspflicht des Arbeitgebers wird für die Dauer der Kurzarbeitsperiode befristet zeitanteilig suspendiert.
Diese vergütungsrechtliche Folge der Einführung von Kurzarbeit stellt sich als Abweichung von § 611 BGB dar; zugleich liegt in ihr eine Abweichung von § 2 KSchG, der – für den Fall der Anwendbarkeit dieser Vorschrift – vorsieht, dass entsprechende Vertragsänderungen nur über den Weg einer Änderungskündigung möglich wären. Denn es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit nicht alleine im Wege des Direktionsrechts anordnen könnte (BAG vom 16.12.2008 – 9 AZR 164/08 – NZA 2009, 689).
Die Klausel enthält keine Ankündigungsfrist für die Anordnung von Kurzarbeit. Bereits dieser Umstand führt für sich genommen zur Unwirksamkeit der Klausel. Denn nach dem Wortlaut der Klausel wäre es möglich, dass der Arbeitgeber von einem auf den anderen Tag Kurzarbeit anordnet und damit den dem Arbeitnehmer zu seiner Existenzsicherung dienenden Vergütungsanspruch ganz oder teilweise sofort zu Fall brächte. Dies mit den gesetzlichen Regelungen des § 611 BGB und des § 2 KSchG schlechterdings nicht vereinbar. Im Hinblick auf die existenzsichernde Funktion der Arbeitsvergütung ist in diesem speziellen Kontext auch nicht davon auszugehen, dass die ohnehin anzuwendende Regelung des § 106 GewO ein ausreichendes Korrektiv sei, so dass auf eine Ankündigungsfrist verzichtet werden könnte, wie es der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts für die Frage einer arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel angenommen hat (BAG vom 13.04.2010 – 9 AZR 36/09 – BB 2010, 2432). Denn in jener Konstellation geht es (nur) um die Frage des Arbeitsortes, die Arbeitsvergütung steht demgegenüber nicht in Rede. Im Rahmen der Klauselkontrolle ist es daher im Bezugspunkt dieser Frage auch nicht möglich, die verwandte Formulierung – „nach deren Ankündigung“ so auszulegen, dass ein angemessener (?) Ankündigungszeitraum durch Auslegung zu ermitteln wäre.
Achtung
Diese Entscheidung bezieht sich auf eine Anordnungsbefugnis zur Kurzarbeit durch den Arbeitgeber im Arbeitsvertrag! Oft kommt der Arbeitgeber erst jetzt in der Krise auf den Arbeitnehmer zu und dann ist auch eine kurzfristige Vereinbarung von Kurzarbeit eher möglich.
Hinweis
Die Ausführungen überzeugen hier. Die Anordnung der Kurzarbeit ist einschneidend für den Arbeitnehmer und greift gravierend in das Arbeitsverhältnis ein. Der Arbeitnehmer verliert (zumindest einen Teil) seines Lohnanspruchs und kann sich – wenn eine Ankündigungsfrist fehlt – nicht darauf einstellen. Für Änderungen des Arbeitsvertrag ohne Zustimmung des Arbeitnehmers gibt es die Änderungskündigung; hier kann der Arbeitgeber aber nur die neuen Änderungen nach Ablauf der Kündigungsfrist (also nicht sofort) durchsetzen.
Rechtsanwalt Andreas Martin – Fachanwalt für Arbeitsrecht – Berlin Marzahn-Hellersdorf
Arbeitsgericht Berlin schränkt wegen Corona-Pandemie den Betrieb ein!
Der Arbeitnehmer muss – bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit diese dem Arbeitgeber unverzüglich anzeigen und spätestens innerhalb von 3 Tagen nachweisen. Andernfalls riskiert er eine Abmahnung und im Wiederholungsfall u.U. auch eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses.
Einigung über Bestellung der Arbeitsunfähigkeit am Telefon
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband haben sich am 9.3.2020 auf eine zeitlich befristete Ausnahmeregelung – welche ab sofort gilt – geeinigt. Danach müssen Patienten mit einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege wegen der bloßen Attestierung der Arbeitsunfähigkeit nicht extra in die Arztpraxis kommen. Der Arzt kann auch aufgrund einer telefonische Untersuchung/ Befragung eine Arbeitsunfähigkeit für maximal 7 Tage feststellen und dann diese per Post an den Patienten übersenden. Dies hat aber nichts mit der längerfristig geplanten elektronischen Krankschreibung zu tun.
Ausnahme gilt nicht für potentielle Corona – Patienten
Wichtig ist dabei, dass es nicht darum geht, potentielle Corona-Infizierte so arbeitsunfähig zu schreiben, denn für diese Personengruppe soll diese Möglichkeit der Krankschreibung gerade nicht bestehen. Diese sollten natürlich auch nicht in der Arztpraxis kommen, sondern sich bei den dafür vorgesehenen Stellen testen lassen (wenn diese denn eingerichtet sind).
Regelung für zunächst 4 Wochen
Von daher ist eine weitere Voraussetzung für die obigen telefonische Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, dass der Patient weder in den letzten 14 Tagen Kontakt zu einer Person hatte, bei der das neue Coronavirus nachgewiesen wurde, noch sich in einem Gebiet mit Covid-19-Fällen aufgehalten hat. Diese Regelung gilt auch für Kinder.
Die Regelung gilt zunächst für 4 Wochen.
Arzt kann aber muss nicht der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen
Die Bescheinigung kann nach telefonischer Befragung und aufgrund der persönlichen ärztlichen Überzeugung vom Zustand des Versicherten ausgestellt werden.
Information über Arbeitsunfähigkeit und Nachweis der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber entfällt nicht
Arbeitnehmer muss trotzdem den Arbeitgeber unverzüglich informieren und die AU-Bescheinigung beim Arbeitgeber einreichen.
Zusammenfassung:
Die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit per Telefon für maximal 7 Tage ist bei einer Erkrankung der oberen Atemwege möglich, wenn der Patient
- leichte Erkrankung der obigen Atemwege und
- nicht die Kriterien des Robert Koch-Instituts für einen Verdacht auf eine Infektion mit Covid-19 erfüllt
Update: Aufgrund der derzeitigen Lage wird die Regelung mit hoher Wahrscheinlichkeit verlängert werden.
Update März 2023:
Die Regelung der telefonischen Krankschreibung läuft zum 1. April 2023 aus. Danach muss sich der Patient wieder persönlich beim Arzt vorstellen. Eine Arbeitsunfähigkeit kann derzeit nicht per Fernkommunikation erfolgen. Dies gilt auch für Online-Portale, bei denen man sich angeblich krankschreiben lassen kann.
Update November 2023
Derzeit ist eine Krankschreibung per Telefon nicht möglich. In bestimmten Fällen ist eine ärztliche (elektronische) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Videosprechstunde möglich. Die telefonische Krankschreibung soll aber wieder möglich sein und zwar bei leichten Erkrankungen. Bis zum 31.01.2024 soll eine entsprechende Richtlinie ausgearbeitet werden.
Kontakt
Rechtsanwalt Andreas Martin
Marzahner Promenade 22
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Tel.: 030 74 92 1655
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E-mail: [email protected]
Anfahrt
öffentliche Verkehrsmittel:
Tram: 16, 27, M 6 (Marzahner Promenade)
Bus: 191, 192, 195 (Marzahner Promenade)
S-Bahn: S 7 (S-Bahnhof Marzahn)
Anfahrt mit dem Kfz:
Parkplätze vor dem Nettomarkt